Verdachtskündigung gegen Produktionsarbeiter in Pharma-Fabrik Nattermann Köln (Sanofi-Aventis) geht in Berufung. Verdachtskündigung trotz Unschuld in erster instanz bestätigt
Der Arbeiter und Familienvater Ugur K. bittet um Solidarität bei seinem Prozess vor der Landesarbeitsgericht Köln:
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Mittwoch, den 28.11.2012 um 11:30 Uhr
Saal 100, 1.Stockwerk
Landesarbeitsgericht Blumenthalstrasse 33, 50670 Köln
Hintergrund:
In der Produktionsstätte von Nattermann kam es offenbar immer wieder zu Ausfällen, vermutlich durch schlampige Arbeit, ineffiziente Technik, vielleicht Manipulation und Sabotage – wie den Aussagen des ersten Prozesses zu entnehmen war. Als Schuldigen und Sündenbock versuchte man Ugur K. dingfest zu machen und zu überführen. Er wurde letztendlich ohne stichhaltige Beweise aufgrund von Mutmaßungen und möglicherweise konstruierter Indizien schwerer Verbrechen beschuldigt. Die anhängigen Strafverfahren verliefen im Sande, Ermittlungen wurden eingestellt. Er ist demnach strafrechtlich unschuldig. Dennoch wurde seine Kündigung durch das Arbeitsgericht Köln bestätigt.
Es besteht der dringende Verdacht, dass Ugur K. als selbstbewußter mitunter renitenter Arbeiter zum Sündenbock für die Produktionsausfälle bei Nattermann gemacht werden sollte. Dass man mit großem Aufwand (Bespitzelung, Polizeieinsatz) an ihm ein Exempel statuieren wollte, um den Rest der Belegschaft einzuschüchtern.
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Die Umkehr der Beweislast am Arbeitsplatz?
Vor dem LAG Köln wird es im Kern um folgenden juristisch hoch interessanten Sachverhalt gehen: Die Unschuldsvermutung und die Umkehr der Beweislast. Gelten am Arbeitsplatz Sonderrechte, die das bürgerliche Rechtsverständnis auf den Kopf stellen? Muss ein Beschuldigter seine Unschuld nachweisen können? Was könnnen Arbeiter_innen tun, wenn ein Unternehmen offensichtlich mit Vergeltungsmaßnahmen reagiert? Reicht es für ein Unternehmen aus, das “ gegenseitige Vertrauensverhältnis“ einseitig zu zerstören, um einen Arbeiter los zu werden?
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UGUR KASAPBASI HAT GEWONNEN!
URTEIL
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.04.2012 – […] – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch d
ie Kündigungen der Beklagten vom 04.02.2011 sein Ende gefunden hat.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bis zum rechtskräftigen Abschlus
s des Rechtsstreits als Transportmitarbeiter weiter zu beschäftigen.
2. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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