Betriebsräte stärken: Protest gegen lasche Reform vor Bundestag

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50 Personen fordern konsequente Strafverfolgung von Union Bustern + verpflichtendes Betriebsratsregister. Bericht und Bilder.

SPD-Arbeitsministerium verweigert Unterschriften-Annahme.

Angesichts von Lockdown und Isolation und angesichts einer sehr kurzen Vorbereitungszeit, können wir zufrieden sein. 50 Personen versammelten sich am 20. Mai 2021 ab 18:30 Uhr vor der Reichstagstreppe zu einer Kundgebung der Aktion gegen Arbeitsunrecht — darunter Gewerkschafter_innen von Verdi, GEW, IGL, FAU, IG Metall, Arbeitsrechtler_innen und zahlreiche Betriebsratsmitglieder. Die Stimmung war gut.

Es ging gegen das „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“, das am nächsten Tag mit den Stimmen der GroKo vom Bundestag beschlossen werden sollte: zu lasch, halbherzig, unzureichend. Und durch einen schmutzigen Deal teuer erkauft. Um das Reförmchen durch zu bekommen, hatten die SPD im Gegenzug der Ausweitung sozialversicherungsfreier Saisonarbeit von 70 auf 102 Tage zugestimmt und war damit vor der Lobby der Landwirte und Zeitungsverleger eingeknickt, die von der Ausbeutung von Erntehelfern und Zeitungsboten in Deutschland massiv profitieren.

Rechtsanwalt Benedikt Hopmann machte anhand aktueller Fälle, in denen er Betriebsräte vertritt, deutlich, wie wichtig es ist, dass der § 119 BetrVG (Betriebsratsbehinderung als Straftat) endlich Zähne bekommt.

Historische Dimension: 100.000 Arbeiter_innen demonstrierten vor 101 Jahren

Benedikt Hopmann erinnerte außerdem an den 13. Januar 1920, als an gleicher Stelle die Sicherheitspolizei (Sipo) von den Reichstagstreppen aus 42 Demonstrant_innen erschoss und hunderte verletzte. Das Ereignis gilt als blutigster Polizeiübergriff gegen eine Demonstration in der deutschen Geschichte. Damals hatten hunderttausende Arbeiter_innen aus Berliner Großbetrieben gegen das erste Betriebsrätegesetz demonstriert. Es war nach ihrer Auffassung zu lasch, unambitioniert — ein erheblicher Rückschritt oder Bedrohung einer in vielen Betrieben erreichten Rätemacht. (Der mörderische Polizeiübergriff, der von der SPD-Regierung mindestens geduldet wurde, gilt als tragisches Ende der Rätebewegung, die mit der Novemberrevolution 1918 begann. Er war das Vorspiel zum Kapp-Putsch vom 13. März 1920.)


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Parlamentarier und Betroffene kommen zu Wort

Verschiedene Redner_innen bekräftigten die Forderungen der Aktion gegen Arbeitsunrecht nach konsequenter Verfolgung und Bestrafung von Union Bustern sowie empirischer Erfassung und Erforschung von Betriebsräten in Deutschland durch ein verpflichtendes Melderegister.

Betriebsratsmitglieder und Betriebsratsgründer_innen bei Siemens, der Lebenshilfe Schule Berlin, dem Lieferdienst Gorillas meldeten sich zu Wort. Es sprachen die Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann (Die Linke) und Marco Bülow (Die Partei), der am folgenden Morgen auch seine zwei Minuten Redezeit im Bundestag nutzte, um dem Parlament von unserer Kundgebung zu berichten (siehe unten).

Die Campaignerin Jessica Reisner verlas Grußbotschaften der IG Metall-Vertrauensleute bei Wikus und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB).

Videobeitrag von Labournet TV zum Protest:

Bericht hier: https://de.labournet.tv/das-betriebsraete-modernisierungsgesetz

Unterschriften-Übergabe an Hubertus Heil (SPD) wird nachgeholt

Die Weigerung des SPD-geführten Arbeitsministeriums, unsere Unterschriften entgegen zu nehmen, führt dazu:

    1. Unsere Unterschriften-Sammlung geht weiter, bis sie an Hubertus Heil oder jemand Qualifizierten aus dem Arbeitsministerium übergeben sind. ( > hier für effektiven Schutz von Betriebsräten unterzeichnen!),
    2. Wir werden wohl einen Ausflug in Hubertus Heils Wahlkreis Gifhorn/Peine unternehmen müssen, um den Noch-Arbeitsminister im Bundestagswahlkampf zu beehren.

Mehr Informationen

Links / Quellen

  • Blutbad vor dem Reichstag am 13. Januar 1920, de.wikipedia.org, abgerufen 23.5.2021
  • Kapp-Putsch, de.wikipedia.org, abgerufen 23.5.2021
  • Axel Weipert: Vor den Toren der Macht. Die Demonstration am 13. Januar 1920 vor dem Reichstag, Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Mai 2012, S. 16-32, (pdf)
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