Frontberichte 50.- 53. KW 2013

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Betriebsrat-Bashing + Arbeitsunrecht in Deutschland | Presseschau vom 09.12. – 31.12.2013

Charité/CFM/ Berlin: Betriebsräte gekauft? + + + Caritas/Krefeld: Whistleblower geschasst + + + Microsoft / Bad Homburg, Hamburg und Böblingen: Filialen bleiben auf  + + + Kauth: Betriebsratswahlen ohne IG Metall + + + Südwest Mobil/Mainz: Betriebsratsvorsitzender mahnt Missstände an und wird gekündigt + + + Amazon/Brieselang bei Berlin: 600 Kündigungen am 23.12.2013

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Charité/CFM/Berlin: Betriebsrat-Bashing und gelbe Wahlliste „Frischer Wind“ Thema vor Gericht

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Am 09.12.2013 kam es vor dem Arbeitsgericht in Berlin zu einem Gütetermin, in dem über die Kündigung des Betriebsratsmitglieds Aaron W. verhandelt wurde. Dem Krankenwagenfahrer war gekündigt worden, weil er angeblich behauptet haben soll, dass die CFM, eine Tochterfirma der Charité, mehrere Betriebsräte gekauft haben soll. Er bestreitet diese Äußerung.
Tatsächlich wird im Artikel des Tagesspiegel deutlich, dass es bei CFM schon lange rumort. So konnte der Verdacht, dass die Liste „Frischer Wind“ vom CFM-Management beeinflusst wird, anscheinend nie wirklich ausgeräumt werden. Schon 2010 hatten Ver.di und Charité-Angestellte angemahnt, dass die arbeitgebernahe Liste nicht nur von CFM unterstützt wird, sondern möglicherweise sogar deren Gründung initiiert hat. So soll Ver.di einen Strafantrag gestellt haben, weil eine Betriebsräten für ihre arbeitgeberfreundliche Haltung mit einer Gehaltserhöhung belohnt worden sein soll. Das Management bestreitet die Gehaltserhöhung nicht, bestreitet jedoch jeden Zusammenhang mit der Betriebsratsmitgliedschaft der Frau.
Der Gewerkschafter Aaron W. kann weiter bei der CFM arbeiten, wenn er sinngemäß erklärt, dass er die oben genannte Äußerung nicht habe machen wollen, bzw., er missverstanden worden sei. Dies hätte für ihn und seine Kollegen den Vorteil, dass er weiterhin Betriebsratsarbeit machen und vor allem auch zur nächsten Betriebsratswahl im Frühjahr 2014 antreten könnte.
Bei der Charité-Tochterfirma CFM arbeiten rund 2500 Angestellte. Sie gehört zu 51% der Charité, die anderen 49% werden von privaten Investoren wie Dussmann, Vamed und Hellmann Logistics gehalten. Erst seit einem Streik 2011 bekommen sie wenigstens 8,50 Euro/Stunde, was z.T. drastisch unter den Löhnen im Charité-Stammhaus liegt.

Der Trick, Arbeitsplätze in unternehmenseigene Leiharbeitsgesellschaften und Service-Unternehmen auszulagern, ist in der Pflege- und Gesundheitsbranche äußerst verbreitet und dient dem systematischen Lohndumping.


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Caritas/Krefeld: Whistleblower gekündigt – Vergleich mit Maulkorb-Klausel?

Der Whistleblower Wolfgang W., der auf menschenunwürdige Zustände im St. Josefsheim der Caritas in Krefeld aufmerksam machte und damit an die Öffentlichkeit gegangen ist, wurde laut LAG Düsseldorf zu Recht gekündigt. Im Rahmen eines nun getroffenen Vergleichs wird die Kündigung von der Caritas zwar aufgehoben, der Mann kehrt aber trotzdem nicht an seinen Arbeitsplatz zurück. Bis er im Juni 2014 in Rente geht, bleibt er von der Arbeit freigestellt. Dafür wird er seine Vorwürfe weder aufrecht erhalten, noch wiederholen.

Der Pflegehelfer hatte laut Rheinischer Post im Dezember 2012 und Januar 2013 eine sehr detaillierte Strafanzeige gestellt und auf mehrere Todesfälle im St. Josefsheim der Caritas aufmerksam gemacht.

Bereits im Februar 2013 verkündete Hans-Georg Liegener, einer der beiden Geschäftsführer der Krefelder Caritasheime, in der WZ, dass keine kausalen Zusammenhänge zwischen den Todesfällen und den Vorwürfen feststellbar seien. Eine Prüfung des Heimes, die nach den Hinweisen des Whistleblowers erfolgte, ergab jedoch eine Abwertung des St. Josefsheimes um 0,4 Punkte.

Laut WZ-Artikel vom 06.12.2013 seien die Mängel laut Caritas abgestellt und eine zusätzliche Kraft für die Nachtdienste eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen eingestellt. Das Arbeitsgericht Krefeld stellte zunächst fest, dass der Kläger nicht berechtigt gewesen sei, öffentlich strafrechtlich relevante Vorwürfe zu erheben. Er habe keine tatsächlichen Umstände vortragen können, aus denen sich die Vorwürfe hätten herleiten lassen (siehe www.juraforum.de).

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Mircrosoft nimmt Filial-Schließungen in Deutschland zurück

Der Software-Monopolist verzichtet laut Spiegel  auf die geplanten Standortschließungen in Hamburg, Bad Homburg und Böblingen und beugt sich – so die Darstellung von spiegel-online – dem Druck von Mitarbeitern. Wir berichteten hier über vermutete Zusammenhänge dieses geplanten Manövers mit systematischem Betriebsrat-Bashing.

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Kauth verzögert weiterhin Betriebsratswahlen

Überhaupt nicht voran  scheint es laut Schwäbische.de  weiterhin mit den Betriebsratswahlen bei dem Technologie-Unternehmen Kauth in Denkingen zu gehen. Die Mitarbeiterlisten wurden dem Wahlvorstand wegen der angeblich ungeklärter Datenschutzfragen noch immer nicht ausgehändigt. Gleichzeitig hat die Geschäftsführung es wohl schon verstanden, Mitarbeiter_innen so zu beeinflussen, dass diese ihrerseits schon darum gebeten haben, dass ihre Daten nicht an den Wahlvorstand rausgegeben werden. Zu guter Letzt ist es sogar gelungen, die IG-Metall ganz aus den Betriebsratswahl raus zu halten. Im Artikel heißt es:

Generell würde sich Kauth nicht gegen einen Betriebsrat wehren, aber ohne IG Metall, darauf habe man sich auch in zwei Gesprächen mit den Wahlvorstand geeinigt. „In einem Betriebsrat, angetrieben von einer Gewerkschaft, sehen wir das Risiko, dass es zu Konflikten innerhalb des Unternehmens kommt, was in drastischen Beispiel zum Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland geführt hat.

Wir berichteten bereits am 12.11.2013 über den zähen Konflikt beim schwäbischen Familienunternehmen Kauth.

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Südwest Mobil/Mainz: Schlecht bezahlte Anfänger fahren Linienbusse

Südwest Mobil, ein Linienbusunternehmen mit Sitz in Mainz, macht in einem Artikel der Allgemeinen Zeitung (Rhein Main Presse), alles andere als eine gute Figur: dem Betriebsratsvorsitzenden wurde gekündigt, es werden keine Nachtzuschläge gezahlt, die Dienstpläne sehen regelmäßig 11 – 14 Stunden-Schichten vor und die Busse sollen zum Teil 13 Jahre alt und in einem technisch schlechten Zustand sein. Der Betriebsratsvorsitzende geht juristisch gegen seine Entlassung vor.

Systematisches Lohndumping durch Arbeitnehmerüberlassung

Die Südwest Mobil GmbH ist eine Tochter der ORN Omnibusverkehr Rhein-Nahe GmbH, die wiederum eine Tochter der Deutsche Bahn AG ist. Bei Südwest Mobil arbeiten rund 100 Fahrer.  Sie werden nach dem Tarif für private Verkehrsunternehmen, dem VAV,  bezahlt und erhalten damit weniger Lohn als ihre Kollegen bei der Mutter ORN, die nach dem Tarifvertrag Nahverkehr TV-N) bezahlt werden.

Bei Arbeitszeiten von 170 Stunden im Monat kommen manche Fahrer so trotzdem nur auf 1.300- Euro netto. Wegen der hohen Fluktuation unter den Kollegen seien viele Fahranfänger unter den Südwest Mobil-Fahrern.

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Amazon/Berlin kündigt einen Tag vor Weihnachten 600 Angestellten

Betroffen sind laut Presse und ver.di Angestellte im amazon-Logistikzentrum Brieselang bei Berlin. Der Berliner Kurier berichtet, die Verträge der befristet Beschäftigten wären sonst am 31.12.2013 ausgelaufen. Nun wurde den Beschäftigten jedoch schon am 23.12.2013 die Kündigung ausgesprochen. Sie mussten nach erfolgter Kündigung sofort das Firmengelände verlassen.

Über amazon berichteten wir bereits diverse Male auf arbeitsunrecht.de:


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