Neupack: Milram und Lidl ignorieren skandalöse Zustände bei Zuliefer-Betrieb

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Großmolkerei und Discounter beantworten Anfragen halbherzig | Neupack setzt Betriebsrat unter Druck | Lidl startet Werbeoffensive | Schwarzer Freitag in Vorbereitung

Lidl: Protest gegen Überwachung
Lidl Stasi: Protest gegen Überwachungsmethoden beim Billig-Discounter am 1. Mai 2008 in Berlin-Kreuzberg.

Die aktion ./. arbeitsunrecht e.V. fragte beim Deutschen Milch Kontor (DMK) und der Geschäftsleitung des Discounter „Lidl“ schriftlich nach, wie man zu Betriebsrats-Bashing und juristischen Zermürbungsversuchen gegen Gewerkschafter beim Zulieferer Neupack steht. Schließlich rufen wir Bürger und Aktivisten dazu auf, am Aktionstag „Schwarzer Freitag“ gegen MILRAM und LIDL zu protestieren: https://arbeitsunrecht.de/freitag13  Nun wollten wir den Großabnehmern von Neupack-Plastikbechern wenigstens die Möglichkeit geben, zu reagieren. Leider kam nichts Gutes dabei heraus.

Bettelbriefe auf Bestellung: Betriebsrat als Knetmasse

Beim Plastikbecher-Hersteller Neupack führte unsere Anfrage in der vergangenen Woche zu turbulenten Szenen. DMK bat Neupack um Stellungnahme. Dort wurden Betriebsratsmitglieder zum Kreuzverhör ins Personalbüro bestellt und unter Druck gesetzt, Unterwerfungserklärungen und Bettelbriefe an den Großkunden DMK zu verschicken. Von einer Rücknahme der Wellen aus Abmahnungen und Kündigungen, mit denen aktive Gewerkschafter wie Murat G. bei Neupack seit Wochen zermürbt werden sollen, war keine Rede. Offenbar sind die Unternehmerfamilie Krüger und ihr Mann fürs Grobe, Arne Höck, der Auffassung, dass die bloße Schaffung von Arbeitsplätzen ihnen einen Freifahrtsschein für Rechtsmissbrauch und Schikanen im Betrieb gibt. Nach dem Motto: Hauptsache Arbeit, egal wie miserabel.

Die norddeutsche Groß-Molkerei DMK, die unter anderem die Marken MILRAM, Oldenburger und Humana führt,  stellt auch Produkte für die Eigenmarke „Milbona“ des Discounters „Lidl“ her. Auf unsere Nachfrage erhielten wir von DMK folgende, offensichtlich widersprüchliche, Antwort:

„Bitte haben Sie Verständnis, dass DMK sich nicht zu Fragen
äußern möchten, die interne Angelegenheiten anderer Unternehmen betreffen, auch wenn es sich dabei um Geschäftspartner handelt.
Wir können Ihnen allerdings versichern, dass DMK bei der Auswahl seiner Geschäftspartner, neben anderen Kriterien, auch großen Wert auf die Einhaltung ethischer Standards legt.“ (Bremen, 02. März 2015)

Die aktion./.arbeitsunrecht kann wiederum versichern, dass sie kein Verständnis für diese ignorante Haltung gegenüber skandalösen Arbeitsbedingungen beim Zulieferer Neupack hat. Die Methode Pontius Pilatus („Wir waschen unsere Hände in Unschuld“) werden wir nicht akzeptieren. Selbstverständlich  tragen Großkunden die volle Verantwortung für Missstände und Grausamkeiten in ihrer Zulieferer-Kette. Zumal Großkunden ein skrupelloses Verhalten der untergeordneten Geschäftsleitungen meist noch befeuern, indem sie Zulieferer über ihre Monopolstellung zu Preis- und Lohndumping zwingen. Das soll die skandalösen Zustände bei Neupack allerdings weder rechtfertigen noch kann es sie ausreichend erklären. Die Härten bei Neupack entspringen zu einem Großteil dem feudalistisch-patriarchalen Führungsstil der Familie Krüger und ihrer Handlanger. Offensichtlich fehlt hier sowohl die Bereitschaft als auch die Fähigkeit, einen Betrieb nach demokratischen Mindeststandards zu organisieren.


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Halb voll oder halb leer? Arbeitsrechte sind Menschenrechte. Da gibt es nichts abzuwägen: Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz sind kriminell und durch nichts zu entschuldigen. (Foto anonym)
Halb voll oder halb leer? Bürgerrechte und Arbeitnehmerrechte sind unteilbar und unveräußerlich: Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz sind keine Kavaliersdelikte sondern kriminell. (Foto anonym)

DMK und LIDL: Methode Pontius Pilatus

Die Lidl-Geschäftsführung gibt sich in ihrer Antwort auf unsere Anfrage noch einfallsloser als DMK und versucht, mit der Behauptung durchzukommen, dass Lidl überhaupt keine Geschäftsbeziehungen zu Neupack unterhalte. Wir haben uns deshalb erlaubt, um eine Präzisierung dieser Aussage zu bitten. Eine telefonische Nachfrage am 02. März 2015 ergab, dass man bei Lidl offenbar noch an der schwierigen Aufgabenstellung herum knobelt.

Vermutlich ist es ein Zufall: Zeitgleich setzte eine massive Imagekampagne für LIDL in TV- und Radio ein. Laut Fachportal Werben + Verkaufen will LIDL sein Billig-Image loswerden. Der Discounter ist ein gebranntes Kind. 2004 veröffentlichte ver.di ein „Schwarzbuch Lidl“, das u.a. die Bekämpfung von aktiven Betriebsräten und Gewerkschaftern bei Lidl dokumentierte, 2006 folgte das Schwarzbuch Lidl Europa. Die ver.di-Kampagne konnte dem Image der Supermarkt-Kette erheblichen Schaden zufügen. Bis heute gibt es dort nur in ganz wenigen Einzelfällen Betriebsratsgremien, die eine aktive Interessensvertretung betreiben.

Ein Unrecht an einem ist ein Unrecht an allen!

Deshalb: Beteiligen Sie sich an Protesten am Freitag den Dreizehnten: https://arbeitsunrecht.de/freitag13 !

Ausführliche Infos zu Neupack finden Sie hier.

Flugblatt zum Download: hier (pdf, 1,6 MB).

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Dokumentation

Anfrage an DMK/Marke Milram 23.02.2015:

Sehr geehrter Dr. Schwaiger, sehr geehrte Mitglieder der Milram-Geschäftsführung,

die Geschäftsführung des Plastikbecher-Hersteller Neupack in Hamburg geht äußerst aggressiv gegen den von der Belegschaft gewählten Betriebsratsvorsitzenden und weitere Betriebsratsmitglieder vor (http://www.neupack.de/produkte/deutsch/index.php?productPage=ueberblick). Dem Betriebsratsvorsitzenden wurde bereits neun Mal gekündigt. Die Geschäftsleitung unter Jens Krüger, Lars Krüger und Arne Höck hat mit Unterstützung der Kanzlei Taylor Wessing, ebenfalls HH, sämtliche Register übler Union Busting Methoden gezogen. Kündigungen wurden stets pünktlich zum Start in den Familienurlaub, zum Geburtstag oder zu den Weihnachtsfeiertagen versandt. Bereits 2x wurde die Detektei Alpha Security Consult & Concept Axel Benkhardt auf den Betriebsratsvorsitzenden angesetzt um hanebüchene Kündigungsgründe zu konstruieren.

Hintergrund des Vorgehens von Neupack gegen seine eigenen Beschäftigten dürfte die Forderung eines Tarifvertrags sein, den die Belegschaft 2012/2013 in einem mehrmonatigen Streik erkämpfen wollte. Die Neupack-Geschäftsführung setzte damals polnische Streikbrecher ein. Spätestens seit einer Postkartenaktion der IG BCE an Ihre Adresse, ist das Vorgehen der Neupack-Geschäftsführung auch der Geschäftsführung der Marke Milram bekannt.

Wir bitten deshalb um Stellungnahme zu folgenden Fragen: Ist Milram nach wie vor Neupack-Kunde? Wann genau plant die Milram-Geschäftsführung Konsequenzen aus dem Vorgehen der Neupack-Geschäftsführung zu ziehen und den Lieferanten zu wechseln? Falls dies bereits geschehen ist: wann wurden die Geschäftsbeziehungen zu Neupack aufgekündigt?

Falls es Informationslücken geben sollte, werden Sie hier fündig: ttp://arbeitsunrecht.de/neupack-laesst-arzt-bespitzeln-um-betriebsrat-zu-kuendigen/> Schmutzige Methoden – „Union Busting“ bei Neupack zu den aktuellen Gerichtsterminen: https://www.youtube.com/watch?v=II0pfnUJdLU http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Wie-Firmen-gegen-Betriebsraete-vorgehen,betriebsraete106.html Dezember 2014 https://arbeitsunrecht.de/neupack-uebt-revanche/ September 2014 https://arbeitsunrecht.de/tv-tipps-panorama-3-und-report-mainz/ https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-september-2013/ September 2013 https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-31-33-kw/ August 2013 https://arbeitsunrecht.de/neupack-und-rowa-betriebsrat-unerwunscht/ Februar 2013 Sendung Panorama 3 vom 29.01.2013 http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/panoramadrei481.html Trailer zum Film: Neupack, der Streik https://www.youtube.com/watch?v=t3RKrHdtHko http://www.labournet.de/branchen/sonstige/verpackungen/neupack/

Wir weisen darauf hin, dass wir diese Anfrage und Ihre Antwort veröffentlichen werden und bitten um Rückmeldung bis 27.02.2015.

Mit freundlichen Grüßen, im Namen des Vorstands und der Mitglieder

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Anfrage an DMK allgemein 23.02.2015

Sehr geehrter Dr. Schwaiger, sehr geehrte Mitglieder der DMK-Geschäftsführung,

laut eigener Presemitteilung belegen Sie als Arbeitgeber in einem Fokus-Ranking einen der Spitzenplätze als bester Arbeitgeber. Bei Ihrem Geschäftspartner Neupack sieht das schon ganz anders aus. Wie Sie bereits unserer Anfrage vom heutigen Vormittag, die speziell auf die Marke Milram abzielte, entnommen haben, sind einige Betriebsratsmitglieder bei Neupack einem regelrechten Terror der Neupack-Geschäftsführung ausgesetzt.

Wir bitten Sie deshalb als DMK-Geschäftsführung um Stellungnahme zu folgenden Fragen:

– Für welche Marken unterhält das Deutsche Milch Kontor Geschäftsbeziehungen zu Neupack?

– Werden Produkte der Marken Humana und Heideblume in Neupack-Behältnissen verkauft?

– Wann gedenkt die Geschäftsführung des Deutschen Milch Kontor seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden und die Geschäftsbeziehungen zu Neupack einzustellen? (Sollte dies bereits geschehen sein: wann?)

Mit freundlichen Grüßen, im Namen des Vorstands und der Mitglieder

– – –

Anfrage Lidl am 25.02.2015

Sehr geehrte Lidl-Vorstandsmitglieder, sehr geehrte Damen und Herren in der Geschäftsführung,

die Geschäftsführung des Plastikbecher-Hersteller Neupack in Hamburg geht äußerst aggressiv gegen den von der Belegschaft gewählten Betriebsratsvorsitzenden und weitere Betriebsratsmitglieder vor (http://www.neupack.de/produkte/deutsch/index.php?productPage=ueberblick). Dem Betriebsratsvorsitzenden wurde nach unseren Informationen bereits neun Mal gekündigt. Die Geschäftsleitung unter Jens Krüger, Lars Krüger und Arne Höck hat mit Unterstützung der Kanzlei Taylor Wessing, ebenfalls HH, sämtliche Register übler Union Busting Methoden gezogen. Kündigungen wurden stets pünktlich zum Start in den Familienurlaub, zum Geburtstag oder zu den Weihnachtsfeiertagen versandt. Bereits 2x wurde die Detektei Alpha Security Consult & Concept Axel Benkhardt auf den Betriebsratsvorsitzenden angesetzt um unserer Auffassung nach hanebüchene Kündigungsgründe zu konstruieren.

Hintergrund des Vorgehens von Neupack gegen seine eigenen Beschäftigten dürfte die Forderung eines Tarifvertrags sein, den die Belegschaft 2012/2013 in einem mehrmonatigen Streik erkämpfen wollte. Die Neupack-Geschäftsführung setzte damals polnische Streikbrecher ein. Laut unseren Informationen werden diverse Produkte der Lidl-Eigenmarke Milbona in Neupack-Behältnissen angeboten.

Wir fordern von Lidl und seinen Zulieferern, sich ihrer sozialen Verantwortung zu stellen. Wir bitten deshalb um Stellungnahme zu folgenden Fragen:

– Was unternimmt die Lidl-Geschäftsführung, um demokratische Arbeitsbeziehungen und Gewerkschaftsrechte, speziell beim Zulieferer Neupack, sicher zu stellen? – Wäre Lidl gegebenenfalls bereit, auf Plastikprodukte auf dem Hause Neupack zu verzichten?

Falls es Informationslücken geben sollte, werden Sie hier fündig: https://arbeitsunrecht.de/neupack-laesst-arzt-bespitzeln-um-betriebsrat-zu-kuendigen/> Schmutzige Methoden – „Union Busting“ bei Neupack zu den aktuellen Gerichtsterminen: https://www.youtube.com/watch?v=II0pfnUJdLU http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Wie-Firmen-gegen-Betriebsraete-vorgehen,betriebsraete106.html Dezember 2014 https://arbeitsunrecht.de/neupack-uebt-revanche/ September 2014 https://arbeitsunrecht.de/tv-tipps-panorama-3-und-report-mainz/ https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-september-2013/ September 2013 https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-31-33-kw/ August 2013 https://arbeitsunrecht.de/neupack-und-rowa-betriebsrat-unerwunscht/ Februar 2013 Sendung Panorama 3 vom 29.01.2013 http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/panoramadrei481.html Trailer zum Film: Neupack, der Streik https://www.youtube.com/watch?v=t3RKrHdtHko http://www.labournet.de/branchen/sonstige/verpackungen/neupack/

Mit freundlichen Grüßen, im Namen des Vorstands und der Mitglieder


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