Corona-News KW16: Kranke Pfleger*innen | Abfindungs-Betrug bei Karstadt-Kaufhof? | Amazon

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Beschäftigte der CFM (Charité Facility Management) bei der Demo gegen Outsourcing und Unternehmerwillkür anlässlich der Schließung des Wombat’s City Hostels Berlin am 31.08.2019
  • Lüchow-Dannenberg: Leiharbeiter pflegt trotz Corona-Symptomen
  • UKE Hamburg: Reinigungskraft infiziert Kollegen und Patient*innen
  • Berlin: Klinik-Personal stellt Forderungen an Senat
  • Karstadt/Kaufhof: Riesiger Abfindungs-Betrug?
  • Amazon: Gewerkschaft erzwingt Schließung französischer Verteilzentren
  • Einzelhandel: Verband fordert Sonntagsöffnung bis Jahresende

Wie viele Krankenhausbeschäftigte gehen trotz Corona-Infektion zur Arbeit? In Deutschland gibt keine flächendeckenden, systematischen und turnusmäßigen Testungen von Klinik-und Pflegepersonal. Das hat gravierende Folgen: 6.400 Ärzte und Beschäftigte im Krankenhaus- und Pflegebereich sind – Stand 16. April 2020 – mit dem Coronavirus infiziert. Acht verstarben bereits an Covid-19.1

Krankenpfleger in Leiharbeiter geht krank zur Arbeit

In Lüchow-Dannenberg arbeitete ein 34-jähriger Krankenpfleger, der als Leiharbeiter eingesetzt war, in der Capio Elbe-Jeetzel-Klinik trotz Symptomen noch fünf Tage weiter. Ob der Leiharbeiter für den Fall einer Krankmeldung Nachteile fürchtete ist nicht bekannt. Das Gesundheitsamt ordnete für 13 Kolleg*innen, die direkten Kontakt mit ihm hatten Quarantäne an. 2

UKE Hamburg: Reinigungskraft infiziert Patienten und Kolleg*innen

In der Onkologie der Uni Klinik Eppendorf wurden in der vergangenen Woche rund 20 Patienten sowie rund 20 Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen positiv auf Covid-19 getestet. Auslöser der Infektionswelle ist vermutlich eine mit dem Coronavirus infizierte Reinigungskraft , die krank zur Arbeit erschienen ist. Drei Krebspatient*innen lagen am 15.04.2020 in Folge der Infektion noch auf der Intensivstation.3

Die Reinigungskraft arbeitet für die Klinik Service Eppendorf GmbH (KSE). Der Klinik Service ist eine 100%ige Tochter der Uni Klinik. Die 430 Mitarbeiter*innen der KSE sind laut Beschäftigten immerhin unbefristet angestellt.


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Auslagerungen an Tochterfirmen verbieten

Auslagerungen in eigene „Service“-Gesellschaften dient vor allem dem Lohndumping. Sie spalten die ausgelagerte Belegschaft, auch was die Mitbestimmungsrechte angeht, nicht nur vom Rest der Mitarbeiter*innen ab. Auch innerhalb dieser Tochtergesellschaften gibt es in der Regel zwei unterschiedliche Gruppen von Beschäftigten. Auf der einen Seite stehen Beschäftigte mit Vertrag aus der Zeit vor der Auslagerung, der in der Regel wesentlich bessere Konditionen beinhaltet. Ihnen gegenüber stehen Kolleg*innen mit neuen Verträgen, die erst nach der Auslagerung geschlossen wurden. Für die gleiche Arbeit sind allerdings niedrigere Gehälter, weniger Urlaubstage etc. vorsehen.

Spannungen sind programmiert und im Sinne der Erschwerung gemeinschaftlicher Organisierung vermutlich auch gewollt. Denn nach der Auslagerung versuchen Manager*innen in der Regel ältere Kolleg*innen mit alten Verträgen nach und nach aus den Betrieben zu drängen. Da hilft es, den Groll über die Ungerechtigkeit, dass es für gleiche Arbeit ungleichen Lohn gibt, auf die zum Abschuss frei gegebenen Kolleg*innen zu lenken. Solche offensichtlich auf Spaltung und Lohndumping ausgerichteten Unternehmenskonstrukte gehören verboten.

Berlin: Klinik-Beschäftigte stellen Forderungen an Senat

4.528 Beschäftigte der Berliner landeseigenen Berliner Kliniken von Vivantes, der Charité und deren Tochterunternehmen haben eine Petition zur Corona-Krise unterschrieben. Die Petition wurde am 17. April 2020 digital an das Berliner Abgeordnetenhaus übergeben.

Die Beschäftigten fordern die Wiedereingliederung ausgelagerter Bereiche, endlich ausreichend Schutzmaterialien, bessere Aussstattung und Schulung der Reinigungskräfte, sowie einen höheren Beslastungszuschlag. Der Belastungzuschlag soll außerdem an alle Beschäftigten, also auch in Reinigung, Pflege, Labor, Therapie, Textilversorgung, Handwerk und Medizintechnik gezahlt werden.

Zu den Tochterunternehmen von Vivantes und Charité gehören unter anderem die Reinigung, und die Labore. Genau diese Bereiche stehen durch die Corona-Krise besonders unter Druck. Die Beschäftigten des Charité Facility Management (CFM) kämpfen seit Jahren für ihre Wiedereingliederung.4

Galeria Karstadt-Kaufhof: Riesiger Abfindungs-Betrug?

Richtig finster sieht es für einige Ex-Beschäftigte von Karstadt-Kaufhof aus, deren Abfindungen die Geschäftsleitung vor Beantragung des Schutzschirmverfahrens am 01.04.2020 noch nicht ausgezahlt hatte. Nach dem Arbeitsplatz könnten sie auch noch ihre Abfindung verlieren. Karstadt-Kaufhof gehören zur Signa Holding GmbH des milliardenschweren Österreichers René Benko.

Ein Schutzschirmverfahren ist eigentlich darauf ausgelegt, eine Unternehmung vor einer Insolvenz zu schützen. Gläubiger haben im Fall Karstadt-Kaufhof jetzt für drei Monate keinen Zugriff auf Gelder.

Bezüglich noch nicht ausgezahlter, aber rechtskräftig vor dem 31.03.2020 ausgehandelter Abfindungen argumentiert das Management nun jedoch, als sei bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die Abfindungssummen würde nun unter die Tabellenregelung fallen und entsprechend runtergebrochen. So würden bei einer Beschäftigten nach 21 Jahren Betriebszugehörigkeit aus 27.000,- Euro Abfindungsanpruch mickrige 800,-.6

Strafanzeige gegen Signa?

Das Unternehmen Signa Holding GmbH prellt mit diesem Schachzug auch ehemalige Beschäftigte mit Schwerbehinderung und langjährige Beschäftigte, die mit bis zu 37 Jahren Betriebszugehörigkeit entsprechend hohe Ansprüche erworben haben. Einige Betroffene erwägen Strafanzeige zu stellen. Sie sehen eine Irreführung von Gläubigern, Öffentlichkeit und Justiz.

René Benkos Signa erwies sich schon der Corona-Krise als denkbar schlechter Chef. Die 28.000 Mitarbeiter wurden unter dem gelten Flächentarifvertrag abgespeist. Kaufhof-Mitarbeitern kürzte er das Weihnachtsgeld. Entschlossene Gegenwehr seitens der Belegschaft, des Betriebsrat und Verdi blieben aus. Der Betriebsratsvorsitzende Jürgen Ettl hatte in vorauseilendem Gehorsam im März 2020 gar Kanzlerin Merkel, mehrere Minister sowie Fraktionen angeschrieben, und zur Entlastung seines Patrons um öffentliche Gelder gebeten.12

Das Unternehmenskonstrukt von Multimilliardär René Benko

Gelder aus denen die Abfindungen gezahlt werden könnten sind reichlich vorhanden. Karstadt und Kaufhof waren 2019 unter dem Dach der Signa-Holding fusioniert. Die Signa Holding gehört dem österreichischen Multimilliardär René Benko. Sie ist Österreichs größtes privates Immobilienunternehmen.

Hinter der Signa Holding verbirgt sich ein undurchsichtiges Netzwerk mit deutlichen Verbindungen nach Luxemburg. und Liechtenstein. In Luxemburg sitzt unter anderem eine Gesellschaft namens Ingbe Beteiligung S.a.r.l., die der Ingbe Stiftung in Liechtenstein gehört. Diese wird der Familie Benko zugerechnet und von einem Signa-Sprecher als „Family Office“ bezeichnet. Dazu sollen komplizierte Treuhandkonstruktionen an der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Mutter Signa Retail GmbH kommen.7

Am 17. April 2020 hat Karstadt/Kaufhof im Eilverfahren gegen die Coronaschutzverordnung in NRW geklagt. Man sehe ein Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung, weil Möbelgeschäfte ab 20.04.2020 öffnen dürften, Warenhäuser jedoch nicht. 8

Amazon: Gewerkschaft erzwingt Aussetzung des Handels in Frankreich

Das Vermögen des Amazon-Gründer Jeff Bezos stieg seit Jahresbeginn um 138 Milliarden Dollar. Die Geschäfte liefen gerade wegen der Corona-Krise so gut, dass der Konzern in den USA 100.000 Mitarbeiter neu eingestellte – und 75.000 weitere Stellen ausschrieb. 9

Andere Nachrichten bezüglich Amazon gibt es dagegen aus Frankreich: dort konnten Beschäftigte so viel Druck machen, dass der Handel vorübergehend ruht.

Der Online-Händler erfüllt seine Verpflichtungen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Angestellten nicht. Das entschied ein Gericht im Pariser Vorort Nanterre am 15. April 2020 aufgrund der Klage der Gewerkschaftsgruppe Union Syndicale Solidaires. Bereits seit Mitte März demonstrieren Amazon-Mitarbeiter an den französischen Standorten.

Das Gericht verpflichtete Amazon in allen Lagern eine Risikobewertung durchführen und erforderliche Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen treffen.

Das Gericht verbot Amazon unter Androhung einer Strafe von 1 Million pro Tag der Zuwiderhandlung außerdem für den nächsten Monat den Handel mit allen nicht notwendigen Waren. 10 Amazon reagierte mit der Schließung der sechs französischen Verteilzentren und stellt bis mindestens 20.04.2020 den Handel in Frankreich ein.11

Einzelhandelsverband drängt auf Sonntagsöffnung

Der Deutsche Einzelhandelsverband schlägt als Ausgleich für die Verluste während der Krise vor, Geschäfte bis Ende 2020 ohne Auflagen und Beschränkungen an allen Sonntagen zu öffnen. 5


Fußnoten / Quellen

1 Tagesschau 16.04.2020 https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/corona-aerzte-pflegekraefte-101.html

2 Braunschweiger Zeitung 13.04.2020 https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/article228900675/Krankenpfleger-verschweigt-Corona-Symptome-und-arbeitet-weiter.html

3 NDR 15.04.2020 https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Corona-Faelle-am-UKE-Wurden-Regeln-nicht-eingehalten,uke592.html

4 neues deutschland 16.04.2020 https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135565.tarifkonflikt-im-gesundheitswesen-einfach-nach-tarif-bezahlen.html

5 Lebensmittelpraxis 14.04.2020 https://lebensmittelpraxis.de/handel-aktuell/27034-einzelhandelsverband-voellige-freigabe-der-sonntagsoeffnung-2020-04-14-08-37-28.html

6 SZ 10.04.2020 https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/abfindungen-haende-leer-schnauze-voll-1.4873829

7 addendum 03.04.2020 https://www.addendum.org/benko/benkos-schattenreich/

8 Merkur 17.04.2020 https://www.merkur.de/welt/coronavirus-nrw-infizierte-zahlen-traenen-aktion-laschet-beschraenkungen-klage-kaufhauskette-zr-13655812.html

9 Tagesschau 15.04.2020 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/amazon-bezos-101.html

10 Bild 15.04.2020 https://www.bild.de/geld/wirtschaft/wirtschaft/amazon-aktie-und-jeff-bezos-rekordgewinne-trotz-corona-kritik-70048156.bild.html

11 Golem 16.04.2020 https://www.golem.de/news/coronavirus-amazon-setzt-betrieb-in-frankreich-aus-2004-147907.html

12 Arbeitsunrecht 04.04.2020 https://arbeitsunrecht.de/corona-news-kw14-systemrelevant-ausgebeutet-unsere-heldinnen-ohne-schutz/#anker02


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