Lohnraub: PutzfrauenPower! Protest vor InterConti

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Bericht und Bilder vom Protest gegen Lohnraub durch Sub-Unternehmer

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Putzfrauen-Triathlon, offenes Mikro und Protest gegen Lohnraub am 25. Juni 2017 vor dem Hotel Intercontinental, Düsseldorf.

Rund 40 Personen versammelten sich am Sonntagnachmittag vor dem InterConti auf der noblen Düsseldorfer Kö, um gegen Lohnraub zu demonstrieren.

Unter den Teilnehmer_innen waren zahlreiche Gewerkschafter der IG BAU Rheinland, Mitglieder und Sympathisanten der aktion./.arbeitsunrecht, u.a. der Antifa West, Linksjugend. Zudem kamen manche Reinigungskräfte und Leute, die nfrüher in der Branche gearbeitet hatten, um von ihren Erlebnissen zu berichten. Der Düsseldorfer Express, German Daily News und die Neue Rheinische Zeitung berichteten.

Runter vom Trottior | Vertreibung aus dem Eingangsbereich

Die Siegerinnen des 1. Düsseldorfer Putzfrauen-Triathlons vor dem InterConti
Die Siegerinnen des 1. Düsseldorfer Putzfrauen-Triathlons (Foto: Arbeiterfotografie)

Das Hotel InterConti gab sich einerseits auffällig zahm und gesprächsbereit, rief aber dennoch die Polizei, um uns aus dem direkten Eingangsbereich des Hotels zu vertreiben. Wir führten schnell noch einen Dreck-Unter-den-Teppich-Kehr-Wettbewerb in der Parkbucht vor dem Hotel durch.


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Bevor wir uns auf die andere Straßenseite trollten, kam der Grizzly BLSB 3030 zu Einsatz: Unser neuer  Laub- und Staub-Aufwirbler. Die benzin-betriebenene, stinkende Zweitakt-Lärm-Maschine war durch Spenden an die aktion./.arbeitsunrecht e.V. ermöglicht worden und soll in Zukunft öfter bei Aktionen zum Einsatz kommen, um Staub aufzuwirbeln. Der Grizzly säuberte den Hotel-Eingang, kostenlos.

In Zukunft werden wir überprüfen lassen, inwiefern die Verbannung von Protesten auf die entlegene Straßenseite nicht eine ungerechtfertigte Einschränkung unseres Demonstrationsrechtes beinhaltet. Ferner stehen wir auf dem Standpunkt, dass das Trottoir und die Parkbucht vor dem InterConti öffentlicher Grund und Boden sind. Das InterConti behauptet, es sei Privatgelände; die erschreckend unwissenden Düsseldorfer Polizisten folgten der InterConti-Auffassung offenbar ohne stichhaltige Sachkenntnis.

Dennoch gelang es, zahlreiche Flugblätter an Passanten, Hotelgäste und Bedienstete zu verteilen. Einige reagierten bestürzt über Lohnraub an Putzfrauen, einzelne wurden aber auch ausfallend („Fuck off!“, sagte ein Zigarre paffender Neureicher).


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Ein zur Beschwichtigung abgestellter Hotel-Vertreter äußerte, dass man vollstes Verständnis für Proteste gegen Lohnraub habe, ja man fände solches Engagement sogar super. Das InterConti habe allerdings die Verträge mit Karly Zingsheim und der Firma Zingsheim Hotel-Service GmbH (ZHS) auch sofort gekündigt, als dessen zwielichtige Methoden durch Presseberichte, Gerichtsverfahren und Proteste  ruchbar wurden (Arrivederci Zingsheim!, arbeitsunrecht.de, 31.8.2016).

Höchste Anspannung. Alina bereitet sich auf den Klobürsten-Zielwurf vor.
Höchste Anspannung. Alina I. bereitet sich auf den Klobürsten-Zielwurf vor. Am Ende reichte es nicht zum Sieg.

Statt Zingsheim nun AS-H. Wird es tatsächlich besser?

Bust the Union Busters! Jessica Reisner mit dem Grizzly 3030
Bust the Union Busters! Jessica Reisner mit dem Grizzly 3030

Inzwischen habe das InterConti den Sub-Unternehmer AS-H GmbH engagiert, der höchste Standards garantiere. Ein Blick auf die Website des Unternehmens, das die Marktführerschaft in der deutschen Hotelreinigung anstrebt, hinterlässt Zweifel: Arbeitsrechte und fairer Lohn sind hier nicht genannt. Stattdessen geht es immer nur um Schnelligkeit, Qualität, Preisersparnis (AS-H: „Qualitätspolitik“). Ferner wirbt AS-H mit folgenden Vorteilen für die Hotels: Keine Lohnfortzahlung, kein Einstellungsrisiko, kein Entlassungsaufwand (AS-H: „Unsere Philosophie“). Gemeint ist wohl auch: Keine Gewerkschaften, kein Betriebsrat, keine Streiks.

Die Kampagne PutzfrauenPower! wird daran arbeiten, dass faire Arbeitsbedingungen, Betriebsräte, ein Lohn, der zum Leben und für die Rente reicht, in Zukunft zu den Standards gehören, mit denen sich Werbung machen lässt – wenn Hotels sich Ärger vom Hals halten wollen.

Wir fordern vom InterConti Transparenz und unangemeldeten Zugang für Gewerkschafter_innen zum Personal, damit sie Putzfrauen und Putzmänner über ihre Rechte aufklären und Beschwerden entgegen nehmen können.

Redebeiträge, Erfahrungsberichte und Klobürsten-Zielwurf

Der Putzfrauen-Triathlon fand mit den Disziplinen Klobürsten-Zielwurf und Teppichklopfen seinen Abschluss. Die Siegerinnen Christa und Heike erhielten vom Kölner Pop-Art Künstler Rainer Hastrich einen goldenen Besen und eine goldene Klobürste.

Es gab zahlreiche interessante Redebeiträge. Werner Rügemer klärte über die Besitzverhältnisse der InterContinental Hotel Group (IHG) PLC auf – der größten Hotel-Kette der Welt (Franchise wie McDonald’s).

Holger Vermeer, Regionalleiter der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) im Rheinland, untermauerte, dass nur mit starken Gewerkschaften, mutigen Betriebsräten und Beschäftigten, gute Tarifverträge erreicht werden könnten:

Jegliches Lohndumping muss gemeinsam bekämpft werden. Der Mindestlohn im Gebäudereinigerhandwerk in der Innenreinigung beträgt derzeit 10 € pro Stunde. Wir kämpfen gegen Leistungsdruck und wehren uns dagegen dass Lohnerhöhung dazu genutzt werden, Arbeitszeiten der Kolleginnen zu reduzieren oder Quadratmeter Fläche zu erweitern. Schluss mit diesen Turboputzen!

Die IG BAU fordert derzeit in den Tarifverhandlungen für das Gebäudereinigerhandwerk ein Euro mehr pro Stunde, eine Lohn-Angleichung Ost-West, sowie einen Einstieg in ein 13. Monatseinkommen.

Dieses mehr als berechtigt. Zur Zeit mauern die Arbeitgeber und wir stellen uns auf eine harte Tarifrunde ein.

Ljubomir Stokrp, Mitglied der Tarifkommission des Facility-Konzerns Klüh sagte:

Wir müssen aus Niedriglohnsektor raus. Niedrigslohn produziert Altersarmut denn mit 10 Euro in Westen und 9,05 in Osten in der Gebäudereinigung kann man keine menschenwürdige Altersvorsorge treffen. Deshalb fordern wir 1Euro mehr wie auch Ost- West Angleichung und zusätzliches Weihnachtsgeld.

Es würde den Rahmen sprengen, alle Beiträge aufzuführen. Zu den Interessantesten gehörte der Bericht von Andrea B.:

Ich war 2 Jahre lang Operations Manager bei Klüh Hotelreinigung und weiß genau was da abläuft. Ich bin u. a. Hotel- und Gaststättenfachfrau und habe während meiner Ausbildung 1976 (!) 17 Zimmer pro Tag geputzt. Heute müssen Zimmerfrauen- und Männer mindestens 22 Zimmer putzen, um auf einen Mindestlohn zu kommen.


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Mehr Informationen:

InterConti: Franchise wie McDonald’s

GSA Fleisch: Für Lohnräuber wird die Luft langsam dünner

 


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