Frontberichte 2/2015

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Presseschau: Behinderung von Betriebsratsarbeit und arbeitgeber-unabhängiger Organisierung

Rotec/Hermaringen: Ungleicher Lohn, Einschüchterung und Mobbing + + Volksbank Kraichgau: Betriebsratsvorsitzender unterliegt vor LAG + + Rhenus /Mannheim: LAG entscheidet für Gewerkschafter + +   Metropolis-Kino/Köln: 7 Kündigungen nach Warnstreik + + VE-München-Ost: Harte Vorwürfe: Mobbing, Vetternwirtschaft, Amtsmissbrauch. Lässt Unternehmensleiter Beschäftigte privat arbeiten? + +

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Der Arbeiter - Statue von Bernd Altenstein in Bremen.
Diese Statue aus Bremen heißt „Der Arbeiter“. Uns erinnert sie auch an deutsche Arbeitsrichter.  (Quelle: Wikicommons)

Rotec: Union Busting nach grober Art bei Auto-Zulieferer

Hermaringen/Heidenheim: Bereits im Dezember 2014 berichtete die Heidenheimer Zeitung über willkürliche Bezahlung, Einschüchterungsversuche, respektlosen Umgang und sogar Bestechungsversuche im patriachal geführten Unternehmen Rotec GmbH. Hier stellen rund 150 Angestellte Bauteile für Autos und Maschinen her. Das Unternehmen ist Teil der Heine + Beisswenger Stiftung und Co.KG (Sitz Fellbach). Deren Geschäftsleiter Matthias Heine, Robert Heine und Andreas Willer gehen anscheinend massiv gegen unliebsame Beschäftigte vor.

Von sieben im Frühjahr 2014 gewählten Mitarbeitervertretern sollen im Dezember 2014 schon vier das Handtuch geworfen haben. Die drei Geschäftsführer verweigern der Heidenheimer Zeitung  eine Stellungnahme zu ihren Geschäftsmethoden, beklagen aber gleichzeitig mögliche Imageschäden.

Ungleicher Lohn für gleiche Arbeit?

Im März 2015 berichtet die Heidenheimer Zeitung, dass die Rotec-Geschäftsführer auch ihre Praxis weiter führen, Günstlinge besser zu bezahlen: lediglich 19 der rund 150 Beschäftigten bekamen eine Lohnerhöhung. Dafür wurde die bisher übliche monatliche Ausgabe von Tankgutscheinen in Höhe von 40,- Euro an den Rest der Belegschaft eingestellt.


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Die Hermaringer Belegschaft fürchtet sogar um den Erhalt des Standortes. Im Frühjahr 2014 wurde ein weiteres Rotec-Werk im 60 km entfernten Adelmannsfelden eröffnet, das unter dem Namen H+B Hightech GmbH firmiert. Dort sind ab Mai 2014 zunächst nur 10 Arbeitsplätze entstanden. Das würde jedoch ausreichen, um von Seiten der Geschäftsführung einen Betriebsrat aus unternehmensfreundlichen Mitarbeitern zusammen zu stellen, bevor weitere Mitarbeiter eingestellt werden. Eine Beschäftigungsgarantie für die Beschäftigten in Hermaringen besteht mit der IG Metall nur bis Ende 2015.

Die Schein-Neugründung: Altbekannte Methode mit zweifelhaftem Erfolg

Die Methode, das selbe Unternehmen in der Nähe neu zu gründen und die gewerkschaftliche organisierten Teile der Belegschaft nicht zu übernehmen, gehört zum Standard-Repertoire des Union Busting. Sie wird von bekannten Union Bustern wie Schreiner + Partner (Seminar „In Zukunft ohne Betriebsrat“) sowie Helmut Naujoks angewandt (etwa bei Brennet/DLE in Wehr, Badische Zeitung, 8. 6. 2012 + Südkurier, 26.6.2012) , kam aber auch bei KMB im Sauerland zum Einsatz (wir berichteten am 8.1.2014) – damals war die Paderborner Kanzlei von Prof. Friedrich Meyer im Einsatz. Die Methode ist rechtlich mehr als fragwürdig, zieht langwierige Prozesse nach sich und endet mitunter tatsächlich in der Pleite des betroffenen Unternehmens. Für die Union Buster ist das egal, ihre Karawane zieht weiter zum nächsten Opfer.

Heine + Beisswenger machen laut Wikipedia 237 Millionen Euro Umsatz jährlich. Die Gründung einer Stiftungen ermöglicht Unternehmern sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung durch Steurersparnisse zu entziehen z.B. bei der Erbschaftssteuer. Der kinderlose Firmengründer Ferdinand Heine starb 1988.

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VR-Bank: Landesarbeitsgericht geht Vergeltungsmaßnahmen auf den Leim

Der Betriebsratsvorsitzende der VR-Bank Kraichgau, Torsten W. wird ein fragwürdiges Urteil des LAG Mannheim nicht auf sich sitzen lassen. Er geht in Berufung bzw. Revision. Die 13. Kammer unter Leitung des Richters Dr. Guido Schlünder hatte am 28.01.2015 der Kündigung des Gewerkschafters in ersatzweise zugestimmt. Dabei hatte das Arbeitsgericht in erster Instanz noch für Torsten W. entschieden. Das Urteil sorgte bei Gewerkschaftern in Südwest-Deutschland für ungläubiges Kopfschütteln und Empörung. Ver.di wertet das Vorgehen der Bank gegen Thorsten Wacker „als Versuch, einen etablierten und starken Arbeitnehmervertreter in der Region mundtot zu machen.“ Dieser Einschätzung schließt sich das Kölner Büro der  aktion./.arbeitsunrecht an.

Volks- und Raiffeisenbanken als notorische Betriebsratsfresser

Der elfköpfige Betriebsrat, der rund 650 Beschäftigte vertritt, hatte zuvor seine Zustimmung zur Kündigung aus gutem Grund verweigert: Die Volks- und Raiffeisenbanken gehen seit Jahren mit brachialen Methoden gegen ver.di und gewerkschaftsnahe Betriebsräte vor (siehe magazin mitbestimmung 10/2013). In diesem Fall wollte man die Zielperson mit konstruierten Gründen zum Kriminellen stempeln. (Wir berichteten mehrfach). Doch das LAG unter Dr. Schlünder war offenbar nicht in der Lage, den Fall in einen größeren rechtspolitischen Rahmen einzuorden – Union Busting genannt (Was ist das?) –  und arbeitete lediglich die angeführten Kündigungsgründe ab.

Hierbei handelt es sich aber um Vergeltungsmaßnahmen, die gegen einen engagierten Gewerkschafter und Betriebsratsvorsitzenden gerichtet sind. Davon ist im nun veröffentlichten Urteil in keinster Weise die Rede (LArbG BW Az 13 TaBV 6/14), was um so unverständlicher ist, da die Volks- und Raiffeisenbanken in mehreren Regionen als notorische Union Buster auftreten, deren schmutzige Methoden gegen Betriebsräte  mindestens seit dem Jahr 2007 offentlich bekannt sind.

Der Konflikt wird von ver.di solidarisch begleitet.

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Rhenus: LAG Mannheim entscheidet für Gewerkschafter Sabastian C.

Nachdem wir oben auf der Kammer des LAG Mannheim unter Dr. Schlünder herum gehackt haben – es blieb uns keine Wahl – können wir hier auch etwas positives auf dem selben Haus vermelden.
Bereits am 15.07.2013 hatte die Spedition Rhenus dem langjährigen BR-Mitglied Sebastian C. wieder einmal unter fadenscheinigen Vorwänden gekündigt. Mehr als 1 Jahr später, am 11. September 2014, wurde diese Kündigung vom Arbeitsgericht Mannheim für
unwirksam erklärt. Nun bestätigte das die 16. Kammer des LAG unter Richterin Birgit Zimmermann diesen Beschluss, so dass Sebastian wieder an seinen Arbeitsplatz kann.

Wir gratulieren Sebatian C. und dem Mannheimer Solidaritätskomitee gegen BR-Mobbing, das den Fall vor Gericht und gegenüber Presse und Öffentlichkeit solidarisch begleitet hat. Mehr infos auf der Website des Soli-Komitees.

Hintergrund: Tarifflucht, Ausgliederungen, Lohn-Dumping

Rhenus ist einer der größten deutschen Logistik-Konzerne. Rhenus profitiert auch in der Rhein-Neckar-Region davon, dass viele Unternehmen (Benz, John Deere,
Freudenberg…) interne Dienste auslagern und fremd vergeben. Niedriglöhne und ungeschützte Arbeitsverhältnisse sind bei Rhenus weit verbreitet. Anfang 2004
ist Rhenus Logistics in Mannheim aus dem Arbeitgeberverand ausgetreten und seitdem tariflos. Unter anderem deshalb versucht das Management, mit allen
Mitteln eine Betriebsratstätigkeit, die diese Bezeichnung verdient, zu unterbinden.

Mit Unterstützung der „BR-Mehrheit“ will die Rhenus-Geschäftsleitung den 58-jährigen Gewerkschafter Sebastian C.  offenbar endgültig ausschalten und setzt dafür Mobbing, schikanöse Arbeitsbedingungen, Abmahnungen und wiederholte Kündigungen ein. Doch Sebastian C. bleibt bislang standhaft.

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Kölner Kino feuert Gewerkschafter wegen Warnstreik und Kampf für gesetzliche Regelungen

Metropolis + Rex: Die Kölner Programm-Kino-Betreiberin Catherine Laakmann hat sieben ver.di-Gewerkschafter nach einem Warnstreik entlassen, darunter auch den Betriebsratsvorsitzenden, entlassen. Die Beschäftigten kämpfen seit Herbst 2014 für bezahlte Krankheits- und Urlaubstage nach den Buchstaben des Gesetzes, sowie neue Regeln für die Personalplanung, Überstundenabgeltung und Arbeitszeiten. Verdi hat eine Solidaritäts-Seite erstellt, auf der eine Petition für faire Arbeitsbedingungen in den Kinos Metropolis und Rex am Ring unterschrieben werden kann.

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VE Müchen-Ost: Mobbing, Vetternwirtschaft, Amtsmissbrauch und kostspielige Fehlentscheidungen?

Wieder so ein Skandal, der im Münchner Sumpf zu versacken droht? Die Vorwürfe, die gegen das Managament eines großen Versorungsunternehmens in der SZ zu lesen waren, haben es in sich. Der Unternehmensleiter Jens-Folkhard Schmidt und seine Ehefrau, die Personalleiterin Heidi Schmidt sind laut Berichten in der Süddeutschen Zeitung vom 29. 7. und 2. 8. 2014 der Vorteilsnahmen verdächtigt worden: So soll eine von der VE/München-Ost verwaltete Wohnung angeblich mit sonst unüblichem  Parkett für 11.000,- Euro ausgelegt worden sein. Mieterin sei die spätere Ehefrau Jens-Folkhards Schmidts gewesen, später sogar er selbst. Mittweile soll ein Stiefsohn der Familie in der Wohnung hausen. Das Kommunalunternehmen VE/München-Ost ist für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung von 13 Gemeinden im Ballungsraum Münchner Osten zuständig (siehe Unternehmens-Website), verwaltet aber auch Wohnungen.

Angestellte der VE/München-Ost beklagten laut SZ neben Mobbing und schlechten Betriebsklima, dass sie für private Dienste eingesetzt worden seine. So hätten sie Schmidts Umzug  zumindest teilweise während der Arbeitszeit und mit Dienstfahrzeugen durchgeführt. Außerdem sollen weitere private Transporte von Angestellten während der Dienstzeit angewiesen worden sein. Mehrere Angestellte bescheinigten Jens-Folkhard Schmidt in der oben genannten Berichterstattung der SZ dass er die kommunale Einrichtung wie ein patriachales Familienunternehmen führe.

Hinzu kommt, dass J.-F. Schmidt kostenintensive Fehlentscheidungen getroffen haben soll. Angestellte der VE/München-Ost wandten sich u.a. an den Bund der Steuerzahler und den Bayrischen Landtag. Auch der Verwaltungsrat der VE/München-Ost wurde alarmiert. Dieser setzte laut SZ-Artikel vom 02.08.2014 zur Überprüfung der Vorgänge an. Dort ist herauszulesen, dass zuvor schon „Geschichten“ über Schmidt die Runde machten, der Verwaltungsrat es aber bis dahin für nicht nötig befand, die Vorwürfe zu überprüfen.

Was aus diesen Vorwürfen geworden ist, ob noch Untersuchungen laufen, ist uns unbekannt.


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3 Kommentare

  1. Korrektur: Wie inzwischen bekannt wurde, war es nicht der GF, sondern der Betriebsleiter eines Klärwerks sowie der Abwasserleiter (Finsing?), welche Verwandte, bzw. Freunde eingestellt haben.

  2. der aktuelle Stand zum Fall der VE München-Ost; siehe http://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/kommunalunternehmen-im-zwielicht-rauswurf-beim-ve-muenchen-ost-1.2410824
    Der Geschäftsführer wurde gekündigt. Derzeit geht es darum, den (bzw. die) vom GF gekündigten Mitarbeiter wieder einzustellen. In den Wochen und Monaten vor seiner Kündigung hatte der GF allerdings noch Verwandte ins Unternehmen aufgenommen.
    Super und ganz wichtige Seite übrigens!
    Ich war 2008 übrigens selbst Opfer, siehe mucarbeier.de, engagiere mich seitdem auch für die Probleme anderer.
    Gruß, Walter Koppe

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