Update: Union Busting bei UPS in Langenhagen

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Was lange währt wird endlich gut? Betriebsrats-Neuwahlen am 18. + 19. September 2017 in Hannover

Solche und ähnliche Karren repariert unser Kollege Fritz in Hannover. Im Betriebsrat will er für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung bei UPS sorgen.

Der UPS-Standort Hannover-Langenhagen hat eine lange Konfliktgeschichte, die um gewerkschaftliche Organisierung und die Behinderung des Betriebsrates kreist.

2014 berichteten wir unter dem Titel „UPS sabotiert Betriebsratswahl“ erstmals über die Versuche unseres Mitstreiters Fritz W., KfZ-Mechaniker und ver.di-Gewerkschafter, in den Betriebsrat einzuziehen. Nach über drei Jahren hartnäckigen Bestehens auf seine demokratischen Mitbestimmungsrechte tritt er nun mit der Liste „ver.di – Frischer Wind“ erneut zur Betriebsratswahl an.

Wir wünschen dem Kollegen Fritz alles Gute und rufen zur Wahl der Liste „verdi – Frischer Wind“ auf!

Die Vorgeschichte: Am 10. Februar 2014 wollten Fritz W. und seine Mitstreiter eine eigene Vorschlagsliste mit 40 Kandidaten und 80 Unterstützerunterschriften zur Betriebsratswahl einreichen, um den alten, weitgehend untätigen Betriebsrat unter Vorsitz von Ralf Hecker endlich abzulösen.

Dem UPS-Management und unternehmenshörigen Mitgliedern des amtierenden Betriebsrat gelang es mit fadenscheinigen Tricks, die Liste „Frischer Wind“ von der Wahl auszuschließen.


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Die Kollegen gaben als Ausdruck ihres Unwillens über den Umgang mit der Liste “Frischer Wind” seinerzeit bei der Wahl 133 ungültige Stimmen ab. Über ein Drittel der insgesamt 368 Stimmen.

Was uns nicht umbringt, macht uns nur hart. (Foto privat)

Die Wahl wurde später erfolgreich angefochten, unter anderem mit dem Begründung, dass der Wahlaushang, trotz vieler migrantischer Kolleg*innen, ausschließlich in deutscher Sprache erfolgt war. Auch das Timing des Wahlaushangs galt als höchst umstritten.

Während dessen deckte die Geschäftsleitung Fritz W. mit konstruierten Abmahnungen und Kündigungen ein, die sich als nicht gerichtsfest erwiesen, aber ihre zermürbende Wirkung dennoch entfalteten. Wir berichteten über eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage: Fritz W. siegt in Langenhagen

Verzögerung der Neuwahl

Um den arbeitgebernahen Betriebsrat möglichst lange im Amt zu halten, spielten Management und gelber Betriebsrat auf Zeit und steuerten die nächste Instanz an. Im April 2017 wies das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurück und ließ keine weitere Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht zu.

Kurz vor Ablauf der Frist reichten die unterlegenen Anwälte der Kanzleien Justem (für UPS) und Panhorst Driver-Polke (für den gelben Betriebsrat) die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht ein.

Eine weitere Niederlage wollte man bei UPS aber wohl doch nicht riskieren und der Betriebsrat trat am 01.08.2017 ohne großes Aufsehen zu erregen zurück. Bereits am 04.08.2017 wurde die Wahl in 13 Sprachen (!) per Aushang ausgeschrieben. Gleichzeitig berichten Beschäftigte, dass Druck auf Kolleg*innen ausübt würde, z.B. mit dem Hinweis, dass Personen nicht versichert seien, die in ihrer Freizeit Stützunterschriften für BR-Listen sammelten.

Straffreiheit für Union Busting beenden

Um das Auslesen von Stützunterschriften zu vermeiden haben sich die beiden gewerkschaftsnahen Listen „Frischer Wind“ und „Gerechtigkeit“ zusammen getan.

Die bisherigen Stör-Manöver des Managements bleiben folgenlos. Die aktion ./. arbeitsunrecht e.V. fordert schon seit langem die Einführung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften.

Der leidgeprüfte UPS-Mann Fritz W. hat ebenfalls Vorschläge zur Verbesserung von BR-Wahlen:

Es ist eigentlich schade, dass derart auffällig gewordene Betriebe nicht, zumindest bei der ersten BR-Wahl nach dem Konflikt, gerichtliche Auflagen zu erfüllen haben bzw. die Wahl vom Gericht begleitet wird. Ein vom Gericht eingesetzter und paritätisch besetzter Wahlvorstand, eine Beschwerde- und Prüfungsstelle beim zuständigen Arbeitsgericht wären bestimmt sinnvoll. Auch die Manipulation der BR-Wahl durch den Aushang in nur einer Sprache und die ganzen anderen Versuche den „Aufstand der Belegschaft“ niederzuschlagen und somit den gewünschten BR durchzudrücken bleiben für die Akteure komplett ohne Rechtsfolge. Das ist eigentlich eine Aufforderung an die Arbeitgeber immer wieder mit unfairen Mitteln eine BR-Wahl zu beeinflussen.

Die vollständigen Reformvorschläge der aktion ./. arbeitsunrecht e.V. zum besseren Schutz von Betriebsratsmitgliedern und Gewerkschaftern können hier heruntergeladen werden: Betriebsräte stärken

Zweifelhafter juristischer Geleitschutz

UPS lässt sich vor Gericht von der Kanzlei Justem in Person des Rechtsanwalts Thilo Manhold vertreten. Justem war für UPS auch schon am Standort Ditzingen/Stuttgart tätig. Für den gelben Betriebsrat in Langenhagen hat die Kanzlei Panhorst Driver-Polke das Mandat (Quelle: juve.de). Bevor Kerstin Panhorst und Oliver Driver-Polke sich selbständig machten, waren sie wie Thilo Manhold bei Justem aktiv; davor stand das aggressive Arbeitsrechts-Trio nach Informationen des Branchen-Portals juve.de  bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Brot und Arbeit. Freshfields zählt mit rund 3500 Anwälten zu den mächtigsten Wirtschaftskanzlei der Welt und hatte ebenfalls Mandate von UPS.

Wichtig zu verstehen: Die Zermürbungsstrategie des Union Busting setzt weniger darauf substanitiierte und gerichtsfeste Abmahnungen, Kündigungen oder gar strafrechtlich relevante Anzeigen zu präsentieren. Der Weg ist das Ziel und die langsam mahlenden Mühlen der Justiz tragen im Fall UPS ihren Teil zur Zermürbung und Verhinderung von Betriebsräten bei.

Union Busting-Dienstleistern wie Thilo Manhold, Kerstin Panhorst und Oliver Driver-Polke ist es auch nicht peinlich, ein Verfahren nach dem anderen in den Sand zu setzen. Sie spielen auf Zeit und verdienen an jedem neuen Schriftsatz, jedem Verfahren, jeder Instanz.

Lernen und vernetzen

Viele Beschäftigte, die das System entweder noch nicht durchschaut haben oder deren Fell noch nicht dick genug ist, lassen sich dennoch durch das aggressive Vorgehen beeindrucken. Gleiches gilt oft auch für außenstehende Journalisten.

Es ist deshalb wichtig zu verstehen, dass gnadenlos auf kurzfristigen Profit getrimmte Unternehmen wie UPS Personen systematisch Personen aussieben – alleine aufgrund ihres gewerkschaftlichen Engagements, ihres Alter oder der Länge ihrer Betriebszugehörigkeit. Die billigste Variante sind ein paar konstruierte Anschuldigungen (gerne genommen: Arbeistzeitbetrug, Schlechtleistung etc.), kombiniert mit der Botschaft, dass die betroffene Person im Betrieb nicht mehr erwünscht sei.

Beschäftigte, Betriebsratsmitglieder und Gewerkschafter unter Beschuss können sich hier vernetzen:

Mitglied der aktion ./. arbeitsunrecht e.V. werden

Mehr Infos zu den Vorgängen bei UPS in Hannover Langenhagen: Schikanen gegen Gewerkschafter, 11.03.2016


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