Kein Einlenken in Frankfurter Union-Busting-Prozessen erkennbar
Die Prozesse rund um Kündigungen von Betriebsräten und Gewerkschaftern bei der Steakhaus-Kette Maredo gehen in die dritte Verhandlungsrunde. Richter Martin Becker setzte einen weiteren Arbeitsgerichtstermin für den 31. Juli 2012 an, um spannende Fragen wie diese zu klären: Dürfen Mitarbeiter bei Maredo bei der Arbeit kostenlos Mineralwasser trinken? Dürfen ausgemusterte Brotkanten vor dem Eigenverzehr mit konzerneigener Sour-Cream bestrichen werden?
Was für die DGB-Rechtsschutzvertreterin eine „betriebliche Gepflogenheit“ war, ist für den ehrgeizigen Anwalt Jan Tibor Lelley und seinen Adlatus Mathias Maria Knorr (Kanzlei Buse Heberer Fromm) kriminelles Verhalten. Für die 70 anwesenden Prozessbeobachter sind solche Vorwürfe, schlichtweg Vorwände, um einer solidarischen Belegschaft und ihrer Interessenvertretung mittels juristischer Finten und konstruierter Straftatbestände das Genick zu brechen.
Zwei Stilblüten
Die Maredo-Soli-Gruppe führte am 22. Juni 2012 eine Demonstration mit gut 50 Teilnehmern vom Frankfurter Gewerkschaftshaus zum nahe gelegenen Arbeitsgericht durch. Aus dem Lautsprecherwagen dröhnten Parolen wie „Aufruhr, Widerstand gegen Maredo-Terrror in diesem Land“. Im Eifer des Gefechts passierten auch Stilblüten. NGG-Sekretär Hans-Jürgen Hinzer: „Bei Maredo werden Mitarbeiter bespitzelt und heimlich mit Video überwacht. Das sind mittelalterliche Methoden.“ Kann passieren.
Einen weiteren Lacher erzielte später Richter Martin Becker mit einem freudschen Versprecher, den ihm nach mehreren Stunden ennervierender Prozess-Farce niemand nachsehen konnte. Er redete mit Engelszungen auf die Prozessbeteiligten ein, um ihnen eine gütlichen Einigung nahe zu bringen. Die Arbeitgeberseite ermahnte er, da schwere Imageschäden bereits eingetreten seien: „Es geht auch für das Unternehmen Marodo, ähm… Maredo, so nicht weiter.“
Aus erster Hand informiert sein? Profis lesen Emails.Jetzt den kostenlosen Email-Newsletter der aktion ./. arbeitsunrecht ► bestellen
Kanzlei Buse verzeichnet sinkende Umsätze pro Anwalt
Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Jan Tibor Lelley, der trotz seiner über 40 Lebensjahre immer noch wirkt wie ein vorlauter Streber in der Oberstufe, zeigte an einer gütlichen Einigung kein gesteigertes Interesse. Der vom Anwalt der Gegenseite, Armin Franzmann, formulierte Anspruch, Maredo solle die verfemten Betriebsräte wieder arbeiten lassen und sich bei ihnen entschuldigen, spielte nur ein hämisches Grinsen in Lelleys Mundwinkel. Man kann ihn im Grunde verstehen: An jedem Verhandlungstag und jedem zusätzlich eingereichten Schriftsatz verdienen er und seine Kanzlei. Laut Fachblatt Juve vom 14. März 2012 sank der Umsatz pro Berufsträger (UBT) der Kanzlei Buse Heberer Fromm in den beiden zurück liegenden Geschäftjahren – im Gegensatz zur Konkurrenz – um 8 Prozent. Auf den Bereich Arbeitsrecht entfielen im letzten Jahr, so juve, 12 Prozent des Kanzlei-Umsatzes. Jeder der 42 „Private Equity-Partner“ und 4 assozierten Beschäftigen erwirtschaftete bei Buse durchschnittlich 300.186 Euro im Jahr, so das Fachportal juve. Besser man vergleicht diese Zahlen nicht mit dem Gehalt einer Maredo-Bedienung, ohne Beruhigungspillen zur Hand zu haben.
Wie weiter? Private Equity ECM und NGG-Zentrale
Die spannende Frage wird sein, wann für Maredo und den Private Equityfonds ECM, zu dessen Paket GEP III der Steakbrater gehört, der Punkt gekommen ist, die Reißleine zu ziehen. Für die Durchführung der harten Linie gegenüber der Belegschaft zeichnet bislang Maredo-Personalchef Michael Glowig verantwortlich, der bereits von seinem vorherigen Abeitgeber, dem Fluglinien-Caterer Gate Gourmet (damals zum Fonds „Texas Pacific Group“ gehörend), einschlägige Erfahrungen mitgebracht haben dürfte. Glowig ist im Maredo-Union-Busting-Team, rein äußerlich, der Gegenpart zu Lelley: Typ Bundeswehrausbilder, grobe Gesichtszüge, nach vorn gebeugte latent aggressive Körperhaltung, massive Backen und beginnendes Doppelkinn.
Bei Gate Gourmet hielt die NGG am Düsseldorfer Flughafen vom 7. Oktober 2005 bis 7. April 2006 mit dem längsten Streik ihrer Geschichte gegen Strategien des Managements (beraten von McKinsey) zur Auspressung einer kampfstarken Belegschaft. Der Konflikt endete mit einem Patt – keine Erfolgsgeschichte für beide Seiten, sondern kostspielig.
Derzeit schaltet sich die NGG-Zentrale in Hamburg noch nicht besonders engagiert in den Konflikt ein – obwohl der Konflikt bundesweit für Aufregung sorgt, schaffte er es bis heute nicht auf die Website der NGG, die Unterstützung der gekündigten Betriebsrätin Jaqueline Fiedler in Osnabrück ist durchaus ausbaufähig. Es mehren sich Stimmen aus dem Gewerkschaftslager, die auf eine entschiedenere Unterstützung drängen, um den angeschlagenen Stier endlich bei den Hörnen zu packen.
Elmar Wigand
Marodo ist übrigens eine populäre Figur bei World of Warcraft – der Königsmörder aus der Horde der Totengräber, auch Untoter, Todesritter, Todeswache
Siehe: http://eu.battle.net/wow/de/character/todeswache/Marodo/simple
Kommentarfunktion ist geschlossen.