Bundesregierung gibt zu: Ganze 11 Verfahren im Jahr 2017 abgeschlossen
In Worten: elf
Eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen deckte zum Jahresanfang eklatante Mängel bei der Erfassung und Verfolgung von Ausbeutung der Arbeitskraft, Menschenhandel und Zwangsarbeit durch kriminelle Unternehmer*innen in Deutschland auf. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich um staatliches Totalversagen und behördliche Sabotage.
Die Anwort der Bundesregierung vom 11.2.2019 (pdf) auf die Anfrage der Grünen macht deutlich: Eine Verfolgung von Ausbeutung findet im bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Land der EU so gut wie nicht statt. Sie ist statistisch nicht messbar und besteht aus lächerlichen Einzelfällen.
Dabei wissen alle, die sich mit den Schattenseiten der deutschen Arbeitswelt ein wenig auskennen, dass in folgenden Branchen und ihren kriminogenen Sub-Unternehmer-Dickichten teils grauenhafte Verhältnisse herrschen: Fleischverarbeitung, Raffinerien (wie Shell-Godorf und Wesseling), Paket und Kurier-Dienste, Gebäudereinigung, Hoch- und Tiefbau, Erntearbeit und Landwirtschaft, Einzelhandelslager und -logistik, Montage-Arbeiten…
Arbeitsunrecht Ausbeutung: schwarz-rote Null durch nicht durchgesetzte Gesetze
Die Große Koalition hatte den Straftatbestand §233 Strafgesetzbuch, Ausbeutung der Arbeitskraft, zum 16.10.2016 wesentlich verändert und erweitert (Gegenüberstellung der alten und neuen Version). Mit der Kleinen Anfrage wollte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Überblick über die neue Datenlage verschaffen.
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Das Ergebnis ist für alle Lohnabhängingen und Menschenrechtler*innen mehr als ernüchternd. 2017 wurden demnach im Bereich Ausbeutung der Arbeitskraft genau elf Ermittlungsverfahren abgeschlossen. Sie betrafen laut Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung 2017 180 Opfer und 27 Verdächtige. Davon waren:
- fünf Verfahren nach §233 StGB neu (Ausbeutung der Arbeitskraft), eines davon in Kombination mit §232 StGB neu (Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung), ein anderes in Kombination mit §233a StGB (Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsbraubung) und
- drei Verfahren nach § 232b StGb neu (Zwangsarbeit)
- drei Verfahren nach §233 StGB alt (Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung)
Halbwegs diskutable Zahlen konnte die Bundesregierung lediglich beim Thema Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aufweisen. Hier wurden laut Bundesregierung 2017 insgesamt 327 Ermittlungsverfahren abgeschlossen. Aber auch das dürfte nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, angesichts der Tatsache, dass sich in Deutschland seit den rot-grünen Hartz-Reformen eine europaweit führende Sex-Industrie entwickelt hat (Siehe: Bordell Deutschland, ZDFinfo Doku 2017).
Modell Deutschland: Infrastruktur der Kontrollbehörden untauglich & dysfunktional
Für Aufklärung und Strafverfolgung wären Polizei und Staatsanwaltschaften zuständig. Für die genannten Delikte gibt es allerdings keine einheitliche Organisationszugehörigkeit zuständiger Fachdienststellen. Es bleibt den Bundesländern, bzw. Polizeibehörden überlassen, diese festzulegen.
Im Prüfungsauftrag der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) widerum sind die oben genannten Delikte gar nicht enthalten. Sie gibt Hinweise auf Vergehen lediglich weiter und darf sich ansonsten ausschließlich auf den mit ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen verbundenen Sozialversicherungsbetrug konzentrieren.
Straftatbestände aus dem Deliktbereich Menschenhandel, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft werden bei der FKS nicht als eigenständige Ermittlungstatbestände, sondern als „Übrige Straftaten“ erfasst. Sie fließen außerdem nicht in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ein, weil es zwischen Finanzkontrolle Schwarzarbeit und Kriminalstatistik keine Schnittstelle gibt. Hier plant die Bundesregierung auch keine Verbesserung, denn dafür wäre eine umfangreiche fachlich-inhaltliche Änderung der Datenstruktur nötig, was offensichtlich als überflüssig angesehen wird.
Die Internationale Arbeitsorganisation ILO geht davon aus, dass in der EU ca. 880.000 Menschen von Zwangsarbeit betroffen sind, davon 610.000 (70%) zum Zweck der Arbeitsausbeutung und 270.000 zum Zweck der sexuellen Ausbeutung.
Soll der Zoll so schlecht funktionieren?
Gerhard Bosch, Geschäftsführender Direktor des Instituts Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen sagt in einem Beitrag des Deutschlandfunks (2) zu Mindestlohnkontrollen über den Zoll:
Man wird den Eindruck nicht los, dass auf diese Weise die CDU/CSU, die den Mindestlohn ja niemals wollte, bei der Kontrolle auch nachsichtig sein wollte und den Unternehmen ein Signal geben wollte, eigentlich müsst ihr keine Angst haben vor den Kontrollen.
Was ist passiert? Erstmals sind die Kontrollen ganz stark zurückgefahren worden, von über 60.000 auf 40.000, jetzt sind sie wieder bei 50.000 im Jahr angelangt. Und dann ist vor allem der Außendienst beim Zoll abgeschafft worden. […] man kontrolliert häufig nur nach Papierlage.
Angesichts der unzähligen Dokumentationen, die über ausbeuterische Arbeitsverhältnisse in den Bereichen Bau, Reinigungsgewerbe, Paket-Dienste, Ernthelfer und Schlachtbetrieben vorliegen, ein durch und durch beschämender Befund. Unternehmerkriminalität scheint nach wie vor als Kavaliersdelikt durchzugehen.
Kommt es doch einmal zu einer Anzeige wegen Unterlaufung des Mindestlohns und ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse, enden die Verfahren oft mit einem Vergleich.
Die Beratungsstellen für „Faire Mobilität“ des DGB, bei denen ausländische Arbeitskräfte Hilfe finden, die um Lohn oder andere Ansprüche geprellt werden, haben 2017 laut eigener Statistik knapp über 5.000 Beratungsfälle gehabt. Wenn Unternehmer einbehaltene Löhne nachzahlen mussten – etwa aufgrund von Arbeitsgerichtsprozessen -, gelten die Ansprüche des einzelnen Beschäftigten als abgegolten. Strafen haben diese kriminellen Unternehmer in der Regel nicht zu befürchten, wie das Beispiel des Hotel-Reinigungsbarons Karly Zingsheim (ZIngsheim Hotel-Service, ZHS) zeigt. (1)
Da in Deutschland zumeist keine weiteren Ermittlungen bzw. eine konsequente Strafverfolgung oder -vereitelung stattinden, kann das kriminogene Mileu aus General-Unternehmern und Sub-Unternehmen in aller Ruhe weiter machen: Sie hinterziehen ohne Angst vor Strafe Löhne, Sozialversicherungsabagen und Lohnsteuern. Die individuellen Erfolge einzelner Betroffener vor deutschen Arbeitsgerichten sind so nur ein Trostpflaster, ja ein Schmiermittel, um den Betrieb weiter aufrecht zu erhalten.
Anmerkungen / Quellen:
(1) PutzfrauenPower: Zingsheim knickt ein, arbeitsunrecht in deutschland, 28.1.2017, https://arbeitsunrecht.de/putzfrauenpower-zingsheim-knickt-ein/
(2) Mindestlohn-Kontrolle: „Der Zoll ist nicht gut aufgestellt“ , DLF, 9.3.2019, https://www.deutschlandfunk.de/mindestlohn-kontrolle-der-zoll-ist-nicht-gut-aufgestellt.694.de.html?dram%3Aarticle_id=443161
Richtig, kann ich aus meiner langjährigen Erfahrung bestätigen. Nicht nur die formellen Bedingungen gehören auf den Prüfstand auch die weichen Faktoren. Da muss über eine erweitere Ausbildereignung nachgedacht werden. Heute sind viele Auszubildende nur noch billige Helfer … und die Konsequenz daraus kennen wir alle! Daß DGB und die Gewerkschaften Teil der Probleme von abhängig Beschäftigten und damit auch der Auszubildenden sind, ist ja schon seit den 2000er Jahren kein Geheimnis mehr. Wir brauchen endlich wieder unabhängige Vertretungen von abhängig Beschäftigten.
Das ist absolut richtig: Ausbeutung wird nicht nur nicht aufgedeckt, sondern, wenn das aufgedeckt wird, dann arbeiten IHK, Verwaltungsgericht und sogar verdi zusammen um Fälschungen/Täuschungen zu erstellen und gegenseitig anzuerkennen, so geschehen beim widerlichen Schauprozess VG 3 K 47.18 vor dem Verwaltungsgericht Berlin, bei dem ein Azubi wegen gravierender Mängel seine Ausbildung durchsetzen wollte, durch Feststellung der fehlenden Ausbildungsdurchführung bis zur Zwischenprüfung nachweislich der unterschriebenen Ausbildungsnachweise und des noch immer fehlenden betrieblichen Ausbildungsplanes.
IHK, verdi und Verwaltungsgericht stellen die „Beweisaufnahme“, welche lediglich aus den „Erinnerungen“ der „Ausbilder“ besteht, als legitim hin und den Azubi als Querulanten, der lediglich seine Ausbildung wenigstens Ansatzweise mit Einsatz im späteren Berufsfeld möchte, wenn schon nicht ausgebildet wird. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt.
Auch die Staatsanwaltschaft Berlin und GStA Berlin sowie das OLG stellen sich dumm und wollen keine Mängel finden.
Was muss ein Azubi denn tun, wenn er vollständig nicht ausgebildet worden ist bis zur Zwischenprüfung und das unstreitig und nachweislich der unterschriebenen Ausbildungsnachweise ohne Existenz eines noch immer fehlenden Ausbildungsplanes?
Rechtsstaat ist das nicht. Die Kampagne der Bundesregierung ist völlig realitätsfremd.
Bereits im Verfahren VG 3 L 95.18 war Befangenheit klar erkennbar, aber verdi nutzt Beweise nicht und unterhält die unwahre Tatsache es würde einen Ausbildungsplan geben, indem die Täuschungsversuche des „Ausbildungsbetriebes“ nicht herausgestellt werden.
Ansolut widerliche Farce, die dort abgelaufen ist. Azubis können ihren Ausbildungsanspruch nicht durchsetzen und verdi betreibt Täuschung, indem sie nach auße zwar vorgeben sich für Azubirechte einzusetzen, aber wenn sie die Möglichkeit haben, endlich dagegen vorzugehen, werden wichtige Beweise/Anträge nicht gestellt und der „Ausbildungsbetrieb“ kann Lügen verbreiten wie im Verfahren 22 Sa 535/17, wo diese widerlegt worden sind und verdi dieses Verfahren nicht genutzt hat sowie Verfahren zur Feststellung, dass für eine Prüfungszulassung eine geordnete Vermittlung stattgefunden haben muss, was es unstreitig nicht gab.
Farce. Rechtsstaat? Lachhaft
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