Albaad feuert Kollegen, die Betriebsrat gründen wollen

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Nachdem die Intitiative zur Gründung eines Betriebsrat bekannt wurde, feuert Unternehmen in Ochtrup bei Ibbenbüren 20 Mitarbeiter, verlagert Kapazitäten nach Polen und setzt Leiharbeit ein

Albaad ist nach eigener Darstellung einer der drei größten Hersteller von Feuchttüchern weltweit. Das Unternehmen hat Standorte in Deutschland, USA und Israel, wo es 1985 in einem Kibbuz gegründet wurde.

Die Gewerkschaft IG BCE protestierte laut Ruhrnachrichten vom 28. Juni 2012 vor den Werkstoren des Herstellers von Feuchthygiene-Tüchern gegen Kündigungen und Drohungen. Die Gewerkschafter und ihre Angehörigen gehen von einem gezielten Manöver zur Verhinderung eines Betriebsrates aus:

 Die Kündigungen seien ohne Vorwarnung gekommen, verbunden mit sofortiger Freistellung.

Die Verlagerung von Teilen der Produktion (Feuchthygienetücher) nach Polen sei von der Geschäftsleitung erst später verkündet worden. Außerdem seien zusätzlich Leiharbeiter eingestellt worden, die die freigewordenen Arbeitsplätze ausfüllen.
[…] „Als wir uns outeten, dass wir ein Betriebsrat wollen, erhielten wir die Entlassungspapiere. Das haben die Kollegen gemerkt. Und die schweigen jetzt lieber, wie vor drei Jahren“, so die Protestierenden.
Unterstützt wurden sie von Patrick Leveringhaus, Sekretär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Bezirk Ibbenbüren. „Wie bei diesem Unternehmen mit etwa 470 Mitarbeitern das Etablieren eines Betriebsrates verhindert wird, macht selbst uns Gewerkschafter sprachlos.“

Das Unternehmen, das von Rechtsanwalt Martin Matzat vertreten wird (BGM Anwaltssozietät, Münster) gibt sich nach außen hin unschuldig bis ahnunglos, so der Bericht. Die Entlassungen, Auslagerungen nach Polen und der Einsatz von Leiharbeit sollen angeblich nichts mit der Betriebsratswahl zu tun haben. Die gekündigten Angestellten beeindruckt das wenig:

Der Rechtsbeistand der gekündigten Mitarbeiter, Rechtsanwalt Stefan Konermann aus Rheine, hat auf jeden Fall bei der Staastanwaltschaft in Münster die Einleitung eines Strafverfahrens wegen „vermeintlicher Beeinflussung  bei der Betriebsratswahl durch das Unternehmen“  beantragt, bestätigte er auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass sie wegen vermeintlicher Nötigung gegen den Geschäftsführer ermittelt.

In den Westfälischen Nachrichten vom 29. Juni 2012  beschwert sich daraufhin ausgerechnet der veranwortliche Albaad-Manager:


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In den Augen von Geschäftsführer Wolfgang Tenbusch ist die ganze Sache „in einem Rahmen eskaliert, der in keinster Weise verhältnismäßig ist“. Und: „Hier werden zwei Dinge miteinander verquickt, die gar nicht im Zusammenhang stehen.“

Die betroffenen Kollegen der IG BCE haben eine facebook-Seite eingerichtet, auf der Solidaritätsadressen gepostet werden können.

Unternehmenshintergrund

Noch im März 2012 hatte der Hersteller für freudige Meldungen in der Lokalpresse gesorgt, weil er 3,5 Millionen in seinen deutschen Standort investiert hatte.

Im November 2010 bekamen die Ochtruper Besuch vom Albaad-Aufsichtsratsvorsitzenden Boaz Roseman, weil sie laut Westfälischen Nachrichten vom 24. Nov. 2010 die Marke von 100 Millionen Jahresumsatz geknackt hatten. 2001 hatte der Konzern das damalige „Feuchthygienewerk“ gekauft, 15 Millionen in den Standort Ochtrup investiert, 10000 Quadratmeter bebaut und die Zahl der Mitarbeiter vervierfacht.


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8 Kommentare

  1. eigentlich sollte die firma „allbad“ heißen. nicht albaad.
    ich war selber jahrelang da beschäftigt.
    wenn man das wort betriebsrat nur laut gedacht hat, hatte man seine papiere eigentlich schon.
    die geschäftsleitung hat es aber hinbekommen, dass nun ihre marionetten im betriebsrat sitzen.
    was da abgeht, ist eines rechtsstaates nicht würdig. (zitat: “wenn wir tarif zahlen, müssen wir wohl in tschechien oder polen produzieren”.)
    ca. 75% mitarbeiter aus der ehm. udssr, die entweder keine ausbildung haben oder eine, die hier nicht anerkannt wird, kann man so natürlich schön unter druck setzen – besonders (und das ist firmenpolik) – wenn auch noch ehepartner und kind/er da arbeiten.
    12 h schichten, 3-4 wochen lang, weil mal jemand urlaub hatte oder krank war. (“wenn dir das nicht gefällt, kannst du dir ja ‘nen anderen job suchen”)
    stundenlöhne von 7,25€ bis ca 12,50€ im produktionsbereich.(in einem fall gab es ‘mal eine lohnerhöhung um 5 ct!!!)
    urlaubsgeld und weihnachtsgeld wurde bezahlt.
    es sei denn man war krank …(egal ob arbeitsunfall, grippe, lepra oder aids)
    aber der tenbusch stellt sich hin und macht einen auf sozial.
    gesunde, motivierte mitarbeiter…, tolle firma alles super.
    ich könnte kotzen.

  2. Hallo zusammen, wir sind auch in eine kritischer Lage mit Betriebsrat Gründung. Sollen wir oder wen kann man trauen – wer würde mit machen – verpfeift uns einer
    ( Schleimer gibt’s enorm viele ) .
    Bringt das etwas diesen Risiko einzugehen, wenn ich so bei euch Lese was da ab geht. Wir haben Enorme Einbußen bis 250€ Monatlich und Urlaube werden gekürzt die sowieso nur 20 Tage waren und das bei einem Vier Schicht Betrieb !!!
    Was sagen eure Erfahrungen als Leidtragenden Nachträglich ????
    Danke vorab

  3. Das Arbeitsgericht hat geurteilt, dass die ersten zwei Kollegen wieder eingestellt werden müssen. Das Unternehmen beugt sich auch nicht dem Urteil der Gerichte. Wo bleibt da der Betriebsrat? Gibte es denn Arbeitnehmervertreter bei Albaad, oder Arbeitgebervertreter?

  4. ich und der esel:-)
    sorry…
    wie dumm! man muss es von zwei seiten „hören“
    nicht nur das was die mitarbeiter anklagen sondern auch die geschäftsführung!
    ich bin mir sicher das sie dann ihre meinung ändern!

  5. Ich und meine Familie werden ab sofort von dieser Firma kein Produkt mehr kaufen ,ich hoffe das Millionen Kollegen mitmachen

    • hallo lieber werner !
      ich sehe das genauso aber ich hoffe du weisst das albaad viele produkte hat….aldi …lidl…dm… !

    • Wenn die Produkte nicht mehr gekauft werden, stehen die deutschen Arbeitnehmer bald auf der Straße und es wird komplett in Polen produziert. Der eingeschlagene Weg ist richtig.

      • Hier werden von unserem Leser Voertmann-Hobohm die Drohungen der Albaad-Geschäftsleitung wiederholt: Zunächst soll angeblich bei Gründung eines Betriebsrats die Albaad-Produktion von Feuchttüchern nach Polen verlagert werden, jetzt soll ein Boykott der Albaad-Waren diese Verlagerung bringen.

        Obwohl: Man kann durch Verlagerung zwar den ArbeiterInnen in Ochtrup entkommen und Hoffen, dass polnische ArbeiterInnen einige Zeit brauchen, um das Spiel zu durchschauen. Gegen einen Boykott, würde eine Verlagerung aber keineswegs nützen. Im Gegenteil.

        Ich halte diese Drohungen für plumpe Versuche einer skrupellosen Geschäftsleitung.

        Ob Angst vor Arbeitslosigkeit wirklich dauerhaft in der Lage ist, Arbeiter und Angestellte dazu zu bringen, miserable Arbeitsbedingungen und undemokratische Verhältnisse am Arbeitsplatz zu ertragen? Hoffentlich nicht.

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