Frontberichte 05/2020: Gebr. Heinemann, Stadtbus Bad Kreuznach, Google

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Presseschau: Betriebsratsbehinderung und Union Busting in Deutschland

Keine Corona-Schutzmaßnahmen für Angestellte? Creative Commons Zero -CC0 – Pixabay.de – Kollage: arbeitsunrecht.de
  • Gebr. Heinemann / Berlin: Angestellte setzen Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen durch
  • Stadtbus / Bad Kreuznach: Streikbrecher fährt streikenden Busfahrer um
  • Google / Europa: Gründung eines europäischen Betriebsrates ein Erfolg?

Gebr. Heinemann: Angestellte setzen Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen durch

Der europäische Marktführer für Duty-free Shops Gebr. Heinemann SE & Co. KG hat seinen Mitarbeitern besondere Arbeitsschutzmaßnahmen, wie das Tragen von Gesichtsmasken und Handschuhen, zum Schutz vor einer Corona-Infektion verboten. Vor dem Arbeitsgericht musste das Familienunternehmen dann eine Schlappe einstecken.

Das von Claus Heinemann, Gunnar Heinemann und Max Heinemann in vierter bzw. fünfter Generation patriarchal geführte Familienunternehmen scheint keinen besonderen Wert auf den Schutz seiner Angestellten zu legen. 

Bereits seit Ende Januar verlangten Mitarbeiter des Unternehmens während der Arbeitszeit auf den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld Gesichtsmasken und Handschuhe tragen zu dürfen. Auch der Betriebsrat setzte sich dafür ein und versuchte über Wochen eine entsprechende Vereinbarung zu erreichen. Doch Vertreter des Unternehmens sollen dagegen gestellt, das Tragen verboten und gedroht haben Mitarbeiter nach Hause zu schicken, wenn sie entsprechende Schutzkleidung während der Arbeit tragen.


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Der örtliche Betriebsrat der die rund 250 Mitarbeiter an den beiden Berliner Flughäfen vertritt beantragte daraufhin mit seinem Anwalt Andreas Dittmann eine einstweilige Verfügung beim Berliner Arbeitsgericht, wegen der nicht Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte. 

Beim Prozesstermin am 04. März 2020 unter der Leitung von Richter Frank Schmitt (Az: 55 BVGa 2341/20) erschien jedoch überhaupt kein Vertreter des Unternehmens. Vielmehr schickte dieses lediglich eine Stellungnahme an das Gericht.

In der Stellungnahme leugnet das Unternehmen, dass es überhaupt ein Verbot der Schutzkleidung gegeben habe. Vielmehr sei etwa das Tragen von Handschuhen „ausdrücklich genehmigt“. Mit diesem Einlenken hatte sich dann auch das Gerichtsverfahren für den Betriebsrat erledigt. Es scheint jedoch klar zu sein, dass ohne den Gang vor Gericht, die Mitarbeiter weiter ohne Schutzkleidung hätten arbeiten müssen.

Gebr. Heinemann SE & Co. KG betreibt weltweit rund 340 Flughafenshops bzw. Shops an Grenzübergängen und an Bord von Kreuzfahrtschiffen, sowie mehrere Logistikzentren. Rund 8.000 Mitarbeiter beschäftigt das Familienunternehmen. 2018 erwirtschaftete das Unternehmen damit einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro.

Quellen:

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Stadtbus Bad Kreuznach: Streikbrecher fährt streikenden Busfahrer um

Seit dem Herbst 2019 setzt sich die Gewerkschaft Verdi für einen neuen Tarifvertrag für die privaten Busunternehmen in Rheinland-Pfalz ein. Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Stundenlöhne, sowie der Nacht und Wochenendzuschläge und die Einführung eines 13. Monatsgehalts. Die Gewerkschaft will damit an das Niveau des bereits in Hessen geltenden Tarifabschluss anknüpfen.

Nach zwei Warnstreiks, rief Verdi für den 6. März 2020 zum dritten Mal die privaten BusfahrerInnen zum Warnstreik auf. In Bad Kreuznach folgten gut 50 Busfahrer dem Streikaufruf und legten damit das Angebot der örtlichen Stadtbus Bad Kreuznach GmbH lahm. Um den Einsatz von anderen Busfahrern als Streikbrecher zu verhindern blockierten die Busfahrer die Ausfahrten des Firmengeländes der als Subunternehmer tätigen Firma Scherer Reisen Omnibus Gesellschaft mbH in Bad Kreuznach. 

Hier kam es dann zu unglaublichen Szenen. Ein 70-jähriger Mitarbeiter der Firma Scherer raste mit einem Kleinbus in die Blockade der Busfahrer, beleidigte diese und traf einen der Busfahrer mit dem Bus an der Schulter. „Unser Mann kam mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme der Klinik, der Unfallverursacher hat erst einmal Fahrerflucht begangen und wurde von der Polizei gesucht“, berichtete der Stadtbus GmbH-Betriebsratsvorsitzender Thomas R. der Allgemeinen Zeitung.

Kurze Zeit später stoppte die Polizei den Mann, nahm diesem seinen Führerschein ab und leitete ein Strafverfahren gegen den Fahrer ein. Mittlerweile liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach. 

Scherer Reisen-Chef Frank Scherer zeigte schon am Tag vor dem Streik eindeutig, was er von dem Ansinnen der Gewerkschaft hält. Laut einem Artikel der Allgemeinen Zeitung soll dieser den Verdi Gewerkschaftssekretär Marco Bärschneider gedroht haben, er solle besser „eine kugelsicherere Weste anziehen“ bevor er das Betriebsgelände betrete.

Wie sehr ein Chef, der solche Aussagen tätigt wohl auf seine Angestellten einwirkt, damit sie um jeden Preis als Streikbrecher agieren, kann sich jeder selber ausmalen. Unter wie viel Druck mag der amokfahrende Streikbrecher gestanden haben?

Quellen:

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Google: Gründung eines europäischen Betriebsrates ein Erfolg?

Der Internet und Datenkonzern Google hat weder Datenschutz noch Arbeiterrechte groß auf seiner Agenda stehen. Nun scheinen sich die Mitarbeiter des Konzerns jedoch durchgesetzt zu haben und werden bei Google für seine Niederlassungen in Europa einen europäischen Betriebsrat gründen. 

Anfang März hatten 153 Beschäftigte aus elf verschiedenen Niederlassungen von Google in Europa das Management des Technologiekonzerns in einem Brief mit der Forderung nach einem europaweiten Gesamtbetriebsrat konfrontiert. Eine EU-Richtlinie sieht seit 2009 vor, dass ein Unternehmen die Gründung eines europäischen Betriebsrats einleiten muss, wenn 100 oder mehr Mitarbeiter dies schriftlich vom Management fordern.

Die Gründung eines europäischen Betriebsrates nun allerdings als großen Erfolg der Belegschaft zu verkaufen übersieht bzw. verschweigt die eingeschränkten gesetzlichen Rechte eines solchen Gremiums. Im Gegensatz zu den Rechten eines Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht der europäische Betriebsrat grundsätzlich keine Mitbestimmungsrechte vor. Er hat lediglich das Recht Informationen zu bekommen und angehört zu werden. 

Dem Google-Betriebsrat sollen voraussichtlich gewählte Vertreter der Beschäftigten aus über 35 Google-Niederlassungen in Europa angehören. Diese sollen sich dann mehrmals im Jahr in der Google-Zentrale in Dublin treffen.

Das es bei Google eine starke Gewerkschaftsfeindlichkeit gibt, zeigt ein Fall aus dem Züricher Firmensitz. Hier hatte die Google-Leitung im vergangenen Herbst noch versucht, ein gewerkschaftliches Informationstreffen zu verhindern. Zur Begründung hieß es, solche „Veranstaltungen könnten nur von ihnen selbst durchgeführt werden“, wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) am 22. Oktober berichtete. Die Beschäftigten reagierten darauf sehr verärgert und hielten das Treffen mit der Gewerkschaft Syndicom dennoch ab.

Google ist eines der größten Unternehmen weltweit. Der Konzern beschäftigt mehr als 102.000 Menschen fest, hinzu kommen nochmals mehr als 121.000 Zeit- und Werkvertragsarbeiter. Google gehört zum Unternehmen Alphabet, welches im Jahr 2019 einen Gewinn von 43,3 Milliarden Dollar einfuhr.

Quellen:

 


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