Median: Vampire in Düsseldorf

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Aktionstag Schwarzer Freitag, 13. Januar 2017 gegen Hedge-Fonds und Union Buster in der Reha-Branche

Median-Waterland stoppen! Vampir-Demo in Düsseldorf

Wenn Pflege-Personal, das kurz vor dem Kollaps steht, Patienten mit Burn-out behandelt, dann klingt das nach Median. Der Gesundheits-Konzern Median-Kliniken GmbH betreibt über 120 Häuser und ist mit rund 15.000 Angestellten der größte private Reha-Betreiber in Deutschland.

Erst im Juli 2016 verleibte sich der Konzern die Düsseldorfer „Allgemeine Hospital-Gesellschaft“ (AHG) ein (terz 09/2016). Die Initiative aktion ./. arbeitsunrecht ruft im Rahmen der Kampagne „Jetzt schlägt’s 13!“ bundesweit zu Protesten in und um Median-Einrichtungen auf, sowie vor Büros des Kostenträgers Deutsche Rentenversicherung.

Ein weiteres Ziel sind Niederlassungen der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt, deren Anwälte mit Zermürbungsmethoden gegen aufmüpfige Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschafter vorgehen.


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Protest im Düsseldorfer Medienhafen

Die Spur des Schreckens führt nach Düsseldorf. Hier ist nicht nur Beiten Burkhardt vertreten (Cecilienallee 7). Aus Düsseldorf dirigiert Hedge-Fonds-Manager Carsten Rahlfs das Berliner Median-Management mit Profit- und Optimierungsvorgaben. Denn Median gehört dem niederländischen Finanzinvestor Waterland. Vor Rahlfs‘ Büro (Neuer Zollhof 1) findet daher eine Blutsauger-Demo statt: 

Vampir-Demo – Gegen Blutsauger im Gesundheitswesen!
Freitag, der 13. Januar 2017 | 13:13 Uhr
Neuer Zollhof 1, 40221 Düsseldorf

Wir nähern uns Karneval; die Kampagne „Jetzt schlägt’s 13!“ bespielt auf augenzwinkernde Weise das Horror-Thema. So bitten die Organisator_innen, in Vampir-Kostümen zu erscheinen (gern auch als Zombies, Mumien, Priester oder Kranke) und Knoblauch, Weihwasser, Spiegel und andere Exorzismus-Utensilien mit zu bringen!

Doch ist der Vampir-Vergleich nicht zu populistisch?

Tatsächlich beruht die mittelfristig angelegte Strategie von Hedge-Fonds darauf, die Objekte ihrer Übernahmen auszusaugen, zu filetieren, die „unprofitablen Teile“ auszulagern, und den verbliebenen entkernten und top-sanierten Rest nach ca. fünf Jahren weiter zu verkaufen. Wenn dann überhaupt noch etwas übrig bleibt.

Waterland hat Median 2014 erworben und als erste Amtshandlung sämtliche Klinik-Immobilien an den US-amerikanischen Immobilien-Trust Medical Properties Trust Inc. verscherbelt, um sie in den kommenden Jahrzehnten teuer zurück zu mieten. Ein beliebter Trick, um kurzfristig Geld abzuschöpfen und künstlich rote Zahlen zu erzeugen. Manchmal geht das auch schief.

So ruinierte der momentan inhaftierte ehemalige Bertelsmann-Manager Thomas Middelhoff bereits KarstadtQuelle (WiWo 8.6.2009), so ließen die Hedgefonds KKR und Centerbridge die Werkstattkette ATU ausbluten (SZ, 11.12.2016).


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Rote Zahlen gezielt erzeugt

Den resultierenden Druck durch selbst verursachte Verluste reicht das Management an die Belegschaft weiter in Form von flächendeckender Tarifflucht, Behinderung der Betriebsratsarbeit und sogar Schließung eines gewerkschaftlich gut organisierten und streikbereiten Standorts wie der Weserklinik in Bad Oeynhausen. 140 Personen verloren ihren Job.

Die Weserklinik in Bad Oeynhausen war wohlgemerkt profitabel. Es handelte sich um einen Akt ökonomischen Terrors, denn Median wollte zur tariffreien Zone werden. Dabei störte das Widerstandsnest im Weserbergland.

Derweil hoffen die Beschäftigten der neu hinzu gekommenen AHG-Kliniken vermutlich noch, glimpflich davon zu kommen. Doch auch hier stehen die Zeichen auf Sturm: Die berüchtigte Unternehmensberatung McKinsey ist bereits im Hause und fahndet nach „Optimierungspotential“.

Race to the Bottom – Rattenrennen um niedrigste Standards

Die Gesundheitsbranche steht unter besonderem Druck. Manager und Controller versuchen, Profite zu steigern und selbst in mageren Zeiten wie diesen mit der Brechstange bis zu 20 Prozent Rendite aus Immobilien, Patienten und Belegschaften zu quetschen. Politiker, Länder und Kommunen sowie Kranken- und Rentenkassen wollen Kosten senken.

In diese ohnehin angespannte Lage stoßen vermehrt jene Finanzinvestoren, die sich nach etwas die Finger lecken, das sie in ihrem Musterland USA nie hatten und sogar verteufeln: Eine flächendeckende allgemeine Krankheits-, Gesundheits- und Rentenvorsorge, die staatlich abgesichert ist. Einerseits gilt eine allgemeine Sozialversicherung unter neoliberalen US-Hardlinern als Einstiegsdroge für den Sozialismus, andererseits sind keine Kühe besser zu melken, als der (dumme) Staat und halb-staatliche Versicherungen.

Kranke Arbeitswelt, Paradies für Profite

Das Verhältnis neoliberaler Strategen, Manager und Berater zur staatlichen Gesundheitsvorsorge ist demnach paradox und verlogen. Und es gibt noch einen weiteren Punkt, an dem sich die Katze in den Schwanz beißt: Die Reha-Branche erscheint gerade deshalb als ein besonders lukratives Feld für transatlantische Turbo-Kapitalisten, weil die deutsche Arbeitswelt durch deren „wissenschaftliche Betriebsführung“ in den vergangenen 30 Jahren zusehends inhuman geworden ist.

Ihre immer abstruser werdenden Controlling-, Auslagerungs- und Optimierungsmethoden machen eine steigende Zahl von Beschäftigten krank. Diese Kranken landen dann in der Rehabilitation und treffen dort – meist ohne es zu bemerken – auf Personal, das ebenfalls durch gesteigerte Arbeitshetze, Mobbing und juristische Sperrfeuer zermürbt wird.

So kommt es vor, dass gemobbte, ausgebrannte Beschäftigte in der Reha von Betriebsrats- und Gewerkschaftsmitgliedern behandelt werden, die demnächst ebenfalls unter dem Druck des Managements zusammenklappen könnten.

Miese Arbeitsbedingungen = Pflegenotstand

Deshalb gehen die Vorgänge bei Median alle Beschäftigen an – nicht nur die aus der Gesundheitsbranche: Weil wir alle eines Tages selbst in der Reha landen könnten:

  • Weil wir in der Reha nicht demselben, krankhaften Arbeitssystem begegnen wollen, das uns womöglich in die Arbeitsunfähigkeit getrieben hat.
  • Weil wir nicht von gestresstem Personal am Ende schlampig behandelt und nach Vorgabe profitgetriebener Klinikleitungen systematisch gesund geschrieben werden wollen.

Es bleibt abzuwarten, wie Waterland auf den neuen Ansatz reagiert, mit Mummenschanz und öffentlichem Outing gegen sie selbst vorzugehen und gleichzeitig die Struktur unter Rechtertigungsdruck zu setzen, die ihre satten Profite zahlt: Die Deutsche Rentenversicherung.

Gesundheit ist keine Ware!

Reha darf kein Spekulationsobjekt sein!

Elmar Wigand


Der Beitrag erschien im Januar 2017 im Düsseldorfer Stadt-Magazin Terz.


Mehr Infos: https://aktion.arbeitsunrecht.de/de/freitag13/Januar2017/median

Kontakt: https://aktion.arbeitsunrecht.de/de/verein


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1 Kommentar

  1. Lieber Elmar Wigand,

    vielleicht weißt du schon von unserem neuen Filmprojekt „Der marktgerechte Mensch“. http://marketable-people.org/index.php/de/ Krankenhausprivatisierung und Pflegenotstand weren dabei eine wichtige Rolle spielen. Könntest Du uns möglichereise Kontakte in Düsseldorf nennen bitte?

    Herzlichen Gruß
    Herdolor Lorenz und Leslie Franke
    Kernfilm

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