Frontberichte 11/2021: Moia, Dräxlmaier, H&M, Domino’s Pizza

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Presseschau: Betriebsratsbehinderung und Union Busting in Deutschland

Es ist nicht alles Gold was glänzt – Moia lässt Arbeiter durch KI rumkommandieren – Rebecca Hadler, MOIA Flotte auf einem Betriebshof in Hamburg 2021, CC BY-SA 4.0
  • VW-Tochter Moia / Hamburg: Verhinderung von Betriebsratsgründung und skandalöse Arbeitsbedingungen
  • Dräxlmaier / Sachsenheim: Unternehmen will Tarifvertrag verhindern
  • H&M / Detmold/Nürnberg: Erneutes Union Busting in mehreren Filialen
  • Domino’s Pizza / Leipzig: Franchise-Firma gegen engagierte Belegschaft

Verhinderung von Betriebsratsgründung und skandalöse Arbeitsbedingungen bei Moia

Bei der VW-Tochter Moia GmbH raubt neuerdings eine KI (Künstliche Intelligenz) den Mitarbeitern ihre Rechte auf (Pinkel-) Pausen und kommandiert diese herum. Auch gegen den Versuch einer Betriebratsgründung ist das Unternehmen unter der Leitung von Robert Henrich und Torben Menke nun aggressiv vorgegangen. 

Moia betreibt in Hamburg und Hannover eine Flotte von Hunderten Fahrzeugen zum sogenannten Ridepooling. Dabei teilen sich mehrere Personen über eine App einen elektrischen Kleinbus, der wie ein Sammeltaxi funktioniert. Die Moia-KI berechnet die Strecke des Fahrzeugs dabei jeweils neu, wenn ein weiterer Kunde eine Fahrtanfrage stellt, die in der gleichen Fahrtrichtung liegt, damit dieser eingesammelt und mitgenommen werden kann.

Immer wieder berichten Fahrer anonym in der Presse von den skandalös schlechten Arbeitsbedingungen. Nach dem Corona-Lockdown, in dem die meisten Angestellten in Kurzarbeit waren, kam das Management plötzlich mit einigen Einschnitten für die Mit­ar­bei­te­r um die Ecke. Dazu gehört unter anderem die automatische technische Dokumentation jeder Arbeitszeitunterbrechung und damit die vollständige Überwachung durch die KI. Bereits zuvor berichteten Mitarbeiter das sie sich wie Roboter fühlen würden. 

KI muss Toilettenpause genehmigen

Musste man die Pausen früher bei Kollegen in der Zentrale beantragen, so übernimmt diese Funktion nun die KI. Diese legt selbstständig fest, wann und wo die Fahrer Pause machen dürfen. Für die Fahrer ein Problem, denn oft stehen sie dann auf Supermarkt- oder Krankenhausparkplätzen, wo sie dann versuchen eine öffentliche Toiletten zu finden. Das kann zeitaufwendig sein. Doch auch diese berechneten Pausen gibt es nur sehr unregelmäßig, eben dann, wenn es keine Fahrgäste gibt. Mitunter müssen die Fahrer bis zu einer Stunde warten.


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Toilettengänge außerhalb der Pause müssen die Fahrer bei der extra KI beantragen und diese gelten zunächst nicht als Arbeitszeit. Die Anerkennung eines Toilettenstops als Arbeitszeit und damit auch Bezahlung müssen die Fahrer jeweils schriftlich beantragen. Denn „Grundsätzlich werden solche Arbeitszeitunterbrechungen von der Arbeitszeit abgezogen“, schrieb Moia Anfang Mai an die Mitarbeiter. „Es ist wichtig zu wissen, dass solche Unterbrechungen nur im Ausnahmefall vorgenommen werden können, weil diese den laufenden technischen Betrieb in extremer Weise stören.“

Moia-Sprecherin Jennifer Langfeldt will jedoch nichts davon wissen, dass Moia Toilettenpausen nicht vergütet. Recht hat sie, jedenfalls wenn die Fahrer jede Pause schriftlich beantragen und das Unternehmen diese Anträge dann anerkannt und genehmigt. 

Zu geringe Rüstzeiten sorgen für Überstunden

Auch neue Rüstzeiten wurden mit dem jetzt eingeführten Arbeitszeitmodell eingeführt: Vor Schichtbeginn gibt es fünf, nach Schichtende zehn Minuten, in denen die Fah­re­r ein- und auschecken, das Fahrzeug auswählen, das System hochfahren, eine Abfahrtskontrolle vornehmen, sich beim Pooling an- oder abmelden und am Ende das Auto reinigen und laden müssen. Mitarbeiter bestätigen, dass das in der kurzen Zeit unmöglich zu schaffen sei. Überstunden sind dadurch letztlich täglich vorprogrammiert. Ein Problem sieht Moia darin nicht, denn auch für die Vergütung der hier zu viel gearbeiteter Minuten könnten die Angestellten später einen eigenen Antrag auf Erstattung stellen.

Wer sich nicht kaufen lässt, der fliegt raus

Einige Beschäftigte wollten, um diese miserablen Verhältnisse zu verbessern einen Betriebsrat gründen und bekamen enormen Gegenwind. Eigentlich sollte Mitte Juli die Betriebsratswahl stattfinden. Doch das Moia-Management legt den Initiatoren so viele Steine in den Weg wie sie möglich. 

Am 4. Mai fand einer der Initiatoren morgens ein Kündigungsschreiben in seinem Briefkasten, ohne Poststempel. Es müsse ihm nachts per Bote zugestellt worden sein, sagte er der taz. Ein Grund für die außerordentliche fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht nicht auf dem Schreiben. Der Angestellte hatte zuvor Flyer verteilt und in Firmenchats gegen das neue Arbeitszeitmodell mobilisiert. Auch über die Pausenorte habe er sich häufig beim Management beschwert. Als Quittung dafür schickt ihm das Unternehmen die Kündigung und erteilte ihm ein Hausverbot. Damit wird es ihm kaum möglich sein die Unterschriften für seine Kandidatur zur Betriebsratswahl zu sammeln.

Fünf weitere seiner Mitstreiter für die Wahl eines Betriebsrats kaufte Moia per Abfindungen aus dem Unternehmen raus. Nur er hatte sich geweigert sich seine Bürgerrechte von Moia abkaufen zu lassen. Deshalb versucht Moia ihn nun mit anderen Methoden loszuwerden. 

Als Grund für derartige Schikane vermutet er, dass das Konzept des Unternehmens nicht lukrativ sei. Zu wenige Gäste würden das Sammeltaxi-Konzept nutzen, weshalb der Preis pro Kunde deutlich zu hoch ausfalle. Außerdem plant das Unternehmen laut seiner Sprecherin, den Ridepooling-Betrieb bereits in wenigen Jahren teilweise mit autonomen Fahrzeugen zu betreiben. Fahrer mit menschlichen Bedürfnissen scheinen bis dahin lediglich ein Störfaktor für den Algorithmus zu sein. 

Die Moia GmbH beschäftigt aktuell rund 1.300 Menschen, von denen 200 in der Entwicklung tätig sind. Seit 2017 betreibt Moia in Hannover und seit 2019 in Hamburg eine Flotte von Hunderten Fahrzeugen zum sogenannten Ridepooling. Die Moia GmbH ist ein eigenständiges Tochterunternehmen des Volkswagen Konzerns.

Quellen:

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Dräxlmaier will Tarifvertrag verhindern

„Hier entsteht die Mobilität der Zukunft“, schreibt der Automobilzulieferer Dräxlmaier über sein vor zwei Jahren eröffnetes Batteriewerk der Dräxlmaier Automotivprodukte GmbH in Sachsenheim bei Stuttgart – und wirbt lautstark mit den angeblich attraktiven, familienfreundlichen, gesunden und modernen Arbeitsbedingungen.

Doch tatsächlich sind die Arbeitsbedingungen beim Autozulieferer Dräxlmaier in Sachsenheim wohl eher von vorgestern. Es gibt weder Alterssicherung, noch Altersteilzeit.  Auch einige sonst tariflich geregelten Sonderzahlungen und Schichtzulagen fehlen und die Arbeitszeit liegt bei 38,75 Stunden in der Woche. In Summe liegen die Jahresgehälter bei Dräxlmaier deutlich unter dem Metall-Tarif.

Dies wollen die rund 300 Mitarbeiter vor Ort gemeinsam mit ihrem jungen Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall ändern. Sie sind bereit, für ihren Tarifvertrag zu streiten. Mittlerweile sollen über 70 Prozent der Beschäftigten in der IG Metall organisiert sein. Vor einem Jahr wählten sie erstmals einen Betriebsrat und im Januar eine Tarifkommission, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Mustafa Y.

Wasserspender und zwei Euro mehr pro Schicht statt Tarifvertrag

Bislang weigert sich die Geschäftsführung, mit der IG Metall über einen Tarifvertrag zu verhandeln. Bisher gibt es in keinem einzigen der 15 deutschen Standorte einen Tarifvertrag. Die Gewerkschaft soll möglichst draußen bleiben und auch Betriebsräte sieht man nicht gerne. Alle Fragen rund um den Lohn und Arbeitsbedingungen wolle man lieber intern klären und nicht mit der Gewerkschaft. 

Die Standortleitung um Gunther Wössner will nur mit der Mitarbeitervertretung sprechen und nicht mit Gewerkschaftsvertretern. Aktuell bietet sie den Beschäftigten jetzt schon mal zwei Euro mehr pro Schicht oder 500 Euro Corona-Prämie an – und will kostenlose (!) Wasserspender aufstellen. Auch soll eventuell erstmals nach längerer Pause konzernweit wieder eine Entgelterhöhung von zwei Prozent geben. Vorangegangen waren eine Belegschaftsversammlung, sowie zwei Streikaktionen der Früh- und Nachtschicht. Rund 60 der 300 Mitarbeiter beteiligten sich daran.

Über die zentralen Kernthemen von Belegschaft und Gewerkschaft wie Schichtzuschläge, Arbeitszeiten, Altersteilzeit und -sicherung will Dräxlmeier lieber nicht verhandeln. Unterdessen droht der Standortleiter lieber, ein anhaltender Arbeitskampf wäre für alle Beteiligten von Nachteil und würde Arbeitsplätze gefährden.

Dräxlmaier gegen Gewerkschaft und Betriebsrat

Dräxlmaier ist bereits in der Vergangenheit wiederholt gegen Betriebsräte und Gewerkschaft vorgegangen und hat damit versucht klar zu machen, wer der Hausherr ist: Bei einem Warnstreik in Bremen 2005 flog Dräxlmaier Streikbrecher per Hubschrauber ins Werk. In Böblingen baute Dräxlmaier 2006 in einer Nacht- und Nebelaktion die Maschinen ab, um das Werk zu schließen und den Kündigungsschutz der Belegschaft zu umgehen.

Auch in Sachsenheim gab es immer wieder Angriffe gegen die Beschäftigten und ihre Rechte. „Wir haben Vorgesetzte, die meinen, Führen heißt Angst machen. Leute werden psychisch fertiggemacht und rausgeekelt“, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Mustafa Y. „Deshalb sind wir zur IG Metall und haben einen Betriebsrat gewählt: Um endlich eine starke Stimme zu haben.“ Doch auch den Betriebsrat in Sachsenheim greift Dräxlmaier an und versucht die Betriebsratswahlen in gleich zwei Verfahren für nichtig erklären zu lassen. In den kommenden Monaten werden daher mehrere Verfahren vor dem  Landesarbeitsgericht Stuttgart stattfinden.

Die Dräxlmaier Group gehört zu den 100 größten Automobilzulieferern der Welt und beschäftigte 2020 rund 75.000 Mitarbeiter an 65 Standorten. Unter der Leitung von Fritz Dräxlmaier, Stefan Brandl, Franz Haslinger und Martin Gall wurde 2020 trotz Corona und Wirtschaftskrise ein Umsatz von 4,2 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Quellen:

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H&M: Erneutes Union Busting in Detmold und Nürnberg

Die schwedische Einzelhandelskette H&M ist ein notorischer Union Buster. Dieses Mal geht der Konzern gegen eine Betriebsversammlungen in Detmold und den Betriebsrat in Nürnberg vor. Die örtlichen Betriebsräte wissen sich jedoch zu wehren. In Nürnberg hat der Betriebsrat nun Strafanzeige gegen H&M wegen Betriebsratsbehinderung erstattet. 

Store-Managerin behindert Betriebsversammlung in Detmold

Bei H&M in Detmold gibt es Ärger um eine Betriebsversammlung. Weil die Store-Managerin dem Betriebsrat keinen gesonderten Raum für die Versammlung Ende Juni 2021 zur Verfügung stellte, fand das Treffen im Verkaufsraum der Filiale statt.

Laut der Gewerkschaft Verdi hat die Filialleitung die Versammlung mehrfach aktiv gestört. Die Store-Managerin soll die Mitarbeiter während der noch laufenden Versammlung mit einer Lautsprecherdurchsage aufgefordert haben, an die Arbeit zu gehen und wenig später das Geschäft auch für Kunden geöffnet haben. Verdi und der den Betriebsrat vertretende Rechtsanwalt Albrecht Seidel, von der Kanzlei Vieker & Chatziparaskewas, sehen darin eine massive Behinderung der Betriebsratsarbeit. 

Der Betriebsrat zog daraufhin vor das Arbeitsgericht und beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Store-Managerin. Nach einer ersten Güteverhandlung am 14. Juli 2021 gab es keine gütliche Einigung. Laut Astrid Schnabel ( Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH), Anwältin von H&M und der Store-Managerin, behauptete das die Mitarbeiter bei der Versammlung gegen die Corona-Schutzverordnung verstoßen hätten und deshalb die Beendigung gerechtfertigt gewesen wäre.

Anwältin Manuela Rahle aus der Kanzlei Vieker & Chatziparaskewas, sprach dagegen für den Betriebsrat und hielt entgegen, dass dies nicht stimme. Während der Versammlung habe der Betriebsrat das Hausrecht inne und zwar bis dieser selbst die Versammlung beende. Das Gericht muss nun über den Sachverhalt in einem Kammertermin entscheiden. Dabei sollte klar sein, dass Grundrechte nicht am Werkstor oder den Filialtüren enden. Diese Grundrechte hat die Filialleiterin in Detmold jedoch mit Füßen getreten. In Detmold laufen zudem zur Zeit weitere Verfahren wegen willkürlicher Schichteinteilugnen und Abmahnungen.

Nürnberg: Betriebsrat zeigt Management wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit an

Der H&M-Betriebsrats der Nürnberger Filiale in der Karolinenstraße hat bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Führt Anzeige gegen die Konzernführung erstattet. Der Betriebsrat wehrt sich damit gegen die Behinderung seiner Betriebsratsarbeit.

Das Management hatte laut Gewerkschaft gezielt Betriebsratsmitgiedern Aufgaben entzogen und entsprechende Funktionszulagen nicht mehr gezahlt. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi sehen dabei einen direkten Zusammenhang zwischen dem Engagement der Betriebsratsmitglieder gegen den geplanten Stellenabbau in der Filiale. In den vergangenen Monaten gab es auch in dieser Filiale immer wieder Protestaktionen gegen den Arbeitsplatzabbau.

Allein der Filiale in der Karolinenstraße sollen die Mitarbeiter zukünftig 2400 Stunden weniger arbeiteten als bisher. Das entspricht einem Abbau von etwa 28 Prozent der Arbeitsleistung. Deutschlandweit hatte H&M Anfang der Jahres 2021 800 Kündigungen angekündigt. Dabei ist der Konzernumsatz ungebrochen im Aufwärtstrend.

Dass die Rückstufung der Betriebsratsmitglieder und die damit einhergehenden finanziellen Verluste vermutlich eine direkte Bestrafung für das Engagement der betroffenen Betriebsratsmitglieder ist, scheint auf der Hand zu liegen. Sollte der Betriebsrat dies beweisen können, droht H&M und den verantwortlichen im Management sogar eine strafrechtliche Verurteilung. 

Betriebsräte oder Gewerkschaften stellen jedoch nur sehr selten Anzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit nach §119 BetrVG. Es handelt sich um die vermutlich am wenigsten verfolgte Straftat in Deutschland. Das liegt auch daran, dass Richter und Staatsanwaltschaften selbst offensichtliche Behinderung der Betriebsratsarbeit nicht erkennen oder als solche werten wollen. Wichtig für die Stärkung der Betriebsräte ist deshalb auch immer wieder deutlich zu machen, dass es ein großes öffentliches Interesse an diesen Verfahren gibt.

Anhaltendes Union Busting bei H&M

Im Jahr 2020/2021 stand bei H&M darüber hinaus vor allem der Stellenabbau und die Diskriminierung von jungen Müttern aufgrund eines neu eingeführten extrem flexiblen Arbeitszeitmodells im Mittelpunkt (Frontberichte 08/2021). Aktuell berichtet ein Betriebsrat aus Bremen erneut von gezielten Drohungen und Benachteiligungen gegen Mütter.

Die Gewerkschaft Verdi hat H&M daher im vergangenen Jahr bereits mehrfach zu Tarifverhandlungen über die Arbeitsbedingungen im Rahmen eines Tarifvertrags Digitalisierung aufgefordert. H&M hat diese Aufforderungen stets ignoriert und soll nach der Veröffentlichung eines öffentlichen Briefes der Gewerkschaft, die Tarifverhandlungen mündlich kategorisch abgelehnt haben. 

In den vergangen Monaten und Jahren stach H&M immer wieder aufgrund besonders schlechter Arbeitsbedingungen im Einzelhandel heraus. H&M bereits am 13. Oktober 2017 Ziel unserer Aktionstags #Freitag13. Schon damals standen sogenannte Flexverträge im Mittelpunkt unserer Kritik.

Quellen: 

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Domino’s Pizza Leipzig will keine engagierte Belegschaft

Die Beschäftigten der Leipziger Domino’s Pizza Filialen der Franchisefirma Effekt GmbH wehren sich gegen miese Arbeitsbedingungen und willkürliche Kündigungen von engagierten Kollegen. Die Beschäftigten werfen der Franchisefirma vor, gesetzliche Mindeststandards bewusst zu unterlaufen und für einen unzureichenden Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz verantwortlich zu sein. 

Fehlender Coronaschutz & willkürliche Kündigung

Nachdem die Geschäftsführung auch nach mehrfachen Fragen den Beschäftigten der Filiale in der Leipziger Südvorstadt keine Coronatests zur Verfügung stellte, haben diese sich mit einer Unterschriftenliste an das Unternehmen gewannt.

Vermutlich als Reaktion darauf wurde einer der Fahrer umgehend entlassen. Offizielle sei die Kündigung „betriebsbedingt“. Der Fahrer selbst geht unterdessen davon aus, dass die Geschäftsführung ihn als vermeintlichen Anstifter für die Unterschriftenliste ausgemacht hat und ihn nun mit der Kündigung zum Schweigen bringen will. Gleichzeitig sollen wohl die anderen Beschäftigten mit diesem Exempel eingeschüchtert werden.  

Gegen die Kündigung und die schlechten Arbeitsbedingungen demonstrierten am 19. Juni mehr als 100 Menschen bei einer von der FAU organisierten Demonstration vor  verschiedenen Leipziger Filialen. 

Proteste & Offener Brief an Geschäftsführung

Bereits im April 2021 gab es Proteste bei Domino’s Pizza in Leipzig, da die Effekt GmbH einem Beschäftigten knapp 770 € ausstehender Lohn nicht ausgezahlt hatte. Bereits kurz nach einer Kundgebung der FAU wurde die gesamte geforderte Summe dann doch ausgezahlt. Die Summe setzte sich zusammen aus Urlaubsentgelt, nicht bezahlter Arbeitszeit sowie einem „Tourengeld“, welches nicht im Arbeitsvertrag angegeben ist, aber  welches das Unternehmen vom Trinkgeld der Beschäftigten abzieht.

Mit einem offenen Brief hat sich nun die FAU-Betriebsgruppe bei Domino’s Pizza an die Effekt GmbH gewannt. In dem Brief stellen die Beschäftigten fünf zentrale Forderungen an den Konzern auf:

  1. „Das Anlegen der Arbeitskleidung und das Präparieren der Arbeitsgeräte soll als Arbeitszeit bezahlt werden!
  2. Die Manipulation der Arbeitszeiten zugunsten des Arbeitgebers soll eingestellt werden!
  3. Die Geschäftsleitung soll alle Mitarbeiter:innen über ihren Urlaubsanspruch aufklären und diesen auch gewähren!
  4. Wir wollen ein selbstbestimmtes, transparentes, solidarisches Trinkgeldsystem – ohne pauschale Zwangsabgaben!
  5. Trinkgelder, die Kund*innen online über Plattformen wie Lieferando zahlen, sollen an uns weitergegeben werden!“

Sollte das Unternehmen nicht auf die Forderungen der Betriebsgruppe eingehen, kündigt diese weitere öffentliche Proteste an. Ein eigentlich für den 10. Juli vereinbartes Gespräch mit der Filialleitung über die Arbeitsbedingungen hat diese kurzfristig wieder abgesagt, da auch die Gesamtgeschäftsführung der Effekt GmbH scheinbar an dem Gespräch teilnehmen möchte. Ein neuer Termin steht bisher nicht fest. 

Seit 2011 betreibt Domino’s Pizza seine Franchise-Filialen in Deutschland. Nach der Übernahme von Joey’s Pizza 2016 und Hallo Pizza 2018 betreibt der Konzern nun 350 Filialen in Deutschland. Seit Juli 2018 leitet Stoffel Thijs das Geschäft von Domino’s Pizza Deutschland. Die Effekt GmbH unter der Leitung von Peter Plaschke betreibt laut der Plattform Xing aktuell 12 dieser Stores als Franchisenehmer in Sachsen und Thüringen.

Quellen:


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