ARD: Kriminelle Fertigmacher-Methoden aufgedeckt

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Die Systematik war lange bekannt. Jetzt packt ein Privatdetektiv aus. Wichtige Fragen bleiben offen

Am Montag, 3. Juli 2017 sendete die ARD einen sehenswerten Beitrag über den Hardcore-Arbeitsrechtler Helmut Naujoks und dessen Methoden: „Die Rausschmeißer: Feuern um jeden Preis“ (Exklusiv im Ersten).

Kriminelle Methoden der Fertigmacher aufgedeckt
Die Letzten werden im Ersten sein. Naujoks‘ Spannmann Peter Wallisch exklusiv in der ARD (Screenshot „Die Rausschmeißer„, daserste.de 3.7.2017).

Die Süddeutsche Zeitung folgte mit zwei Veröffentlichungen: „Arbeitsunrecht“, 4. Juli 2017 (pdf) & „Fertiggemacht vom eigenen Chef“, 5. Juli 2017. (Ganz nebenbei können wir im Logbuch unseres Vereins die erste Erwähnung der aktion ./. arbeitsunrecht in der bundesweiten Mainstream-Presse verzeichnen.)

Hochkriminelle Netzwerke stoppen!

Die aktion ./. arbeitsunrecht fordert zu verstärktem Engagement auf, um dem kriminellen Treiben von Naujoks und Konsorten endlich ein Ende zu setzen! Es ist seit 2007 bekannt und seit 2014 gut dokumentiert. Die aktion . /. arbeitsunrecht legt konkrete Vorschläge und Forderungen zur Reform der betrieblichen Mitbestimmung vor: Betriebsräte stärken (pdf).

Die Fertigmacher. 3. Auflage
Das Standardwerk zum Thema von Werner Rügemer und Elmar Wigand ist 2017 in 3. aktualisierter Auflage erschienen – erweitert um 40 Seiten. >> Hier zu bestellen.

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Neu ist allerdings, dass erstmals ein Privatdetektiv detaillierten Einblick gewährt, der an verdeckten Manövern gegen Betriebsratsmitglieder beteiligt war. Dem Recherche-Verbund aus NDR, WDR und SZ flossen außerdem brisante Dateien zu, aus denen sich strategische Absprachen und konzertierte Aktionen rekonstruieren lassen.

Wenn die Fakten im ARD-Beitrag stimmen, dann handelt es sich hier um ein kriminelles Netzwerk, das Straftaten wie Prozessbetrug, Falschaussagen vor Gericht, psychische Körperverletzung, Diskriminierung, Behinderung der Betriebsratsarbeit verabredet und erfolgreich durchgeführt hat. Daran beteiligt war ein Dreieck aus:

  • aggressionsbereiten Arbeitgebern als Auftraggebern,
  • dem Union Busting-Berater und Arbeitsrechtsanwalt Helmut Naujoks als strategischem Kopf und Koordinator,
  • Detekteien als ausführenden Handlangern.

Prinzip Pontius Pilatus: Hände in Unschuld waschen

Eine Kette von Sub-Unternehmern wird aufgebaut, um Verantwortlichkeiten von Personalabteilungen und ihren Rechtsanwälten zu verschleiern. Naujoks lässt erklären, er habe nie zu Straftaten angeleitet, auch die Arbeitgeber waschen ihre Hände regelmäßig in Unschuld. Selbstverständlich wüssten sie nichts von illegalen Peilsendern unter den Autos von Zielpersonen und ähnlichen Dingen.


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Für die juristische Umsetzung von konstruierten und fingierten Kündigungsgründen (Körperverletzung, Alkohol am Arbeitssplatz, Androhung von Gewalt) zeichnete Naujoks jedoch selbst verantwortlich. Mitunter ließ er sich – wie schon in anderen Fällen – von seinem Spannmann Peter Wallisch vertreten.

Fingierte Kündigungsgründe: Prozessbetrug und Falschaussage vor Gericht

Der ARD-Beitrag leuchtet folgende Fälle aus:

  • Automobil-Zulieferer SchweizerGroup KG (ehemals Plattenhardt), Hattenhofen (yenihayat.de berichtete am 3.5.2011)
  • Seniorenresidenzen im Park und am Kaiserberg der Schacht GmbH in Bad Nauheim (Wetterauer Zeitung berichtete am 1.6.2012)
  • Pflegeheim der MK-Kliniken AG (ehemals Marseille) in Herne (arbeitsunrecht.de berichtete am 2.2.2017).

Im Fall der Seniorenresidenzen soll der Einsatz der Detektive insgesamt 75.000,- Euro gekostet haben, 30.000,- als Vorauszahlung. Stundensatz pro Detektiv: 100,- Euro.

Nach einer „Sondierungsphase“, in der die Detektive als Leiharbeiter, Praktikanten oder sonstige Neulinge im Betrieb arbeiteten, wurde ein minutiöser Plan ausgeheckt, der meist mit Beteiligung der Personalleitung umgesetzt wurde und jedesmal zu einer Kündigung aus der Feder Hemut Naujoks‘ führte.

Oft hatten die Methoden Erfolg – auch weil die ahnungslosen Arbeitsrichter auf den kriminellen Bullshit herein fielen. Oder weil die Gerichte dem von Naujoks phantasievoll ausgemalten Szenario „Sodom und Gomhorra im Betrieb“ bereitwillig Glauben schenkten. Wenn die Angriffe vor Gericht abgewendet werden konnten – was seit drei Jahren regelmäßig der Fall ist -, gelang dennoch oft eine Zermürbung der Einzelpersonen. Eine üppige Abfindung mit Maulkorb-Klausel – wie im Fall Plattenhardt / SchweizerGroup – kann ihr Übriges dazu tun.

Wichtige Fragen bleiben offen | Zusammenhänge nicht hergestellt

Die Rolle der Arbeitsgerichte wurde nicht beleuchtet: Jedoch gehört zum Netzwerk des Gespanns Naujoks / Wallisch z.B. auch der Direktor des Arbeitsgerichts Pforzheim, Hans Weischedel. Er wird von ihnen gern als Mediator verwendet. So war er im Fall SchweizerGroup Plattenhardt KG (NWZ 11.08.2011) und im Fall Firmenich beteiligt („Der faule Duft des Union Busting“, arbeitsunrecht.de 14.4.2015).

Leider beleuchtet der TV-Beitrag wichtige Zusammenhänge nicht:

  • Warum bleiben die Staatsanwaltschaften untätig?
  • Warum lassen sich die Arbeitsgerichte so billig und bereitwillig hinters Licht führen?
  • Warum wird die Rechtsanwaltskammer nicht aktiv und entzieht Figuren wie Helmut Naujoks die Zulassung?
  • Warum klebt die öffentliche Aufmerksamkeit – wider besseren Wissens – so an der Figur Helmut Naujoks und lässt Anwälte aus anderen Kanzleien unbeachtet, auch wenn diese nachweislich vergleichbare Methoden anwenden? Eine kleine Auswahl aus unserem reichhaltigen Fundus: Gerlind Wisskirchen (CMS Hasche Sigle), Eckard Schwarz (Hogan Lovells), Jan Tibor Lelley, Mathias Kühnreich, Tobias Grambow (Buse Heberer Fromm).

Fazit: Fertigmacher Naujoks ist nur die Spitze des Eisbergs

Auch das Treiben vermeintlich renommierter Arbeitsrechts- und Wirtschaftskanzleien gehört ins Blickfeld. Zum Spiel des Union Busting gehören ebenso die Untätigkeit der Staatsanwaltschaften und die Mitwirkung von gutgläubigen oder ignoranten Arbeitsrichtern.


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