Harakiri bei KMB Marsberg-Westheim

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Chef eines sauerländischen Mittelstandsbetriebs geht mutwillig in die Pleite und gibt der Gewerkschaft die Schuld

Ein absolut skurriler Fall: Firma mit vollem Vorsatz ruiniert und 105 Arbeitsplätze vernichtet?

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Vielseitig verwendbar: Streik-Schild bei KMB in Marsberg

„Wenn der Betriebsrat nicht zurück tritt, fahre ich die Firma vor die Wand“ – im Februar 2012 soll Hermann Jakobs, Chef des Beton-Fertigteile-Herstellers KMB, diese Drohung durch einen leitenden Angestellten auf einer Betriebsversammlung überbracht haben, wie die Gewerkschaft IG BAU vermeldet. Ein Jahr später, im Februar 2013 hat Hermann Jakobs anscheindend ernst gemacht und für KMB Insolvenz angemeldet – im November 2013 ging auch die von ihm gegründete Nachfolgefirma Kombiton pleite.

Die rechtliche Vertretung dieser Manöver vor Gericht übernahm Rechtsanwalt Prof. Dr. Friedrich Meyer, Kanzlei Meyer Arbeitsrecht Paderborn (hier seine Selbstdarstellung).

Aber der Reihe nach: Am 19. 12. 2011 hatte die Belegschaft einen 7 köpfigen Betriebsrat gewählt. Zwei Drittel der 105 Beschäftigten waren in der IG BAU organisiert. Sie forderten branchenübliche Löhne, gerechte Bezahlung und Regelungen bezüglich der Arbeitsbelastung. Im Februar 2012 berichtete die WAZ, dass Hermann Jakobs den 24 Betriebsratskandidaten prompt den Januar-Lohn vorenthielt.


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Zu diesem Zeitpunkt hatte Jakobs das Arbeitsgericht bereits zweimal bemüht: Zum einen wollte er die Wahl wegen eines Fehlers in der Einladung für nichtig erklären lassen, zum anderen hatte er dem Gewerkschaftssekretär der IG BAU Hausverbot erteilt und ihn wegen Hausfriedensbruch angezeigt. Das Arbeitsgericht hat dem Sekretär jedoch freien Zutritt zugesprochen. Auch die Wahl war rechtsgültig. Im März 2012 bekamen immerhin 21 der 24 Beschäftigten ihren Lohn nachgezahlt (WAZ).

Gewerkschaft wehrt sich mit Streik

Ab 25. Juni 2012 kam es bei der KMB zum Streik (WAZ , IG Bau). Die Belegschaft war zu diesem Zeitpunkt schon zerstritten in die Unterstützer der Betriebsrats und Kollegen, die den Rücktritt des Betriebsrats forderten. Laut IG Bau erklärte sich Hermann Jakobs im Juli 2013 nur unter der Bedingung zu Verhandlungen bereit, dass der Betriebsrat  zurücktreten würde (IG Bau). Als Teile der streikenden Belegschaft ihren guten Willen zeigten und den Streik aussetzten, zahlte Hermann Jakobs ihnen den ausstehenden Lohn für diese zwei Wochen nicht.

Die Auseinandersetzungen zwischen Belegschaft und Geschäftsführung eskalierten zusehends. Im Februar 2013 ist in der WAZ zu lesen, dass das Arbeitsgericht Arnsberg 14 Streikenden, die den Streik aussetzen und an ihre Arbeitsplatz zurückkehren wollten, nach Hause geschickt worden seien. Das Arbeitsgericht Arnsberg, das 42 Verhandlungspunkte abarbeiten musste, gab  den Arbeitern recht: Hermann Jakobs musste alle noch ausstehenden Löhne nachzahlen.

Für die KMB GmbH hatte Hermann Jakobs am 19. Februar 2013 einen Insolvenzantrag gestellt, aber bereits im November 2012 auf dem gleichen Gelände die Kombiton GmbH gegründet. Bereits am 28.03.2013 war in der WAZ zu lesen, dass alle Restmaterialien verbraucht und jede Geschäftstätigkeit bei der KMB beendet sei. Bei Kombiton arbeitete, wen wundert es, der Teil der ehemaligen KMB-Belegschaft, der von Gewerkschaftern als arbeitgeberhörig bzw. erpressbar eingestuft wird.

Für Gewerkschaftssekretär Bodo Matthey (IG BAU)  waren KMB und Kombiton jedoch ein und die selbe Firma. Jakobs würde lediglich versuchen die Firma unter einem neuen Namen und betriebsratsfrei weiter zu führen. Er hat, laut selbem Artikel, deshalb Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit gestellt.

Damit beschäftigt sich jetzt die Staatsanwaltschaft. Die Gewerkschaft hat Strafanzeige erstattet wegen vorgetäuschter Insolvenz und Verdacht auf Insolvenzbetrug gegen Gesellschaftsvorsitzenden Hermann Jakobs, Prokurist Josef Uhrhan und Geschäftsführer Michael Krenz. Gleichzeitig hat die Gewerkschaft eine Weiterbeschäftigung der elf Streikenden bei der Kombiton eingeklagt, sowie die Auszahlung der ausstehenden Löhne bis dato. Zusätzlich hagelte es noch eine Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit.

Am 27.08.2013 gab das Arbeitsgericht Olsberg der IG Bau in diesem und auch in weiteren Punkten recht, zudem gab es eine üppige Lohnnachzahlung:

Erfolg auf ganzer Linie: Das Arbeitsgericht in Olsberg hat gestern entschieden, dass die Kombiton GmbH (Nachfolgebetrieb der KMB GmbH) in Marsberg die Mitarbeiter weiterbeschäftigen muss, die bei KMB für höhere Löhne gestreikt haben. Darüber hinaus muss der Betrieb den 14 Betroffenen ihre Löhne für Juli und August 2012 sowie November 2012 bis Juni 2013 rückwirkend auszahlen – macht insgesamt 152.295,22 Euro.

Für das Gericht bestand kein Zweifel, dass hier ein Betriebsübergang vorlag, bei dem die Mitarbeiter hätten übernommen werden müssen

Die aufgelaufenen Rückstände werden nun als Grund für die Insolvenz genannt (WAZ). Die Kombiton hat Berufung eingelegt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Am 10.01.2014 soll es eine Gläubigerversammlung geben. Die verbliebenen 35 Angestellten, sowie den ehemals 16 Streikenden wird laut Insolvenzverwalter Pohle bis dahin wohl die Kündigung ausgesprochen worden sein. Hauptgläubiger sind das Arbeitsamt, die ehemals Beschäftigten und einige Lieferanten. Die Geschäftsführung hat Jakobs bereits im August 2013, an Ewald Risse abgegeben.


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