Frontberichte 08/2014

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Presseschau Mai/Juni 2014: Betriebsrat-Bashing, Strafzahlungen für Schein-Werkverträge

Media-Saturn: Führungskräfte wollen Betriebsrat + + Burger-King:  Imagekampagne soll helfen  + + Netto Marken Discount und Kaufland: Millionenstrafen für Schein-Werkverträge + + DPD: Subunternehmerin Eva H. geht auf Vergleich ein ++

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Saturn: endlich mehr Betriebsräte?

Die Angestellten von Media-Saturn in Ingolstadt wollen einen Betriebsrat gründen. Eine geplante Umstrukturierung und der Streit der Media-Saturn Gesellschafter Metro und Media Markt Firmengründer Erich Kellerhals verunsichert die Angestellten. Sie fürchten Stellenstreichungen. Die Süddeutsche Zeitung vom 28./29.05.14 hat den entsprechenden Artikel leider nicht online gestellt, wir verweisen deshalb auf die Seite betriebsrat.de, wo dieses aufschlussreiche Zitat zu finden ist:

„Unter allen Umständen müsse verhindert werden, dass Gewerkschaften Einfluss bei Media-Saturn gewinnen, schrieb Firmengründer Erich Kellerhals 2010 an den damaligen Metro-Chef Eckhard Cordes. „Der Unternehmenswert würde wesentlich fallen, wenn die radikale Gewerkschaft Verdi dort Fuß fasst“, warnte er.

Metro-Aufsichtsrats-Vizechef Werner Klockhaus soll die Wahl eines Betriebsrats als „sehr unüblich“ bezeichnet haben und sprach von einem „Hilferuf“. Die SZ berichtete am 17.02.2011 über einen Prozess vor dem Münchner Arbeits-Gericht, wo Verdi die Betriebsratswahl in einem Münchner Media-Markt wegen Behinderungen der Wahl anfocht. Darin heißt es, dass es 2011 in gerade einmal 2 von 230 Media-Märkten (mit etwa 17.000 Angestellten) einen Betriebsrat gab. Eine Verdi-Vertreterin erklärt in dem Artikel, dass Mitarbeiter, die einen Betriebsrat wählen wollten, systematisch eingeschüchtert und Manager auch „kriminelle Handlungen“ nicht scheuen würden, um Betriebsratswahlen zu verhindern.

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Burger King: wenn nur noch eine Image-Kampagne hilft

Die Not-Bremse ziehen sowohl die Media-Saturn-Beschäftigten, als auch Burgerking (Foto: privat, Urheber Jessica Reisner)
Die Not-Bremse ziehen sowohl die Media-Saturn-Beschäftigten, als auch Burger King Deutschland (Foto: Jessica Reisner)

Burger King will laut wallstreet-online aufgrund des mittlerweile heftigen Imageschadens den juristischen Dauerstreit mit Betriebsräten und Mitarbeitern des Franchisenehmers Yi-Ko Holding beenden und trennt sich von dem umstrittenen Rechtsanwalt und „Betriebsrätefresser“ Helmut Naujoks, der sich auf die Kündigung von Mitarbeitervertretern spezialisiert hat (wir berichteten am 19.06.13). Im Zuge der Berichterstattung über das skandalöse Arbeitgeberverhalten der Yiko-Holding ist Geschäftsführer Ergün Yildiz Anfang Mai 2014 von seinem Posten zurückgetreten (WAZ vom 05.05.14). Vor Arbeits-Gerichten hat die Yi-Ko Holding mittlerweile eine ganze Reihe von Niederlagen einstecken müssen. In fast allen Verfahren bekamen die Mitarbeiter recht. Laut Pressemitteilung der NGG vom 06.05.14 gewährte die Gewerkschaft in 320 Fällen Rechtsschutz. Es gab 20 Versuche Betriebsratsmitglieder zu kündigen, Klagen auf Schadenersatz sowie Klagen wegen ungerechtfertigter Abmahnungen, angeblichen Mobbings und Anträge zur Auflösung des Betriebsrates.


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Andreas Bork, Geschäftsführer von Burger King Deutschland, hat nach dem immensen Imageschaden, der zu guter Letzt noch durch die Aufdeckung von Hygienemängeln in der  „Team-Wallraff“-Sendung vom 28.04.14 befördert wurde,  eine eigene Image-Kampagne ins Leben gerufen und zugegeben, dass man früher und entschiedener hätte reagieren müssen (siehe Youtube).

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Netto und Kaufland zahlen Millionenstrafen wegen falscher Werkverträge und Sozialversicherungsbetrug

Netto Marken-Discount hat jahrelang Scheinwerkverträge mit Beschäftigten abgeschlossen, um Tariflöhne zu umgehen (Handelsblatt). Der Zoll kam der Praxis im Januar 2012 bei einer Großrazzia bei Netto Marken Discount und Kaufland auf die Spur. Netto einigte sich nun mit der Staatsanwaltschaft Regensburg gegen Zahlung von 4,4 Millionen in die Staatskasse auf eine Einstellung des Verfahrens. Außerdem wurden weitere 3,1 Millionen Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt. Opfer der Praxis waren Lagerarbeiter in 19 Warenverteilzentren, die dort zwischen 2007 und 2013 beschäftigt waren. Die tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse hätten dabei nicht den Werkverträgen entsprochen, schrieb die Staatsanwaltschaft laut Handelsblatt..


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Kaufland soll sich schon letztes Jahr mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart auf einen ähnlichen Deal geeinigt haben und zahlte insgesamt 9 Millionen Euro. Kaufland erzielte 2011/2012 einen Gewinn von 331 Mio. Euro. Ausgleichszahlungen für die durch die Umgehung von Tariflöhnen entstandenen Einkommeneinbußen an die Beschäftigten selbst werden in keinem der Fälle erwähnt.

Interessante Informationen zu den Beschäftigungsverhältnissen bei Netto finden sich auf dem Ver.di-Blog http://www.neulich-bei-netto.de/

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DPD
Bonjour Tristesse: anstatt ein Grundsatzurteil zu erstreiten hat sich Eva H. mit DPD geeinigt (Bild: Wikicommons)

Eva H. hat sich mit DPD geeinigt und ihre Klage zurückgezogen

Zur Enttäuschung vieler Unterstützer hat die ehemalige DPD-Systempartnerin Eva H., die Anfang 2014 im Rechtsstreit mit DPD noch ein Urteil für die ganze Logistik-Branche erstreiten zu wollte, ihre Klage zurückgezogen (Focus Money). Über den Preis ist selbstredend Stillschweigen vereinbart worden. Eva H. hatte sich als DPD-Subunternehmerin übernommen und war fast in die Privatinsolvenz gerutscht. Sie klagte auf Bezahlung der Zeit, die Paketfahrer für das Vorsortieren der Fracht verwenden. DPD versprach neben der Zahlung an Eva H. demnächst Schulungen anzubieten, damit Subunternehmer ohne betriebswirtschaftliches Basiswissen sich bei Investitionen und Anstellungsverträgen nicht mehr verschätzen.


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