H&M: Betriebsrat in Bad Godesberg zermürbt

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H&M-Betriebsratsvorsitzender lässt sich Bürgerrechte abkaufen. Das Kreuz mit der Abfindung

Am Montag, 23.10.2017 verhandelte das Arbeitsgericht Bonn über die Kündigungsschutzklage des Betriebsratsvorsitzenden Nico L. der H&M-Filiale in Bonn-Bad Godesberg. Ihm wurde Arbeitszeitbetrug unterstellt. Nun verkündete Nico L. überraschend seinen Ausstieg aus dem Unternehmen.

Schmutziges Spiel: Erhöhte Abfindung + Maulkorbklausel

Zahlreiche Unterstützer_innen im Gerichtssaal waren schwer vor den Kopf geschlagen. Auch die Vertreter der  aktion./.arbeitsunrecht, die am Aktionstag Freitag, der 13. Oktober 2017 erheblichen bundesweiten Druck auf H&M aufgebaut hatte, waren konsterniert.

Obwohl wir das schmutzige Spiel mit Abfindungen inzwischen ganz gut kennen und bereits manche Ernüchterung erlebt haben, ist es doch immer wieder traurig, Leute einknicken zu sehen.

Die aktion./.arbeitsunrecht fordert deshalb in ihren Vorschlägen zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, dass es keine erhöhten Abfindungen an Beschäftigte aufgrund ihrer demokratischen Ämter geben darf. Dieses werten wir als Bestechung. Zitat aus unseren Reformvorschlägen:


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4.5.1. Erhöhte Abfindungen gelten als Bestechung

Betriebsratsmitglieder dürfen Kraft ihres Amtes keine höheren Abfindungen erhalten. Denn eine solche Praxis führt Personalmanager und Betriebsräte auf den falschen Weg und begünstigt spezialisierte Anwälte, die das Arbeitsrecht als Vergleichsrecht umdeuten: Betriebsräte werden so lange mürbe gemacht, bis sie eine Abfindung annehmen, einzelne BR-Mitglieder spekulieren genau darauf und treiben die Abfindungssumme in die Höhe.
Ein Amt und demokratische Grundrechte zu verkaufen ist unmoralisch; eine solche Praxis gibt ein negatives Beispiel und untergräbt die demokratische Kultur.

Erhöhte Abfindungen sollen deshalb als Form der Korruption gewertet und entsprechend sanktioniert werden. Ebenso sollen Betriebsratsmitglieder aufgrund ihres Amtes keine höheren Gehälter, Höhergruppierung, Sonderzahlungen oder geldwerte Vorteile erhalten.

(Quelle: Betriebsräte stärken, kriminelle Unternehmer bekämpfen!)

Das Verfahren

DLA-Piper Rechtsanwalt Volker von Alvensleben (Mandat für H&M) war nicht persönlich erschienen. Statt dessen vertrat Astrid Schnabel die Interessen des Mode-Konzerns. Dass sie keinen glatten Durchmarsch erzielen konnte, war Richterin Anne Pilartz zu verdanken. Sie hatte den Ehrgeiz durch detaillierte Nachfragen aufzuzeigen, dass bei der Zeiterfassung in der H&M-Filiale, in der Nico L. tätig war, einiges im Argen lag.

Es fehlte offenbar an klaren Regelungen und Vorkehrungen, um widersprüchlich Angaben auszuschließen. (Offenbar konnte sich dieselbe Person laut Zeiterfassung an zwei verschiedenen Orten befinden.) Die Vorsitzende Richterin kam denn auch zu der Einschätzung, dass die Verfehlungen auf Seiten des Betriebsratsvorsitzenden bestenfalls abmahnungswürdig gewesen seien, jedoch keineswegs eine ausreichende Grundlage für eine fristlose Kündigung darstellen könnten.

Umso beschämender muss gewertet werden, dass Nico L. dennoch in Richtung Abfindung verhandelte, sobald H&M-Anwältin Schnabel ihre Bereitschaft signalisierte.

Das Interesse von Anwälten und Richtern an Vergleichen

Deutscher Schäferhund mit Maulkorb
Maulkörbe sind nicht immer schlecht. Für schwierige Hunde. Maulkorbklauseln für ehemalige Betriebsrats-Mitglieder lehnen wir ab.

Aufmerksamen Prozessbeobachtern stach zudem ins Auge, wie locker und gut gelaunt sich der Arbeitnehmer-Anwalt Manfred Wulff, der auch für den H&M-Gesamtbetriebsrat tätig ist, durch den Vormittag scherzte. Hinter seine Rolle gehört ein Fragezeichen.

Im kollegialen Plauderton besprach er mit seiner „Kontrahentin“ Astrid Schnabel von DLA Piper mal eben im Treppenhaus, dass H&M auf einer Verschwiegenheitsklausel bestehen würde.

Solche Maulkorb-Regelungen beinhalten vereinfacht gesagt, dass der ehemalige Beschäftigte weder über die Höhe der Abfindung noch über die Vorgänge, die zur Auflösung des  Arbeitsvertrags geführt haben, sprechen darf. Der Beschäftigte lässt sich also das Grundrecht auf Meinungsfreiheit abkaufen.

Anwälte und Richter sparen sich im Fall eines Vergleichs viel Arbeit. Richter*innen müssen kein Urteil schreiben, es gibt keine Revision oder Berufung. Auch der beteiligte Anwalt auf Seiten des Beschäftigten kann die Akte schließen und eine Vergleichsgebühr geltend machen. Damit wird der Fall oftmals deutlich lukrativer, als bei der Durchsetzung der Weiterbeschäftigung des Mandanten.  Gelegentlich kann es auch zu einem höheren Streitwert (also dem Ausgangswert für die Berechnung der einzelnen Gebühren) kommen.

Warnung vor Maulkorb-Klauseln: Gefahr sozial-psychologischer Folgeschäden

Die aktion./.arbeitsunrecht warnt Betriebsratsmitglieder vor allem vor den psycho-sozialen Belastungen solcher Maulkorbklauseln. Union Busting-Opfer spalten dadurch wichtige, mitunter traumatische Konflikte in ihrer Biografie regelrecht ab. Sie verkapseln sich und finden kein Ventil, weil sie glauben, öffentlich nicht über ihre Erfahrungen reden zu dürfen. Hinzu kommt die Scham, die eigenen Kollegen, deren gewählte Vertreter sie schließlich waren, für ein paar Bündel Euros im Stich gelassen zu haben.

Zu den Langzeitfolgen von erhöhten Abfindungen mit Maulkorb gehören nicht selten Depressionen und andere seelische oder psychosomatische Beeinträchtigungen.

Wenn Sie unseren Forderungen nach einer Reform des Betriebsverfassungsgesetzes mehr Druck verleihen wollen, werden Sie Mitglied der aktion ./. arbeitsunrecht e.V.

 


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10 Kommentare

  1. Wenn ich das hier so lese, bin ich hin und her gerissen. Ich kann beide Seiten verstehen, aber es gibt keine gemeinsame Lösung. Das Kapital hat gewonnen. Zumindest hier 🙁
    Ich bin selbst BR und habe fast alles erlebt, bzw. erleben müssen. 7 Monate Klinik waren noch das Beste, da hatte ich meine Ruhe. Am Schluss geht es nicht mehr um Dich, also um einen Menschen. Naujoks und Co. haben Hochkonjunktur. Wo bleibt die Politik, die Gewerkschaften und der Rest? Sucht nach Lösungen für die Zukunft. Sensibilisiert die Öffentlichkeit. Organisiert den Widerstand.

    Aber tretet nicht untereinander nach. LG eines mitfühlenden für beide Seiten.

  2. „Ich habe es satt und gebe es auf!“
    Ihr lieben, es ist schlimm was gerade passiert! Ich bin immer noch der Meinung, dass dieser Bericht nicht die richtigen getroffen hat. Nichts desto trotz, bin ich auch ein „arbeitsunrechtler“ und bin von ihrer Leistung schwer beeindruckt!
    Das sind Menschen die geiles für die Beschäftigten leisten und wir dürfen nicht vergessen, dass wir gestern noch Hand in Hand gegen das Unrecht gekämpft haben!
    Es passieren Sachen, die den einem oder den anderen nicht passt oder verletzt! Aber wir setzen uns zumindest mit einer Sache auseinander, statt tatenlos zu ertragen, was um uns herum passiert!
    Der Kampf für eine gute Sache war niemals leicht und wird es nicht sein aber umso wichtiger ist es, dass wir uns Sachlich mit einem Problem auseinander setzen. Noch wichtiger ist es aber auch, dass wir nicht nur bei der Kritik bleiben sondern aus diesen Problemen profitieren, damit wir unseren Kampf die richtige Dosis geben!
    Ich liebe Nico für das was er geleistet hat, auch liebe ich arbeitsunrecht, dass sie unermüdlich für eine gute Sache kämpfen!
    Das ist kein Wiederspruch, denn ein Kampf ohne Komplikationen und verschiedene Ansichten, heißt Diktatur!
    „Ich habe es satt und gebe es auf, das wesentliche aus dem Auge zu verlieren!“
    Jemanden zu kritisieren ist einfach aber trotz Kritik seine Hand zu reichen, um den begonnen Kampf gemeinsam zu Ende zu bringen, zeigt Ehre!
    Trotz Kritik hat Jessica (von arbeitsunrecht) die Stärke gehabt mich heute anzurufen!
    Das ehrt mich, denn diese Stärke habe ich nicht gebracht! Meine Wut hat mich blind gemacht!
    Dieser Anruf hat mir gezeigt, dass es wichtig ist Kritik auszusprechen aber noch wichtiger, den Gemeinsamen Weg, mit eine kleine Verbremsung wieder zu bestreiten!
    Ich habe arbeitsunrecht und manche andere Kollegen/innen kritisiert, dass man das gute von Nico nicht vergessen darf, das gleiche gilt aber auch für arbeitsunrecht, denn als ich auf ihre Web Seite ging, habe ich mich bei den Botschaften wieder erkannt.
    Ich wurde gefragt, was macht mich bei meiner Kündigung am meisten zu schaffen, heute kann ich sagen: „Wenn man gespalten ist und das Gefühl hat, alleine zu sein!“
    Mein guter Freund, den ich Bruder nenne (Damiano) sagte mir immer wieder:
    „Mali, Solidarität, Verständnis für das andere Ansicht und Zusammenhalt ist keine Einbahnstraße!“
    Ich bedanke mich nochmals herzlich an jedem, der mich unterstützt und beuge mich vor jedem, der trotz Widerstände, die Kraft haben für etwas zu kämpfen!
    Euer Mali

  3. @Marina

    „Mit welchem Recht darf man über ihn oder seine Entscheidung urteilen?!?“

    Vorab: Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass sich ein jeder ein eigenes Urteil über das besagte Verhalten bilden darf. Ich hoffe, Deine Frage ist damit beantwortet.

    Solidarische Kämpfe gehen von gemeinsamen Zielen aus. Ich finde es nicht verwerflich, wenn ein gemeinsames Ziel ist, im Falle eines „Vergleichs“, für eine gemeinnützige Organisation zu spenden, die beispielsweise von Kündigung bedrohten Betriebsräten zur Seite steht.

    Mit dieser Maßnahme würde die Zermürbungstaktik des Arbeitgebers ins Leere laufen, weil dann alle Betriebsräte gestärkt aus den Konflikt herausgehen würden.

    Für solch eine gemeinsame Stärkung bin ich bereit zu kämpfen.

    Das oben beschriebene Vorgehen hat nicht zu einer gemeinsamen Stärkung geführt, sondern zu einer Schwächung.

  4. Liebe Betriebsräte,

    wir (Nico und ich) haben durch Zufall erfahren, dass die Initiative „arbeitsunrecht“ einen Artikel (H&M: Betriebsrat in Bad Godesberg zermürbt, Posted on 10. November 2017 by Jessica Reisner „H&M-Betriebsratsvorsitzender lässt sich Bürgerrechte abkaufen. Das Kreuz mit der Abfindung“) über das Verfahren und den Termin vor dem Arbeitsgericht Bonn bezüglich des Antrages von H&M auf Zustimmung zur Kündigung nach § 103 BetrVG auf verschiedenen Kanälen in der Öffentlichkeit verbreitet. Nico und ich wollen zu den Aussagen in dem Artikel gemeinsam Stellung nehmen, da wir beide in diesem Artikel eine gewisse Rolle spielen und unser Verhalten bewertet wird. Wäre der Artikel in der BILD-Zeitung erschienen, hätten wir wahrscheinlich rechtliche Schritte dagegen unternommen, da manche Aussagen eine Rufschädigung sein könnten. Wir sehen davon ab, da wir überhaupt kein Interesse haben auf Seiten der Arbeitnehmerschaft und ihren Vertretungen bzw. Initiativen einen derartigen Streit austragen.

    Wir wollen auf einige Aussagen in diesem Artikel eingehen.

    1.
    „Dass sie keinen glatten Durchmarsch erzielen konnte, war Richterin Anne Pilartz zu verdanken. Sie hatte den Ehrgeiz durch detaillierte Nachfragen aufzuzeigen, dass bei der Zeiterfassung in der H&M-Filiale, in der Nico L. tätig war, einiges im Argen lag.“

    Diese Aussage ist so falsch, da hier verschwiegen wird, dass die Schriftsätze, die Nico, der Betriebsrat und die jeweiligen Anwälte beim Arbeitsgericht eingereicht haben, Grundlage dieser Gerichtsverhandlung waren und wir sehr detailliert zu dem Antrag der Arbeitgeberin Stellung genommen haben. Die Richterin musste überhaupt erst nachfragen, weil wir diese Sachverhalte aufgezeigt haben. Wenn die Verfasser des Artikels „Dank“ aussprechen wollen, dann können sie es gegenüber den Beteiligten zu 2. und 3..

    2.
    „Umso beschämender muss gewertet werden, dass Nico L. dennoch in Richtung Abfindung verhandelte, sobald H&M-Anwältin Schnabel ihre Bereitschaft signalisierte.“

    Diese Aussage ist falsch, da dies den tatsächlichen Verhandlungsverlauf nicht zutreffend schildert und Nico ist ein falsches Licht rückt.

    Tatsache ist, dass schon vor diesem Verhandlungstermin Nico aus persönlichen und beruflichen Gründen, in Absprache mit Freunden und Kollegen, sich dazu entschlossen hat, H&M nicht auf ewig treu zu bleiben und zu gehen. Daher hat er seinen Anwalt, also mich, vor dem Gerichtstermin beauftragt, Verhandlungen mit der Arbeitgeberin aufzunehmen. Es waren eigentlich keine Verhandlungen, da wir klare Bedingungen gestellt haben. Die hat H&M abgelehnt. Es ist auch nicht beschämend, wenn man seine berufliche Perspektive nicht mehr bei H&M sieht.

    Hinzu kommt, dass die Richterin und nicht RA Frau Schnabel nach einer vergleichsweisen Einigung gefragt hat. Wer bei dem Gerichtstermin war und aufgepasst hat, hat dann bemerkt, dass ich nach dieser Frage des Gerichts eine Unterbrechung gefordert habe, um mich mit Nico und nicht mit RA Frau Schnabel zu unterhalten, ob wir unser „altes“ Angebot wiederholen, jedoch ohne darüber im Gericht zu verhandeln. Da die Gespräche über dieses alte Angebot nicht mit RA Frau Schnabel geführt wurden, habe ich RA Frau Schnabel gebeten, kurz mit mir auf dem Flur die Lage zu klären. Hier habe ich RA Frau Schnabel, übrigens ohne dass überhaupt ein Besucher der Verhandlung dabei war ( nur so viel zur Wahrnehmung, wie ich mit Frau Schnabel geredet habe), nur mitgeteilt, dass wir kein Verhandlungsspielraum haben und das „alte“ Angebot noch steht.

    Dann hat RA Frau Schnabel ohne Anwesenheit von Nico und mir länger telefoniert, um dies zu klären. In der Zeit waren Nico und ich die ganze Zeit im Gerichtssaal und habe uns mit Besuchern unterhalten.

    Da RA Frau Schnabel kein Ergebnis mitbrachte, haben wir uns dann im Gericht auf die bekannte Verfahrensweise (Stellungnahme bis 7.11., ob eine Einigung möglich ist, wenn nicht, Verkündung Anfang Dezember) verständigt.

    Damit war das Verfahren an diesem Tag beendet.

    3.
    „Aufmerksamen Prozessbeobachtern stach zudem ins Auge, wie locker und gut gelaunt sich der Arbeitnehmer-Anwalt Manfred Wulff, der auch für den H&M- Gesamtbetriebsrat tätig ist, durch den Vormittag scherzte. Hinter seine Rolle gehört ein Fragezeichen.“

    Diese Aussage ist auch falsch und besonders übel, da wir, Nico, der Betriebsrat und die Anwälte (insbesondere musste ich naturgemäß das Wort führen) sehr konzentriert unsere Meinung, die wir auch in den Schriftsätzen dargelegt haben, verteidigt haben. Diese Beratung und das Befragen der Parteien vor dem Gericht dauerte von 11 bis ca. 12:30 Uhr, also bis die Frage der Richterin nach einer Einigung kam. Diese Beratung war weder locker noch wurden Scherze gemacht. Welche Scherze während der Verhandlung oder in den Pausen gemacht worden seien, wird auch nicht ausgeführt. Gott sei Dank war ja auch der Anwalt des Betriebsrats anwesend und einige Betriebsräte von H&M, die sich selbst ein Bild machen können. Das Fragezeichen gehört nicht hinter unser Auftreten, denn dieses Auftreten inklusive der Schriftsätze hat es erst ermöglicht, die Arbeitgeberin in eine defensive Verhandlungsposition zu bringen. Das Fragezeichen gehört hinter derartige Berichte.

    4.
    „Im kollegialen Plauderton besprach er mit seiner „Kontrahentin“ Astrid Schnabel von DLA Piper mal eben im Treppenhaus, dass H&M auf einer Verschwiegenheitsklausel bestehen würde. Solche Maulkorb-Regelungen beinhalten vereinfacht gesagt, dass der ehemalige Beschäftigte weder über die Höhe der Abfindung noch über die Vorgänge, die zur Auflösung des Arbeitsvertrags geführt haben, sprechen darf. Der Beschäftigte lässt sich also das Grundrecht auf Meinungsfreiheit abkaufen.“

    Nun ist erst einmal festzuhalten, dass man zu Richtern und gegnerischen Anwälten in der Regel kollegial sprechen soll, aber das nette Beiwort „Plauderton“ ist eine unverschämte Bewertung. Ebenso waren bei den kurzen Gesprächen, wie geschildert, keine Besucher des Verfahrens anwesend. Interessant also, woher der Verfasser/die Verfasserin des Artikels diese Behauptung nimmt.

    Falsch ist auch, dass wir im Treppenhaus Klauseln verhandelt haben. Woher nimmt denn der Verfasser/die Verfasserin des Artikels diese Behauptung. Es wurde nichts verhandelt, sondern RA Frau Schnabel hat nur bestimmte Anmerkungen zu einem möglichen Vergleich gemacht, verhandelt und zugesagt wurde nichts.

    Falsch ist auch, die Darstellung, dass ein genereller Maulkorb verhängt worden ist. Das Verfahren ist öffentlich und jeder kann über die Inhalte des Verfahrens und damit über die Gründe für den Antrag der Arbeitgeberin reden. Weder Nico noch ich lassen uns Grundrechte abkaufen. Was für eine absurde Behauptung. Schließt man ein Vergleich außerhalb des Gerichts, dann sind bestimmte Klauseln üblich. Nicht über die Abfindungshöhe zu reden, betrifft nun wahrlich kein Grundrecht. Hingegen darf ich aus berufsrechtlichen Gründen nicht über Einzelheiten, die nicht im Gerichtsverfahren öffentlich wurden, reden oder Dritte darüber informieren. Dies wär tatsächlich „arbeitsunrecht“ und hätte für mich berufliche Konsequenzen. Dies weiß hoffentlich auch der Verfasser/die Verfasserin des Artikels. Es gibt bestimmte Berufsgruppen, die nicht über das Mandantenverhältnis reden dürfen. Auch Betriebsräte dürfen über bestimmte persönliche Angelegenheiten der Arbeitnehmer reden (vergl. §§ 83, 99, 102 BetrVG). Dies hat mit dem Grundrecht der betroffenen Person zu tun und nicht mit der Neugierde der Presse über die Abfindungshöhe.

    5.
    „Auch der beteiligte Anwalt auf Seiten des Beschäftigten kann die Akte schließen und eine Vergleichsgebühr geltend machen. Damit wird der Fall oftmals deutlich lukrativer, als bei der Durchsetzung der Weiterbeschäftigung des Mandanten.“

    Auch diese Aussage ist bezogen auf dem Anwalt von Nico, also auf mich, falsch. Die meisten H&M Betriebsräte wissen, ob und wie ich die anwaltliche Vertretung (Gebühr und Fahrtkosten) mit Nico abrechnen werde. Dies habe ich einmal auf einer GBR-Sitzung kundgetan. Selbst wenn ich die gesetzlichen Gebühren abrechnen würde, hat der Verfasser/die Verfasserin von den Details der Abrechnung von Anwälten anscheinend keine Ahnung oder es soll der Eindruck vermittelt werden „der scherzende und gut gelaunte Anwalt plaudert mit der gegnerischen Anwältin und macht auf die Schnelle noch ein Honorar für eine Vergleichsgebühr klar“. Dies ist absurd und unverschämt, da hoffentlich ihr als Betriebsräte wisst, dass ich aus Überzeugung Anwalt bin und nicht aus finanziellen Gründen. Nur zur Information: wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt, z.B. aus Hamburg, in Bonn auftritt, kann er die Kosten für die Fahrt und die zeitlichen Mehraufwendungen nicht geltend machen. Dies dürfte auch „arbeitsunrecht“ wissen.

    Insgesamt haben Nico und ich mit Erstaunen diesen Artikel wahrgenommen und weisen die o.g. Ausführungen in dem Artikel ausdrücklich zurück.

    Abschließend wollen wir euch mitteilen, dass es kein guter Stil ist und eher der Arbeitgeberin in die Hände spielt, wenn man Nico und mich so darstellt. Nico, der sich kaufen lässt, und der Anwalt, der im Plauderton kurz einmal eine überhöhte Abfindung als Verkaufspreis für das BR-Amt herausholt. Und dann noch in diesem Zusammenhang auf die Bestechung hinzuweisen, ist ein schlechter Witz. Eine derartige Darstellung wird dem bisherigen Einsatz von Nico für die Arbeitnehmer nicht gerecht.

    Wir, Nico und ich, hoffen, dass unsere Stellungnahme euch dabei hilft, derartige Berichte einzuordnen.

    Liebe Grüße

    Nico und Manfred

    • Sehr geehrter Nico, sehr geehrter RA Manfred Wulff,

      in der Kürze liegt die Würze. Euer Sermon enthält leider keinerlei zusätzliche Informationen. Beantwortet doch bitte folgende Fragen:

      a) Habt ihr einer Maulkorbklausel am Ende zugestimmt?
      b) Um wieviel Prozent lag die Abfindung für den BR-Vorsitzenden Nico L. höher als für einen einfachen Verkäufer mit vergleichbarer Beschäftigungsdauer?

      Mich würde ferner interessieren:
      c) Glaubt ihr auch, dass die Proteste gegen H&M am Freitag, 13. zur Steigerung der Abfindungssumme bzw. zur Steigerung der Bereitschaft auf Seiten des Managements beigetragen haben, tiefer in die Tasche zu greifen?

      Unser Ärger rührt genau daher, dass wir die Fragen wie folgt beantworten würden: a) ja, b) schätzungsweise über 100%, c) auf jeden Fall.

      Was die Androhung von presserechtlichen Schritten angeht (Rufschädigung, BILD-Zeitung): Nur zu! Im Presserecht haben wir einige Erfahrung vorzuweisen und bereits beachtenswerte Siege erzielt, auch dank einer sehr guten Kanzlei in unserem Rücken.
      Eine eventuelle Rufschädigung eurer Partei ergibt sich aus Sachverhalten, die in einer öffentlichen Verhandlung zu Tage traten. Diese zu bewerten, fällt unter Meinungsfreiheit. (Und die Meinungsfreiheit würde noch wesentlich schärfere Formulierungen ermöglichen.)

      Wir würden das gut geölte Abfindungswesen im Zusammenspiel mit Union Busting sehr gern im Rahmen eines Medienprozesses gegenüber einer größeren Öffentlichkeit verhandeln. So ließe sich eine dringend notwendige Klärung und Schärfung von Kriterien voran treiben.

      MfG
      Elmar Wigand | Redakteur arbeitsunrecht.de

      PS.:
      Was den Vorwurf der Unverschämtheit angeht: Für Verschämtheit besteht beim derzeitigen Stand der Arbeitsbeziehungen in Deutschland kein Anlass. Leute, die sich demokratische Grundrechte für Geld abkaufen lassen, und Anwälte, die in diese unanständige Richtung beraten, sind nicht in der Position, Stilfragen mit uns zu erörtern.

  5. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Sie kann auch missbraucht werden, um die Abfindung in die Höhe zu treiben!

    Das sind nur Vorurteile!

    Wie früh soll ein Kollege seine Entscheidung geben? Das heißt,der Kollege muss hell sehen können, damit er sagen kann, was in 6 Monaten mit seiner Psyche passiert?
    Wer urteilt über Nico? Menschen die selber betroffen waren? Menschen die selber die Monate lang, die psychische Zermürbung ertragen musste?
    Bestimmt nicht!
    Nicht Nico ist zu verurteilen, sondern jeder einzelne, sei es Beschäftigter oder Betriebsräte!
    Der Fall mit Nico müsste uns, unsere Schwäche zeigen, denn wären wir so stark, würde sich der Arbeitgeber sich nicht trauen einen von uns anzugreifen!
    Wir müssen ehrlich zu uns sein und vor allem Fair!
    Wir solidarisieren uns erst wenn eine Kündigung kommt und das ist sehr spät.
    Ein Wolf greift eine Herde, wenn er sieht, dass sie schwach sind!
    Der Fall von Nico müsste und zeigen, dass unsere Arbeit in der Vergangenheit nicht genug war, denn Nico zu verurteilen, sollte auch erstmal das schaffen, was er geleistet hat.
    Durch unsere Vorwürfe, ziehen wir das Gute was er getan hat einfach in den Dreck ziehen und schlimmer noch, wir vergessen es schlicht und einfach.

  6. Praktische Konsequenz des Falls Nico L.:

    In Zukunft gibt es nur noch Solidarität für Betriebsräte, die sich vorab verpflichten, mögliche Abfindungszahlungen an gemeinnützige Organisationen zu spenden.

    Ohne entsprechende Erklärung rühre ich keinen Finger mehr.

    • Deine Forderung macht doch gar keinen Sinn! Wieso sollte einer dann eine Abfindung nehme? Damit er Arbeitslos wir?
      Ich finde diesen Bericht überhaupt nicht gut, denn wie sich Nico L. sich gefühlt hat diese Entscheidung zu treffen, kann sich keiner vorstellen auch ich nicht. Mit welchem Recht darf man über ihn oder seine Entscheidung urteilen?!? Du rührst keinen Finger, wenn einer keine Verpflichtung abgibt? Wenn wir BR´s nach deinem Vorschlag handeln müssten, dann müssten wir von jedem Mitarbeiter der was möchte, eine Erklärung abgeben müssen? Was soll denn drin stehen: „Wenn wir dir helfen, erklärst du uns wieder zu wählen?“
      Wie handeln wir nach deinem Vorschlag in Bangladesh? „Wenn wir euch helfen, dann kündigt ihr nie Wieder von allein?“
      Was ist das für ein Blödsinn?
      Wen einer hilft, dann soll er das aus Überzeugung machen, denn wenn einer eine Bedingung stellt, damit er was tut, dann geschieht das nicht aus Überzeugung, sondern ist das nur eine Vertraglich Vereinbarung der abgegebene Solidarität!
      Ob Nico richtig entschieden hat oder nicht, das muss er selber machen und keiner hat das Recht, die anderen BR´s mit rein zu ziehen!
      Vergisst nicht, Nico hat auch Jahrelang für die Gerechtigkeit gekämpft! Er hat aufgegeben! Statt ihn zu verurteilen, sollten wir dafür kämpfen, dass dieses Situation nicht mehr eintrifft!
      Wer ich bin ist egal, wer Nico ist, „das weiß nur er!“

      • Solidarität ist keine Einbahnstraße. Sie kann auch missbraucht werden, um die Abfindung in die Höhe zu treiben. – Das Unternehmen fährt in so einem Fall einen vollen Sieg nach Punkten ein. Der lästige Mitarbeiter ist billig entsorgt, die solidarischen Kolleg*innen desillusioniert, das Betriebsratsgremium erfolgreich geschwächt. Unserer Einschätzung nach gibt es Fälle, wo so auf viel Jahre verbrannte Erde hinterlassen wurde. Zum Segen des Unternehmers. – Und dafür willst Solidarität mobilisieren, damit all das geschieht? Nein, wenn ein BR-Mitglied auf Abfindung geht, ist es ein Gebot der Fairness, die Kolleg*innen früh genug über die Entscheidung zu informieren und für einen möglichst schadensfreien Übergang zu sorgen.

      • Hallo Marina!

        Statt sich zu fragen, wie der Abfindungsnehmer sich wohl gefühlt hat – angesichts seiner hübschen Stange Geld -, sollten wir uns lieber fragen, wie die verbleibenden Mitglieder seines Betriebsrats und des Gesamtbetriebsrats bei H&M sich wohl gefühlt haben, einen langjährigen Mitstreiter auf diese Weise zu verlieren.

        LG
        Elmar

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