H&M Heilbronn: Hände weg von unserem Betriebsrat!

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H&M Belegschaft steht solidarisch zur Betriebsratsvorsitzenden

Die Kolleginnen stehen fest hinter ihrer Betriebsrätin Ayse, deren Vertrag nicht verlängert werden soll (Bild ver.di)
Die Kolleginnen stehen fest hinter ihrer Betriebsratsvorsitzenden Ayse, deren Vertrag nicht verlängert werden soll (Bild ver.di)

H&M-Verantwortliche scheinen aus dem Imageschaden, der durch die Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Damiano Q.  in Trier entstanden ist, nichts gelernt zu haben. Nimmt man ältere Berichte über die Schwierigkeiten bei Betriebsratswahlen und -arbeit (Frontal 21 März 2006, Sendung hier) und andere Fälle wie die Beendigung der Arbeitsverhältnisse zweier Betriebsratsmitglieder in Augsburg (Spiegel online vom 28.02.2008) und das Amtsenthebungsverfahren gegen den fünfköpfigen Betriebsrat einer Berliner Filiale (Spiegel online 07.08.2011) hinzu, wird deutlich, dass sich die H&M Geschäftsleitung gerade zielstrebig als Union-Buster profiliert. Nun brodelt es auch bei H&M in Heilbronn, weil der Vertrag der bisher befristet beschäftigten Betriebsratsvorsitzenden Ayse (so der Vorname der Betroffenen), trotz vorheriger mündlicher Zusage nicht verlängert wird. Dabei gibt es für eine Nichtverlängerung des Vertrages laut Ver.di-Sekretär Thomas Müssig keinen Grund: Ayse wurde von Vorgesetzten stets eine gute Arbeitsleistung bescheinigt und Personalüberschuss gibt es in der Heilbronner Filiale auch nicht.

Schon vor der Wahl im August 2013 kam reichlich Unruhe auf. Kolleginnen sollten in Einzelgesprächen von der Wahl abgebracht werden, Führungskräfte ließen sich selbst zur Wahl aufstellen. Bei der Betriebsratswahl kam es zum Eklat, weil der inzwischen ersetzte Fililalleiter einen ver.di-Wahlbeobachter per Polizei des Hauses verweisen wollte. Im nächsten Schritt wurde die Wahl von Arbeitgeberseite wegen eines Formfehlers angefochten. Der Betriebsrat unterlag in erster Instanz und legte Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ein. Vor dem Güte-Termin einigte man sich außergerichtlich durch einen Vergleich. Durch seinen Rücktritt konnte der Betriebsrat Neuwahlen auslösen, bei der Ayse am 17.07.2014 über 70% der Stimmen erhielt (Team Ayse). Bei der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats am 21.07.2014 wurde Ayse einstimmig zur Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Zwei Tage später, am 23.07.2014, lief Ayses befristeter Vertrag aus.

Trotz der enormen Widerstände konnte der Betriebsrat in kurzer Zeit viel erreichen. Thomas Müssig zählt auf, dass die Dienstpläne verbindlicher seien und die Arbeitseinteilung gerechter geworden ist. Außerdem habe der Betriebsrat bessere Arbeitszeitregelungen für Eltern und Alleinerziehende, mehr Arbeitsstunden für Teilzeitbeschäftigte, Höhergruppierungen und die Zahlung einer tariflichen Sozialzulage durchgesetzt. Ayse hat auf Weiterbeschäftigung geklagt. Von Seiten der Belegschaft gibt es eine große Welle der Solidarität.

Der Güte-Termin am 25.07.2014 scheiterte trotzdem. Laut Labournet standen Annette Zippel und Andrea Denzer als neue H&M-Store-Managerinnen der Heilbronner Filiale vor Gericht knallhart zu der Entscheidung, dass Ayses Vertrag nicht verlängert werden soll. Als aggressiver Dienstleister auf Arbeitgeberseite zeigte Anwältin Isabel Haug von DLA Piper null Verhandlungsbereitschaft. Die Schriftsätze der Kanzlei DLA Piper verfasst in dieser Sache jedoch Anwalt Volker von Alvensleben. Er ist auch im Kündigungsverfahren gegen Damiano Q. für H&M aktiv. Die Kanzlei DLA Piper, “business law firm” mit “full service”, ist mit 4.300 Anwälten und Kanzleien in über 30 Ländern gegenwärtig eine der größten Kanzleien der Welt. Bei Beck-Community wird erwähnt, dass DLA Piper und im speziellen Volker von Alvensleben (Nomos) H&M schon seit langem berät und vertritt.


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Als Termin für die nächste Verhandlung wurde der 13.08.2014, 11:00 Uhr, vor dem Heilbronner Arbeitsgericht anberaumt. Hier wird über die einstweilige Verfügung entschieden, ob Ayse weiter arbeiten darf, bis am 11.11.2014 über die Entfristungklage entschieden wird. Aufrufe zu solidarischen Aktionen finden sich auf der ver.di-Seite “Team Ayse”.

Aktuelle Infos finden sich auch in den Posts der facebook-Gemeinschaft H&M Betriebsräte unterstützen.


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1 Kommentar

  1. Druckkündigungen von Betriebsräten, Lohnentzug bei aus Arbeitgebersicht unliebsamen aktiven Betriebsräten sind nur die Spitze des Eisberges in der „Rollback-Strategie“ mancher Arbeitgeber.

    Unterschwelliger und schwieriger zu durchschauen ist ein Vorgehen von Arbeitgeberseite, indem Betriebsräte auf völlig unsinnige Nebenschauplätze und Spielfelder gelockt werden, um durch langwierige juristische Scharmützel (Infragestellung von Mitbestimmungs- und Betriebsratsrechten oder völlige Ignoranz der Verpflich-tungen aus dem Betriebsverfassungsgestz) Arbeitnehmervertreter mürbe zu machen und zum Aufgeben zu „moderieren“.

    Ayse ist hier den richtigen Weg gegangen, in dem sie konsequent ihr Ziel verfolgt hat und offensichtlich auch die Unterstützung (S. BR-Wahlergebnis) gewinnen konnte.

    Ich ziehe vor ihr den Hut und wünsche ihr in der momentanen Auseinandersetzung den von ihr gewünschten Erfolg.

    Deshalb: Betriebsratsarbeit mit Kompetenz, Integrität, Courage und Konsequenz!

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