Keine Ruhe für Lidl

0
3703

Lebensmittel-Discounter sorgt auch in der Schweiz für negative Schlagzeilen

Die eidgenössische Zeitung „Der Sonntag“ brachte am 17. März 2012 den Discouter Lidl in Verruf.

Der „Insider-Report: Das wahre Gesicht von Lidl“ von Benjamin Weinmann kommt zu dem Schluss: auch hier herrscht das brutale Lidl-System: Ein System getrieben von Paranoia, Umsatzgier und Kaltherzigkeit.

Der Bericht schreibt weiter von Bespitzelungen, unwürdigen Maßregelungen und Kontaktverboten von Mitarbeitern:


Aus erster Hand informiert sein? Profis lesen Emails.
Jetzt den kostenlosen Email-Newsletter der aktion ./. arbeitsunrecht ► bestellen

«Es gab Angestellte, die sich dennoch mit dem Arbeitskollegen am Abend einen Drink genehmigten und dabei gesichtet wurden. Sie mussten am nächsten Tag beim Chef antraben und kamen wie begossene Pudel aus seinem Büro», erzählen zwei Ex-Kader. «Wer der Spitzel war, wussten wir nicht. Wir haben deshalb immer darauf geachtet, möglichst weit voneinander weg zu parkieren, und uns dann in der Bar zu treffen.»

Auch Telefonanrufe nach Arbeitsende sind den Lidl-Machthabern suspekt. «Entdeckt der Vorgesetzte auf der Handyabrechnung ein Gespräch mit einem Mitarbeiter nach 21 Uhr, ist eine Rechtfertigung fällig.» Private Gegenstände im Büro seien nicht erwünscht, Unterhaltungen über Privates, über die Familie oder die Ferien, tabu. Es gilt, sich dunkel zu kleiden, möglichst ohne Farbtupfer. «Eine Mitarbeiterin wurde einmal nur schon wegen einer Halskette zusammengestaucht», erinnern sich die beiden Ex-Kader. Schriftliche Weisungen zu diesen Lidl-Regeln existieren nicht. Kein Wunder, schliesslich ist Lidl ein gebranntes Kind. 2008 flog auf, dass in Deutschland Mitarbeiter systematisch ausspioniert wurden – mit Methoden, die an die Stasi erinnerten.

(Hervorhebungen von Arbeitsunrecht.de)

In Deutschland geriet Lidl ab 2005 verstärkt in die Kritik, auch nachdem ver.di das „Schwarzbuch Lidl“ veröffentlicht hatte, in dem es u.a. um systematische Verhinderung und Zerschlagung von Betriebsräten ging. 2006 veröffentlichte ver.di das „Schwarzbuch Lidl Europa“  Beide Bücher sind leider vergriffen und nur noch antiquarisch zu erhalten.

Im Jahr 2008 berichtete die deutsche Presse, ausgelöst durch Enthüllungen des Stern, intensiv über systematische Bespitzelung und Überwachung von Mitarbeitern durch Lidl.

Wie der stern und stern.de aufdeckten, ließ der Lebensmitteldiscounter Lidl über Monate systematisch die Beschäftigten in zahlreichen Filialen überwachen. Der Redaktion liegen mehrere Hundert Seiten interner Lidl-Protokolle vor, in denen jeweils mit Tag und Uhrzeit notiert, wann und wie häufig Mitarbeiter auf die Toilette gehen, wer mit wem möglicherweise ein Liebesverhältnis hat, wer nach Ansicht der Überwacher unfähig ist oder einfach nur „introvertiert und naiv wirkt.“

Der damalige Verbraucherschutzminister Horst Seehofer forderte daraufhin gar „harte Strafen gegen Lidl“ und ein neues Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer (siehe Focus).

2009  folgte die Entdeckung, dass vom Lidl-Management Krankentage der Beschäftigten offenbar systematisch nachgehalten und ausgewertet wurden (Stern: Neuer Datenskandal – Das unfassbare Lidl-Déjà-vu). Die Bochumerin Regina Schultze hatte in einer Autowaschanlage „Brisante Papiere in der Mülltonne“  gefunden.

2009 kam eine Studie zu dem Ergebnis, das Lidl durch die vorangegangenen Skandale Umsatzeinbußen erlitten hatte, weil zahlreichen Kunden der Besuch der Filialen unangenehm geworden war.

2010 veröffentlichte Ulrike Schramm-de Robertis ihren biografischen Bericht „Ihr kriegt mich nicht klein – Eine Discounter-Angestellte kämpft um ihre Rechte„. In dem Buch schildert sie ihre „Abenteuer“ bei Lidl, die sie durch die Gründung eines Betriebsrats und Teilnahme an Streikaktivitäten durchstehen musste: Schikanen, Psychoterror, Bossing, Abmahnungen etc.

Mehr Informationen:

[Bildnachweis: Von Polizei bewachte Lidl-Filiale am 1. Mai 2008 in Berlin-Kreuzberg. (Quelle: Nicor / public domain)]


Schön, dass Sie da sind!

Der Verein aktion ./. arbeitsunrecht e.V. stellt alle Inhalte kostenfrei und ohne Werbung zur Verfügung. Wir sind unabhängig von Stiftungen, Parteien, Gewerkschaften und staatlicher Förderung. Helfen Sie uns dabei, sorgenfrei über die Runden zu kommen!
Damit wir auch in Zukunft unbequeme Nachrichten verbreiten können: Bitte spenden Sie! !
Vorheriger ArtikelGewerkschaften streiken zu schnell?
Nächster ArtikelDHL und Telekom als Union-Buster im Ausland