Betriebsratsverhinderung: Wieder Unruhe bei A.T.U.

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Unternehmen soll Gründung eines Betriebsrats massiv gestört haben / Gerüchte um Gesamtverkauf durch KKR und JP Morgan 

Wie der Soester Anzeiger am 20. Januar 2013 berichtet, soll die Einleitung einer Betriebratswahl beim Autoteile-Händler ATU in Werl massiv behindert worden sein. Wieder ist Unternehmens-Sprecher Markus Meißner im Spiel, der laut Presse bei einer vereitelten A.T.U Betriebsratsgründung im Oktober 2012 in der A.T.U.-Zentrale in Weiden persönlich zugegen war.

„Das war wüst“, wird die IG Metall-Sekretärin Britta Peter zitiert. Bei einer Wahlversammlung zur Ernennung eines Wahlvorstands – dem ersten Schritt zur Gründung eines Betriebsrats (BR) – sei es am vergangenen Donnerstag zu „massiven Störungen durch ständige Zwischenrufe diverser Vorgesetzter“ gekommen. Dadurch habe die Veranstaltung, die oft in wenigen Minuten über die Bühne geht, 90 Minuten gedauert.

Das Unternehmen kündigte über Unternehmenssprecher Markus Meißner gegenüber der Lokalpresse die Prüfung juristischer Schritte gegen das Zustandekommen einer ersten Wahl zum Wahlvorstand an. Meißner rechtfertigte sowohl die Störmanöver bei der Wahlversammlung als auch evtl. folgende juristische Schritte mit folgenden Worten: 

„Aufgrund zahlreicher gravierender Verstöße seitens der Gewerkschaft haben wir begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl des Wahlvorstands. So wurde die Annahme weiterer Wahlvorschläge von der Versammlungsleitung strikt verweigert, trotz mehrmaliger Aufforderung aus dem Kreis der Beschäftigten. Zahlreiche Fragen der Mitarbeiter wurden ignoriert, sodass es zu Zwischenrufen kam.“

Das Unternehmen behalte sich deshalb rechtliche Schritte vor, Anwälte seine bereits am Zug. Man kann die perfide Strategie wohl so zusammen fassen: Erst versucht das Management, durch gezielte Störungen, die Versammlung im Chaos zu versenken. Dann nimmt der selbe Personenkreis dieses Chaos als Grundlage für die Anfechtung der Wahl. Wir sind gespannt, welche Anwälte Meißner und A.T.U. an den Start bringen wird und werden weiter berichten. Die nächste Frage wäre: Werden Wahllisten an den Wahlvorstand ausgehändigt, sind diese vollständig? Oder geht die Behinderung systematisch weiter?


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Auslöser für die Initiative aus der Belegschaft zur BR-Gründung waren offenber Gerüchte, der us-amerikanische Hauptgesellschafter KKR wolle den Standort schließen oder A.T.U. gar gesamt verkaufen. Die IG Metall habe die Gründung eines Betriebsrats für das A.T.U-Logistikzentrum empfohlen, „um bei einem möglichen Inhaberwechsel einen dann notwendigen Sozialplan verhandeln zu können“, heißt es in einer Pressemitteilung. Bislang gebe es nur einen Betriebsrat für die Lkw-Fahrer.

A.T.U- Zentrale in Weiden mit ähnlichen Konflikten

Bereits im November 2012 gab es vergleichbaren Ärger bei der A.T.U.-Zentrale in Weiden. Hier war es der Geschäftsleitung anscheindend gelungen, die Einrichtung einer demokratischen Mitarbeitervertretung zu verhindern. Die Lokalpresse berichtete, dass Leitungspersonen sich weigerten die Versammlung zu verlassen und stattdessen die Angestellten und Arbeiter anheizten. Die Krönung: Oben zitierter PR-Sprecher Markus Meißner ließ sich damals offenbar zum Protokollführer wählen:

Sämtliche Abteilungsleiter waren vor Ort. Es entbrannte eine Diskussion, weil leitende Angestellte laut Gesetz nicht teilnehmen dürfen. Udo Fechtner, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall, konfrontierte damit den Leiter des Personalbüros. Dieser konterte, er sei kein leitender Angestellter (mit Recht auf Einstellung und Entlassung) und werde den Raum nicht verlassen. Zwischenrufer forderten beharrlich einen Versammlungsleiter aus eigenen Reihen. Schließlich wurde Bernhard Hofmann (Leiter Qualitätsmanagement) zum Moderator ernannt, Markus Meißner (Leiter Kommunikation) zum Protokollführer, beide ohne Gegenstimmen. Manche Besucher sprechen von einer „abgekarteten Inszenierung“

Die Wahl zum Wahlvorstand ging damals in die Hose. Das Unternehmen Betriebsrat war vorerst gestorben. Die IG Metall prüft dort, ob ein Wahlvorstand per Gericht eingesetzt werden kann.

KKR – Ein aggressiver Finanzinvestor als Eigentümer

Das Online-Portal Oberpfalz.net brachte damals interessante Hintergrund-Informationen über die Strategie von KKR, einer weltbekannten Investmentfirma (aka Heuschrecke):

In der Tat steht ATU vor einer heiklen Situation: „Unsere Bonds laufen ab“, bestätigt Meißner. 2014 werden drei ATU-Anleihen über 600 Millionen Euro fällig. Diese Schulden müssen refinanziert werden. Laut Medienberichten hat die US-Beteiligungsfirma Kohlberg Kravis Roberts & Co eine US-Großbank beauftragt, die Möglichkeiten für ATU am Finanzmarkt zu prüfen. Denkbar ist ein Verkauf oder eben die Umschuldung.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte zuvor vermeldet, dass KKR die Großbank JP Morgan mit der Sondierung von Verkaufsoptionen beauftragt habe.

Auto-Teile-Unger seit Verkauf auf Krisenkurs / Gründer ist jetzt superreich / 1,34 Mrd € Schuldenlast durch Übernahme

A.T.U ist seit Jahren auf Schlingerkurs. Das Engagement des Finanzinvestors KKR hat die Sachlage – laut Spiegel vom September 2009 – auch nicht eben verbessert. KKR hatte das Unternehmen 2004 mehrheitlich übernommen und – wie in der Branche üblich – die Kredite für die Übernahme auf dem Unternehmen abgeladen: 1,34 Milliarden Euro, die nicht zuletzt durch Einsparungen und Arbeitsverdichtung etc. eingespart bzw. von den Angestellten erwirtschaftet werden mussten. Zitat Der Spiegel:

 Seither war jedoch wenig von Transparenz und Verantwortung zu spüren, umso mehr aber von Entlassungen, Arbeitsdruck und Verkaufsvorgaben.

Das einst florierende Unternehmen, das 1985 vom Branchenpionier Peter Unger gegründet worden war, ist inzwischen schwer angeschlagen. Die Ratingagentur Standard & Poor’s stufte ATU binnen Jahren so drastisch herunter wie kaum ein anderes Unternehmen in dieser Zeit – von B+ auf Ramschstatus CCC.

KKR hat in der Branche den Ruf, sich weit stärker ins Geschäft seiner Beteiligungen einzumischen als andere Investoren. Die Wachstumspläne für ATU sind ambitioniert, fast 50 neue Filialen kamen seit 2000 jährlich hinzu, das schaffte auch neue Arbeitsplätze.

Doch die Expansionsstrategie wechselte ständig, zwei Geschäftsführer sowie zahlreiche regionale Führungskräfte mussten bereits gehen. Zusätzlich gab KKR die Schulden der Übernahme von 1,34 Milliarden Euro an ATU weiter, sie sind bis heute erst zur Hälfte abgebaut.

Die FAZ berichtete 2008 von einem Kurseinbruch bei A.T.U. um 40%. Der ehemalige Besitzer spürte davon nichts mehr. Er hatte sich erfolgreich abgeseilt:

ATU-Gründer Peter Unger verkaufte die nach ihm bekannte Werkstatt- und Autozubehör-Handelskette bereits zur Jahresmitte 2002 an den Finanzinvestor Doughty Hanson und wird seitdem von Wirtschaftsblättern auf der Liste der superreichen Deutschen geführt.

Fazit: Die Namen Markus Meißner (Inhouse-Union Busting) und KKR (aggressive Investment-Strategien) sollten wir uns möglicherweise merken. Markus Meißner studierte laut kfz-betrieb-online an der Universität Regensburg und der University of Colorado (USA). Er ist seit 1. April 2009 im Job und für bereits vorher für die europaweite interne Kommunikation von A.T.U zuständig gewesen. Ob er in Colorado besondere Qualifikationen als Union Buster erworben hat, ist unbekannt.

Quellen/zusätzliche Informationen: 

 

 

 


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