Frontberichte 35. + 36. KW

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 Arbeitsunrecht | Presseschau vom 21.08. – 03.09.2013

Apple-Store/ Augsburg: Betriebsrat gewählt + + Pohl-Boskamp / Hohenlockstedt + + +Legoland/ Günzburg: Betriebsrats-Neuwahlen. NGG-Liste erringt deutliche Mehrheit + + + Krupp-Krankenhaus / Essen: BR-Bashing gescheitert + + + Egypt Air / Frankfurt a.M.: Betriebsrat-Bashing + + +

#01

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Früher war Apple mal eine richtig coole Marke.

Apple-Store/Augsburg: Betriebsrat gewählt

Mit einer 90%igen Wahlbeteiligung hat die Belegschaft des Apple-Store in der Ausburger City-Galerie laut Portal b4bSchwaben einen Betriebsrat gewählt. Das neue Gremium steht in Kontakt zu ver.di. „Wir gratulieren zur Wahl und wünschen dem Betriebsrat viel Erfolg, Ausdauer und Durchsetzungskraft zur Bewältigung seiner gesetzlichen Aufgaben. Dies ist ja bekanntermaßen in einem amerikanischen Unternehmen durchaus nötig, da die Auffassung zur betrieblichen Mitbestimmung oft weit auseinander liegen“,  erklärte der Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck gegenüber der Presse.

#02


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Pohl-Boskamp: Management erleidet Schlappe

Das Arbeitsgericht hat am 20.08.2013 der Kündigung von zwei Betriebsratsmitgliedern des Pharma-Produzenten Pohl-Boskamp widersprochen (siehe NDR-Bericht). Der für die Kündigung vorgetrage skurrile Vorwurf des Arbeitgebers lautete, die beiden Betriebsräte hätten den Antrag der Geschäftsführung auf Auflösung des Betriebsrates über facebook öffentlich gemacht und dort zur Diskussion gestellt. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung nicht zu, Pohl-Boskamp zog dagegen vor Gericht und erlitt eine erste Schlappe. Wenige Tage später, am 23.08.2013, fand am Arbeitsgericht Elmshorn die erste Verhandlung zum betreffenden Auflösungs-Antrag statt. Allerdings mit neuem, bzw. alten Rechtsbeistand auf Arbeitgeberseite.

Arbeitgeber wechselt skurrilen Rechtsaußen-Anwalt aus

Noch am Dienstag war der bräunlich schillernde RA Corvin Fischer (siehe ausführlicher Bericht auf auf arbeitsunrecht.de am 14.07.2013), Pohl-Boskamp als Vertreter des Unternehmens aufgetreten. Donnerstags darauf trat Anwalt Paul Schreiner (Kanzlei Luther, Essen) auf den Plan, der für Pohl-Boskamp schon in früheren Konfikten Mandate inne hatte. Er bat um Termin-Verlegung, um sich einarbeiten zu können. Richter Marc-Patrick Hormuth schlug ein Mediation vor. Der Betriebsrat war einem solchen Verfahren nicht abgeneigt, der Arbeitgeber hat sich  Bedenkzeit ausgebeten (siehe SHZ vom 29.08.2013). Selben Tags verbreitete die SHZ dann aber eine Erklärung von Marianne Boskamp (SHZ (2) vom 29.08. 2013) in der diese erklärt, dass in der 20jährigen Firmenkultur immer ein aufrichtiges Interesse an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat bestanden habe, der aktuell tätige Betriebsrat jedoch schon seit längerem auf Konfrontationskurs sei und deshalb auch von großen Teilen der Belegschaft nicht mehr unterstützt würde. Sie wolle deshalb bei ihrem Antrag auf Auflösung des Betriebsrats bleiben.

Zwischenresümee: Union Busting Begründung | Anwaltswechsel ohne Effekt

Diese Argumentation – Auflösung des Betriebsrats, Forderung nach Neuwahl – steht völlig außerhalb geltenden Rechts, also des BetrVG. Soetwas ist schlichtweg nicht vorgesehen. Der Vorstoß wird aber von Union Bustern trotz seiner offensichtlichen Aussichtslosigkeit häufig verwendet. Der Grund: Es soll Druck ausgeübt und Konflikte aus dem Betrieb heraus in die Arbeitsgerichte verlagert werden. Ein Erfolg vor Gericht ist sekundär, es geht um maximale Zermürbung und Einschüchterung. Des weiteren ist zu bemerkten, dass der Wechsel von Corvin Fischer zur als seriös geltenden Unternehmer-Kanzlei Luther (RA Paul Schreiner) offenbar keinen nennenswerten Strategiewechsel der Geschäftsleitung zur Folge hatte.

#02

Legoland/Günzburg: Neuwahlen. Gewerkschaft erringt deutliche Mehrheit. Dennoch weiter Streit um Kündigungen

Der Betriebsrat Nikolaus L. wurde im Vergnügungspark Legoland Günzburg (Neu-Ulm) bestätigt. Die Augsburger Allgemeine berichtet, dass aufgrund vieler Rücktritte im Gremium Neuwahlen nötig geworden geworden. Nikolaus L. konnte mit seiner Liste „Gerechtigkeit“, die der NGG nahe steht, 9 von 13 Sitzen gewinnen, obwohl er seit geraumer Zeit im Streit mit der Geschäftsleitung liegt. (Wir gratulieren!) Das Management des Betreibers Merlin hatte dem Betriebsratsvorsitzenden gekündigt,weil er sich angeblich selbst Urlaub genehmigt und sich ungebührlich über die Parkleitung geäußert hätte (Mehr zum Konflikt im Neuen Deutschland vom 22.08.2013).

Für den Regionalgeschätsführer der NGG Tim Lubecki deutet das gute Wahlergebnis darauf, wie viel Rückhalt Nikolaus L. in der Belegschaft genießt. Dass Nikolaus L. auch wieder zum Vorsitzenden gewählt wird, hält er für reine Formsache. Der Arbeitgeber Merlin versucht nichtsdestotrotz weiter die Kündigung von Nikolaus L. zu betreiben. Der nächste Gerichtstermin bezüglich der vorgebrachten Konstrukte findet laut NGG am 15. November um 11.15 Uhr vor dem Landesarbeitsgericht in München statt.

Legoland-Chef Hans Aksel Pedersen machte gegenüber der Augsburger Allgemeine die interssante Aussage, dass er die Entscheidungen der Justiz auch in der zweiten Instanz akzeptieren werde. Was soll das wohl bedeuten? Dass er von illegalen Handlungen in Zukunft absehen will?  Dass auch das Legoland Günzburg zu deutschem Hoheitsgebiet gehört und nicht zum Imperium Darth Vaders?

#03

Krupp-Krankenhaus / Essen: BR-Bashing vor Gericht kassiert

Auch die Geschäftsführung des Alfried-Krupp-Krankenhauses scheiterte mit ihrem Versuch, ein Betriebsratsmitglied los zu werden. Wie die WAZ berichtet, befand das Arbeitsgericht Essen unter Richter Ulrich Pannenbäcker die vorliegenden Gründe weder für eine fristlose Kündigung noch für eine Amtenthebung ausreichend. Krupp-Krankenhaus-Geschäftsführer Horst Jeschke kündigt an, dass er in die nächste Instanz gehen zu wollen.  Gereon Falck, Gewerkschaftssekretär bei Verdi, wertete das Urteil mit den Worten: „Wir haben bereits damit gerechnet, dass der Arbeitgeber mit der Kündigung nicht durchkommt. Der Arbeitgeber sollte besser dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer am Alfried-Krupp-Krankenhaus vernünftige Arbeitsbedingungen haben, statt sein Geld für solche Gerichtsprozesse auszugeben. Betriebsratsmitglied  Brigitte P. sagte gegenüber der Presse: „Wir sind zufrieden mit dem Urteil.“

#04

Egypt Air / Frankfurt a.M.: Betriebsrat-Bashing + Bakschisch-System

Skandalöse Zustände werden auch aus der ca. 30 Personen umfassenden Niederlassung der ägyptischen Airline Egypt Air in Frankfurt am Main berichtet. So sagte der  Frankfurter Arbeitsrechtler Friedrich Paul Reinelt gegenüber der Berliner Zeitung : „In 25 Jahren Berufserfahrung habe ich derart massive Rechtsverletzungen durch einen Arbeitgeber noch nicht erlebt“ Die Rede ist von dem Versuch Arbeitnehmervertreter mundtot zu machen, fristlose Kündigungen mit substanzlosen Argumenten und Verdächtigungen zu konstruieren, Abmahnungen sowie Drohungen.   Also dem ganzen üblichen Programm, das gerne gegen unliebsame, zu engagierte Mitarbeiter ins Feld geführt wird. Allerdings legte Egypt Air offenbar noch einen drauf, wie die Prese berichtet: „Danach soll die Zentrale in Kairo 250.000 Euro für Führungskräfte ausgelobt haben, die es fertig brächten, den Frankfurter Betriebsrat zu liquidieren. Zu diesem Zweck würde das Management in Frankfurt alle paar Monate ausgewechselt.“

Zu den Konfliktpunkte mit Egypt Air gehörte das Ansinnen des Betriebsrats, in Sachen Dienstpläne ein deutliches Wörtchen mitzureden und, laut Berliner Zeitung, das undurchsichtige „Bakschisch-System“ aus Geld- und Sachgeschenken für Beschäftigte durch faire, gleiche und transparente Regelungen abzulösen. Leider wird im gut recherchierten Artikel von Stefan Sauer nicht erwähnt, wer vom Arbeitgeber als Rechtsvertreter berufen wurde und ob ein Wirtschaftsberatungsunternehmen oder andere Union Busting Berater involviert sind.


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1 Kommentar

  1. Eine Viertelmillion Euro gegen den Betriebsrat

    Das Unternehmen verstößt massiv gegen deutsche Gesetze zum Schutz von Arbeitnehmern.

    Die ägyptische Fluggesellschaft Egyptair versucht mit allen Mitteln, die Arbeitnehmervertretung in der deutschen Hauptverwaltung in Frankfurt am Main mundtot zu machen. Fristlose Kündigungen und Drohungen gehören dazu. Mehrere Gerichtsverfahren sind anhängig.

    Gilt deutsches Recht in Deutschland nur für Deutsche? Hat das Betriebsverfassungsgesetz für Ausländer in hier ansässigen Unternehmen keine Bedeutung? Müssen deutsche Staatsbürger, die für ausländische Unternehmen in der Bundesrepublik arbeiten, auf verbriefte Arbeitnehmerrechte verzichten? Aus juristischer Sicht lautet die Antwort dreimal Nein.

    Die ägyptische Fluggesellschaft Egyptair ist offenbar gegenteiliger Ansicht. In ihrer Niederlassung in Frankfurt am Main mit rund 30 Mitarbeitern scheinen andere Gesetze zu gelten. „Wie die Leitung mit den Beschäftigten umspringt, widerspricht der deutschen Rechtslage in einem Ausmaß, das wir so noch nicht gesehen haben“, sagt Gerold Schaub, Verdi-Fachbereichsleiter für Flugverkehr.

    Worum es im einzelnen geht, wurde in dieser Woche deutlich. Am Donnerstag unterlag Egyptair in zwei Verfahren vor dem Frankfurter Arbeitsgericht, weil das Unternehmen Betriebsvereinbarungen und Mitspracherechte des Betriebsrates missachtet hatte.

    Zwei Tage zuvor war ein Mitarbeiter fristlos entlassen worden, der den Betriebstrat stets unterstützt hatte. Dessen Vorsitzenden wiederum hatte es bereits im Juni erwischt. Der Deutsch-Marokkaner Mohamed El Martili hatte von heute auf morgen eine außerordentliche Kündigung erhalten. „Die Begründung war fadenscheinig, und Herr El Martili ist nicht einmal angehört worden, wie es bei einer solchen Verdachtskündigung zwingend vorgeschrieben ist“, sagt der Frankfurter Arbeitsrechtler Friedrich Paul Reinelt, der El Martili und andere bei Egypt Air Beschäftigte vertritt.

    Die Leitung der Niederlassung habe gegenüber Mitarbeitern ganz offen demonstriert, dass deutsche Gesetze für ein ägyptisches Unternehmen ohne Belang sind. „In 25 Jahren Berufserfahrung habe ich derart massive Rechtsverletzungen durch einen Arbeitgeber noch nicht erlebt“, sagt Reinelt. Es gehe der Fluglinie ganz offenbar nur darum, die Belegschaft einzuschüchtern und den Betriebsrat mundtot zu machen.
    250.000 Euro um Betriebsrat aufzulösen

    Verdi-Mann Schaub liegt eine eidesstattliche Versicherung eines Insiders der Fluglinie vor, die Reinelts Eindruck nachdrücklich bestätigen. Danach soll die Zentrale in Kairo 250.000 Euro für Führungskräfte ausgelobt haben, die es fertig brächten, den Frankfurter Betriebsrat zu liquidieren. Zu diesem Zweck würde das Management in Frankfurt alle paar Monate ausgewechselt, berichteten Mitarbeiter der Berliner Zeitung.

    So sei einem ägyptischen Mitarbeiter das Ende seiner Unterstützung für den Betriebsrat mit dem Hinweis nahe gelegt worden, er habe doch gewiss an fortdauerndem Wohlergehen ein Interesse. Reinelt liegt diese Schilderung in Form einer eidesstattlichen Versicherung vor. Der Anwalt sieht die Grenze zum Strafrecht überschritten und erwägt, Strafanzeige zu erstatten. Schließlich gehe es nicht allein um den Schutz von Arbeitnehmerrechten, sondern auch um den Schutz der Arbeitnehmer selbst: „Mein Eindruck ist, dass die vor nichts zurückschrecken.“ Auch Verdi prüft eine Klage. Die Entscheidung, ein Verfahren in die Wege zu leiten, werde Anfang September fallen, sagt Schaub.

    Anwalt Reinelt hat zudem mehrere Arbeitsgerichtsverfahren angestrengt. Alle bisher getroffenen Entscheidungen fielen zugunsten der Arbeitnehmer aus. „Wir werden auch die restlichen Verfahren gewinnen, aber das scheint den Ägyptern egal zu sein. Wir kriegen zwar Recht, aber die schaffen Fakten.“

    Begonnen hatten die Auseinandersetzungen, nachdem die Belegschaft im Herbst 2011 erstmals einen Betriebsrat gewählt hatte. Zum einen wurde klar, dass Arbeitnehmervertreter etwa in Fragen der Arbeitszeit und Dienstpläne, nunmehr mitzureden gedachten. Zum anderen wurde manchen Mitarbeitern, die bisher Privilegien in Form von Sach- und Geldgeschenken genossen hatten, bewusst, dass dieses Bakschisch-System so nicht weiter funktioniert. Die als „Prämien“ bezeichneten Zuwendungen müssten grundsätzlich für alle Mitarbeiter erzielbar sein und nach transparenten Kriterien vergeben werden – oder eben gar nicht mehr, forderte der Betriebsrat.

    Damit hatte das Arbeitnehmergremium nicht nur die Geschäftsleitung gegen sich, sondern auch Teile der Belegschaft, die um ihre Privilegien fürchteten. Ein Drittel der Beschäftigten haben sich laut Reinelt beeinflussen lassen und stehen mutmaßlich auf Seite des Unternehmens.

    Das Management von Egyptair war in dieser Woche für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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