DRK Ludwigsburg: Betriebsrat verteidigt sich gegen Sanierer

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„Menschen helfen, Gesellschaft gestalten“ – so das offizielle Motto des Deutschen Roten Kreuz (DRK). Beschäftigte und DRK-Betriebsrat in Ludwigsburg müssen sich gegen Union Busting und Angriffe auf die Meinungsfreiheit verteidigen. (Foto: Creative Commons Zero -CC0 – Pixabay.de)

Skrupelloser Union Buster als Geschäftsführer. Manfred Hormann hinterlässt verbrannte Erde. Dem DRK laufen die Mitarbeiter weg

Gewinne statt Arbeitsrechte

Der Ludwigsburger Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) schrieb lange rote Zahlen. Im Juni 2013 sprach der damalige Kreisgeschäftsführer Karlheinz Spitznagel von einem Verlust von mehr als sechs Millionen Euro Eigenkapital – auch durch die Misswirtschaft seiner Amtsvorgänger. Im Jahr 2015 kam Manfred Hormann als neuer Geschäftsführer des DRK Kreisverband Ludwigsburg e.V.. Er blickte laut Stuttgarter Zeitung „auf eine lange Managerkarriere in der Industrie und im Gesundheitswesen zurück“.

Beim DRK spielte er die Rolle des „knallharten Sanierers“: Kosten einsparen und Gewinne einfahren. Meist trifft es nach solchen Ansagen nicht den Speckgürtel des mittleren und gehobenen Managements und die Bullshit-Jobs in ihrem Umfeld. Manfred Hormann ging offenbar skrupellos gegen den Betriebsrat und unliebsame Beschäftigte vor.

Tatsächlich schreibt der Kreisverband unter Hormanns Führung seit 2017 laut offiziellen Verlautbarungen wieder schwarze Zahlen. Die Kehrtwende ging offenbar mit einer Brutalisierung der Arbeitsbeziehungen einher: Mitarbeiter kritisieren einen scharfen Umgangston, es gäbe keinen Raum für Kritik, stattdessen Kündigungen missliebiger Mitarbeiter und einen regelrechten Krieg gegen den Betriebsrat.

Kommunikation über Anwälte und Gerichte

Mindestens zehn Mal trafen sich der Geschäftsführer und Vertreter des Betriebsrat, der die Interessen der 200 vom Kreisverband angestellten Beschäftigten vertritt, in den vergangenen Jahren vor Gericht.


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Fast die gesamte Kommunikation zwischen dem Geschäftsführer und dem Betriebsrat läuft nur noch über schriftliche Kommunikation der Anwälte oder direkt im Gerichtssaal des Arbeitsgerichts Ludwigsburg. In den meisten Fällen scheiterte die Geschäftsleitung jedoch vor Gericht mit dem Versuch, auf juristischem Weg ihre Ziele durchzusetzen.

In den vergangenen Monaten und Jahren eskaliert der Konflikt zwischen Geschäftsführer Hormann und dem Betriebsrat immer weiter. So soll Manfred Hormann sich unter anderem geweigert haben zu den im Betriebsverfassungsgesetz vorgeschriebenen monatlichen Gesprächen mit dem Betriebsrat zu erscheinen (Monatsgespräche, § 74 Abs. 1 BetrVG). Hormann begründete diesen Verstoß gegen das BetrVG im Dezember 2018 öffentlich ganz ungeniert:

„Ich schicke zu den Gesprächen einen kompetenten Stellvertreter, dazu ist mir die Zeit zu schade.“

Bei einer Betriebsversammlung im Jahr 2018 soll Manfred Hormann den DRK-Beschäftigten vorgerechnet haben, wie viel Geld die Arbeit des Betriebsrats das DRK jedes Jahr kostet. Ein recht durchsichtiger Manipulationsversuch. Daraufhin soll der Betriebsrat erklärt haben, dass eine Kommunikation mit der Geschäftsleitung vorerst nicht mehr stattfinden könne. 

Der DRK-Rechtsanwalt Achim Lacher wiederum schrieb in einem Brief von einer angeblichen „Fundamentalopposition des Betriebsrates“. Laut eigener Website verdient Union Buster Achim Lacher beim Anbieter WAF auch mit der Schulung von Betriebsräten Geld, was WAF auf telefonische Anfrage am 18.06.19 auch bestätigte. WAF ist einer der Marktführer der Betriebsrats-Beratungsindustrie.

Kündigung eines Betriebsratskandidaten

In der Ludwigsburger Kreiszeitung ließ der Ludwigsburger DRK-Geschäftsführer verlautbaren, dass der „Verband kein Ponyhof“ sei. Er hätte halt „einigen Mitarbeitern mal auf die Füße treten“ müssen.

So ging Hormann dann auch mit aller Härte gegen den Verbands-Pressesprecher und Betriebsratskandidaten Arnim B. vor. 41 Jahre macht Armin B. Dienst beim DRK, davon 15 Jahre als Pressesprecher, als Hormann ihn im Frühjahr 2018 fristlos kündigte. Als Kündigungsgrund musste einer seiner Artikel in der ersten Ausgabe 2018 der Verbandszeitung „Rotkreuzbericht“ herhalten. 

Der Satz, der als Grund für die Kündigung herhalten musste soll laut Stuttgarter Zeitung wie folgt gelautet haben: „Die Kommunikation zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung lässt zu wünschen übrig“. Arnim B. ist über die Vorgänge überrascht und schockiert: „Ich habe nur geschrieben, was allgemein schon bekannt war“, so der Pressesprecher. Der Rotkreuzbericht 1/2018 ist für die Öffentlichkeit nicht mehr einsehbar, da der Verband ihn von der Homepage des DRK Ludwigsburg gelöscht hat.

WAF-Referent gegen Meinungsfreiheit

Vollkommen anders sieht dies naturgemäß der Anwalt Hausanwalt des DRK, Achim Lacher: Er hat Vereinsinterna nach außen getragen und den Verein in ein schlechtes Licht gerückt“. Dadurch sei das Vertrauen zerstört. Ein Pressesprecher habe die Aufgabe, die Meinung seines Unternehmens zu verbreiten. Dieser bodenlosen Behauptung folgte das Arbeitsgericht Ludwigsburg freilich nicht.

Meinungsfreiheit gilt auch für Pressesprecher

Armin B. wollte diese ungerechtfertigte Kündigung nicht auf sich sitzen lassen und ging gegen die Kündigung gerichtlich vor. Auch das Arbeitsgericht Ludwigsburg folgte im Oktober 2018 seiner Ansicht und bestätigte nicht nur die Rechtswidrigkeit der Kündigung, sondern erinnerte auch daran, dass selbstverständlich auch in der Arbeitswelt die Meinungsfreiheit gelte.

Der Vorsitzende Richter Falk Meinhardt fand deutliche Worte in Richtung DRK: „Man muss nicht gleich mit dem Holzhammer vorgehen, der Instrumentenkasten kennt auch andere Werkzeuge.“ Statt der Kündigung sei selbst bei einem Fehlverhalten von Armin B. lediglich eine Abmahnung gerechtfertigt gewesen. Zudem dürfe auch ein Pressesprecher die Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen, dies gelte auch für Firmen- und Mitgliederzeitschriften. Lediglich Schmähkritik oder Beleidigungen seien verboten, das sei aber hier eindeutig nicht der Fall. 

DRK zieht vor LAG

Abgeschlossen ist dieser Fall jedoch noch lange nicht. Einen vom Richter vorgeschlagenen Vergleich lehnte Manfred Hormann im Namen des DRK grundsätzlich ab, obwohl ihm selbst der eigene DRK-Anwalt geraten haben soll, dieses anzunehmen. Mittlerweile hat der klagewütige DRK-Mann eine 40 Seiten lange Klageschrift auf Berufung beim Landesarbeitsgericht eingereicht.

Bei diesem Prozess wird ihn anstelle des DRK-Justiziars Achim Lacher Patrick Hardtke von der Stuttgarter Kanzlei Werwigk & Partner vertreten. Für den 24. September 2019 ist die Verhandlung in der zweiten Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Stuttgart angesetzt.

Kündigung wegen Einschaltung des Betriebsrates?

Doch das war nicht der einzige Fall in dem Manfred Hormann scheinbar gezielt gegen den Betriebsrat und die Rechte der Mitarbeiter vorging. 

Nach einem Streit zwischen zwei Rettungsdienst-Mitarbeitern am 13. August 2018 soll es zu einer Anhörung einer der Mitarbeiter durch Manfred Hormann gekommen sein, der den Mitarbeiter nach einem sechsminütigen Gespräch fristlos entlassen habe. Der Mitarbeiter erklärte vor Gericht den wahren Grund seiner Kündigung so:

Herr Hormann hat mir gesagt: „Sie haben einen Fehler gemacht. Sie haben den Betriebsrat eingeschaltet.“

Eine Darstellung, die noch nicht mal DRK-Anwalt Achim Lacher vor Gericht bestritt. Auch diese Kündigung hat das Arbeitsgericht Ludwigsburg für unwirksam erklärt.

Dass es immer wieder zu Arbeitsgerichtsprozessen komme, liegt laut DRK-Anwalt an der Sanierungsarbeit, für die der Kreisverband Hormann angestellt hat. „Man macht sich keine Freunde, wenn Geld gespart wird“, so der DRK-Anwalt Lacher.

Mitarbeiter fliehen zur Konkurrenz

Die Arbeitsbedingungen und der Druck auf die Mitarbeiter müssen unterdessen beim DRK Ludwigsburg so hart sein, dass eine ganze Reihe von Mitarbeitern in der Zwischenzeit gekündigt und das Unternehmen verlassen haben. Ein Teil der Mitarbeiter soll etwa zur Konkurrenz gegangen sein. Die Stuttgarter Nachrichten berichten mittlerweile von einem massiven Fachkräftemangel des DRK, der es kaum möglich macht, die medizinischen Aufträge noch zu erfüllen. Wichtige Aufträge habe der DRK Ludwigsburg deshalb bereits an die Konkurrenz verloren. 

Aufatmen: Geschäftsführer muss gehen

Offiziell hat Manfred Hormann freiwillig seine Kündigung zum 30. Juni 2019 eingereicht. „Die Gesamtgemengelage ist so, dass ich keine Perspektive mehr gesehen habe“, erklärt er auf Anfrage den Grund seiner Kündigung. 

Doch im DRK intern heißt es, ein Gespräch des Vorstands mit den Mitarbeitern am 5. April habe den Ausschlag gegeben. Dort sollen zahlreiche Beschwerden über Manfred Hormann an den DRK-Kreisvorsitzenden Walter Adler herangetragen worden sein, dies berichteten Teilnehmer des Treffens der Stuttgarter Zeitung.

Offen ist bisher wer Hormann als Geschäftsführer folgt und wie es dann beim DRK Ludwigsburg weiter geht. 

Immer wieder Union Busting beim DRK

Das DRK Ludwigsburg ist kein Einzelfall. Das Deutschen Roten Kreuz ist notorisch bekannt für Union Busting (Was ist das?) und gezielten Verstoß gegen Arbeitsrechte. 

Konkret können wir folgende Fälle benennen:

  • DRK-Rettungsdienst: Betriebsratsbehinderung, juristische Nachstellung und gezielte Zermürbung |  DRK Kreisverband Oberlahn e.V.
  • DRK Flüchtlingsunterkünfte: Behinderung der Betriebsratsarbeit, Lohndumping, Schikanen, Tariflosigkeit |  DRK Soziale Dienste Hannover gGmbH | DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGMbH
  • DRK-Schwesternschaften: systematische Ausbeutung und Diskriminierung von 18.000 DRK-Schwestern als Leiharbeiterinnen | bundesweit
  • BRK (Bayerisches Rotes Kreuz): Kündigung eines Personalratsmitglieds

Wir vermuten, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist. Informationen zu den einzelnen Fällen gibt es hier.

Wir bitten alle Beschäftigten Kontakt mit uns aufzunehmen, die von Lohnraub (z.B. nicht gezahlten Überstunden), Lohndumping, Union Busting, Mobbing beim DRK betroffen sind.


Quellen: 


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