I-SEC: Staatsanwaltschaft ermittelt wg. Betriebsratsbehinderung

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Security-Firma am Frankfurter Flughafen bekämpft Betriebsrat mit Union Buster Naujoks. Personalnot + Überstunden führen zu Sicherheitsrisiken

Pressemitteilung, 24.11.2017 | Ihr Ansprechpartner: Elmar Wigand

Am 25.9.2017 hatte der Betriebsrat des Security-Dienstleisters I-SEC Deutsche Luftsicherheit GmbH Strafanzeige wegen Betriebsratsbehinderung (§119 BetrVG) gegen die Geschäftsführung gestellt.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat laut Pressesprecherin Nadja Niesen Ermittlungen aufgenommen und bejaht einen Anfangsverdacht auf Behinderung der Betriebsratsarbeit. Es laufen Zeugenvernehmungen. Das bestätigte die Behörde am 23.11.2017 gegenüber der aktion./.arbeitsunrecht e.V.

Die I-SEC-Geschäftsführer Ran Langer und Glenn Murphy äußerten sich auf Nachfrage der aktion./.arbeitsunrecht bislang nicht zu den Vorwürfen.


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I-SEC ist mit über 1.400 Beschäftigten für die Sicherheitskontrollen am größten europäischen Flughafen zuständig.

Der Betriebsrat weist auf systematische Unterbesetzung hin. Es fehlen rund 150 Mitarbeiter. Der Personalmangel bei I-SEC wird seit Monaten durch tausende Überstunden pro Monat und Verzicht auf Pausenzeiten kompensiert, was zu Konzentrationsmängeln bei den Sicherheitskontrollen führt. Statt Abhilfe zu schaffen, versucht das Management, die Belegschaft einzuschüchtern und den vorbildlich arbeitenden Betriebsrat zu zerschlagen.

Naujoks und Konsorten das Handwerk legen!

Die aktion./.arbeitsunrecht begrüßt das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Allzuoft verschleppen Behörden konsequente Ermittlungen gegen Unternehmerkriminalität in Arbeitsbeziehungen. Wir hoffen, dass es diesmal anders läuft.

Wir drängen auf schnelle und konsequente Ermittlungen gegen das Management sowie den berüchtigten Rechtsanwalt Helmut Naujoks, der in seiner Methodik zur Zermürbung von Betriebsräten recht unverhohlen zu Straftaten anleitet oder anstiftet. Darunter fallen neben Betriebsratsbehinderung auch Diskriminierung, (seelische) Körperverletzung, falsche Anschuldigungen bis hin zum Prozessbetrug. Das Vorgehen von Helmut Naujoks ist seit 2007 einer breiten Öffentlichkeit bekannt und gut dokumentiert – zumal Helmut Naujoks das Licht der Öffentlichkeit in geradezu narzisstischer Weise sucht. (Meldungen über Naujoks auf arbeitsunrecht.de)

Maulkorbversuche laufen ins Leere

Mit der oben genannten Bestätigung der Staatsanwaltschaft Frankfurt dürfte auch eine einstweilige Verfügung in großen Teilen hinfällig oder zumindest schwer haltbar sein, welche die Hamburger Medienkanzlei Nesselhauf im Auftrag von I-SEC gegenüber der Gewerkschaft ver.di erwirken konnte. Diese kreiste um die Verdachtsberichterstattung des ver.di Blogs WaSi Hessen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe, die Vorwürfe gegen die I-SEC-Geschäftsführung enthielt. (1)

Die Sicherheit des Flugverkehrs steht auf dem Spiel

Der Konflikt bei I-SEC ist von großem öffentlichen Interesse. Die Sicherheit des Flugverkehrs am größten europäischen Flughafen steht in Frage. Insbesondere weibliche Beschäftigte in der Sicherheitskontrolle – hier besteht der größte Personalengpass – können die vorgeschriebenen Pausenzeiten und Rotationen kaum einhalten.

Der Betriebsrat weist auf frappierende Missstände in punkto Arbeitszeiten, Personalausstattung und Pausenzeiten hin und fordert Abhilfe zu schaffen (mehr dazu: arbeitsunrecht.de, 23.11.2017). Das Management verweigert notwendige Maßnahmen – vermutlich aus Profitgier. Stattdessen setzt man auf Einschüchterung der Belegschaft und Union Busting (Was ist das?).

Wann reagiert Innenminister de Maizière?

Die Firma I-SEC handelt im Auftrag der Bundespolizei, deren oberster Dienstherr Innenminister Thomas de Maizière ist. Es stellt sich die Frage, in welcher Form der Innenminister seine Kontroll- und Aufsichtsfunktion gegenüber dem Sub-Unternehmer wahrnimmt.

Die Firma I-SEC ist nach unserer Auffassung, die auf intensiven Gesprächen mit Beschäftigen und Gewerkschaftern beruht, als Sub-Unternehmer für sensible Bereiche wie die Flugsicherung ungeeignet. Wer die eigene Belegschaft und ihre gewählten Vertreter mit juristischen Nachstellungen und psychologischer Kriegführung regelrecht terrorisiert, kann kaum in der Terror-Abwehr eingesetzt werden.

Es stellt darüber hinaus sich die Frage, ob zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge überhaupt ausgelagert und dem Rattenrennen um die „Optimierung der Wertschöpfungketten“ ausgeliefert werden sollten.

Ein Innenminister, der sich einerseits als Law and Order-Mann im Kampf gegen den Terror und die Kriminalität hinstellt, andererseits im eigenen Haus solche Zustände duldet, die die Sicherheit des Flugverkehrs in unverantwortlicher Weise gefährden, macht sich unglaubwürdig.

Die genauen Umstände der Auftragsvergabe durch die Bundespolizei und das Beschaffungsamt wären zu klären (siehe hierzu: Leser-Kommentar vom 23.11.2017).


Weiterführende Informationen


Fußnoten

(1) Der ver.di-Bundesvorstand hatte nach der einstweiligen Verfügung die Berichterstattung über den Konflikt am Frankfurter Flughafen nicht nur eilfertig zurück gefahren, sondern auch andere Medien in der Republik mit persönlichen Anschreiben und Anrufen aufgefordert, es ihnen gleich zu tun – darunter die aktion./.arbeitsunrecht und das Portal Labournet.

Das Berliner ver.di-Justiziariat versäumte es allerdings, bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt nachzufragen. Wir kritisieren dieses butterweiche Vorgehen, das der Union Busting-Strategie von I-SEC objektiv in die Hände spielt. Wir hoffen, dass es eine Ausnahme darstellt. Die Meinungsfreiheit in der Arbeitswelt muss täglich neu verteidigt und erstritten werden!


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