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Kommentar im nd ► GDL-Streik: Bahnvorstand ist das Problem

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Kernforderungen der GDL sind für alle Lohnabhängigen nachvollziehbar.

DB hat ein Management-Problem. Personalvorstand Martin Seiler muss weg!

Die Tageszeitung nd veröffentlicht am 6. März 2024 einen Kommentar unseres Pressesprechers Elmar Wigand zum Konflikt der GDL mit der Deutschen Bahn AG:

„Es gibt einen unauflösbaren Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital, der manchmal auch mit harten Bandagen ausgefochten werden muss. Wenn wir genau hingucken, existiert dieser Gegensatz im gegenwärtigen Konflikt um die 35-Stunden-Woche nicht einmal. Der Bahn laufen die Leute weg – genauer gesagt fehlt es an echten Arbeiter*innen, während das Topmanagement vermutlich keine Nachwuchssorgen kennt.

Wer will nicht gern für 216 000 Euro im Jahr am Konferenztisch Kaffee trinken und bei redundanten Power-Point-Präsentationen gemütlich wegdösen?“

[…]

„Ein kluges Management könnte von selbst auf die Idee kommen, die Arbeit so lange immer attraktiver zu machen, bis die Leute nicht flüchten oder krank werden, sondern richtig Bock auf den Job haben.

Doch Bahn-Personalvorstand Martin Seiler verfolgt offenbar eine andere Strategie: Wenn das Personal knapp ist, müssen die vorhandenen Leute einfach noch effizienter ausgepresst werden. Bis sie irgendwann leer sind. Reha und Berufsunfähigkeit zahlen dann die Sozialkassen.

Das Bahnmanagement ist aufgebläht, unfähig, überheblich. Entrückt von der Realität kreist es in einem selbst geschaffenen Paralleluniversum aus Hunderten Tochterfirmen um sich selbst.“


Quelle:

Elmar Wigand: GDL-Streik: Bahnvorstand ist das Problem, nd, 6.3.2024, https://www.nd-aktuell.de/artikel/1180506.lokfuehrer-gdl-streik-bahnvorstand-ist-das-problem.html


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Hasso-Plattner-Institut: Union Busting durch Pseudo-Betriebsrat. Wann ermittelt die Staatsanwaltschaft?

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Interne Dokumente liefern interessante Einblicke in die Methode Pusch Wahlig.

Betriebsratsbehinderung als lukratives Geschäft: RA Tobias Pusch rechnet 420,- pro Stunde ab. PR-Agentur Lutz Meyer berät ad hoc für über 22.000 Euro.

Der Fall zeigt: § 119 BetrVG muss dringend nachgeschärft werden! Wann wird Betriebsratsbehinderung Offizialdelikt?

Das Management des Hasso-Plattner-Instituts hat Ende 2023 erfolgreich eine Betriebsratsgründung verhindert und Anfang 2024 einen Fake-Betriebsrat installiert, der Konflikte am Arbeitsplatz vermeiden soll. (Der Pseudo-Betriebsrat von Gnaden des Managements befindet sich derzeit laut HPI noch in der Gründungsphase. Ob und wann das wirtschaftsfriedliche Gremium jemals konkrete Forderungen erheben kann, ist unklar.)

Das anti-demokratische Manöver kostete bislang mindestens 200.000  Euro. Das geht aus internen Unterlagen und Abrechnungen hervor, die Correctiv und der Aktion gegen Arbeitsunrecht vorliegen. (Der Tagesspiegel berichtete am 1. März 2024.) Vermutlich sind die Kosten weitaus höher.

Der Top-Union Buster Tobias Pusch berechnete dem HPI einen Stundensatz von 420,- Euro plus Mehrwertsteuer.

Die Aktion gegen Arbeitsunrecht hält das Vorgehen des Hasso-Plattner-Instituts für kriminell im Sinne des § 119 Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsratsbehinderung). Wir fordern die zuständige Brandenburger Staatsanwaltschaft auf zu ermitteln, ob und wie Beschäftigte, Gewerkschafter*innen und Betriebsratsgründer*innen gezielt unter Druck gesetzt oder mit Vergünstigungen bestochen wurden, um die Gründung eines Betriebsrats und die Wahl eines Wahlvorstand zu sabotieren!

Mit Hilfe der einschlägig bekannten Union Busting-Kanzlei (Was ist das?) Pusch Wahlig und ihres profilierten Betriebsratsverhinderers Tobias Pusch installierte das HRI-Management ein Alternatives Vertretungsorgan (AV0) namens „Institutsrat“ (INRA) bzw. stellte die Gründung eines solchen BR-Imitats in Aussicht.

Wer davon profitiert? Zunächst einmal die Kanzlei Pusch Wahlig, an die der Löwenanteil der gezahlten Honorare fließt. Doch auch andere Player aus der Berliner Dienstleister-Szene machen ihren Schnitt.

PR-Agentur Lutz Meyer strickt Narrativ für über 22.000 Euro

Vermutlich um ein Narrativ und eine Kommunikationsstrategie zu entwerfen, heuerte das HPI die PR-Agentur Lutz Meyer & Company GmbH an. Meyer & Company rechnete laut einer Rechnung vom 28. September 2023 allein für den „Leistungszeitraum September & Oktober 2023“ über 22.000,- Euro für „ad hoc-Kommunikationsberatung“ ab. (Eigenwerbung: „Wir helfen bei der Entwicklung von überzeugenden Botschaften […], mit exzellenter Vernetzung in den Medien unterstützen wir unsere Mandanten in Sonder- und Krisensituationen.“)

Was ist gegen Alternative Vertretungsorgane einzuwenden?

Der Pseudo-Betriebsrat wurde nach unserer Überzeugung gezielt vom HPI-Management installiert,  

  1. um die anstehende Betriebsratsgründung am HPI zu sabotieren, die mit Hilfe der Gewerkschaft Verdi eingeleitet wurde,
  2. um das Hasso-Plattner-Institut dauerhaft als betriebsratsfreie Zone abzusichern.

Der Pseudo-Betriebsrat am HPI greift das Vertretungsmonopol des Betriebsrats für die Interessen der Lohnabhängigen in Deutschland an. Die Kanzlei Pusch Wahlig versucht hier offenbar einen rechtsfreien Raum abseits des Betriebsverfassungsgesetz zu schaffen.

Alternative Vertretungsorgane haben vor dem Arbeitsgericht keine rechtliche Durchsetzungskraft. Mit ihnen gibt es bei Massenentlassungen kein Recht auf Sozialplan, keinen Schutz vor Union Busting (§ 119 BetrVG), keine verpflichtenden Einigungsstellen um zu Betriebsvereinbarungen zu kommen u.v.m.

Die juristische Grundlage, die Tobias Pusch laut internen Materialien an die Wand wirft, ist in hohem Maße angreifbar, wackelig konstruiert und strafrechtlich riskant. Das Vorgehen der Kanzlei Pusch Wahlig bewegt sich nach unserer Auffassung in der Grauzone zur organisierten Wirtschaftskriminalität.

Die Kanzlei Pusch Wahlig ist im Jahr 2023 bereits durch Betriebsratsverhinderung bei Flink in Berlin auffällig geworden — auch hier mit einem Alternativen Vertretungsorgan namens „Ops Committee“ –, ferner beim Autoverleiher Sixt und dem Getränkelieferanten Flaschenpost. Das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Elmar Wigand, Pressesprecher der Aktion gegen Arbeitsunrecht, kommentiert das Union Busting am Hasso-Plattner-Institut:

„Es ist erschreckend, welch undemokratischer Geist hinter der Fassade des Hasso-Plattner-Instituts weht.“

„Selbstbewusste, demokratische Interessenvertretung ist das Gegenteil des Pseudo-Gremiums namens Institutsrat am Hasso-Plattner-Institut.“

„Hier wird mit viel Geld und krimineller Energie der demokratische Rechtsstaat ausgehöhlt. Der Rechtsstaat müsste sich dagegen zur Wehr setzen.“

„Das ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft; ich gehe von einer Verabredung zu einer Straftat aus, die sich zum Ziel gesetzt hat, einen Betriebsrat zu verhindern und durch ein aufwendig installierten Pseudo-Gremium die betriebsratsfreie Zone dauerhaft abzusichern.“

„Notorische Union Buster wie Tobias Pusch orientieren sich offenbar an den USA; für sie ist das deutsche Betriebsverfassungsgesetz offensichtlich ein Betriebsunfall der Novemberrevolution oder ein Relikt des Kalten Krieges, das sie beseitigen möchten. Bis die Zeit dafür reif ist, wird das BetrVG ausgehöhlt, ignoriert und umschifft.“

„Hier sind Staatsanwaltschaften und Gesetzgeber gefragt, dem Rechtsstaat zur Geltung zu verhelfen und Lücken zu schließen.“


Für Rückfragen und Hintergrundgespräche: Elmar Wigand, Pressesprecher, 0176.588 656 23, presse@arbeitsunrecht.de

WER SIND WIR?

Die „Aktion gegen Arbeitsunrecht e.V. – Initiative für Demokratie in Wirtschaft & Betrieb“ ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für Arbeitsrechte als Menschenrechte einsetzt.

Wir unterstützen Betriebsräte, Gewerkschafter/innen und Beschäftigte und beleuchten die Schattenseiten der deutschen Wirtschaft.

Wir dokumentieren und analysieren Union Busting (d.h. die systematische und professionelle Bekämpfung arbeitgeber-unabhängiger Organisierung) und Fertigmacher-Methoden. Wir entwickeln Gegenstrategien und beraten Betroffene.

Zu unseren Mitgliedern gehören Lohnabhängige, Rechtsanwälte, Publizisten, soziale Aktivisten + Bürgerrechtler/innen.

Träger des taz.panter Preis 2017.



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Tagesspiegel & Correctiv: Pusch Wahlig installiert Fake-Betriebsrat beim Hasso-Plattner-Institut

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Betriebsratsgründer*innen werfen entnervt das Handtuch. Betriebsratsverhinderung mit Pusch Wahlig kostet über 200.000 Euro.

Geld fließt in alternatives Vertretungsorgan.

Investigative Recherche deckt Methode Pusch Wahlig auf. Der Berliner Tagsspiegel zitiert den Pressesprecher der Aktion gegen Arbeitsunrecht:

 >>  Aus Sicht des Vereins „Aktion gegen Arbeitsunrecht“, der Mitarbeitende bei Union Busting-Fällen – also Behinderungen von Betriebsratsgründungen – berät, ist der Fall Hasso-Plattner-Institut dagegen ein Beispiel dafür,  wie mit „viel Geld und krimineller Energie der demokratische Rechtsstaat ausgehöhlt“ werde. Das sagt deren Berater Elmar Wigand, der ähnlich wie Anwalt Chatziparaskewas eine steigende Zahl solcher Fälle beobachtet. Ein wichtiger Grund für den Trend zur Pseudo-Vertretung, vermuten beide, sei, dass sich eine Reihe von Anwaltskanzleien in den vergangenen Jahren darauf spezialisiert hätten, Unternehmen bei der Errichtung solcher Gremien zu beraten.
 
Auf die Frage von Correctiv, ob auch die Kanzlei Pusch Wahlig zu diesen darauf spezialisierten Kanzleien gehört, antwortet diese: „Ja. Wir haben bereits eine Vielzahl von Unternehmen und ihre MitarbeiterInnen dabei unterstützt, eine für sie passende Mitarbeitervertretungsform zu finden.“ Dies sei auch nicht verwerflich. Die Kanzlei weist darauf hin, dass der Gesetzgeber bei der Gründung von europäischen Aktiengesellschaften (SE) „gerade keine one-size-fits-all-Lösung für ihre Mitbestimmung vorschreibt“, sondern es den Unternehmen und Mitarbeitenden überlasse, das für sie am besten passende Konzept zu entwickeln.

Initiative der Bundesregierung gegen Betriebsrats-Behinderung

Dieser Trend ist auch der Bundesregierung schon bekannt – und wurde dort offenbar als Problem erkannt. „Das Bundesarbeitsministerium ist der Überzeugung, dass derartige Vertretungen keine taugliche Alternative zu Betriebsräten sind“, schreibt das Ressort von Minister Hubertus Heil (SPD) auf Anfrage. Zwar seien Pseudo-Betriebsräte nicht per se illegal – aber sehr wohl dann, wenn die Gründung eines Betriebsrats behindert wird. <<
 

Quellen:

Anette Dowideit: Ungerechte Arbeit: Hasso-Plattner-Institut verhindert Betriebsrat – und lässt sich das über 200.000 Euro kosten, Correctiv, 1.3.2024, https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2024/03/01/hasso-plattner-institut-verhindert-betriebsrat-und-laesst-sich-das-ueber-200-000-euro-kosten/

Anette Dowideit: Für mehr als 200.000 Euro: Potsdamer Hasso-Plattner-Institut verhindert Betriebsrat, Tagesspiegel, 1.3.2024, https://archive.is/https://www.tagesspiegel.de/wissen/fur-mehr-als-200000-euro-potsdamer-hasso-plattner-institut-verhindert-betriebsrat-11288839.html


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Auf dem Weg in die Streik-Republik? GDL & Bäuer*innen legen Deutschland lahm….

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..und dann auch noch die Klima-Kleber! Wenn drei das Gleiche tun, ist es doch nicht das Selbe.

Anhören, downloaden und für unkommerzielle Zwecke frei weiter verbreiten!
so süß wie maschinenöl… ist eine Kolumne von von Elmar Wigand für arbeitsunrecht FM 02/2024 und die Graswurzelrevolution Nr. 486.  (Grafik: Roy Brick)

Das Streikjahr 2024 begann turbulent:

  • Aufgebrachte Landwirt*innen protestierten gegen „die Regierung“ und blockierten in beeindruckender Zahl Autobahnzubringer und Innenstädte,
  • Lokführer streikten gegen das Bahnmanagement für Arbeitszeitverkürzung von Schichtarbeiter*innen bei vollem Lohnausgleich,
  • Klimakleber*innen reduzierten den CO2-Ausstoß und machten den motorisierten Individualverkehr durch Blockaden des Innenstadtverkehrs unattraktiv.

Bemerkenswert ist, dass hier drei Bewegungen konzertiert vorgingen, um ihre Wirkungskraft zu potenzieren. Genauer gesagt hängten sich Landwirte und Klimakleber an den GDL-Streik.

Doch nicht nur die Öffentlichkeit, auch Gerichte und Vollstreckungsorgane bewerten hier ähnliche Methoden höchst verschieden: den Verkehr zum Stillstand zu bringen. Die einen werden mit Verständnis überschüttet, ja fast verhätschelt, die anderen sollen gerichtlich verboten werden und die dritten in den Knast.

Bauernprotest am 24.1.2024 vor dem Brandenburger Tor, Berlin. (Foto: Elmar Wigand)
Bauernprotest am 24.1.2024 vor dem Brandenburger Tor, Berlin. (Foto: Elmar Wigand)

Tone-deaf: geschmackloses Geiselnahme-Geschwätz

Ein wiederkehrendes Versatzstück in der Anti-Streik-Polemik gegen Lokführer und Piloten war bis zum 7. Oktober 2023 neben „Partikularinteressen“ und „Besitzstandswahrung“ das Motiv der Geiselnahme.

Wenn eine vergleichsweise kleine Berufsgruppe ihren hohen Organisierungsgrad und ihre zentrale Stellung in der Industrie ausspielt, sei das nicht nur „unfair“ und „unverhältnismäßig“ sondern offenbar auch höchstgradig kriminell und skrupellos — so die Logik des Geiselnahme-Narrativs. In einem weitergehenden Schritt sollte der Staat diesen „Terror“ doch bitte — wahlweise über Gerichte, Gesetze und Polizei — von der Allgemeinheit abwenden.

Nach dem Überfall der Hamas auf israelische Siedlungen, der Ermordung von über 1.000 Zivilist*innen und der Geiselnahme von 240 Menschen, der nachfolgenden Tötung von fast 30.000 Palestinenser*innen durch die israelische Armee, dürfte das Wortbild der „Geiselnahme“ für die Ausübung des Grundrechts auf Arbeitsniederlegung mindestens als geschmacklos gelten. Nicht alle haben den Schuss gehört.

Der Hamburger Wirtschaftsprofessor Dirk Meyer durfte noch im Januar 2024 in Springers Welt den GDL-Streik so kommentieren:

„Es ist eine Geiselhaft im übertragenen Sinne: Im Tarifkonflikt unbeteiligte Dritte, die Bahnreisenden, werden als Geisel eingesetzt, um den gewerkschaftlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen.“1

Maximilian Both verurteilte solche Wortwahl in Berliner Zeitung angesichts der Weltlage als „tone-deaf“ — Menschen ohne musikalisches Gehör, die weder die richtigen Noten heraushören noch treffen können.2

Dass das Management der Deutschen Bahn AG auch diesmal versuchen würde, Streiks vor Gericht verbieten zu lassen, war so sicher wie das Amen in der Kirche. Dass das Bahnmanagement allerdings mit dem verwegenen Plan aufkreuzen würde, nicht nur den aktuellen GDL-Streik zu verbieten, sondern gleich die gesamte Gewerkschaft, zeugt von tiefsitzendem Aggressionspotential. Die GDL hätte ihr Streikrecht verwirkt, da sie neuerdings auch als Arbeitgeberin auftrete und somit nicht „gegnerfrei“ sei. Die GDL wäre somit keine Gewerkschaft mehr.

Aus der GDL heraus und auf Intitiative von führenden GDL-Gewerkschaftern hat sich im Juni 2023 eine Genossenschaft gegründet. Die Fair train e.G will der Deutschen Bahn AG Lokführer entziehen, um sie zu besseren Konditionen und guten GDL-Tarifen zu verleihen.3

GDL-Chef Claus Weselsky fand damals starke Worte zur DB als einer Arbeitgeberin, die Lokführern durch Tricksereien mit dem Tarifeinheitsgesetz einen GDL-Tarif verweigert: „Wir wollen diesen Sumpf austrocknen.“4

Grundlage der geplanten GDL-Zerschlagung ist ein Gutachten des Kölner Juristen Prof. Clemens Höpfner. Der Ziehsohn des Arbeitgeber-Juristen Bernd Rüthers baut damit seine Nebentätigkeit als Gefälligkeitsgutachter aus. Im Januar 2018 wollte Höpfner bereits einen Streik der IG Metall – ebenfalls für Arbeitszeitverkürzung – als illegal erkannt haben.5 Gesamtmetall-Sprecher Oliver Zander verstieg sich auf Grundlage des Höpfner-Gutachtens zu der Behauptung das Streikziel der IG Metall sei „ungerecht, diskriminierend und rechtswidrig“.6 Was für ein Bullshit!

Das Arbeitsgericht Frankfurt ließ einen Eilantrags gegen den GDL-Streik auf Grundlage von Höpfners Fatwa nicht gelten, was nicht heißt, dass es der GDL im Hauptverfahren nicht doch an den Kragen geht.

In der FAZ ermutigt Heike Göbel den deutschen Staat zu autoritärem Durchgreifen, auch weil die Bevölkerung sich langsam an Streikaktionen zu gewöhnen beginne. Das darf nicht sein:

„Wird die Deutsche Bahn bestreikt, schicken sich die Kunden mit zunehmendem Fatalismus in ihr Schicksal. Um das zu ändern, müssen Arbeitsrichter und Ampel aufhören, sich wegzuducken.“

Anders bei Bauern…

Das Oberverwaltungsgericht Berlin genehmigte die Blockade von Autobahnen durch Trecker. Obwohl hier bei genauerer Betrachtung Aktionsform und Aktionsziel wesentlich weiter auseinander liegen als bei Lokführern und Klimaklebern. Partikularinteressen, Geiselnahme, Unverhältnismäßigkeit? Wenn es um die Bauern geht hören wir fast nichts davon.

Aber:

    • Was können die Autofahrer*innen dafür? Tragen sie nicht als Steuerzahler*innen am Ende die Milliarden-Subventionen der Landwirtschaft?
    • Warum blockiert die Trecker-Armee nicht die Zentral-Lager der Preisdrücker Lidl und Aldi und die Zufahrten von Tönnies und Wiesenhof?
    • Wo soll die Fixierung der bisherigen Aktionen auf „die ReGIERung“ und „die Grünen“ hin führen?

Und die Klima-Kleber*innen?

Immerhin kürte eine Jury der Uni Marburg „Klimaterroristen“ zum Unwort des Jahres 2022. Davon unbeeindruckt stufte Münchner Landgericht die „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung ein,7 die Berliner Innensenatorin will fünf Tage richterlich angeordnete Vorbeugehaft durchsetzen.8

Es geht voran mit der Streikkultur

Trotz aller Unterschiede bleibt: Das Arbeitskampf-Entwicklungsland Deutschland hat einen erstaunlichen Schritt nach vorn gemacht – hin zu einer international konkurrenzfähigen Streik- und Straßenprotestkultur.

Dass sich in die Bauernproteste verstärkt Rechte und Rechtsextreme gemischt haben, die von Maidan, Marsch auf Rom, Sturm des Capitols geträumt haben, müssen wir unbedingt als Herausforderung annehmen. Diese Kräfte gilt es zu isolieren und vom Acker zu jagen.

PS:
Am 15. Januar 2024 — nach Abgabe dieses Textes — straften rebellische Bäuerinnen den Autoren Lügen. Sie blockierten in den Landkreisen Lüneburg und Harburg Lager von Aldi und Amazon.9 Weiter so!


Elmar Wigand ist Pressesprecher der aktion ./. arbeitsunrecht. Der Verein unterstützt aktive Betriebsräte, konfliktbereite Gewerkschafter*innen und solche, die es werden wollen. Mehr infos: https://arbeitsunrecht.de/ueber-uns/


Quellen / Anmerkungen

1 Dirk Meyer: Notfalls zu Streikmilderungen zwingen, Die Welt, 10.1.2024, S.7, https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus249407042/Deutsche-Bahn-Darf-die-GDL-eigentlich-staendig-streiken.html

2 Maximilian Both: Der Streik der Lokführer ist richtig, Berliner Zeitung, 16.11.2023, https://www.gdl.de/aktuelles/news/der-bahnstreik-der-gdl-ist-richtig-warum-die-forderungen-der-lokfuehrer-berechtigt-sind/

3 Mehr dazu: Elmar Wigand interviewt Claus Weselsky (GDL). Drohen Bahn-Streiks? Was will die GDL? Hat die Fair train eG eine Chance?, arbeitsunrecht FM #18/23, 1.11.2023, https://www.freie-radios.net/124976

4 René Höltschi, Michael Rasch: Auf dem Rücken der Kunden: Der Machtkampf der deutschen Bahngewerkschaften eskaliert, NZZ, 12.6.2023, https://www.nzz.ch/wirtschaft/deutsche-bahn-konkurrenzkampf-der-gewerkschaften-evg-und-gdl-eskaliert-ld.1741229

5 Streik derzeit unzulässig, FR, 5.1.2019

6 Erste Warnstreiks und Streit um Arbeitszeit, Rheinische Post, 4.1.2018, https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/ig-metall-aufruf-zu-warnstreiks-2018_aid-17644509

8 Künftig fünf Tage Vorbeuge-Haft für Klima-Kleber. B.Z., 16.5.2023, https://www.bz-berlin.de/berlin/kuenftig-fuenf-tage-vorbeuge-haft-fur-klima-kleber


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