Frontberichte 13/2019: trans-o-flex, KiKxxl, AWO, Zalando

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Presseschau: Betriebsratsbehinderung und Union Busting in Deutschland

Flexibel scheint trans-o-flex vor allem die Rechter der ArbeiterInnen zu sehen. © Achim Raschka / Wikimedia Commons / CC-BY-SA-3.0, Sprinter trans-o-flex 02, CC BY-SA 3.0
  • transo-o-flex / Kassel: Massives Union Busting gegen Betriebsratsvorsitzende
  • KiKxxl / Bochum: Callcenter kündigt Betriebsratswahl-Initiatoren
  • AWO / Müritz: Überwachungssoftware gegen Mitarbeiter und Betriebsrat
  • Zalando / Berlin: Mitarbeiterbewertung als Überwachungsinstrument

Union Busting wie aus dem Lehrbuch bei trans-o-flex ThermoMed GmbH

Das Logistik-Unternehmen trans-o-flex ThermoMed GmbH scheint ein Problem damit zu haben, wenn sich Mitarbeiter*innen im Betriebsrat engagieren, ihre gesetzlichen Rechte einfordern und für die Interessen der Belegschaft streiten. Nicht anders ist das Verhalten der Geschäftsführung unter der Leitung von Stefan Gerber und Michael Löckener zu werten, die mit den verschiedenen Methoden des Union Busting (Was ist das?) gegen den Betriebsrat und insbesondere die Vorsitzende des siebenköpfigen Gremiums Yvonne L. vorgeht. 

Zahlreiche Verstöße gegen Arbeitsrechte

Das Unternehmen, welches selbst auf seiner Firmenhomepage mit „kompromisslosem Qualitätsanspruch“ wirbt, macht auch bei der Einhaltung zahlreicher Arbeitnehmerrechte keine Kompromisse, sondern ignoriert diese.

Die Gewerkschaft Verdi berichtet über zahlreiche Missstände in dem Unternehmen. So soll trans-o-flex unter anderem Gefahrgutunfälle mit lebensbedrohlichen Substanzen unter den Teppich gekehrt, Gefahrgutbrüche nicht fachgerecht entsorgt und das Arbeitsschutzgesetz nicht umgesetzt haben. Auch den vorgeschriebenen Arbeitsschutzausschuss musste der Betriebsrat erst durch seine hartnäckige Arbeit durchsetzen.

Tarifverträge gibt es bei trans-o-flex nicht, stattdessen arbeiten hier viele Mitarbeiter auf Mindestlohnniveau in Teilzeit. Zudem baut das Unternehmen seit Jahren schleichend Arbeitsplätze ab und gliedert Ausliefertouren an Subunternehmer aus (Verdi Mitteilung).


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Behinderung der Arbeit des Betriebsrates

Dabei behindert die Geschäftsführung zudem die Arbeit des Betriebsrats massiv. Seit mehr als einem Jahr bekommt der Betriebsrat nicht mehr als eine „bessere Besenkammer“ als Büro zur Verfügung gestellt. Die gesetzlich festgelegten Mitbestimmungs- und Informationsrechte muss der Betriebsrat regelmäßig gegen den Widerstand der Geschäftsführung vor Gericht erstreiten. 

Die Geschäftsführung versucht außerdem durch dauerhafte Drohungen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen und Einbehalten von Lohn die Mitglieder des Betriebsrates einzuschüchtern.

Betriebsratsvorsitzende auf der Abschussliste

In einem weiteren Schritt versucht die Geschäftsführung nun die Betriebsratsvorsitzende Yvonne L. loszuwerden. Die Geschäftsführung wirft der Vorsitzenden vor, sie habe in einem vorherigen Gerichtsverfahren eine manipulierte Betriebsvereinbarung vorgelegt. Dies soll nun als Kündigungsgrund herhalten.

Beim Gütetermin am 26.11.2019 vor dem Arbeitsgericht Kassel legte der Betriebsrat jedoch eindeutig da, dass es gar keine manipulierte Betriebsvereinbarung gibt. Auch die Vorsitzende Richterin Sandra Langhoff konnte den Anschuldigungen der Geschäftsführung, welche sich durch den Prokuristen Lorenz Waibel und den Anwalt Arnim Powietzka (Kanzlei Pohl + Bauer) vertreten lies, nicht folgen und schlug ein Mediationsverfahren vor. Waibel und Powietzka lehnten dieses jedoch konsequent ab. Das Ziel scheint klar zu sein: Yvonne L. soll weg. 

„Der Versuch der trans-o-flex Geschäftsleitung, die BR-Vorsitzende Yvonne L. mit
augenscheinlich konstruierten Vorwürfen aus dem Betrieb zu klagen, hat keinen Erfolg.
Das wurde heute vor dem Arbeitsgericht deutlich und nichts anderes haben wir erwartet“,
so Roland Blumenauer, Verdi Gewerkschaftssekretär in Kassel.

Zahlreiche KollegInnen hatten das Verfahren solidarisch begleitet und verabschiedeten die Unternehmensvertreter mit Buh-Rufen und Transparenten. Da es zu keiner Einigung der Parteien kam, wird es voraussichtlich am 20.02.2020 um 13 Uhr einen weiteren Gerichtstermin geben. Wir rufen zur solidarischen Begleitung auf!

Die trans-o-flex ThermoMed GmbH mit Sitz in Baunatal bei Kassel ist ein Tochterunternehmen der trans-o-flex Express GmbH in Weinheim, in Baden-Württemberg. Bei dem in verschiedene GmbHs aufgespaltenen Unternehmen trans-o-flex arbeiten heute rund 2.000 Menschen. trans-o-flex ist zudem Teil des Eurodis Netzwerk, ein internationales Speditionsnetzwerk mit Partnern in 36 europäischen Ländern.

Quellen:

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Union Busting bei Callcenter-Betreiber KiKxxl

Seit 20 Jahren ist das Osnabrücker Callcenter-Unternehmen KiKxxl GmbH mit seinen Geschäftsführern Andreas Kremer und Erden Yildirim im Kommunikationsgeschäft tätig. Bereits im Jahr 2015 berichteten wir (Frontberichte 01/2015) über die zweifelhaften Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen.

In den vergangenen 20 Jahren haben Kremer und Yildirim es geschafft die mittlerweile vier deutschen Standorte des Unternehmens betriebsratsfrei zu halten. Bisher gab es in den Standorten lediglich eine alternative Mitarbeitervertretung ohne gesetzliche Rechte. Dies soll sich nach dem Willen der Gewerkschaft Verdi und den Beschäftigten nun an mehreren Standorten ändern. 

Außerordentliche Kündigungen in Bochum

Laut der Gewerkschaft Verdi geht die Geschäftsführung bei KiKxxl jedoch rigoros gegen die Versuche einen Betriebsrat am Standort Bochum zu gründen vor. Die Gewerkschaft berichtet in einer Pressemitteilung von einer ganzen Reihe von Kündigungen im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsratswahl vor Ort. Demnach soll die Geschäftsführung erstmals im September Beschäftigte wegen dem Vorhaben einen Betriebsrat zu gründen entlassen haben. An dem Standort arbeiten rund 300 Beschäftigte. 

Am 8. November folgten dann weitere Kündigung durch die Geschäftsführung. An diesem Tag wurden die drei InitiatorInnen der Betriebsratswahl und die Freundin eines der Betroffenen fristlos gekündigt, als sie die Einladung für die Konstituierung einer Wahlversammlung überbringen wollten (PM Verdi). KiKxxl bestreitet vehement, dass die Kündigungen etwas mit der geplanten Betriebsratswahl zu tun hat. Laut Geschäfstführer Kremer geht es bei den Kündigungen um ein nicht näher bezeichnetes „Fehlverhalten“ der BetriebsratsinitiatorInnen.

In einer Erklärung zu den gezielten Union Busting-Maßnahmen zeigt sich die Gewerkschaftssekretärin Katja Arndt entschlossen: „Es ist nicht das erste Mal, dass es im Zusammenhang mit einer möglichen Betriebsratsgründung in diesem Unternehmen zu fristlosen Kündigungen gekommen ist. Für unsere Mitglieder werden wir umgehend gegen diese aus unserer Sicht völlig unhaltbaren Kündigungen Klage einreichen. (…) Wir werden mit allen Konsequenzen dafür eintreten, dass die Kikxxl Beschäftigten ihr gesetzlich verankertes Recht auf Mitbestimmung durch die Wahl von Betriebsräten aus ihren eigenen Reihen wahrnehmen können.“

Mittlerweile haben die Mitarbeiter am 15.11.2019 in Bochum einen dreiköpfigen Wahlvorstand gebildet, der nun die Betriebsratswahlen in den kommenden Wochen vorbereitet.

Wasserbomben und Einschüchterungen in Dortmund

Auch in Dortmund unterhält KiKxxl einen Standort mit rund 300 Angestellten und auch hier berichtet die Gewerkschaft Verdi erneut von Union Busting-Methoden, mit denen der Konzern gegen das gewerkschaftliche Engagement vorgeht. 

Bei einem Infostand der Gewerkschaft am 27.11.2019 sollen sich Führungskräfte des Konzerns in unmittelbarer Nähe des Standes gesammelt haben, um die Beschäftigten durch ihre Anwesenheit von Gesprächen mit der Gewerkschaft abzuhalten. Gespräche mit den Beschäftigten sollen zudem direkt durch das Einschreiten von Bereichsleitern unterbunden worden sein. Zum Abschluss flogen dann noch Wasserbomben auf die abbauenden Gewerkschafter (PM Verdi II).

„Wir verstehen dies als grobe Behinderung unserer Gewerkschaftsarbeit und auch von möglichen Betriebsratswahlen bei Kikxxl in Dortmund“, so beurteilt Matthias Baumann, Verdi Gewerkschaftssekretär in Dortmund diese Situation vor Ort.

Die aus Osnabrück stammende KiKxxl GmbH mit ihren weiteren Standorten in Dortmund, Bochum und Bremen beschäftigt rund 2.000 MitarbeiterInnen. Seit 2017 existiert zudem ein Tochtersitz in Prishtina (Kosovo). Im Februar 2020 möchte KiKxxl einen fünften deutschen Standort in Recklinghausen eröffnen.

Quellen:

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AWO Müritz: Überwachungssoftware auf PC von Betriebsrat

Ganze 25 Jahre hat es gedauert bis die rund 700 Mitarbeiter im Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Müritz vor etwas mehr als zwei Jahren erstmals einen Betriebsrat gründeten. Schon damals gab es verschiedene Hinweise auf Versuche die gesetzlichen Rechte der MitarbeiterInnen zu umgehen (Nordkurier 31.05.2017). Die damalige Geschäftsführerin Simone Ehlert verwehrte sich gegen solche Vorwürfe. Nun wird die AWO Müritz gGmbH erneut von einem Skandal erschüttert.

Ende August 2019 bemerkte der Betriebsrat, dass die Geschäftsführung unter der Leitung von Stephan Arnstadt im gesamten IT-System des Kreisverbandes eine neue Software mit weitreichenden Überwachungsmöglichkeiten installiert hatte. 

Die Software welche auf alle Computer der Mitarbeiter, auch des Betriebsrates, zugreift, kann ohne das Wissen der Mitarbeiter auf alle Daten der Computer zugreifen und selbst in Arbeitsprozesse eingreifen. Zudem kann sie Arbeitsvorgänge einsehen, überwachen und ändern. Es ist darüber hinaus möglich mit der Software ein Verhaltens- und Leistungsprofil aller Mitarbeiter zu erstellen.

Der Betriebsrat forderte daraufhin Geschäftsführer Arnstadt auf, die Software sofort wieder zu deinstallieren und ihm alle Unterlagen zu dem Vorgang vorzulegen, denn die Geschäftsführung hatte im Vorhinein den Betriebsrat weder informiert, noch seine Mitbestimmungsrechte beachtet. Da die Geschäftsführung dem nicht nachkam, stellte der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht Stralsund Antrag auf eine einstweilige Verfügung zur Entfernung der Software. 

AWO und Betriebsrat vereinbaren rätselhaftes Stillschweigen

Doch zu einer Entscheidung des Gerichts sollte es dann nicht kommen. Obwohl Arbeitsrichter Rainer Rückert dem Betriebsrat recht gab, dass das Vorgehen der Geschäftsführung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates verletzte, kam es zu keiner gerichtlichen Entscheidung, denn die beiden Parteien einigten sich auf die Einberufung einer Einigungsstelle. 

Beide Parteien haben unterdessen Stillschweigen über den Inhalt der Vereinbarung beschlossen. Durch die Geheimhaltung der Vereinbarung ist unklar wieso sich der Betriebsrat bei einer so eindeutigen Rechts- und Faktenlage auf eine Einigung statt auf ein klares Urteil einlässt. Ein Hinweis, dass der Betriebsrat hier nicht auf seine Rechte bestanden hat?

Kriminelle Machenschaften der AWO Müritz und dem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern

Fest steht jedenfalls, dass der Kreisverband Müritz und der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern in eine ganze Reihe von Skandalen verstrickt sind. Rund um die ehemalige Führungsspitze der AWO Müritz Peter Olijnyk und Götz-Peter Lohmann, sowie den ehemaligen Landesvorsitzenden und Anwalt der AWO Müritz Ulf Skodda läuft zur Zeit ein Untersuchungsausschuss im Schweriner Landtag (Nordkurier 18.10.2019). Dabei geht es unter anderem um zu viel gezahlte Gehälter und undurchsichtige Verträge.

Quellen:

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Ununterbrochene Überwachung und „Mitarbeiterbewertung“ bei Zalando

Bereits in der Vergangenheit berichteten wir mehrfach, wie der Online-Versandhändler Zalando gegen engagierte MitarbeiterInnen vorgeht (Frontberichte 06/2014, 07/2014). Nun hat sich die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie einen besonderen Teil der Arbeitsbedingungen bei Zalando einmal genauer angeschaut.

Mithilfe einer Bewertungssoftware namens „Zonar“ sind Mitarbeiter des Online-Riesen seit Jahren aufgefordert ihre KollegInnen zu bewerten und damit direkten Einfluss auf Beförderungen und Gehälter zu nehmen.

Während Zalando das Programm als Teil von Mitbestimmung, Transparenz, Fairness und angeblich flachen Hierarchien anpreist und laut Personalchefin Astrid Arndt sogar selber daran glaubt, den MitarbeiterInnen mit diesem Programm entgegen zu kommen, kommt die Studie zu einem komplett anderen Ergebnis (Der Standard, 19.11.2019).

Das Programm soll bisher bei rund 5.000 Zalando-Mitarbeitern eingesetzt worden sein. Dabei auch am Standort Berlin mit seinen rund 2.000 Mitarbeitern. Die Mitarbeiter selbst sprechen von einer massiven Belastung und Dauerüberwachung durch das Programm. Es herrscht eine Atmosphäre der Angst und ein gesteigertes Gefühl von Leistungsdruck und Stress. „Man darf sich keinen Schlechten Tag erlauben“, so das Gefühl der MitarbeiterInnen.

Ein ähnliches Programm benutzt auch Amazon in den USA. Auch dort berichten MitarbeiterInnen über massive Überwachung und Kontrolle durch das dortige „Anytime-Feedback-Tool“. 

Quellen:


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