FRONTBERICHTE 3/2015

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Presseschau: Behinderung von Betriebsratswahlen, Whistleblowing, Lohn-Dumping, Hetze gegen GdL stoppen

VE München Ost: Whistleblower kämpft um Wiedereinstellung + +Drekopf / Möchengladbach: Behinderung von Betriebsratswahlen? ++Manpower: Flüchtlinge Menschenmaterial? + + Germanwings: Wenn es billig ist: wer zahlt den Preis? + + Zalando: Größter Subventionsempfänger im Deutschen Einzelhandel + + Medientipp: „Stoppen Sie die Hetze gegen die GDL“ ++

VE München Ost: Whistleblower bereitet Mobbing, Vetternwirtschaft und Amtsmissbrauch ein Ende

Billiger ist besser: Manpower will Flüchtlinge als Arbeitskräfte vermitteln (Bild frei nach GNU, Quelle wikicommons)
Billiger ist besser: Manpower will Flüchtlinge als Arbeitskräfte vermitteln (Bild frei nach GNU, Quelle wikicommons)

Wir berichteten in den Frontberichten 2/13 über krasse Missstände beim Wasserver- und entsorger VE München Ost. Die SZ vom 31.03.2015 berichtete unmittelbar darauf vom Rauswurf des Vorstands Jens-Folkhard Schmidt und seiner Ehefrau Heidi Schmidt, die als Personalchefin im selben Unternehmen tätig war. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den ehemaligen Geschäftsführer eingeleitet (SZ vom 25.03.2015). Die Mitarbeiter, die unter Mobbing und einer extrem schlechten Stimmung im Betrieb litten, zeigten sich erleichtert.

Zu verdanken ist die Aufklärung der Vorgänge bei der VE München Ost einem ehemaligen Mitarbeiter. Er machte verschiedene Institutionen wie die bayrische Staatskanzlei und den Bund der Steuerzahler auf die Machenschaften des Ehepaars Schmidt aufmerksam. Denn die Schmidts hatten Mitarbeiter – so ein dringender Verdacht –  für private Zwecke eingespannt und sich u.a. eine Dienstwohnung luxuriös ausstatten lassen. Skandalös ist, dass der von Jens-Folkhard Schmidt gekündigte Whistleblower bisher nicht wieder eingestellt wurde.

Laut unseren Informationen hat sich der vom Ehepaar Schmidt geschasste Mitarbeiter nach der Entfernung der beiden aus dem Amt sofort wieder bei der VE München Ost beworben. Piet Mayr, CSU-Mitglied, Verwaltungsratsvorsitzender gKu Ve München Ost und Bürgermeister der Gemeinde Zorneding, lehnte den Bewerber jedoch ab.  Wir kritisieren diese Personalentscheidung auf das Schärfste und werden Piet Mayr um eine Stellungnahme bitten. Whistleblower dürfen unter keinen Umständen für ihre Geradlinigkeit bestraft werden. 13 Bürgermeister, darunter auch Piet Mayr, die den Vorstand der VE München Ost stellten, waren den begründeten Vorwürfen gegen die Schmidts anscheinend nicht ernsthaft nachgegangen, obwohl es schon im Sommer 2014 klare Hinweise darauf gab, dass bei der VE München Ost etwas mehr als schief lief (siehe SZ). Während die Bürgermeister und Vorstandsmitglieder trotz dieses Versäumnisses weiter ihre Gehälter und Vergütungen einstreichen, soll der mutige Whistleblower arbeitslos bleiben?


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Hier unser Anschreiben an Piet Mayr vom 22.04.2015:

Sehr geehrter Herr Mayr,

in unseren Frontberichten 2/15 (https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-22015/) berichteten wir über die unsäglichen Vorgänge bei der VE München/Ost. Wir sind froh, dass der verantwortliche Verwaltungsrat endlich Konsequenzen gezogen und Jens-Folkhard Schmidt, sowie Heidi Schmidt aus ihren Ämtern entfernt hat. In den heutigen Frontberichten werden wir Bezug auf Ihre Ablehnung der Bewerbung des Whistleblowers nehmen, dem die Aufdeckung der vermutlichen Untreue und des Mobbings gegen Beschäftigte bei der VE München Ost überhaupt erst zu verdanken ist.

aktion ./. arbeitsunrecht fordert Sie hiermit auf, diese Personalentscheidung dringend zu revidieren. Es kann nicht sein, dass Beschäftigte, die sich um Arbeitsbedingungen und die Aufklärung von vermutlichem Amtsmissbrauch verdient machen, mit Arbeitslosigkeit bestraft werden, während die Mitglieder des Verwaltungsrats der VE München Ost alle noch in Amt in Würden sind, obwohl die Unregelmäßigkeiten den Mitgliedern des Verwaltungsrats laut SZ vom 2.8.2014 schon im Sommer 2014 bekannt gewesen sein sollen. Wir bitten um Stellungnahme und werden Ihre Antwort auf unsere Anfrage auf unserem Blog www.arbeitsunrecht.de ebenso veröffentlichen, wie diese Anfrage.

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Drekopf: Behinderung von Betriebsratswahlen?

Rund 160 Mitarbeiter des patriachal geführten Abfallentsorgers Drekopf am Standort Mönchengladbach musste laut RP vom 24.03.2015 ihr Recht auf Betriebsratswahlen erst vor dem Arbeitsgericht erstreiten. Am 13.04.2015 konnte endlich ein Wahlvorstand gewählt werden. Wie aus Gewerkschaftskreisen verlautet, verzögert die Geschäftsführung bestehend aus Nicole Finger, Werner Haubrichs und Thomas Haubrichs nun die Wahlausschreibung, in dem bisher keine vollständigen und gültigen Wählerlisten ausgehändigt wurden. Juristisch wird die scheinbar gezielte Behinderung der Betriebsratswahl von Marino Loy (Kanzlei Kapellmann), Düsseldorf, getragen. Das Vorgehen erinnert an die Taktik des Rechtsantwalts Martin Krömer (Kanzlei Ruge Krömer, Hamburg), wie sie von Werner Rügemer und Elmar Wigand im Buch „Die Fertigmacher“ (Rügemer und Wigand) beschrieben wurde. Krömer verhinderte eine Betriebsratsgründung bei TNT Post ebenfalls in Mönchengladbach durch nicht ausgehändigte und unvollständige Wahllisten um Jahre (siehe auch „Verwirrspiel um Wählerlisten“, Elmar Wigand am 10.08.2013 im Neuen Deutschland).

Das Beispiel zeigt, wie Union Busting Methoden bei erfolgreicher Anwendung und mangelhafter Gegenwehr in der lokalen Unternehmerschaft Schule machen können:  Die Drehkopf-Geschäftsleiterin Nicole Finger ist in der FDP Mönchengladbach aktiv. Ihr erklärtes Vorbild ist laut Interview in der Rheinischen Post die „eiserne Lady“ und Gewerkschaftsfeindin Margaret Thatcher. Auch das verheißt für die Beschäftigten nichts Gutes. Nicole Finger und Thomas Haubrichs sind die Kinder des Firmenpatriarchen Werner Haubrichs, der das Unternehmen 1977 übernahm.

Drehkopf betreibt auch professionelle Aktenvernichtung. Ein Dienst der – das nur nebenbei bemerkt – auch für Staatsanwaltschaften, die Freiburger Sportmedizin (Doping-Akten gezielt vernichtet?) und den Verfassungschutz (Ermittlungen zu NSU) interessant sein dürfte.
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Manpower: Flüchtlinge als Menschenmaterial nutzen?

Der Leiharbeits-Konzern Manpower will laut ND vom 25.03.15 nun Flüchtlinge als industrielle Reserve nutzen und bietet der Bundesagentur für Arbeit ein entsprechendes Pilotprojekt an. Offensichtlich finden die Menschenverleiher nicht mehr genug Opferbereite, die sich für geringe Löhne und Arbeit ohne Perspektive verschicken lassen wollen. Deshalb sollen jetzt neue Human-Ressourcen erschlossen werden.

»Es sind eine Million offene Stellen da, und da sind Menschen, die unsere Sozialsysteme belasten […] Warum nicht gleich in Jobs bringen? Dann stehen sie nicht auf der Straße, sind produktiv, steigern ihr Selbstwertgefühl und tragen zu den Steuereinnahmen bei – das ist alles Win-Win-Win.«

Erschreckend an dem Zitat des Manpower-Chef Herwarth Brune ist eine sozial-rassistische Sprache, die ihm offenbar so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass sie gar nicht mehr auffällt. Menschen sind hier nur Material das verwertet werden muss, oder als Belastung für das System gilt.  Die dunkle Seite von Controlling und Human Resources.

Manpower gehört zur den weltweit größten Personaldienstleistern und hat laut Wikipedia einen Jahresumsatz von über 20 Milliarden US-Dollar.
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Germanwings: Wenn es billig ist, frag Dich, wer die Rechnung zahlt

Sowohl Die Welt als auch der Spiegel berichten am 4. April 2015 eindringlich und ausführlich über die Arbeitsbelastung von Piloten. Grund war der tragische Germanwings-Flug 4U9525. Die existentielle Angst um Arbeitsplatz und Prestige treibt Piloten anscheindend immer häufiger dazu, firmeninterne medizinische Checks zu umgehen und Erkrankungen zu verheimlichen. Die Lufthansa wusste laut Bericht der Zeit vom 31.3.2015 seit 2009 von der psychischen Erkrankung des Co-Piloten, der durch seinen Selbstmord 150 Personen in den Tod riss.

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Zalando: Größter Subventionsempfänger im deutschen Einzelhandel

Auch beim Online-Versand Zalando, ein halbes Jahr nach Börsengang 5 Milliarden Euro wert,  gehen Beschäftigte lieber krank für Arbeit, anstatt Repression oder Kündigung zu riskieren (Spiegel und Huffingtonpost im Mai 2014). In Frontal 21 vom 23.04.3015 ging es um die Subventionen, die in mehreren Etappen im Gesamtumfang von 35 Mio. € durch die IndustrieBankBerlin (IBB) abgewickelt worden sind.  Auch die Wirtschafts Woche schrieb am 25.03.15 darüber, „wie sich die Zalando-Granden und ihre Berater von der Wirtschaftsprüfung PricewaterhouseCoopers (PwC) auf Fördermillionen stürzten – und auf Kassenwarte trafen, die das Geld bereitwillig ausschütteten“. Zalando ist damit der größte Subventionsempfänger im Deutschen Einzelhandel. Laut MDR vom 15.02.15 sind im Logistikzentrum in Erfurt 15% der rund 2000 Beschäftigten Leiharbeiter.

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Medientipp: „Stoppen Sie die Medienhetze gegen die GDL“

Aktuell, klug und sehenswert:

Wir verweisen aus Anlass der jüngsten Streikmaßnahmen der Lokführer und noch einmal auf den Artikel unseres Kollegen Werner Rügemer:

DB im GdL-Streik: „Bewusst eine Sackgasse herbeiführen“ – Polizei- und Geheimdienstmethoden gegen streikbereite Gewerkschaften wie die GdL | Strategische Beratung durch Zürcher Union Busting-Institut SNI

 


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