Arbeitgeber-Lobby fordert Streikverbot

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Sowohl Warnstreiks als auch Streiks in Sektoren der „Daseinsvorsorge“ sollen juristisch erschwert bzw. verhindert werden – wenn es nach Meinung von „Experten“ geht.

Die jüngsten Streik-Regungen sowohl am Frankfurter Flughafen (GdF vs. Fraport) als auch im öffentlichen Dienst (ver.di) rufen Lobbyisten der Arbeitgeberseite auf den Plan.

So stieß die Carl Friedrich v. Weizsäcker Stiftung, mit einem Entwurf vor, der Streiks in der „Daseinsvorsorge“ erschweren sollen – man beachte die Kreativität in der Wortschöfpung. Gemeint sind nicht weniger als die folgenden Branchen:

  1. Medizinische und pflegerische Versorgung
  2. Versorgung mit Energie und Wasser
  3. Feuerwehr, Bestattung, Entsorgung
  4. Landesverteidigung und innere Sicherheit
  5. Verkehr
  6. Erziehungswesen und Kinderbetreuung
  7. Kommunikationsinfrastruktur
  8. Versorgung mit Bargeld und Zahlungsverkehr

Den Entwurf haben im Stiftungsauftrag folgende Professoren verfasst:


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  • Prof. Dr. Martin Franzen, Uni Müchen, Lehrstuhl für deutsches, europäisches, internationales Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht
  • Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard), Uni Bonn, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit
  • Prof. Dr. Christian Waldhoff, Uni Bonn, Lehrstuhl für Öffentliches Recht

Sowohl ver.di als auch der Marburger Bund reagierten in Pressmitteilungen mit scharfer Ablehung.

„Ein Zwei-Klassen-Streikrecht ist völlig inakzeptabel“, betonte Dina Bösch, ver.di-Bundesvorstandsmitglied für Rechtspolitik und Rechtschutz. „Die heute bekannt gewordenen Forderungen einer Gruppe von Rechtsprofessoren nach gesetzlichen Einschränkungen von Arbeitskämpfen sind mit den in unserer Verfassung verankerten Grundrechten tarifmächtiger Gewerkschaften unvereinbar“, kommentierte Armin Ehl, Hauptgeschäftsführer des Marburger Bundes, die Überlegungen.

Wir möchten ergänzen, dass in Deutschland bereits ein Zwei-Klassen-Recht existiert. Mit den Gruppen der Beamten und der kirchlichen Angestellten werden Hunderttausende von Arbeitnehmern gesonderten und erschwerten Bedingungen der ausgesetzt.

Hürden für Streiks generell höher legen? Cooling-Off-Periode?

Der Tageszeitung „Die Welt“ vom 21. März 2012, bzw. der „Wirtschaftswoche“ entnehmen wir, dass ein bevorstehender Streik im öffentlichen Dienst Rufe nach staatlichem Durchgreifen gegen Gewerkschaften laut werden lässt. Hier prescht der Chef des Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung nach vorn:

Der Wirtschaftsweise und ZEW-Chef Wolfgang Franz forderte angesichts der Warnstreiks höhere gesetzliche Hürden für Ausstände. „Die Politik sollte die Zulässigkeit von Warnstreiks einschränken„, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats der Online-Ausgabe der „Wirtschaftswoche“. Die Gesetze müssten vor jedem Streik ein Schlichtungsverfahren vorschreiben. „Die Hürden für Streiks in Deutschland müssen generell höher gelegt werden“, verlangte Franz. Sinnvoll sei auch eine „Cooling-Off-Periode“ wie in den USA, wo der Präsident einen Arbeitskampf für bis zu 80 Tage aufschieben könne, wenn die gesamte Volkswirtschaft leide.

(Hervorhebungen von arbeitsunrecht.de)


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