Wenn das Gorillas-Management nicht sofort einlenkt, wird die Marke untergehen.
Aufruf zur Solidarität mit den streikenden Gorillas-Beschäftigten.
Die Initiative aktion ./. arbeitsunrecht (Aktion gegen Arbeitsunrecht) ruft für Montag, 18. Oktober 2021 zur Protest-Performance „Blue Monday“ vor Warehouses (Auslieferungslagern) des Flash-Supermarktes Gorillas auf. Bislang sind Aktionen in Köln (17 Uhr, Marsiliusstraße 32, Köln-Sülz) und Bremen geplant, weitere Städte mögen sich spontan anschließen. (mehr dazu hier)
Wir fordern die sofortige Wiedereinstellung aller unrechtmäßig gekündigten Fahrerinnen und Fahrer in Berlin.
Die Aktion gegen Arbeitsunrecht hält die Streikforderungen der Riders & Pickers (Fahrer & Kommissionierer*innen) für berechtigt und legitim. Gorillas bietet schlecht bezahlte Knochenjobs, die auf Dauer unweigerlich in die Berufskrankheit (Rückenbeschwerden) und Altersarmut führen.
Hintergrund: Streiks in Berlin seit 1. Oktober
Mit einer Massenentlassung (vermeintlich) Streikender und gewerkschaftlich Organisierter eskalierte das Gorillas-Management einen Streik, der am 1. Oktober 2021 in mindestens drei Lagern in Berlin begann und bis heute andauert.
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Wir meinen, dass der verbandsfreie Streik der Gorillas Workers (Arbeitskampf ohne offizielle Gewerkschaftsvertretung) legal ist und internationalen Standards entspricht. Zu exakt dieser Frage hat die Aktion gegen Arbeitsunrecht im Juni 2021 ein Teach-in mit dem Berliner Rechtsanwalt Benedikt Hopmann veranstaltet (hier zu finden: youtube | Text)
Zu Dreistigkeit kommt auch noch Stümperei
Wir schließen uns der Rechtsauffassung des Rechtsprofessors Gregor Thüsing (WELT, 6.10.2021) an, wonach die willkürlichen Kündigungen auch deshalb unrechtmäßig sein dürften, weil sie ohne vorherige Abmahnung erfolgten. Zudem dürfte der Nachweis einer Streikbeteiligung im Einzelfall schwierig werden.
Gorillas hat keine Zukunft mehr
Die aktion ./. arbeitsunrecht meint: Der Zug ist abgefahren. Gorillas verbrennt jeden Tag soviel Geld, dass eine Rettung unwahrscheinlich ist. Die letzte Chance wäre eine radikale Umkehr der Arbeitsbeziehungen und -bedingungen, die vom derzeitigen Management nicht zu erwarten ist.
Dem Unternehmen droht entweder feindliche Übernahme (durch Flink oder Delivery Hero) oder die Pleite:
- Der Ruf von Gorillas als Arbeitgeber ist bei (potentiellen) Beschäftigten ruiniert. Jetzt naht der Winter, Arbeitskräfte werden knapp. Das Gorillas-Lieferversprechen von 10 Minuten ist bedroht.
- Durch die Verbreitung der Proteste auf der Straße und im Netz leidet der auch Ruf bei (potentiellen) Kunden,
- Sollte Gorillas nicht unverzüglich einlenken, dürfte eine internationale Boykott-Kampagne nicht mehr abzuwenden sein.
- Die Arbeitsbeziehungen sind nicht konkurrenzfähig. Eine Betriebsratsgründung, die Anfang Juni 2021 initiiert wurde, wird vom Management gezielt verzögert.
- Beschwerden über Lärm rund um die Warehouses durch Anwohner (und potentielle Kunden) nehmen zu und führten bereits zu Schließung einzelner Standorte.
- Mit der New Yorker Coatue Investment, die auch den schärfsten Gorillas-Konkurrenten Flink finanziert, und Delivery Hero AG (Food Panda) sind bereits zwei direkte Konkurrenten Mitbesitzer von Gorillas.
- Gorillas macht jeden Tag massive Verluste — auch ohne Streiks. Die realen Zahlen sind verheerend. Im Sommer 2021 erwirtschaftete Gorillas laut des Magazins Capital bei einem durchschnittlichen Bestellwert von 23,80 Euro und 1.100 Bestellung pro Lager am Tag nur einen Deckungsbeitrag (Gewinn pro Tour) von 0,25 Cent. Die meisten Warenlager schafften weniger als 1.000 Bestellungen pro Tag, der durchschnittliche Bestellwert lag nur bei rund 20 Euro. Laut Analysten müssen sie 1.800 Bestellungen abwickeln um irgendwann profitabel zu sein. Das ist rein logistisch in den meist beengten Hinterhof-Lagern schon unrealistisch.
- Am 3. August 2021 wurde mit der US-Amerikanerin Deena Fox eine Abwicklungsspezialistin als Personalmanagerin bei Gorillas installiert.
- Flink hat Gorillas in Deutschland bereits überholt. Laut Immobilienzeitung ist der REWE-Partner in 35 Städten aktiv, während Gorillas nur auf 21 kommt.
Wir vermuten, dass die Massenentlassungen aufgrund des Streiks tatsächlich der Vorbote von Pleite, Abwicklung oder feindlicher Übernahme durch die Konkurrenz sind.
Das aggressive Union Busting (frontale Bekämpfung von Streikenden und Betriebsräten) ist möglicherweise nur ein Vorwand des selbstverliebten Gorillas-Gründers und CEO Kagan Sümer. Er will lieber aufrecht kämpfend untergehen, als dass feindliche Investoren ihn vom Hof jagen. (Original-Zitat aus internen Mails: »Ich würde lieber sterben, um die Werte zu verteidigen, als zu deeskalieren.«) Möglicherweise strickt Kagan Sümer an einer Art Dolchstoßlegende: Streikende und Radikale bringen Gorillas zu Fall.
Der Fall ist rechtlich brisant.
Die derzeitigen Massenentlassugen aufgrund eines „wilden“, verbandfreien Streik werden kollektive Klagen auf Wiedereinstellung zur Folge haben, die Präzedenz-Charakter haben.
Der Fall könnte am Ende vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte landen. Das deutsche Streikrecht widerspricht an diesem Punkt (Verbot von „wilden“ Streiks) dem Völkerrecht. Doch solche Prozesse gehen über mehrere Instanzen und dauern Jahre.
Dass indessen die Marke Gorillas noch lange existiert muss bezweifelt werden.
Mehr Informationen
- Elmar Wigand: Goldrausch der Lieferdienste: Gorillas, Lieferando & Co. Was ist dran?, arbeitsunrecht.de, 13.10.2021.
- aktion ./. arbeitsunrecht: Gorillas: Stop Union Busting! ►18. Oktober wird Blauer Montag, arbeitsunrecht.de, 8.10.2021.
Für Nachfragen, Hintergrundgespräche und Interviews in dieser Sache stehe ich Ihnen gern zur Verfügung!
Kontakt:
Elmar Wigand, Pressesprecher, +49 176 588 656 23, presse(a)arbeitsunrecht.de
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