jW: Bericht von Arbeitsunrecht-Veranstaltung zum Streikrecht

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Martin Zamora Martin berichtete in der Tageszeitung junge Welt vom 2.8.2021 von einer Veranstaltung der Aktion gegen Arbeitsunrecht.

Rechtsbruch mit Macht

Berlin: Veranstaltung über Legitimität »wilder Streiks«. Anwalt Hopmann verweist auf Sozialcharta

 

Die Feststellung ist eindeutig: Deutschlands sehr restriktives Streikrecht stehe im Widerspruch zu fundamentalen Menschenrechten, betonte Arbeitsrechtler und Anwalt Benedikt Hopmann am Freitag im Stadtteilladen »Kommune 65« im Berliner Wedding. Eingeladen zum juristischen Fachvortrag hatte die Initiative »Aktion Arbeitsunrecht« – der Titel: »Mythos wilder Streik und Illegalität. Zum Grundrecht auf Streik«.

Eine Präsenzveranstaltung mit Hintergrund: Wiederholt beschwerte sich in den vergangenen Wochen die Chefetage des Lebensmittelfahrdienstleisters Gorillas über »illegale« Streiks Beschäftigter wegen schlechter Arbeitsbedingungen und fehlerhafter Lohnabrechnungen. Die Ausstände seien »illegal«, weil es sich um »wilde Streiks« ohne Aufruf einer Gewerkschaft handeln würde, hieß es seitens des Unternehmens.

Hopmann spricht in diesem Kontext lieber von »verbandsfreien Streiks«, die in der jungen BRD vom ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichtes (BAG), Hans Carl Nipperdey, für illegal erklärt worden waren. »In der Weimarer Republik und selbst im Kaiserreich war das Streikrecht nicht abhängig von einem Gewerkschaftsverband«, bemerkte der Anwalt. Erst unter Nipperdey kam gewissermaßen die Wende. Dieser machte bereits unter den Nazis Karriere. Sein »Durchbruch« gelang ihm als einer der Verfasser der »nationalsozialistischen Arbeitsgesetzgebung«. Im Arbeitsordnungsgesetz wurde das Führerprinzip in den Betrieben durchgesetzt. In seiner späteren Funktion als BAG-Präsident fixierte er mit seinen arbeitsgerichtlichen Urteilen bis heute gültige Grundpfeiler des Streikrechtes in der BRD, wie etwa das Verbot von »wilden« Streiks.

Seine Argumentation: Es bräuchte eine Stelle, die gewährleistet, dass Streiks nur in einem vertretbaren Rahmen durchgeführt werden, meinte er. Das könnten Nipperdey zufolge keine freien Zusammenschlüsse von Arbeiterinnen und Arbeitern sein, sondern nur Gewerkschaften mit ihren tarifierbaren Forderungen. Also Forderungen, die nach Ansicht der Gerichte in einem Tarifvertrag zwischen Gewerkschaft und Kapitalseite vereinbart werden können – und die die heilige unternehmerische Freiheit nicht einschränken. »Nipperdey empfahl sich für den Posten als BAG-Präsidenten mit einem Gutachten, das er 1953 für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände über die Zeitungsstreiks von 1952 schrieb«, erklärte Hopmann.


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