Altenpflegerin nach 17 Jahren wegen angeblichem Diebstahl gekündigt.
Landesarbeitsgreicht Freiburg kassiert eine Urteil des Arbeitsgerichts Radolfzell. Dieses hatte eine fristlose Kündigung durch die Spitalstiftung Konstanz wegen einer offensichtlichen Bagatelle für rechtens erklärt. Wir dokumentieren einen Beitrag der ZEIT vom 30. März 2010:
Gekündigte Mitarbeiterin siegt vor Gericht
Kehrtwende im Maultaschen-Fall: Die Klägerin erhält entweder eine Abfindung und rückwirkend mehrere Monatslöhne oder muss wieder eingestellt werden.
Dieser Kündigungsfall sorgte für Wirbel: In der Berufungsverhandlung im sogenannten „Maultaschen-Fall“ vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) einigten sich die fristlose gekündigte Altenpflegerin und ihr ehemaliger Arbeitgeber auf einen Vergleich. Die 58-Jährige, die wegen sechs angeblich geklauter Maultaschen entlassen worden war, erhält von der Konstanzer Spitalstiftung 25.000 Euro Abfindung sowie zusätzlich rückwirkend mehrere Monatslöhne. Dieser Anteil muss noch berechnet werden, beträgt aber höchstens 17.500 Euro.
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Die Altenpflegerin war fast 17 Jahre lang in dem Seniorenheim beschäftigt. Im April 2009 hatte sie sechs Maultaschen mitgenommen, die ursprünglich für Bewohner des Seniorenheims bestimmt waren, aber ohnehin sonst im Müll gelandet wären. Ihr war fristlos gekündigt worden. Der Fall gehört zu einer Reihe von Kündigungen wegen eines Bagatelldelikts, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wurden.
Es sei „unstrittig“, dass es sich bei der Tat um einen Diebstahl gehandelt habe, sagte der Vorsitzende Richter der Gerichtskammer in Freiburg, Christoph Tillmanns. Dies alleine rechtfertige im konkreten Fall aber keine fristlose Kündigung, denn: „Dem Arbeitgeber ist durch das Fehlverhalten der betroffenen Altenpflegerin kein wirtschaftlicher Schaden entstanden.“
Tillmanns rückte damit vom Richterspruch der ersten Instanz ab. Im Oktober hatte das Arbeitsgericht Radolfzell die Kündigung für rechtens erklärt. Die Altenpflegerin hatte dadurch keine Abfindung erhalten. Sie legte Berufung ein und brachte den Fall vor das Landesarbeitsgericht.
Die Frau habe gegen ein von der Heimleitung 2002 ausgesprochenes Verbot verstoßen, sagte der Richter. „Eine Abmahnung wäre daher angemessen gewesen, nicht aber die fristlose Kündigung.“ Zumal die Mitarbeiterin nicht mit ähnlichen Vergehen in der Vergangenheit aufgefallen sei.
Der von Kommunalpolitikern besetzte Stiftungsausschuss des Pflegeheims muss dem Vergleich noch zustimmen. Nach Angaben eines Sprechers tagt das Gremium am 28. April. Die Stiftungsleitung will dem Ausschuss vorschlagen, dem Vergleich zuzustimmen.
Sollte er dies nicht tun, würde das Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung für rechtswidrig erklären, sagte Tillmanns. Die gekündigte Altenpflegerin müsste dann weiterbeschäftigt werden.