Arbeitsrechte? Die Blindstelle im Grundgesetz

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Deutschland ist in Bezug auf Arbeitsrechte weithin unterbelichtet. Dies ist im Grundgesetz von 1949 angelegt

von Werner Rügemer

Direkt nach dem Krieg war die Sozialisierung der Schlüsselindustrien eine populäre Forderung. Sie schaffte es sogar in sehr milder Form ins Grundgesetz (Art. 14), wo sie bis heute verkümmert. Die CDU warnte bereits vor „Bürokratie“ und „Zwangswirtschaft“ und meinte Arbeitsrechte, betriebliche Mitbestimmung und behördliche Kontrollen. Wahlplakate der SPD von 1947 und der CDU von 1949.

In keinem anderen Rechtsbereich herrscht in Deutschland ein solches Vollzugsdefizit wie im Arbeitsrecht und der Mitbestimmung:

  • Unternehmer zahlen millionenfach nicht den gesetzlichen Mindestlohn, bezahlen pro Jahr etwa eine Milliarde Überstunden nicht – Lohndiebstahl bleibt straflos. Unternehmer verletzen millionenfach routinemäßig das Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie das Arbeitszeitgesetz – straflos.
  • Die Mehrheit der Unternehmen, die dem Mitbestimmungs-Gesetz unterliegen, halten sich nicht daran – straflos.
  • Die Behinderung von Betriebsräten, die Verhinderung der Wahl neuer Betriebsräte ist nach § 119 des Betriebsverfassungs-Gesetzes eine Straftat, die auch mit Gefängnis bestraft werden kann – doch diese Straftat steht ganz knapp hinter dem sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche an der Spitze der justiziellen Nicht-Verfolgung.

Die Regierungen und viele Staatsorgane sind Komplizen und Exekuteure des Arbeits-Unrechts. Entwürdigung, Verarmung, Entrechtung – die wichtigste Quelle des Rechtsradikalismus.1

Dies ist im Grundgesetz der 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland angelegt. Auch der Einigungsvertrag von 1990 zwischen den beiden Teilstaaten BRD und DDR ist hinsichtlich der Arbeitsrechte immer noch nicht vollzogen. Deutschland hat immer noch keine gültige Verfassung, genauso wie die EU.


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In dieser verfassungsrechtlichen und justiziellen Grauzone dominieren die Rechte der kapitalistischen Privateigentümer – zulasten der abhängig Beschäftigten. „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ (Grundgesetz Artikel 3,1) gilt nicht. Unternehmer sind gleicher, abhängig Beschäftigte sind ungleicher. Es herrscht dauerhafter sanktionsloser Verfassungsbruch durch Unternehmer.

Adenauer: Bundesverdienstkreuz für zwei CIA-Agenten

US-Gewerkschafter George Meany: Konrad Adenauer behängte den Kommunisten-Fresser für seine Hilfe beim Aufbau eines geschmeidigen Nachkriegs-Gewerkschaftsapparates mit Orden (Quelle: wikicommons).Am 7. Dezember 1959 gab Bundeskanzler Konrad Adenauer in Bonn einen feierlichen Empfang für George Meany, den Chef des US-Gewerkschafts-Dachverbandes AFL-CIO und für Jay Lovestone, den Chef des vom AFL organisierten Free Trade Union Committee (FTUC, Komittee für Freie Gewerkschaften). Meany erhielt das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband, Lovestone das Verdienstkreuz ohne Zutaten. Die beiden US-Spitzengewerkschafter wurden „für besondere Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland“ geehrt.2Die beiden Verdienstkreuzler hatten mithilfe der US-Regierung, des State Department (Auswätiges Amt) und des Geheimdienstes CIA und mit Einsatz vieler Millionen US-Dollar seit 1946 heimlich westeuropäische Gewerkschaften und sozialdemokratische Parteien infiltriert und finanziert, auch in Westdeutschland, hatten Dissidenten bezahlt, in Frankreich und Italien christlich lackierte Spaltergewerkschaften und schließlich auch einen neuen Welt-Spalter-Gewerkschaftsbund gegründet, den Internationalen Bund Freier Gewerkschaften, IBFG.

Regierungen bekamen Marshall-Plan- und andere Hilfen nur dann, wenn die wichtigsten nationalen Gewerkschaften den bisherigen, als „kommunistisch“ verrufenen Weltgewerkschaftsbund verließen – der war 1945 gegründet worden und hatte die bisherigen ideologischen Spaltungen überwunden.3

So hatten die Doppelagenten Meany und Lovestone zur US-konformen Stabilisierung Westeuropas und Westdeutschlands beigetragen. Noch nach seiner Kanzlerschaft traf sich Adenauer mit Lovestone, etwa als die USA wegen ihres völkerrechtswidrigen Vietnamkrieges am Pranger standen. Nach dem Treffen dankte Adenauer dem Chef des Paten, Meany, im Jahre 1966: „Ich war sehr glücklich, dass Mr. Lovestone geschickt wurde, um unsere Zweifel zu beseitigen … Ihre Weisheit, Ihr Verständnis, Ihre Vision wird uns hilfreich sein. Wir werden Ihren Rat und Ihre Erfahrung brauchen, mehr denn je!“4

Die Meany-Lovestone-Truppe hatte nicht nur Regierungen und nicht nur Gewerkschaften, sondern auch die sozialdemokratischen Parteien auf US-Kurs gebracht, in Deutschland den DGB und die SPD. Die Doppelagenten unterhielten nicht nur enge Beziehungen zu Adenauer, sondern bis auch bis zu dessen Tod 1952 zum SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher. „Die westeuropäischen Arbeiterbewegungen waren im Großen und Ganzen fest in die gesamtwestliche Weltordnung integriert, hatten die politischen Systeme und die kapitalistische Wirtschaftsordnung ihrer Länder akzeptiert.“5

Deshalb hatten die drei westlichen Militärgouverneure auch keine Schwierigkeit, das unter Adenauer entworfene Grundgesetz zu genehmigen.

Grundgesetz: Ewiges Provisorium als Herrschaftsinstrument

Die Bundesrepublik war ein von den westlichen Alliierten und vom westlichen Kapital konzipierter vorläufiger Teilstaat: Erst wenn der nach der Bundesrepublik gegründete zweite Teilstaat, die sozialistische DDR, mit der BRD „wiedervereinigt“ sei, dann trete der deutsche Staat erst wirklich (wieder) in seine Existenz. Das Grundgesetz „verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“. (Artikel 146)

Im Einigungsvertrag von 1990, einem völkerrechtlichen Staatsvertrag, heißt es, dass die Verfassung „durch gesamtdeutsche Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung“ zustande komme. Aber bis heute kamen gesamtdeutsche Wahlen und die freie Entscheidung nicht zustande. Die Angst der Unternehmer und der von ihnen finanzierten Regierungsparteien war und ist zu groß – wie auch in der EU -, dass sie keine Zustimmung finden.

Ausgeklammert: Aufrüstung

in wesentlicher Grund für die provisorische Gründung des Teilstaats war, dass er aufgerüstet, militarisiert werden sollte. Diese Entscheidung, die in den USA längst gefallen war, wurde ausgeblendet, weil auch sie gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung verstieß. Der Präsident des Parlamentarischen Rates, der das Grundgesetz entwarf, der CDU-Politiker Konrad Adenauer, der auch als künftiger Regierungschef vorgesehen war, hatte versprochen, dass eine Wiederbewaffnung niemals infrage komme. Er tat dies genauso bestimmt wie er nach Verabschiedung des Grundgesetzes für die Wiederbewaffnung eintrat.8

Genauso demagogisch der ebenfalls christlich lackierte CSU-Politiker Franz-Josef Strauß. Vor Gründung der Bundesrepublik hatte er getönt: „Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt, dem soll die Hand abfallen.“ Nach der Gründung trat er begeistert für das Gegenteil ein und wurde Verteidigungsminister.9

Deshalb wurden die Remilitarisierung und die militärische Dienstpflicht erst 1955 beschlossen in das Grundgesetz eingefügt (Artikel 12a), nachdem die mehrheitliche Ablehnung des Volks erstickt worden war.

Ausgeklammert: Menschenrechte

Das Grundgesetz hätte an den 1945 beschlossenen Universellen Menschenrechten der UNO orientiert werden können – so wäre das Grundgesetz die modernste Verfassung geworden. Stattdessen wird abstrakt und rechtlich diffus von der „Würde des Menschen“ fabuliert (Artikel 1,1). Die Beziehung zu den UN-Menschenrechten wird umgangen, indem auf irgendwelche unbestimmten Menschenrechte verwiesen wird: „Das deutsche Volk bekennt sich zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten.“ (Artikel 1,2) Welche das sein sollen, wo sie kodifiziert sind – keine Angabe.

Arbeits- und Gewerkschaftsrechte im Grundgesetz

Auch die Arbeits- und Gewerkschaftsrechte wurden aus dem Grundgesetz weitgehend ausgeklammert – im Unterschied zur Verfassung des zweiten Teilstaats DDR.

Ausgeklammert: Arbeitsrechte

Arbeitsrecht und Arbeitsrechte werden im Grundgesetz nicht erwähnt. Es enthält somit auch keinen Hinweis auf die Arbeits- und Sozialrechte aus der Erklärung der Universellen Menschenrechte oder auf die Normen der seit 1919 bestehenden Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Es gilt zwar das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen (Artikel 12). Das heißt: Du darfst unter den angebotenen Arbeitsplätzen frei wählen – aber wie die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung geregelt werden sollen, dazu stehen Dir keine Rechte zu. Das Recht auf Arbeit wie in den UN-Menschenrechten – Fehlanzeige.

Dagegen wurde das Recht auf Eigentum einschließlich des Erbrechts ins Grundgesetz aufgenommen (Artikel 14 und 15). Freilich wird populistisch verniedlichend von „Eigentum“ gesprochen, sodass sich jeder und jede mit seinem Eigenheim und seinen Äckern, Wiesen und Schrebergärten angesprochen fühlen kann – während das großkapitalistische Privateigentum gemeint war, das während der Beratungen zum Grundgesetz direkt nach dem 2. Weltkrieg noch in grundsätzlicher Kritik stand.

Ausgeklammert: Gewerkschaftsrechte und Betriebsräte

Artikel 9 des Grundgesetzes gewährleistet die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit: „Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.“ Weiter heißt es: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.“

Somit wurde und wird lediglich die reine Existenz von Gewerkschaften geschützt, wobei zudem der Begriff „Gewerkschaften“ vermieden und diffus von „Vereinigungen“ gesprochen wird, worunter auch die Unternehmer fallen. Was die Gewerkschaften dürfen, welche Rechte sie über das Recht der reinen Existenz hinaus haben, blieb offen.

Schlupfloch für Kirchen eingebaut

Außerdem wurde ins Grundgesetz eine große Ausnahme aufgenommen: Für die Kirchen, ihre Verwaltungen und Unternehmen wurden ins Grundgesetz (Artikel 140) unverändert die fünf Artikel der Weimarer Verfassung übernommen, die die besonderen Rechte der „Religionsgesellschaften“ regelten. Die Kirche „verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde“. 

Eine Trennung von Kirche und Staat wurde somit oberflächlich vollzogen, aber sie besteht sie in wichtigen Bereichen weiter: staatlich finanzierte und weltweit eingesetzte Militärgeistlichkeit, staatlich finanzierte Bischöfe und Kardinäle, Steuerprivileg, staatlicher Zwangseinzug der Kirchensteuer, jährliche Erstattungen für Enteignungen im Jahre 1803, staatlich finanzierter Religionsunterricht, staatlich finanzierte theologische Fakultäten, Entscheidung bei universitären Lehrstühlen und nicht zuletzt: eigenes Arbeitsrecht.

Das bedeutet: Beschäftigte, die den Glaubens- und Moralvorstellungen der Kirchen nicht entsprechen, können gekündigt werden. Es darf keine nach dem sonstigen Arbeitsrecht geregelten Betriebs- und Personalräte geben, sondern nur Mitarbeiter-Vertretungen mit eingeschränkten Rechten. Gewerkschaften dürfen keine Tarifverhandlungen führen, die Arbeitsbedingungen und -Entgelte werden „einvernehmlich“ hinter den Kulissen festgelegt. Die Kirchen dürfen zudem eigene Arbeitsgerichte unterhalten. Das betrifft bis heute die kirchlichen Verwaltungen und Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, Internate, Kindergärten, Werkstätten, Wohnungs- und Immobiliengesellschaften, die PAX-Bank mit immerhin 1,4 Millionen abhängig Beschäftigten. Die Gewerkschaft ver.di ist erst neuerdings dabei, hier Veränderungen zu erkämpfen.

Betriebsräte: Rückschritt hinter die Weimarer Verfassung

Klischeehaft wird behauptet, das Grundgesetz habe sich an der Weimarer Verfassung von 1919 orientiert, der ersten demokratischen Verfassung auf deutschem Boden. Das trifft hinsichtlich der „bürgerlichen“ und der Kirchenrechte zu. Aber es trifft nicht hinsichtlich der Arbeitsrechte zu.

Artikel 165 („Räte-Artikel“) der Weimarer Verfassung lautete: „Die Arbeiter und Angestellten sind dazu berufen, gleichberechtigt in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzuwirken.“

Und weiter zu den Arbeiterräten: „Die Arbeiter und Angestellten erhalten zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen gesetzliche Vertretungen in Betriebsarbeiterräten sowie in nach Wirtschaftsgebieten gegliederten Bezirksarbeiterräten und in einem Reichsarbeiterrat.“

Das entsprechende Betriebsrätegesetz beschloss 1920 der Deutsche Reichstag. Nichts dergleichen im Grundgesetz.

Ausgeklammert: Streikrecht

Das Grundgesetz erlaubt zwar die Existenz und eine nicht genau definierte Betätigung (Koalitionsfreiheit) von „Vereinigungen“. So wurde in einer Grauzone offengelassen, was Gewerkschaften nun dürfen oder nicht dürfen, zum Beispiel in welchen Formen, zu welchen Forderungen und unter welchen Bedingungen gestreikt werden kann. Welche Arbeitskampfmaßnahmen sind erlaubt? Das blieb ungeklärt.

Aufgenommen in das Grundgesetz wurde allerdings das Streikverbot für den öffentlichen Dienst: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.“ (Artikel 33,5) Zu diesen Grundsätzen gehören die besondere Dienst- und Treuepflicht, die Befreiung von Rentenbeiträgen, die lebenslange Unkündbarkeit und nicht zuletzt das Streikverbot. Im Grundgesetz war somit das Beamtenrecht auf den gesamten öffentlichen Dienst ausgeweitet, also auch auf die nicht-verbeamteten Beschäftigten.

Deshalb gründet das Streikrecht nicht auf einem Grundrecht, sondern unterliegt dem untergeordneten, damit auch politisch beeinflussten Richterrecht. Den Anfang machte der NS-Jurist Hans Carl Nipperdey. Er hatte 1934 den Kommentar zum „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ mitverfasst. Darin hat der Arbeiter dem Gefolgschaftsführer, dem Unternehmer, zu folgen und zu dienen.

Die Regierung Adenauers setzte den Arbeitsrechtsprofessor 1954 als ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts durch. Er prägte das Streikrecht durch seine Auffassung, dass Artikel 9,3 des Grundgesetzes zwar die Existenz der Gewerkschaften garantiere, aber kein Streikrecht. Nipperdey war in den Anfangsjahren der Bundesrepublik auch Chefberater des DGB-Vorsitzenden Hans Böckler – gemeinsam mit ihm gehörte er auch zur SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat.

Das Streikrecht wurde in der Folge durch Richterrecht auch in anderer Hinsicht eingeschränkt: „wilde Streiks“ sind nicht erlaubt, auch Betriebsräte dürfen nicht zum Streik aufrufen. Nur die Gewerkschaften dürfen das, dienen also auch als Disziplinierungsinstrumente. Die grundgesetzlich garantierte „Entfaltung der Persönlichkeit“ gilt hier nichts – ihre Persönlichkeit entfalten dürfen nur Unternehmer.

Tarifvertrags-Gesetz: Schon unter der Militärregierung beschlossen

Schon vor der Verabschiedung des Grundgesetzes und der Gründung der Bundesrepublik beschloss der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes der britischen und US-amerikanischen Besatzungszone (Bi-Zone) am 9.4.1949 das Tarifvertrags-Gesetz. Es regelt die Aushandlung von Tarifverträgen zwischen den Vertretern von „Arbeitnehmern“ und „Arbeitgebern“. Es war von Nipperdey entworfen worden und wurde auch in das Grundgesetz (Artikel 123) und dann 1990 auch in den Einigungsvertrag mit der DDR übernommen (Artikel 8) – und gilt „im wesentlichen unverändert“ bis heute.15

Das Gesetz zeichnet sich durch glatte Formalität aus. Man wollte im Vorfeld des Grundgesetzes und der BRD-Gründung vorsichtig sein und alle latenten Konflikte ausschließen. Man überließ auch hier die Ausgestaltung dem Richterrecht und vor allem dem Kräfteverhältnis, das sich, so die begründete Hoffnung der westlichen Alliierten und Adenauers, nach der Gründung des Staates zugunsten der Unternehmer entwickeln werde.

Arbeitszeitordnung aus dem NS-Regime

Auch bei der Arbeitszeit fiel das Grundgesetz weit hinter die Weimarer Republik zurück. 1918 war die 40 Stunden-Woche – die internationale Arbeiterbewegung hatte sie seit einem halben Jahrhundert gefordert – gesetzlich eingeführt worden.

Die Arbeitszeit-Verordnung (AZO) der Nazis von 1938 schrieb zur Freude der Unternehmer die Ausweitung der Arbeitszeit fest, die sie schon vor 1933 schrittweise durchgesetzt hatten. Die Mitwirkung der Beschäftigten-Vertretungen wurde abgeschafft, eine feste Arbeitszeit wurde nicht festgelegt, sondern von den „Betriebsführern“ der Unternehmerseite festgelegt. Viele Beschäftigte arbeiteten bis zu 60 Stunden, von der Willkür gegenüber Zwangsarbeitern ganz abgesehen.

1946 legte der Alliierte Kontrollrat die Arbeitszeit auf 48 Wochenstunden fest, verteilt auf sechs Tage, den Samstag also inbegriffen, ließ aber die AZO weiter unangetastet. Durch das Grundgesetz wurde die AZO unverändert für die Bundesrepublik geltendes Recht (Artikel 125). Erst ab 1967 galt die 40-Stunden-Woche, und nur für die Metallindustrie. Erst 1978 galt für 92 Prozent der Beschäftigten die 40 Stunden-Woche.16

Gleicher Lohn für Mann und Frau? Nein!

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, heißt es im Grundrechteteil des Grundgesetzes (Artikel 3,2). Das war auf die bürgerlichen Rechte gemünzt, also etwa das Wahlrecht, aber nicht etwa auf das Eherecht.

Die Forderung des Mitglieds des Parlamentarischen Rates, Heinz Renner, auch das Recht auf „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ für Mann und Frau solle in das Grundgesetz aufgenommen werden, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Denn diese Forderung galt als „kommunistisch“. Renner war Mitglied der KPD. Außerdem durfte man nicht mit dem kommunistischen Teufelszeug übereinstimmen, das sich in der sowjetischen Zone anbahnte: Dort wurde die Berufstätigkeit von verheirateten Frauen gefördert, was schließlich auch in die DDR-Verfassung aufgenommen wurde.17

Die von Adenauer vorgespielte Politik war auch nur mithilfe von Repressionen durchzusetzen, die das großkirchlich geschützte Patriarchat bereit stellte. Die Deutsche Bischofskonferenz setzte sich in Abgrenzung zum „atheistischen Osten“ dafür ein, dass Ehefrauen im Haushalt, bei der Errichtung eines Kontos und bei der Berufsausübung dem Ehemann unterworfen bleiben müssten, „weil durch höhere, nämlich göttliche Autorität festgesetzt“. So plädierte die Mehrheit der „Väter und Mütter des Grundgesetzes“ für ein später zu beschließendes Gleichberechtigungs-Gesetz.

Bis in die 1960er Jahre durften Ehefrauen kein eigenes Konto eröffnen und waren verpflichtet, unentgeltlich in Hof und Betrieb mitzuarbeiten. Das wurde dann gelockert. Aber ein Gleichberechtigungs-Gesetz gibt es bis heute nicht.

Die Ungleichbehandlung von Mann und Frau in der Arbeit nimmt in der Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten sogar wieder zu. Die Regierungen und Wertewächter setzen sich zwar heftig dafür ein, dass Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen von Unternehmen und in Verwaltungen stärker vertreten sind, auch etwa in der Evangelischen Kirche. Aber um die ungleich größere Zahl der abhängig arbeitenden Frauen kümmern sich solche sensiblen PropagandistInnen nicht. Schlecht bezahlte, befristete und Teilzeit-Arbeit geht verstärkt zulasten von Frauen. Das wirkt sich besonders scharf als Altersarmut in der Rente aus: Die Renten von Frauen liegen um 60 Prozent unterhalb der Renten von Männern.18

Ungesühnter Verschleiß der Zwangsarbeiter aus dem Weltkrieg

Das millionenfache Arbeitsunrecht während der deutschen Besetzung Europas – einschließlich der Vernichtung in der Arbeit durch gezielte Unterernährung, Misshandlung, Überarbeitung, Tötungen – haben deutsche Unternehmer und sonstige Mittäter und Profiteure niemals öffentlich bereut. Sie haben sich niemals entschuldigt. Sie haben nur widerwillig und durch Druck von außen erst viele Jahrzehnte später eine winzige Minderheit der noch überlebenden Zwangsarbeiter entschädigt.19

Die Bundesregierung verzögert heute die Entschädigung der allerletzten Überlebenden in Kasachstan, die zu spät von der Entschädigung erfahren haben – wegen mangelnder Unterrichtung durch die Bundesregierung – und die Antragsfristen nicht einhalten konnten.20

Es darf nicht wundern, dass Erben, Nachfolger und neue Unternehmer des westlichen Kapitalismus heute, gedeckt von Bundesregierung und EU, die Arbeitskraft von Niedriglöhnern und Armutsflüchtlingen insbesondere aus armen Regionen der EU-Peripherie und in Diktaturen und armen Regionen weltweit ausbeuten und verschleißen. Gegenwärtig wehrt sich die Bundesregierung gegen das UNO-Abkommen, das die Unternehmen weltweit zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichten soll (Binding Treaty on Business and Human Rights).21

Arbeitsgesetze: Nachgeholt, abgeschwächt, unterlaufen

Erst nach der Verabschiedung des Grundgesetzes wurden wichtige Entscheidungen wie die Aufrüstung und der (Nicht-)Friedensvertrag nachgeholt. Dies betrifft auch das Arbeits- und Gewerkschaftsrecht.

Betriebsverfassung & Mitbestimmung

Die nach dem Krieg mehrheitlich geforderte Mitbestimmung im Betrieb wurde zunächst nur für die wenigen Unternehmen der Kohle- und Stahlindustrie zugestanden (Montanmitbestimmung, 1951). Die demgegenüber ganz abgeschwächten „Mitbestimmungs“-Gesetze folgten 1976 und 2004. Das lasche Betriebsverfassungs-Gesetz (Betriebsräte) folgte 1952 und wurde erst 1972 wesentlich novelliert.

Aber die vier Hartz-Gesetze der SPD/Grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder und weitere Gesetze und Vollzugsdefizite unter Kanzlerin Merkel höhlten auch diese ohnehin kümmerlichen Arbeitsrechte aus, schwächten die Gewerkschaften und wurden Vorbild in der EU.

Mit der beschleunigten Dominanz US-amerikanischer Investoren seit Beginn der 2000er Jahre wird eine neue „Amerikanisierung der Arbeitsverhältnisse“ vorangetrieben, vor allem in Deutschland, aber auch in der gesamten EU.22

Eingeschränkte Meinungsfreiheit in der Arbeitswelt

Im Grundgesetz wird zwar die Freiheit der Meinung sowie die „Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt“ (Artikel 5,1). Das konnte in unbedarften Ohren gut klingen.

Die Presse besteht aus Privatunternehmen. Hier galt und gilt das Direktionsrecht der Unternehmensführung, der Herausgeber und Redaktionschefs. Somit schränken gerade die exponiertesten Propagandisten der Meinungsfreiheit die Meinungsfreiheit gnadenlos ein. Redaktionsmitglieder, die gegen ihr Gewissen den Anweisungen der Chefredakteure nicht folgen, können rechtmäßig gekündigt werden: Freiheit unter Erpressung. Die Privatmedien können frei, etwa vor Tarifauseinandersetzungen, die Fake-News von „überhöhten Lohnforderungen“ oder des übermächtigen „Gewerkschafts-Staats“ (Bürokratie-Monster) verbreiten.

Vor allem: Die Freiheit der Meinung galt und gilt nicht in den ganz normalen Unternehmen. Wer als Beschäftigter oder Betriebsrat den „Betriebsfrieden“ stört, innerhalb und außerhalb des Betriebs, etwa durch korrekte Angaben über Rechtsbrüche, kann rechtmäßig gekündigt werden – die Definitionshoheit über den „Betriebsfrieden“ liegt bis heute beim Unternehmer.

Wenn abhängig Beschäftigte in der Öffentlichkeit über Rechtsbrüche im Betrieb berichten, stehen sie unter Erpressung: Wer die Wahrheit sagt, wer für die falsche Partei wirbt, wird entlassen. Deshalb müssen Beschäftigte in den Medien unter falschem Namen zitiert werden, wird ihr Gesicht im TV unkenntlich gemacht. Im Arbeitsverhältnis hat nur der Unternehmer die Meinungsfreiheit, die Mehrheit hat diese Freiheit nicht.

Immer noch kein einheitliches Arbeitsgesetzbuch

1990 wurde im Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR festgelegt, dass der neue vereinigte Staat ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch schafft. In der DDR hatte es ein solches gegeben, in der BRD sind die einschlägigen Texte auf zwei Dutzend verschiedene Gesetze verteilt: Betriebsverfassung, Mitbestimmung, Arbeitszeit, Kündigungsschutz, Leiharbeit, Arbeitsschutz, Berufskrankheiten, Arbeitslosigkeit, Mindestlohn usw. Das bleibt so, obwohl der Einigungsvertrag Verfassungsrang hat.

Aber auch 29 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es kein Arbeitsgesetzbuch. Alle Regierungen hatten und haben Angst vor der Auseinandersetzung, die hier aufbrechen könnte. Die demokratische Neugründung der Europäischen Union und Deutschlands „in freier Selbstbestimmung“ steht noch an – auch im Bereich der Arbeits- und Gewerkschaftsrechte.


Werner Rügemer ist Publizist und Vorsitzender der Aktion gegen Arbeitsunrecht. Letzte Buchveröffentlichung: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Allgemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018


Quellen und Fußnoten

1 Werner Rügemer: Arbeitsverhältnisse – Unternehmer als ungestrafte Rechtsbrecher, in: Klaus-Jürgen Bruder u.a. (Hg.): Gesellschaftliche Spaltungen, Gießen 2018, S. 207 – 222

2 Julia Angster: Konsenskapitalismus und Sozialdemokratie. Die Westernisierung der SPD und des DGB. München 2003, S. 452

3 Ted Morgan: A Covert Life – Jay Lovestone. Communist, Anti-Communist and Spymaster. New York 1999, S. 195ff. und 281ff.

4 Anthony Carew: American Labour’s Cold War Abroad. From Deep Freeze to Détente, 1945 – 1970. Edmonton 2018, S. 458

5 Angster ebd.

6 Paul Schreyer: Weshalb direkte Demokratie nicht im Grundgesetz steht, telepolis 18.6.2018, https://www.heise.de/tp/features/Weshalb-direkte-Demokratie-nicht-im-Grundgesetz-steht-4080019.html

7 Werner Rügemer: Warum der deutsche Amtseid kein Eid sein darf, in: Ders.: Bis diese Freiheit die Welt erleuchtet. Transatlantische Sittenbilder aus Politik und Wirtschaft, Geschichte und Kultur, Köln 2017, S. 47ff.

8 Rheinische Post 30.12.1946

9 Arno Neuber: Der Kampf gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik, https://www.imi-online.de/download/Dez15_AN_Wiederbewaffnung.pdf

10 htps://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/themen/internatrecht/-/240218

11 Werner Rügemer: „Meinetwegen auch Hitler“. Konrad Adenauers politische Mitte – Von der deutschen Monarchie zum transatlantischen Kapitalismus, nachdenkseiten.de 3.10.2018, http://www.free21.org/wp-content/uploads/2019/03/01-Ruegemer-Adenauer-Meinetwegen-auch-Hitler.pdf

12 Werner Rügemer: Der Bankier. Ungebetener Nachruf auf Alfred von Oppenheim. Frankfurt/Main 2006, S.87f.; ders.: Colonia Corrupta, 8. Auflage Münster 2012, S. 13ff.

13 Rudolf Lambrecht / Michael Müller: Die Elefantenmacher. Wie Spitzenpolitiker in Stellung gebracht und Entscheidungen gekauft werden. Frankfurt/Main 2010, S. 41ff.

14 Lambrecht / Müller S. 334ff.

15 Vgl. Wolfgang Däubler: Tarifvertragsgesetz und Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Baden-Baden 2. Auflage 2006; letzte Änderung des Gesetzes im Jahre 2018

16 Günter Scharf: Geschichte der Arbeitszeitverkürzung. Otto Brenner-Stiftung Bd. 40, Köln 1987, S. 604ff.

17 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Der Kampf um Grundgesetz-Artikel 3, Absatz 2, Deutschlandfunk 15.5.2009

18 Schwieriger Ruhestand. Wie Frauen mit Altersarmut umgehen, Deutschlandfunk 7.3.2019

19 Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte: Kampagne für die gerechte Entschädigung der Zwangsarbeiter, 21.11.2012

20 Ders.: Keine Anerkennung für Mehrheit ehemaliger Kriegsgefangener, 6.2.2019

21 Cora-Netzwerk: UN-Ausschuss rügt Deutschland – Menschenrechtsstandards für Unternehmen zu unverbindlich, 18.10.2018

22 Werner Rügemer: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure. Köln 2018, S. 118ff. und 149ff.


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2 Kommentare

  1. Im Artikel werden die Unternehmer pauschal als Verantwortliche für die fehlende Einhaltung von Arbeitsrecht bis hin zu absoluter Ausbeutung der Arbeitnehmer genannt. Nach meiner Ansicht ist das falsch. Nicht der Tischler um die Ecke, nicht der kleine Bauunternehmer usw. tragen die Verantwortung, sondern das von den Unternehmen losgelöste Kapital. Großaktionäre , die u.U. niemals im Unternehmen persönlich in Erscheinung treten, bestimmen, wo es lang geht. Die Pauschalisierung als Unternehmer suggeriert jedem Angestellten eines kleinen Unternehmens mit dem Unternehmer als Chef, dieser sei für alles Schlechte verantwortlich. Demgegenüber werden angestellte Führungspersonen großer Unternehmen als nicht verantwortlich angesehen.

  2. Bin Nr. 22 der von Gemeinwohllobby initierten Verfassungsgebenden Versammlung, bei Schaeuble damit gelistet, juristischer Laie und einer der beiden Betreuer oder Koordinatoren in Schleswig-Holstein. Und gelegentlicher Leser der Kant-Interpretatorin Ingeborg Maus, kenne grob Rudolf Diesels Buch zu seinem Entwurf zur Loesung der sozialen Frage (also sein Genossenschaftsmodell fuer die Volkswirtschaft).
    Und kenne die App „Democracy“.
    Das waers dann so, grob.
    Ich meine verstanden zu haben. dass die Gemeinwohllobby mit dem „Gesellschaftsfairvertrag“ in der Situation ist, ein Geruest vorzuschlagen, wie weitergearbeitet werden koennte und das Vorschlaege eingebracht werden koennen, die zur weiteren Reifung des Fairvertrages, spaeter zur Abstimmung gelangen sollen.
    Unklar ist mir, wer alles mitarbeitet, wie bisher Organisatorisches finanziert wurde, wie es damit weiter vorgesehen ist.
    Ich habe keine finanziellen Anspruech oder Erwartungen.
    Aber sachliche Ueberlegungen, wie das Projekt weiter entwickelt werden koennte.
    Diese sind:
    1.
    Einbezug von Kruegers App „Democracy“ als wesentliches, modernes Instrument der Organisation in das Funktionieren der zu erarbeitenden Verfassung und des daraus resultierenden Staates.
    2.
    Einbezug einer modernen Variante von Diesels Genossenschaftsmodell in das Wirtschaftssystem.
    3.
    Einbezug eines neuen Geldsystems und Geldschoepfungssystems innerhalb der neuen Verfassung.
    4.
    Einbezug der von Christian Kreiss formulierten Produktnachhaltigkeit aller Warenstroeme, die unter den Verfassungszielen verlangt werden sollten.
    5.
    Gleichwertigkeitspostulat als Lebensrecht aller Lebewesen zueinander aus der biologischen jetzt 6. Evolution. Daraus ergibt sich ein Mandat zur Erhaltung auch unserer Lebensressource und des Sauerstoffnachschubs.
    6.
    Generationen uebergreifendes Gerechtigkeitspostulat aller Menschen hinkuenftig zueinander. Daraus ergibt sich ein Mandat zur Kreislaufwirtschaft statt Ressourcenverschleuderung.

    Kann damit eine Diskussionsrunde entstehen oder habe ich hier was voellig falsch interpretiert?

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