Frontberichte 07/2014

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Presseschau April/Mai 2014: Betriebsrat-Bashing | Kündigung wg. Streik

Verzinkerei Hauenhorst  / Rheine: Strafanzeige gegen Geschäftsführer ++ Zalando / Möchengladbach: Betriebsratsgründung verhindert? + + Sole-Bad / Werne: Streik: Gewerkschafter gefeuert + +Abercrombie & Fitch / München: Erster Betriebsrat in Deutschland gegründet

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Arbeiter - Heinz Jürgen Strotmann von der Verzinkerei Rheine-Hauenhorstwill ihnen sicher kein Denkmal setzen (Quelle Wikicommons, Urheber HeinzLW)
Arbeiter – Heinz Jürgen Strotbaum von der Verzinkerei Rheine-Hauenhorst will ihnen sicher kein Denkmal setzen (Quelle Wikicommons, Urheber HeinzLW)

Hauenhorst: Betriebsrat in Rheine verzinkt

IG-Metall erstattet Strafanzeige. Für Heinz-Jürgen Strotbaum, Geschäftsführer und 50%iger Besitzer der Verzinkerei Hauenhorst, und seinen Anwalt Stefan Beck, Rheine, müssen Mitbestimmungsrechte von Beschäftigten ein wahrer Graus zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass ein Geschäftsführer in geradezu irrationaler Weise gegen das gesetzlich verbriefte Recht seiner Beschäftigten auf eine gewälte Mitbestimmung ankämpft? Wie die Münsterländische Volkszeitung bereits im März 2013 darlegte, hatte Strotbaum bereits zwei Tage nach der Betriebsratswahl 2010 seinen frisch gewählten Betriebsratsvorsitzenden wegen Störung des Betriebsfriedens freigestellt. Aufgrund einer einstweiligen Verfügung musste er jedoch weiter beschäftigt werden. Der Arbeitgeber stellte außerdem keine Sachmittel zur Verfügung und informierte den Betriebsrat nicht über personelle Entscheidungen. Schließlich erstattete der Betriebsrat im März 2012 gegen Strotbaum Anzeige  nach §119 Betriebsverfassungsgesetz (Behinderung der Betriebsratsarbeit). Strotbaum fiel keine intelligentere Reaktion ein, als den Betriebsratsmitgliedern außerordentlich zu kündigen. Die erste Strafanzeige gegen den Chef wurde von der Staatsanwaltschaft fallen gelassen, weil sie zu allgemein verfasst war.

Rauskauf von Betriebsratsmitglied spielt Arbeitgeber in die Hände

Inzwischen hat sich ein Betriebsratsmitglied per Abfindung aus dem Konflikt herauskaufen lassen, eine weiterer Arbeitnehmervertreter ist aus Altersgründen ausgeschieden. Zurück blieb der Betriebsrats-Vorsitzende, zu dessen außerordentlicher Kündigung jedoch sowohl das Arbeitsgericht in Rheine, wie auch das Landesarbeitsgericht in Hamm die Zustimmung verweigert haben (wir berichteten damals schon).
Es musste also dringend eine neuer Betriebsrat gewählt werden. Die Wahl fand am 26. April 2013 statt und wurde von Strotbaum prompt angefochten. Auch dieses Mal verlor er mit seinem Ansinnen vor dem Arbeitsgericht in Rheine gezogen und auch in der nächsten Instanz, vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm. Nun dreht die IG-Metall den Spieß rum und hat ihrerseits Strafanzeige gegen den Geschäftsführer Strotbaum wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit und Nötigung gestellt. (Siehe auch Presseberichte: MV vom 09.05.2014 und, Presseinformation der IG-Metall.)

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Zalando Mönchengladbach: Kündigung nach Treffen mit Kollegen

Zalando kündigte einen Mitarbeiter des Logistikzentrums in Mönchengladbach laut Medienbericht einen Tag, nachdem dieser sich mit Kollegen über die Wahl eines Ombudsmanns, unterhalten haben soll (Quelle: WDR aktuell 16. 5. 2014). Die Gewerkschaft ver.di vermutet, dass hier die Gründung eines Betriebsrats verhindert werden soll. Bisher gibt es in keinem der drei deutschen Zalando-Standorte eine gesetzlich als Regel vorgesehene Mitarbeitervertretung. In der Stellungnahme des Online-Schuhhandels heißt es jedoch, dass im Werk Brieselang (Brandenburg) eine Betriebsratswahl geplant sei.  Ver.di-Handelsexperte Frank Michael Munkler macht darauf aufmerksam, dass die Wahl eines Betriebsrats durch die jeweils auf ein Jahr befristeten Arbeitsverträge der Zalando-Mitarbeiter erschwert werde. Zum einen wären die gewählten Arbeitnehmervertreter immer nur kurz im Amt, zum anderen, so unser Einwand, werden sich manche Mitarbeiter, die auf eine Verlängerung ihres Vertrages hoffen, nicht an einer Betriebsratswahl beteiligen. Frank Michael Munkler über die Arbeitsbedingungen bei Zalando:


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„Die Menschen müssen 20 Kilometer am Tag laufen, bekommen dafür 8,88 Euro pro Stunde. Das ist unterhalb eines jeden Tarifvertrags für eine harte, schwere, körperliche Arbeit. Und das System, das dort herrscht, ist sicher nicht das, was wir befürworten und unter guter Arbeit verstehen.“

Zalando ist nicht an Tarifverträge gebunden und wegen verschiedener Missstände in der Kritik. Sollte das Treffen mit Arbeitskollegen der Grund für die Entlassung gewesen sein, könnte dies einen Straftatbestand erfüllen. Nach § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes wird mit Geldbuße oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wer die Wahl eines Betriebsrates verhindert oder durch Androhung von Nachteilen beeinflusst.

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Sole-Bad in Werne: Warnstreik und Kündigung eines Gewerkschafters | Belegschaft solidarisch

Nach einem 4-tägigem Warnstreik der Gewerkschaft ver.di kündigte die Geschäftsführung des Sole-Bades in Werne einem gewerkschaftlich engagierten Mitarbeiter (Ruhr-Nachrichten vom 03.04.2014). Laut dem lokalen Nachrichtenportal WA.de vom 6. 5. 2014 stellte sich beim Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Dortmund heraus, dass der Mitarbeiter bei seiner Kündigung am 01.04.2014 jedoch bereits einen besonderen Kündigungsschutz genoss, da er einen Tag zuvor, am 31.03.2014 für den Betriebsrat kandidiert hat.

Die streikende Bad-Belegschaft zeigte sich solidarisch und legte erneut die Arbeit nieder, anstatt einen Gesprächstermin am 05.05.2014 mit der Geschäftsführung wahr zu nehmen. Grund für den Arbeitskampf: Die rund 30 Angestellten des Betriebs wollen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bezahlt werden.

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Erster Betriebsrat bei Abercrombie & Fitch

Da darf man wohl gratulieren und gute Nerven wünschen: in der Münchner Filiale der US-Bekleidungskette Abercrombie & Fitch in der Sendlinger Straße gibt es den ersten Betriebsrat in einem der 23 deutschen Läden. Das 9köpfige Betriebsrats-Team will sich nun bei der deutschen Unternehmungsführung dafür stark machen, dass Abercrombie & Fitch den Tarifvertrag für den Einzelhandel akzeptiert (Quelle: SZ vom 6. 5. 2014).

Man darf gespannt sein, wie es den Betriebsratsmitgliedern bei Abercrombie & Fitch ergehen wird. Die Marke und ihre Filialen genießen bei gewerkschaftlich orientierten Beschäftigen einen schlechten Ruf. Im Oktober 2013 hatte die Modemarke noch über 30 Mitarbeiter entlassen worden, weil sie nicht in die Nachtschicht wechseln wollten. (Quelle: Die Welt, 2. Oktober 2013).

Zu Abercrombie & Fitch gehören auch die Läden von Hollister. Die Hollister-Geschäftsführung machte von sich reden, weil Beschäftigte von Sicherheitspersonal auf die Toiletten begleitet wurde, begleitet von Taschenkontrollen und bemerkenswert lächerliche Kleidervorschriften für die Beschäftigten (siehe Frontberichte KW 14 April 2013).

 

 


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