Goodgame: Evil Empire der Wawrzineks

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Tyrannisches Brüderpaar verhindert Betriebsratsgründung | Union Busting mit  Kanzlei Schmidt von der Osten

"Du bist der König" lautet das Versprechen von Goodgame im Empire-Werbevideo. Im Entwicklerstudio sollen sich die GEschäftsführer eher wie der Lich-King aus Warcraft aufführen. (Im Bild ein Warcraft-Fan, Urheber Pikawil from Lavel, Quelle Wikicommons)
„Du bist der König“ lautet der Werbespruch zum Goodgame-Bestseller Empire. Im Entwicklerstudio sollen sich die GGS-Geschäftsführer jedoch wie der Lich-King aus Warcraft aufführen. (Im Bild ein Warcraft-Fan, Urheber Pikawil from Laval, Quelle Wikicommons)

Am 25. November 2015 erhielten 28 Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollten, vom Hamburger Spielehersteller Goodgame-Studios (GGS) ihre Kündigung und wurden mit sofortiger Wirkung freigestellt. Das berichten Presse und Gewerkschaft übereinstimmend. Über 20 fassungslose, soeben arbeitslos gewordene Menschen standen vor der Türe, als die Verdi-Sekretärin Gabriele Weinrich-Borg eintraf. Sie erschien eigentlich zu einem Termin, bei dem die Betriebsratswahl vorbereitet werden sollte. Von dieser Verabredung  könnten die Geschäftsführer Kai und Christian Wawrzinek, sowie Fabian Ritter über einen illoyalen Kollegen erfahren haben. Andernfalls hätten sie die Mails ihrer Angestellten oder Chats über den internen Büro-Messenger Slack mitlesen müssen.

Ein Teil der Gekündigten hat Kündigungsschutzklagen eingereicht. Einigen wurden Leistungsdefizite und Lowperformertum vorgeworfen, obwohl sie hervorragende Bewertungen aus der jüngeren Vergangenheit vorweisen können. Andere sollen angeblich aus betriebsbedingten Gründen ihren Job verlieren, obwohl aktuell reichlich Stellen bei GGS ausgeschrieben sind. Auch auf der Seite der Gamescom 2016 wird neues Personal für Goodgame geworben.

Beratung durch Kanzlei von Aldi und Kötter

Juristische Handlanger bei der Verhinderung der Betriebsratswahl ist die Kanzlei Schmidt, von der Osten, Huber (SOH) aus Essen. Hier brüstet man sich mit folgendem Website-Eintrag:


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Laut Legal Tribune Online vom 15.7.2014 ist SOH die langjährige Kanzlei der Kötter-Security Gruppe, der Nr. 2 im Deutschen Sicherheitsgeschäft. Das juristische Fachportal juve.de schrieb am 11.7. 2013:

Schmidt von der Osten & Huber ist im Markt seit Jahren als Stammkanzlei von Aldi Nord und Aldi Süd bekannt.

Bei uns ist das System Aldi für kompromissloses Union Busting (was ist das?) bekannt. Aldi Süd ist nahezu frei von Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung, während Aldi Nord eine andere Schiene fährt. Hier arbeitet man mit der gelben Pseudo-Gewerkschaft AUB zusammen und hält sich management-treue Betriebsräte. Somit dürfte das Rätsel gelöst sein, wie die Goodgame-Gebrüder Wawrzinek auf ihre bsöartigen Strategien gekommen sind.

Alternative Mitarbeitervertretung unter Fuchtel der Geschäftsführung

Auch nach der Beseitigung der störenden MitarbeiterInnen betrieben die Goodgame-Geschäftsführer ihr mitbestimmungsfeindliches Spiel weiter. Im Spiegel vom 19.01.2016 heißt es:

Laut Mitarbeitern durfte eine sogenannte „Retention Working Group“ ihr Modell einer alternativen Mitarbeitervertretung vor allen Goodgamern vorstellen und Stimmung gegen einen Betriebsrat machen. Alle Beschäftigten seien dafür vergangenen Mittwoch mehrere Stunden lang freigestellt worden.

Bei der Präsentation der Agenda dieser Schein-Mitarbeitervertretung soll die Losung: „Wenn ihr eine eigene Vertretung wollt, geht zur Betriebsversammlung am 19. Januar, aber wählt nicht!“ ausgegeben worden sein. Welche Mitbestimmungsrechte die vermutlich von der Geschäftsführung eingesetzte Mitarbeitervertretung haben soll, ist nicht bekannt.

Trotz dieses kriminell anmutenden Vorgehens zur Verhinderung der Betriebsratswahl (die Behinderung von Betriebsratsarbeit wird nach §119 Betriebsverfassungsgesetz mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft) blieben Teile der Belegschaft standhaft und verfolgten weiterhin den Plan zur Gründung eines Betriebsrats.

Showdown bei Wahlversammlung

Am 19.01.2016 stellten sich unerschrockene Mitarbeiter trotz aller Widerstände als Kandidaten für den Wahlvorstand auf. 1036 MitarbeiterInnen von rund 1.200 stimmten ab. 580 stimmten gegen die Wahlvorstands-Kandidaten – so dass sich auf diesem Weg kein Wahlvorstand bildete und die Betriebsratsgründung erst einmal stecken blieb. Die Strategie folgt einem gängigen Union Busting-Muster. Der Laden bleibt bis auf weiteres betriebsratsfrei.

Jutta Hoffritz stellt am Beispiel Goodgame mit dem Titel „Wer einen Betriebsrat gründet, wird gefeuert“  in Zeit-online vom 21.01.2016 einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Verhinderung von Betriebsratswahlen und dem perfiden Einsatz von Feel-Good-Managern her. Zitat: „Feel-Good-Manager sollen für ein gutes Betriebsklima sorgen. Doch mitunter gibt es gerade da Gute-Laune-Beauftragte, wo betriebliche Mitbestimmung kritisch gesehen wird.“

Statt sich auf solche Ablenkungsmanöver einzulassen, können die Goodgame-Beschäftigten den Wahlvorstand vom Arbeitsgericht einsetzen lassen. Auch wenn die Kandidaten des Wahlvorstands die Mehrheit zunächst relativ knapp verfehlt haben, stellen 480 Ja-Stimmen doch eine solide Basis dar, die sich von den  Einschüchtertungsversuchen und Unionbusting-Methoden unbeeindruckt gezeigt hat. Zudem ist keineswegs davon auszugehen, dass die restlichen Beschäftigten bei einer Betriebsratswahl ihre Interessen tatsächlich verleugnen und für gelbe Listen stimmen würden.

Angst vor den eigenen Mitarbeitern

Die GGS-MitarbeiterInnen hätten eigentlich gute Gründe, auf ihr Mitbestimmungrecht zu bestehen. Obwohl sie in der Regel einen Hochschulabschluss haben, verdienen sie laut bento bei GGS gerade mal 2000,- Euro brutto. Dazu Verdi Sprecher Björn Krings: „Wenn Ihr bei H&M Klamotten sortiert, habt ihr sechs Wochen Urlaub und bekommt 2280 Euro.“ Für viele Goodgamer soll sogar die Einführung des Mindestlohns eine echte Verbesserung bedeutet haben. Darüber reden durften die Beschäftigten laut Verschweigenheitsklausel in ihrem Arbeitsvertrag nicht. Viele hielten sich daran, obwohl solche Maulkörbe oft nicht rechtswirksam sind (Darf man mit den Kollegen über das Gehalt sprechen?).

Man muss kein Genie sein, um den direkten Zusammenhang zwischen einbehaltenen Löhnen und Gewinn des Unternehmens zu begreifen. Während sich die Goodgame-Beschäftigten für wirklich lausige Gehälter abrackern, machte das Unternehmen 2014 laut bento 35 Millionen Gewinn.

Goodgame beschäftigt rund 1200 Angestellte. Der Jahresumsatz soll laut Wikipedia 2014 über 202 Millionen Euro gelegen haben. Produziert werden Massively Multiplayer Online Games. Seit 2013 gibt es Niederlassungen in Tokio und  Seoul.

Wir werden an dieser Stelle über alle Termine vor dem Hamburger Arbeitsgericht informieren. Wer auf dem Laufenden bleiben will, sollte sich in unseren Newsletter eintragen.

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Mehr Infos gibt es u.a. hier:


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1 Kommentar

  1. Gottseidank kommt es nicht darauf an, ob die Mehrheit der Arbeitnehmer im Betrieb einen Betriebsrat will oder nicht. Für das Betriebsverfassungsgesetz reicht es aus, dass es Intitiatoren einer Betriebsratswahl gibt, genügend Kandidaten für den Wahlvorstand und den späteren Betriebsrat (wobei Wahlvorstandsmitglieder zugleich auch Wahlbewerber sein können). Selbst wenn die sich bei der Betriebsratswahl nur alle selbst wählen und sich sonst niemand im Betrieb an der Betriebsratswahl beteiligt, kommt ein Betriebsrat wirksam zustande. Daher würde ich mich von solchen von der Arbeitgeberseite initiierten „Umfragen“ garantiert nicht entmutigen lassen.

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