H&M: Streik bei Zulieferer in Kambodscha

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Polizei schießt auf Arbeiter | Sternmarsch zum internationalen Tag der Menschenrechte

Kambodscha, 12.11.2013: Polizei schießt auf demonstrierende Arbeiter
Phnom Penh, 12.11.2013: Polizei schießt scharf und gezielt

Der Kölner ver.di-Sekretär Benedikt Frank wird am 10. Dezember 2013 an einem Sternmarsch von buddhistischen Mönchen, kambodschanischen Gewerkschaften und Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) auf die Hauptstadt Phnom Penh teilnehmen. Er ist Mitglied der aktion./. arbeitsunrecht. Gemeinsam mit anderen Europäern will er dazu beitragen, den „March of Human Rights“ anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte durch internationale Aufmerksamkeit vor staatlichen Übergriffen zu schützen. In Kambodscha setzt die Polizei nicht selten brutale Gewalt bis hin zu Schusswaffen gegen Demonstranten ein.

Exzesse der Staatsgewalt

So attackierte die kambodschanische Bereitschaftspolizei am 12. November 2013 eine Demonstration von Arbeiter_innen des singapurischen Textilkonzerns SL Garment Processing, der u.a. für Hennes & Mauritz und GAP näht.

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Buddhistische Mönche spielen eine wichtige Rolle in der kambodschanischen Menschenrechtsbewegung.

Die kanadische Zeitung The Star berichtete, dass mehrere Hunderschaften, darunter Beamte mit AK-47-Maschinenpistolen, etwa 1.000 ArbeiterInnen daran hindern wollten, zum Haus des kambodschanischen Premierministers Hun Sen zu ziehen. Die Einsatzkräfte setzten Schlagstöcke, Wasserwerfer und Tränengas ein (siehe youtube-videos 1 +2). Einzelne wurden brutal zusammen getreten und verprügelt. Als die Polizei in die Menge schoss, tötete sie eine Frau, acht Personen erlitten Schussverletzungen. Die Demonstranten hatten Autos  und Motorräder in Brand gesetzt und mit Steinen geworfen. Die Polizei nahm laut Presse 37 Personen fest (andere Quellen sprechen von 60 Verhafteten), darunter auch buddhistische Mönche eines nahe gelegenen Klosters, die die Streikenden unterstützt hatten.

Streik für eine gesunde Mahlzeit pro Tag

Die kambodschanische Textilindustrie, die wichtigste Branche des Landes, wird seit längerem von erbitterten Arbeitskonflikten erschüttert, bei denen es um niedrige Löhne und miserable Arbeitsbedingungen geht. Der Streik in der SL Garment-Fabrik dauerte seit August 2013 an. Zu den Forderungen der ArbeiterInnen gehörte u.a. eine gesunde Mahlzeit am Tag, die in Kambodscha umgerechnet 0,55 Euro kosten würde.


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Militärpolizei in der Fabrik – Union Busting à la Singapur

Der Streit in der kamboschanischen Niederlassung des singapurischen Zuliefer-Konzerns SL Garment Processing (Cambodia) Ltd. war entbrannt, als der Aktionär Meas Sotha am 12. August 2013 bewaffnete Militärpolizei anheuerte und in der Fabrik patrouillieren ließ. Die Gewerkschaft C.CAWDU* bewertete das als Einschüchterungsversuch gegen ihre Organisierungsbemühungen.  Im Verlauf des Streiks entließ Sotha rund 1.000 Streikende, was dem Konflikt zusätzliche Explosivität verlieh. Der Jeansproduzent Levi’s sah sich bereits gezwungen, auf andere Zulieferer umzusteigen.

Sternmarsch für Menschenrechte in Kambodscha 2013
Routen des Sternmarsches für Menschenrechte in Kambodscha 2013 (zum Vergrößern auf Grafik klicken)

Laut Bericht in der Phnom Penh Post vom 4. Dezember 2013 ist der Konflikt bei SL Garment inzwischen beigelegt worden. Die C.CAWDU konnte eine Wiedereinstellung jener 19 Gewerkschafter erreichen, die im Verlauf des Streiks gefeuert worden waren, sowie Lohnrückzahlungen und Wiedereinstellungen der Streikenden. Außerdem wurde der verhasste Manager und Aktionär Meas Sotha aus dem Werk abgezogen. Über konkrete Verbesserungen in Sachen Lohn und Arbeitsbedingungen wurde allerdings nichts bekannt.

Sternmarsch auf Phnom Penh

Menschenrechtsaktivisten sind seit dem 1. Dezember aus 16 Provinzstädten in Richtung Hauptstadt aufgebrochen, um am 10. Dezember 2013 vor der kambodschanischen Nationalversammlung gegen Gewalt und Einschüchterung gegen bäuerliche Aktivisten, Gewerkschafter und Journalisten zu protestieren.

Zur Abschlusskundgebung am internationale Tag der Menschenrechte in Phnom Penh werden etwa 30.000 Menschen erwartet. Der Kölner Gewerkschafter Benedikt Frank hat in Deutschland Geld gesammelt, um die kambodschanische Gewerkschaftsbewegung zu unterstützen. Es wird zur einen Hälfte der Organisation des Menschenrechts-Marsches zu Gute kommen, zur anderen Hälfte den Hinterbliebenen des brutalen Polizeieinsatzes vom 12. November 2013. Wir erwarten unseren Kollegen Bene wohlbehalten zurück und sind gespannt auf seine Reiseerlebnisse.

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Quellen:

Menschenrechtsmarsch Kambodscha 2013

Streik bei SL Garment

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Fußnote

* C.CAWDU – Coalition of Cambodian Apparel Workers’ Democratic Union (Demokratische Gewerkschaftskoalition der kamboschanischen Textilarbeiter_innen). Die Gewerkschaft hat ca. 50.000 Mitglieder und gilt als eine der wichtigsten Gewerkschaften der Textilbranche und damit des Landes. Sie ist im Dachverband Cambodian Labour Confederation (CLC, kambodschanische Arbeitsföderation)


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1 Kommentar

  1. Hallo Genossen/innen,
    war erstaunt, zu lesen, dass ein Verdi-Funktionär am Menschenrechtsmarsch in Phom Penh teilnimmt. Ich lebe selbst in Siem Reap zur Zeit 3 Monate. An der Demonstration der Textilarbeiter/innen wollte ich teilnehmen, doch meine Khmerfrau war dagegen, sie meinte Khmeraktivisten haben manchmal Unfälle, und ich als Ausländer bin noch „weniger wert“. Ich selbst bin seit 40 Jahren radikaler Gewerkschaftler in der GEW, vorher Druck und Papier. So habe ich auch nach der blutigen Demonstration zwei Flyer an der LINKE geschrieben, damit in Deutschland Aktionen zur Unterstützung der kambodschanischen Textilarbeiter/innen.
    Telefon in Cambodscha 0963706113 Viel Erfolg Benikt Frank
    Die Regierung in Kambodscha muss die Löhne für die Textilarbeiter/innen im Januar 2014 erhöhen. Der Kampf zeigt Zeichen der Bewegung.

    Der derzeitige verordneten Mindestlohn von 80 $ im Monat, von der Regierung festgelegt, „für Bekleidungs-Fabrikarbeiter wird in Januar 2014 erhöht werden , obwohl die Menge der Anhebung noch nicht bestimmt worden ist“, sagte ein Vertreter des Arbeitsministeriums am Montag.
    Prak Chanthoeun , Generaldirektor des Arbeitsministeriums, im Arbeitskonflikt- Ausschuss , sagte am Montag , dass es eine Sitzung am Mittwoch zwischen der Regierung, Fabrikbesitzer und Gewerkschaften geben wird, um die drohende Lohnerhöhung zu diskutieren.
    Es ist schon zynisch, wie sich dieser Lakai der Textilkonzerne hinstellt, und von „drohender Lohnerhöhung“ spricht. Eine gerechter Lohn zum Überleben ist eine zwingende Grundlage für die Textilarbeiter/innen.
    „Wir müssen gründlich diskutieren , weil wir Angst haben , wenn wir den Lohn für die Arbeiter erhöhen, werden die Marktpreise beeinflusst werden, könnte zur Erhöhung führen“ meinte dieser Regierungsbüttel weiter. Das Wohl und die Gesundheit der Arbeiter sind ihm völlig egal.
    In den ersten 10 Monaten des Jahres 2013 wurden für mehr als 4,7 Milliarden US-Dollar Bekleidungs- Exporte in die Welt verschickt, 23 Prozent Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Aber der Sektor erlebt häufiger Streiks als je zuvor , teilte die Führung der Bekleidungsindustrie Manufacturers ‚Association in Kambodscha ( GMAC ) mit. Es kam zu 83 Streiks in den ersten sieben Monaten dieses Jahres , für höhere Löhne und menschliche Arbeitsbedingungen.
    Daraufhin erhöhte die Regierung erhöht die monatliche Mindestlohn auf 80 $ pro Monat im Mai mitten in einem aufgeheizten nationalen Wahlkampf , in dem die Opposition CNRP die Regierung von Hun Sen verpflichtet, den Lohn auf $ 150 zu erhöhen, wenn sie den 28. Juli -Wahl gewonnen hätte . Nachdem die regierende CPP große Verluste bei der Wahl erlitten hatte, versprach die Regierung im September 2013 , das Problem der Bekleidungssektor die Löhne zu überdenken.
    Athit Kong , Vizepräsident der Koalition der kambodschanischen Apparel Workers Democratic Union , sagte, „seine Mitglieder werden versuchen, ein Raison auf $ 154 pro Monat zu verhandeln“, obwohl er glaubt, dass ein angemessener Betrag mehr als 200 $ richtiger wäre.
    „Wenn sie es sogar auf 230 $ im Monat erhöhen könnte , dann würden die Arbeiter in der Lage sein , Geld zu sparen „, sagte Herr Athit .

    Ken Loo, Generalsekretär der GMAC , der Kapitalistenvertreter sagte,“ selbst eine kleine Erhöhung der Löhne würde sofort die Fabrikbesitzer zu spüren zu bekommen. Blanker Zynismus, wenn man weiß die Produktionskosten auch nach einer Lohnerhöhung höchsten bei 5 § pro Hose liegen würden. In Deutschland werden die Jeans für mindestens 40-60 Euro verkauft.

    Und weiter schwafelt dieser Ken Loo“ Es ist sicher zu sagen, dass es sehr schwierig sein, die versprochenen Erhöhungen total an die Käufer zu übergeben , fügte hinzu, „dass Bekleidungshersteller in einer schwierigen Situation sind , da sie derzeit erhalten Aufträge von Marken für die Frühjahrssaison, sind aber nicht sicher, welche Preise sie wegen der drohenden Lohnerhöhungen nehmen sollen.“

    Internationale Modemarken , die enorme Hebelwirkung in Bezug auf die Veränderungen in der Branche haben , müssen verpflichtet werden, in Kambodscha zu bleiben, auch wenn Fabriken Preise erhöhen , sagte Dave Welsh, Country Head von Solidarity Center , einer internationalen Arbeitsrechtsorganisation.

    „Die Regierung muss ihnen Zusicherung geben, sowohl privat als auch öffentlich, die kambodschanische Textilindustrie als Vorbild zu stehen , wo der Mindestlohn ein Existenzminimum darstellt“. sagte Welsh .
    Sicher ist, sollten sich im Januar 2014 die Forderungen der Textilarbeiter/innen nicht erfüllen, wird es in Cambodia ein sehr unruhiges Jahr in der Textilbranche geben.
    Für die internationale LINKE in Europa heißt das, die Kämpfe der Textilarbeiter/innen zu unterstützen, in die Metropolen tragen.

    Sofortiger Mindestlohn von 200 Dollar monatlich bei einer 40 Stunden Woche.
    Kostenlose Verpflegung in den Essenskantinen.

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