DHL und Telekom als Union-Buster im Ausland

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2035

Die Konzerne Deutsche Post DHL und Telekom geraten international in die Kritik von Gewerkschaftern. Auch Siemens und ThyssenKrupp auffällig

Angestellte der Deutschen Telekom in den USA fordern Respekt (zum Vergrößern auf Bild klicken)

Gleich zwei interessante Webseiten machen neuerdings auf Union-Busting-Methoden von deutschen Großkonzernen im Ausland aufmerksam – also die systematische Bekämpfung von gewerkschaftlicher Interessensvertretung mit Hilfe professioneller Akteure. Interessant und neu ist hierbei die Tendenz zur länderübergreifenden Kampagnenführung von Gewerkschaften und die Methode,  Aktionärsversammlungen als Forum für Arbeitnehmerinteressen zu nutzen.

Die Kampagne Respect@DHL (Deutsch: Respekt bei DHL) will die „Deutsche Post und den Logistikriesen Deutsche Post DHL dazu zu veranlassen, all ihren Beschäftigten überall auf der Welt einen Gewerkschaftsbeitritt zu ermöglichen, ohne dass sie Repressalien oder Einmischungen fürchten müssen.“

Auf Respect@DHL berichten Augenzeugen von gewerkschaftsfeindlichen Maßnahmen der DHL in Kolumbien, Indien, Costa Rica, Norwegen. Im Weißbuch DHL sind ferner Fälle aus den USA, Türkei, Malaysia und weiteren Ländern erwähnt.

Union Buster Deutsche Telekom


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Ein ähnliches Anliegen hat die Website „We expect better together(„Wir erwarten Besseres“), welche die Situation der Telekom-Arbeiter*innen in den USA grundlegend verbessern will. Dort sind, laut einer Studie von John Logan, seit etwa 2001 professionelle Union-Busting-Agenturen im Einsatz, um gewerkschaftliche Organisierung in Call-Centern und Filialen der Deutsche Telekom zu unterbinden.

So erstellte die „Gewerkschaftsvermeidungsfirma“ Adams, Nash, Haskell & Sheridan 2003 ein Handbuch für Manager und Personalleiter, mit Anleitungen, wie Anstrengungen zur Bildung von Gewerkschaften und Interessensvertretungen unterlaufen werden sollten. In Großbritannien soll die Deutsche Telekom die bekannte Union-Busting-Agentur „Burke Group“ engagiert haben, um das Entstehen von Gewerkschaften in ihren Betrieben niederzuschlagen.

Die Initiative „We expect Better together“ ist ein ein Joint-Venture der Communication Workers of America und ver.di.  „respect@DHL“ wird getragen von einer Koalition aus Internationaler Transportarbeiter-Föderation (ITF),  Internationalem Gewerkschaftsbund (IGB) und UNI Global Union (UNI).

Forum Aktionärsversammlung

Beide Koalitionen nutzten im Mai 2012 die jährlichen Aktionärsversammlungen der deutschen Mutterkonzerne, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. So reiste Blake Poindexter von der CWA zur Aktionärsversammlung der Telekom (Interview in junge Welt vom 25. Mai 2012),  während die Kampagne respect@DHL bei der Aktionärsversammlung der Deutsche Post DHL am 9. Mai 2012 in Frankfurt vorstellig  wurde.

Auch Siemens und ThyssenKrupp in Kritik

Das deutsche Mitbestimmungsmodell scheint auch andere globale Riesen aus deutschen Landen nicht besonders zu interessieren, sobald sie über den Ozean machen. So berichtet die Hans-Bockler-Stiftung im Frühjahr 2011 von gewerkschaftsfeindlichen Aktivitäten durch ThyssenKrupp in Alabama, USA. Der IG Metall-Vize Detlef Wetzel sagte seine Reise zur Einweihung eines Werkes im dortigen Calvert ab, weil ThyssenKrupp die Schwestergewerkschft United Steel Workers (USW) massiv bedrängt hatte:

„Das Unternehmen stört massiv jeden Versuch, die Belegschaft zu organisieren.“ So sei etwa ein Handbuch der Personalabteilung aufgetaucht, in dem Beschäftigte unterschreiben mussten, sich nicht mit der USW einzulassen. Als US-Gewerkschafter immer neue Hinweise auf anti-gewerkschaftliches Treiben des Managements lieferten, reisten Ende 2010 zwei Mitarbeiter Wetzels nach Calvert. „Sie kamen mit erschütternden Beweisen zurück„, sagt Wetzel. So wurde den IG-Metall-Emissären ein Tonbandmitschnitt von der Ansprache eines deutschen Managers in Alabama vor Mitarbeitern zugespielt. „Der Konzern hat mir mit einer Strafanzeige gedroht, wenn wir den Inhalt des Tonbands veröffentlichen“, sagt Wetzel und ergänzt: „Die Aussagen darin sind Hardcore pur.“

[Hervorhebungen durch arbeitsunrecht.de]

Weder die USW noch die United Automobil Workers konnten bisher im traditionell gewerkschaftsfeindlichen Umfeld der US-Südstaaten Fuß fassen, wie die lokale Presse schreibt.

Siemens in USA gegen International Brotherhood

Im September 2010 erwähnte ein Bericht von Human Rights Watch zudem die US-Niederlassung von Siemens im Kontext von Union Busting-Maßnahmen. So soll Siemens 2003 eine gewerkschaftliche Vertretung der International Brotherhood of Electrical Workers (IBEW) sowie deren Tarifverträge im neu übernommenen Elektrizitätswerk von Monroe County, New York erfolgreich untergraben haben.

Vor der US-Bundesbehörde für Arbeitsbeziehungen (NLRB) wurde Siemens, so der Bericht, zwar am Ende für unfaire Praktiken verurteilt. Da sich der Prozess über viele Monate gezogen hatte, war die gewerkschaftliche Basis jedoch nicht mehr vorhanden und der Betrieb somit gewerkschaftsfrei: Operation gelungen. Im Mai 2005 kämpfte Siemens laut labournet.de bereits bei OSRAM-Siemens in Kentucky mit unfairen Methoden ebenfalls gegen die IBEW.

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2 Kommentare

  1. Auch solche Dinge kommen irgend wann mal ans Licht. Bin gespannt, was aus diesen Dingen noch wird. Da kommt sicherlich noch einiges hinterher.

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