Frontberichte 08/2019: Heckler&Koch, Uniklinik Düsseldorf, Ryanair und KVA

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Presseschau: Betriebsratsbehinderung und Union Busting in Deutschland

Heckler & Koch: Achtung hier wird scharf geschossen! – Auch gegen Betriebsratsmitglieder!  (Bild: Rizuan, H&K weapons of PASKAL, CC BY-SA 4.0)
  • Heckler & Koch / Oberndorf: Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender gekündigt
  • Ryanair / Deutschland: Verhinderung von Betriebsratswahlen
  • Kraftverkehr Alchetal / Siegen: Betriebsratswahl rechtmäßig
  • Uniklinikum / Düsseldorf: Kündigungen und Anzeige gegen Personalratsmitglied

Heckler & Koch will stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden loswerden


Hinweis zum Verständnis: Wir verteidigen generell und prinzipiell die Rechte von Gewerkschaften und Betriebsräten. Demokratie in Wirtschaft & Betrieb muss aber friedliche, sozial- und umweltverträgliche Produkte und Produktionsweisen zum Ziel haben. Sonst wird Mitbstimmung hohl. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Wir streiten für Menschenrechte. Von Betriebsräten und Gewerkschafter*innen in der Rüstungsindustrie wünschen wir uns, dass sie Konzepte entwickeln, wie die Produktion von Mordwaffen auf sinnvolle, friedliche Produkte umgestellt werden kann.


Seit Jahren kriselt es bei Heckler & Koch GmbH dem deutschen Waffenhersteller in Oberndorf am Neckar. Ein Skandal jagt den nächsten. Illegale Waffenverkäufe, Ermittlungen wegen Korruption und mangelnde Qualität haben den Konzern tief in die roten Zahlen getrieben. Die Angestellten sollen nun den Konzern durch wöchentlich 2,5 Stunden unbezahlte Mehrarbeit und den Verzicht auf Einmalzahlungen wieder in die Gewinnzone bringen. So sieht es ein Tarifvertrag vor, den die IG-Metall im April 2019 mit der Heckler & Koch Geschäftsführung unter der Leitung von Jens Bodo Koch geschlossen hat. 

Nur mit knapper Mehrheit stimmten die IG-Metall Mitglieder der Belegschaft für den nachteiligen Tarifvertrag. Auch der Betriebsrat positionierte sich nicht einheitlich für den Tarifvertrag. Unter anderem stellte sich der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Martin S. offensiv gegen die unbezahlte Mehrarbeit.

Auch zuvor musste der Betriebsrat regelmäßig durch Arbeitsgerichtsprozesse seine Rechte gegen Heckler & Koch durchsetzen. Immer wieder beschwerte sich die Geschäftsleitung über diese Verfahren und die damit zusammenhängenden Kosten beim Betriebsrat und seinem stellvertretenden Vorsitzenden Martin S. Nun versucht Heckler & Koch ihn zu entlassen.


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Vorwand für Entlassung gesucht

Als Vorwand für eine fristlose Kündigung nahm Heckler & Koch einen vermutlich versehentlich von Martin S. falsch abgehefteten Brief, der an die Geschäftsleitung und nicht an den Betriebsrat adressiert war. So trafen sich die Parteien am 28. Juni 2019 vor dem Villinger Arbeitsgericht wieder. 

Laut einem Bericht der Neuen Rottweiler Zeitung drängte sich in der Gerichtsverhandlung unter dem Vorsitz von Richter Julius Iben schnell der Verdacht auf, dass hier von Heckler & Koch ein Vorwand gesucht wurde um Martin S. loszuwerden. 

Die Anwältin von Heckler & Koch Sabine Schröter von der Großkanzlei Graf von Westphalen unterstellte dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden mit der falschen Abheftung des Briefes eine vorsätzliche Unterschlagung und damit eine Straftat.

Der Anwalt von Martin S. Albert Hirt sieht in der Handlung seines Mandanten eine Nachlässigkeit, welche die Kündigung eines jahrzehntelangen Arbeitsverhältnisses eines freigestellten Betriebratsmitglieds nicht rechtfertige. Auch er sieht in dem Verfahren den Versuch ein unbequemes Betriebsratsmitglied loswerden zu wollen. 

Abfindung statt Urteil?

Am Ende der Verhandlung bringt Richter Julius Ibes dann noch die Möglichkeit einer Abfindung ins Spiel. Die Heckler & Koch Anwältin ist natürlich sofort dazu bereit, denn billiger und schneller kann man aktive Betriebsratsmitglieder gar nicht entsorgen. Die Investition von mehreren Zehntausend oder auch Hunderttausend Euro in die Abfindung eines Betriebsratsmitglieds, die zudem steuermindernd abgeschrieben werden, ist aus Unternehmenssicht ein Hauptgewinn.

Es bleibt abzuwarten ob sich der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende auf das Herauskaufen aus dem Betrieb einlässt.

Das Rüstungsunternehmen Heckler & Koch GmbH produziert seit fast 70 Jahren Kleinwaffen in Oberndorf am Neckar. Rund 700 Mitarbeiter arbeiten bei der zur Heckler & Koch Group gehörenden GmbH. 

Quellen:

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Ryanair verhindert weiter Betriebsratswahlen

„Eher friert die Hölle zu, als dass wir Gewerkschaften zulassen“, so lautete das Motto von Europas größter Billigflug-Airline Ryanair gemäß ihrem Chef Michael O’Leary. Anders als etwa Sun Express Deutschland, wehrt sich die irische Billig-Airline Ryanair offenbar weiter massiv gegen die Wahl eines Betriebsrats für das Flugpersonal. 

Erst im vergangenen November änderte der Bundestag auf Druck der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Initiative der SPD, den betreffenden § 117 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Zuvor galt die Möglichkeit einen Betriebsrat zu gründen, für das fliegende Personal von Fluggesellschaften, nur dann, wenn die Airlines sich auf einen entsprechenden Tarifvertrag einließen.

Seit dem 1. Mai 2019 gilt die neue Regelung, die nun auch ohne einen Tarifvertrag das Recht auf einen Betriebsrat auch für Beschäftigte im Flugbetrieb garantieren soll. Doch Ryanair beruft sich jedoch nun darauf, dass es gar keine Betriebsstätten des Konzerns in Deutschland gäbe und daher die Mitarbeiter auch keinen Betriebsrat wählen dürften.

„Für unser Recht auf einen starken Betriebsrat“

„Wir akzeptieren diese Rechtsauffassung nicht,“ so die zuständige Verdi-Tarifsekretärin Katharina Wesenick. Die Gewerkschaft und große Teile der Belegschaft von Ryanair in Deutschland setzen sich weiter vehement für die Wahl eines Betriebsrats ein. Deutlich mehr als die Hälfte der 1.200 Flugbegleiter von Ryanair in Deutschland sollen bereits eine Petition von Verdi für die Schaffung eines Betriebsrats unterschrieben haben. Verdi will nun über die Politik weiter Druck auf Ryanair ausüben. 

Tarifvertrag unterwandert

Nach langen Verhandlungen hatte Verdi im März 2019 erstmals einen Tarifvertrag für die 1.200 Flugbegleiter in Deutschland mit der Airline geschlossen. Dadurch fallen die Beschäftigten unter die deutschen Arbeitsgesetze. Dazu zählen unter anderem der Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. 

Verdi berichtet jedoch, dass Ryainair den Tarifvertrag oft unterläuft. So verzögert Ryanair die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall immer wieder wahllos. Dies soll laut Verdi monatlich zehn bis 15 Fälle betreffen. Katharina Wesenick von Verdi macht zudem darauf aufmerksam, dass die Angestellten sich oft nicht trauen ihre Rechte einzufordern: „Wir haben ganz viele Kollegen, die sich nicht an uns wenden und die sich nicht trauen, ihr Recht einzufordern“. Verdi setzt sich unter anderem zur besseren Kontrolle und Durchsetzung des Tarifvertrags und der Rechte der Belegschaft für die Betriebsratswahl ein. 

Gleichzeitig übt die Airline auf die Angestellten einen massiven Druck aus. So müssen Die Mitarbeiter etwa bei den „On-Board-Verkäufe“ bestimmte Quoten erfüllen, die Gründe für Krankmeldungen offen legen und es gibt keine Versorgung der Belegschaft mit Wasser während der Flüge. Wer aus der Reihe tanzt wird schnell mal in die Ryanair-Zentrale nach Irland zitiert. Zudem haben viele beschäftigte Angst, dass Ryanair ganze Flugbasen schließe, sollten sich die Angestellten vor Ort für ihre Rechte einsetzen. 

Union Busting auch bei Laudamotion

Seit dem Ryanair vor rund einem Jahr die insolvente österreichische Fluglinie Laudamotion übernommen hat, geht der Konzern dort massiv gegen den Betriebsrat vor. Laut einem internen Rundschreiben es Betriebsrats sieht dieser sich dauerhaften Angriffen und Einschüchterungsversuchen der Geschäftsführung unter der Leitung des von Ryanair neu eingesetzten Geschäftsführers Colin Casey ausgesetzt.

Der Betriebsrat berichtet etwa von fehlenden Arbeitsmaterialien und in Abwesenheit geräumten Arbeitsplätzen. Zudem gebe es Drohbriefe wegen Krankmeldungen von Angestellten. Die österreichische Gewerkschaft Vida bereitet zur Zeit mit dem Betriebsrat eine Klage wegen Verstößen gegen das österreichische Arbeitsrecht vor. 

Die Ryanair Group beschreibt sich selbst als die größte europäische Fluglinie mit mehr als 153 Millionen Passagieren pro Jahr. Rund 19.000 Angestellte arbeiten in den 86 Ryanair-Basen in Europa und Nordafrika. 

Quellen: 

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Kraftverkehr Alchetal GmbH: Arbeitsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit von Betriebsratswahl

Mit verschiedenen Methoden hatte die Kraftverkehr Alchetal GmbH (KVA) und ihr Geschäftsführer Jörg Mühlhausen versucht die Wahl eines Betriebsrats zu verhindern und die stattgefundene Betriebsratswahl anzufechten. Die KVA gehört zur Wern-Gruppe und fährt unter anderem für den öffentlichen Personennahverkehr in Siegen und Kreuztal (NRW), sowie als Sub-Unternehmen für die ebenfalls zur Wern-Gruppe gehörenden Verkehrs betriebe Wetfalen-Süd.

Nun entschied das Siegener Arbeitsgericht im Juni 2019, dass die Wahl des Betriebsrats bei der KVA rechtmäßig war. 

Bereits vor der Betriebsratswahl hatte die Geschäftsführung der KVA versucht einen starken Betriebsrat zu verhindern, indem sie der Belegschaft anbot, in andere GmbHs der Wern Group zu wechseln und aus der Sicht der Gewerkschaft verdi vermeintlich übertarifliche Leistungen strich. Tatsächlich verließen danach rund 50 der 130 Mitarbeiter den Betrieb. Einige sollen KVA aus Verärgerung auch ganz verlassen haben.

Die restliche Belegschaft ließ sich jedoch nicht von der Wahl eines Betriebsrats abhalten und zog die Wahl ordnungsgemäß durch. Als nächster Schlag versuchte die KVA-Geschäftsführung die Betriebsratswahl gerichtlich für nichtig erklären zu lassen, da die KVA und die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd GmbH (VWS) einem gemeinsamen Betrieb angehören würden. Tatsächlich existiert in der VWS bereits ein Betriebsrat, die Beschäftigten der KVA hatten diesen jedoch nicht mitgewählt. 

So ging es dann am 11. Juli 2019 vor das Siegener Arbeitsgericht. Die vorgetragene Argumentation, des Anwalts der KVA-Geschäftsführung Frank Becker, dass es zu kompliziert sei, mit zwei verschiedenen Betriebsräten etwa über Lohnfragen zu verhandeln, wies der Vorsitzende Richter Holger Perscke zurück. Eine Betriebsratswahl könne nur wegen „krasser Verstöße gegen die Wahlvorschriften“ für nichtig erklärt werden, so Perscke. Solche krassen Verstöße liegen hier jedoch nicht vor. Dies gelte auch wenn man die beiden GmbHs als einen Betrieb ansehe. Bei der nächsten turnusmäßigen Wahl im Jahr 2022 könnten die Mitarbeiter dann einen gemeinsamen Gesamtbetriebsrat von KVA und VWS wählen. 

Die Wern Group besteht aus sechs verschiedenen GmbHs in denen insgesamt 318 Mitarbeiter beschäftigt sind. Klaus-Dieter Wern leitet die Wern Group als Geschäftsführer. Die aktion ./.arbeitusnrecht fordert ein Verbot von Unternehmenskonstrukten, bei denen ein und derselbe Betrieb in zig GbmHs untergliedert wird. Solche Konstrukte dienen der Spaltung der Belegschaft und damit der Schwächung von Betriebsräten. Darüber hinaus können unbequeme Betriebsteile, in denen sich die Belegschaft organisiert so schnell geschlossen und durch eine neue GmbH ersetzt werden.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob diverse GbmHs ein und derselben Besitzer auch auf Steuervermeidung ausgerichtet sein könnten.

Quellen:

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Union Busting im Universitätsklinikum Düsseldorf

In den vergangenen zwei Jahr haben die Beschäftigten der Universitätsklinik Düsseldorf gemeinsam mit der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi zwei Tarifverträge (Tarifvertrag Entlastung und ein Tarifvertrag für die ausgelagerten Tochtergesellschaften des Klinikum) erstritten. Doch auch die Umsetzung der Tarifverträge muss noch durchgesetzt werden. Nun scheint sich der Vorstand der Uniklinik um den kaufmännischen Direktor und stellvertretenden Vorstandschef Ekkehard Zimmer mit einer Reihe von Kündigungen an den aktiven MitarbeiterInnen rächen zu wollen.

Drei fristlose Kündigungen gegen aktive Kolleginnen

So berichten die Vertrauensleute der Gewerkschaft Verdi in einem aktuellen Rundschreiben von der Kündigung von drei aktiven Kolleginnen unter skandalösen Umständen. Der Vorstand des Klinikums hat zwei der betroffenen Kolleginnen fristlos gekündigt, da diese vor vier Jahren dem Personalratsmitglied Teslime Ö. Geschenke gemacht haben sollen. Um was für Geschenke es sich dabei gehandelt haben soll wurde den betroffenen Kolleginnen nicht mitgeteilt.

Obwohl alle beteiligten Kolleginnen diese Geschichte des Vorstands zurückweisen und es keine Beweise für etwaige Verfehlungen gebe, wurden die beiden Kolleginnen fristlos entlassen. Die dritte Betroffene ist das Personalratsmitglied Teslime Ö. Auf sie scheint es der Vorstand besonders abgesehen zu haben. 

Hausverbot und Strafanzeige

Teslime Ö. wird vorgeworfen, sie habe die Geschenke der Kolleginnen vor Jahren angenommen und BewerberInnen versprochen, eingestellt zu werden oder Vorteile zu bekommen, wenn sie Gewerkschaftsmitglieder werden würden. 

Der Vorstand hat nicht nur die Ersetzung der Kündigung vor dem Arbeitsgericht beantragt, sondern gleichzeitig auch Strafanzeige gegen Teslime Ö. gestellt und sie mit einem Hausverbot belegt, um sie von ihren KollegInnen zu isolieren.

Für die Gewerkschaft Verdi sind die Vorwürfe an den „Haaren herbeigezogen“. Die Gewerkschaft sieht die Vorwürfe viel mehr als Angriff auf den gesamten Personalrat und sein Engagement. Der Vorstand wolle deutlich machen, dass sich das Einsetzen für die Rechte der Beschäftigten nicht lohne und Konsequenzen nach sich ziehe. 

Teslime Ö. arbeit seit mehr als 40 Jahren im Düsseldorfer Universitätsklinikum und ist seit 1993 Mitglied des Personalrats. Sie ist heute freigestelltes Personalratsmitglied und Verdi-Vertrauensfrau. 

Alle drei Kolleginnen werden sich gegen die ungerechtfertigten Kündigungen, sowie gegen das Hausverbot vor dem Arbeitsgericht zur Wehr setzen. Die Gewerkschaft Verdi geht davon aus, dass es noch eine ganze Zeit dauern wird, bis es zu einem Verfahren beim Arbeitsgericht kommt und appelliert an den Vorstand die Kündigungen zurück zu nehmen. 

Das Universitätsklinikum Düsseldorf besteht aus rund 60 einzelnen Kliniken und Instituten und beschäftigt rund 8.000 Menschen. 

Quellen:


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