Aktion gegen Arbeitsunrecht stellt Mietwucher-Sammelanzeige bei Generalstaatsanwaltschaft Hamm

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(Bild CC „Petr Šmerkl, Wikipedia“)

Anzeigen wegen Mietwuchers durch Subunternehmen und Vermieter können von Jedermann gestellt werden

Die Aktion gegen Arbeitsunrecht hat mit ihrem Rechtsanwalt Eberhard Reinecke eine Sammelanzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm gestellt (pdf hier). Dieses Vorgehen ist im Fall des Mietwuchers möglich, da Staatsanwaltschaften hier zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet sind, sobald Hinweise auf diese Straftat vorliegen.

Wir rufen ausdrücklich Jeden, der Kenntnis von Sammelunterkünften und Wuchermieten hat, dazu auf, unsere Anzeige als Muster zu nutzen und Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaften zu stellen.

Auf gewerblich betriebenen Wucher stehen nach §291 Strafgesetzbuch (StGB) zwischen einem halben bis zu zehn Jahren Haft. 1 Per Definition beuten Täter*innen die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen aus, indem er sich oder einem Dritten für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen Vermögensvorteile versprechen lässt, die in einem Missverhältnis zur Leistung stehen. Die Strafandrohung gilt für alle am Vorgang beteiligten Personen.

Der Tatbestand des Mietwuchers liegt regelmäßig vor, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 % übersteigt. Anders als bei Ordnungswidrigkeitsanzeigen, wo Staatsanwaltschaften nach dem Opportunitätsprinzip einen Ermessensspielraum haben, handelt es sich bei Mietwucher um eine Offzialdelikt. Das bedeutet, dass Staatsanwaltschaften selbsttätig ermitteln und Hinweisen nachgehen müssen.


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Zahlreiche Medien hatten bereits lange vor der Masseninfektion von rund 1.500 Tönnies-Beschäftigten am Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück Aussagen über überteuerte und sittenwidrige Mieten dokumentiert. Diversen Organisationen liegen Lohn-Abrechnungen vor, die die monatlichen Abzüge bis über 250 Euro für einen Schlafplatz bestätigen. Die Tageszeitung Westfalenblatt schreibt als Ergebnis des Runden Tischs mit Tönnies ganz offen von Mieten in Höhe von 300,- Euro pro Monat und Bett. 2

Staatsanwaltschaften versagen

Grund für die Aufnahme von Ermittlungen sah trotz aller öffentlichen Hinweise in diversen Medien bisher scheinbar keine Staatsanwaltschaft. Das passt zum Gebaren des Berliner Oberstaatsanwalts Daniel Junicke, der sich standhaft weigert eine Anzeige der Aktion gegen Arbeitsunrecht wegen falscher eidesstattlicher Erklärungen zu verfolgen. Oberstaatsanwalt Daniel Junicke stellt sich statt dessen entschlossen hinter Tönnies, sowie andere Fleischfabrikanten und fabuliert beispielsweise: „Hinzu kommt, dass die offensichtlich festgestellten und auch ahndungswürdigen Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen – mögen in mehreren Fällen auch 16 Arbeitsstunden erreicht worden sein – noch nicht zu den Schluss zwingen, es gäbe auch 16-Stunden-Schichten.“

Dies dürfte ungefähr dem Rechtsverständnis entsprechen, das NRW Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) formulierte, als er am 30.06.2020 erklärte, dass die Zeit der Kooperation mit Clemens Tönnies beendet sei. Wörtlich: „Es gibt keine Zusammenarbeit mit Herrn Tönnies. Es wird jetzt nach ordnungsbehördlichem Verhalten entschieden. Die Zeit, dass man da kooperiert – was möglicherweise in der Vergangenheit mal der Fall gewesen sein mag – ist vorbei. Hier wird jetzt streng nach Recht und Gesetz verfahren.“ (https://twitter.com/phoenix_de/status/1277903237690077189?s=20)

1https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__291.html

2https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Guetersloh/Rheda-Wiedenbrueck/3665207-So-muessen-sich-Werkvertragsarbeiter-in-Rheda-Wiedenbrueck-kuenftig-anmelden-Raus-aus-der-Anonymitaet


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