WDR Radio-Feature erinnert an den Beginn der deutschen Revolution
Am 29. Oktober 1918 meuterten in Wilhelmshaven deutsche Matrosen und Heizer gegen Befehle auszulaufen, einen längst verlorenen Krieg weiter zu führen und sich auf hoher See der britischen Marine als Kanonenfutter vorwerfen zu lassen. Daraus wurde ein Aufstand, der zunächst auf Kiel über griff, dann ganz Deutschland erreicht und das plötzliche Ende des Kaiserreichs einleitete. Dass es in Deutschland heute „Betriebsräte“ gibt, ist ein leiser Nachhall jener „Arbeiter- und Soldatenräte“, die damals überall im Land entstanden.
Der WDR sendete am 29. Oktober 2013 in der Reihe „ZeitZeichen“ ein interessantes Feature hierzu. Dort hat der Autor Jörg Beuthner hörenswerte Ton-Dokumente zusammen getragen: historisches Interviewmaterial mit Zeitzeugen, die Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann im Original-Ton.
WDR Zeitzeichen: 29. Oktober 1918 – Matrosenaufstand von Wilhelmshaven: Hier als Live-Stream + Hier als download
Wermutstropfen: Im SPD-geprägten WDR muss man wohl auch im Jahr 2013 noch die zweifelhafte Rolle der rechten Sozialdemokratie des 1. Weltkriegs und der Nachkriegswirren verteidigen. So werden im Radio-Beitrag verständnisvolle Worte für den „Bluthund“ Gustav Noske gefunden, der nach Kiel gereist war, um die aufständischen Matrosen zu beschwichtigen. Der Historiker Sebastian Haffner weist dagegen bereits 1969 in seinem Buch „Der Verrat“ schlüssig nach, dass es die Kreise um Reichskanzler Ebert und Reichswehrminister Noske waren, die es von 1918 bis 1923 versäumten, die Republik zu festigen und die alten Eliten dauerhaft und nachhaltig zu entmachten. Im Gegenteil: Sie sahen ihre Mission in der Niederschlagung sozialistischer, radikaler Bestrebungen (siehe auch: Die Zeit, Rezension „Die Noske-Pabst-Connection“).
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Der Beitrag rekonstruiert dafür aber gut die verzerrende, verlogene und diffamierende Sicht auf den Matrosenaufstand, vor allem die wirkungsmächtige Dolchstoßlegende die seit den Anfangstagen der Weimarer Republik zum Glaubensbekenntnis reaktionärer, deutschnationaler Kreise gehörte.
Fazit: ein guter, empfehlenswerter Beitrag vor allem wegen der lebendigen Rekonstruktion der Ereignisse und der Original-Töne.