Antifas und Gewerkschafter outen Union Busting Kanzlei in Bremen
Am 14. September 2015 protestierten rund 30 Antifaschisten und Gewerkschafter vor den Räumen der Kanzlei Wittig Ünalp in Bremen (Domsheide 3, 28195 Bremen). Die aktion./.arbeitsunrecht erhielt vor drei Wochen von einem Kollegen aus München den Tipp, das Treiben dieser Hardcore-Arbeitsrechtler zu beachten. Anfang September 2015 erwähnte die neu erstellte Union Busting Karte Arbeitsrechts-Seminare von Wittig Ünalp.
In Bremen sollte eine Unternehmer-Schulung mit dem obszönen Titel „Top Ten der besten Kündigungsgründe“ stattfinden (hier zu finden). Die genauere Seminarbeschreibung verspricht starken Tobak. Es geht gegen Beschäftigte, die im Hirn von Personalern in folgendes Raster fallen:
>>Den Dieb, den Arbeitszeitbetrüger (Facebooker, E-Mailer, Dauerraucher), den Langsamen, Nichts-Tuer, Falschmacher, Überflüssigen, Unflexiblen, Unruhestifter, Kollegen-im-Stich-Lasser, Dauererkranken, häufig Kurzerkrankte, Blaumacher, Knastgeher… Nach dem Crash-Kurs wissen Sie, welche Kündigungsgründe die besten sind<<
Offenbar stehen paranoide und kontrollbesessene Unternehmer im Fokus. Die Methoden von Wittig Ünalp sollen sich für die Zielgruppe auch finanziell lohnen:
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>>Das hilft, keine oder nur geringe Abfindungen zahlen zu müssen, gerade auch bei langjährig Beschäftigten.<<
Zu den Protesten gegen diesen aggressiven juristischen Giftmüll rief die Basisgruppe Antifa auf; es beteiligten sich laut Taz-Bericht Mitglieder der IG Metall und der Industrial Workers of the World. Wittig Ünalp hatte die Aufmerksamkeit der örtlichen Aktivisten auf sich gezogen, weil man offenbar an sämtliche Mitglieder der IHK Bremen Werbung verschickt hatte. (Am Rande stellt sich die Frage: Woher stammten die Adress-Dateien? Hat die IHK dem zugestimmt?)
Anscheindend wenig Expertise, dafür gute PR
Die Sozietät um Maximilian Wittig und Kagan Ünalp besitzt zwar Büros in München, Nürnberg, Hannover, Hamburg und Bremen (siehe hier), kann aber bislang weder hochkarätige Anwälte aufweisen noch nennt sie namhafte Mandate. Ünalp gibt auf seiner Website eine frühere Aufsichtsratstätigkeit bei der Thomas Krenn AG an, einem Online-Computer-Händler aus dem bayrischen Freyung (abgerufen am 16. 9. 2015).
Wittig und Ünalp haben laut Selbstdarstellung in Regensburg studiert, bevor es sie an die Waterkant zog. Maximilian Wittig ist bei der Rechtsanwaltskammer Bremen zugelassen, Kagan Ünalp in Hamburg. Zum Profil der Kanzlei gehört neben dem Arbeitsrecht auch das Versicherungsrecht.
Ebensowenig wie mit namhaften Mandanten kann oder will die Website mit Veröffentlichungen in juristischen Fachzeitschriften dienen. Die Branchenportale juve.de und beck-community erwähnen Wittig Ünalp nicht (Stand 16. 9. 2015). Dafür hat hat der Laden offenbar eine gute PR-Abteilung oder beauftragt eine Agentur, um seinen Namen bekannt zu machen. So treten Kagan Ünalp und andere Mitglieder der Kanzlei als juristische Stichwortgeber und Experten in verschieden Publikumszeitungen wie Petra („Liebe im Büro – Hilfe, ich liebe meinen Chef!“), Fernsehwoche („Experten beantworten Ihre Fragen – gratis!„), Kölner Stadt-Anzeiger oder gar der taz auf („In der Elternzeitfalle“). [Nachtrag: Das Unternehmen moskito, Werbeagentur Szabó & Christiani oHG, führt Wittig Ünalp auf ihrer Kundenliste; Stand 17. 9. 2015]
Auffällig ist, dass von der Kanzlei-Website keine Verlinkung zur Seminar-Abteilung arbeitsrechts-seminare.de stattfindet (oder diese selbst für erfahrene Surfer kaum zu finden ist; Stand 16.9.2015). Offenbar soll der harte Stoff von der seriösen Fassade getrennt bleiben.
Kündigung von Schwangeren und jungen Eltern
Im grünen Leib- und Magenblatt Die Tagesszeitung erwähnt Anne Passow den Rausschmeißer Maximilian Wittig so: „Wittig vertritt nicht nur Mütter, die wieder einsteigen wollen, sondern auch Arbeitgeber, die Probleme damit haben, den Teilzeitforderungen der Frauen nachzukommen“ (taz Nord Nr. 10191 vom 24.8.2013).
Diesen gebeutelten Personalchefs steht die Kanzlei Wittig Ünalp dann tatkräftig mit Tricks und Winkelzügen zur Seite. Die Taz zitiert Wittig, als wäre es das Normalste von der Welt: „Wenn der Arbeitsplatz wegen mangelnder Aufträge wegfällt oder die Frau beim Diebstahl erwischt wird, wäre das zum Beispiel zulässig“, deutet der Fachanwalt für Arbeitsrecht an. Gemeint ist der Rausschmiss einer Schwangeren oder einer Mutter in Elternzeit – möglicherwiese aufgrund fingierter oder konstruierter Argumente. Die Journalistin Anne Passow war offenbar nicht in der Lage den Braten zu riechen…
Fazit: Es wird nicht leichter für Union Buster
Bei der Kanzlei Wittig Ünalp handelt es sich offensichtlich um Newcomer, die sich durch skrupelloses und aggressives Auftreten eine Nische im Hardcore-Segment der Arbeitgeber-Rechtsberatung erobern wollen. Hinter ihrer professionell daherkommenden Online-Präsenz ist nach ein paar Klicks in die Tiefe viel heiße Luft und wenig Substanz. In dem Bemühen, ihr Manko durch aggressives Auftreten zu kompensieren, treffen sie im Jahr 2015 auf eine bundesweit wachsende Protestbewegung gegen Union Buster. Diese dürfte dem Geschäftsmodell von Wittig Ünalp in Zukunft ernste Probleme bereiten. Und das wäre gut, richtig und wichtig.
Weitere Infos:
- Bericht und Flugblatt der Basisgruppe Antifa aus Bremen
- Bericht von Jan Zier in der taz-Nord vom 15. 09. 2015
- Aktions-Flugblatt von FAU und IWW
- Union Busting Karte – Übersicht über geplante Harcore-Schulungen für Arbeitgeber
Lesetipp: Thomas Gerlach „Denkgifte – Psychologischer Gehalt neoliberaler Wirtschaftstheorie und gesellschaftspolitisch er Diskurse“ http://www.kritische-psychologie.de/files/tg2000a.pdf
Auszug: „[…] Der zentrale psychologisch relevante Aspekt der neoliberalen Theorie liegt in ihrem Versuch der ideologischen Untergrabung politischer, sozialer und individueller Handlungsfähigkeit. Mit Demokratieund Gewerkschaftsfeindlichkeit soll nicht nur konkrete Interessenvertretung bekämpft werden, sondern auch die Erfahrung der Menschen, dass mit organisiertem Handeln etwas gegen Arbeitslosigkeit und Armut getan werden kann. Mit der Diffamierung wirtschaftlicher Regulierung als „totalitärem Beglückungsversuch“ sollen gerade solche Handlungspotentiale herabgesetzt werden […]“
Besonders gut gefällt mir:
Wir beraten und schulen so, dass man es als Arbeitgeber auch versteht.
Das erklärt und rechtfertigt auch die Tiefe des Textes auf der Webseite
Wittig ist bereits früher unangenehm aufgefallen. Siehe die ARD-Sendung panorama vom 21.01.2010
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2010/panoramakuendigungsschutz104.html
Gute Arbeit-weiter so! DIESEN ARBEITS U N RECHTS-SERVICEAGENTUREN muss das Handwerk gelegt werden!
Sonst arbeiten wir bald alle in einem Irrsinn, den ich heute erlebt habe.
Die junge Arzthelferin sollte mir eine Infusion geben. Sie bereitet selbige vor und unterhält sich mit mir. Mitten im Gespräch, bricht sie ab und redet etwas völlig Anderes. Ich entnehme ihren Worten, dass sie eine Terminabsprache mit einem anderen Patienten hat.Deshalb muss sie auch kurz den Raum verlassen. Kaum zurück und beim Nadellegen wird sie von ihrer Chefin angepiepst, muss dann nochmal kurz raus, legt dann die Nadel und verschwindet wieder.
Ich stelle fest: In einem Arbeitszeittakt von ca. 10 Minuten werden drei normalerweise nacheinander verlaufende Arbeitstätigkeiten gleichzeitig verrichtet. Das ist Arbeitsverdichtung der übelsten Methode zum Schaden aller!
Und wer so etwas nicht will, ist dann ein Faulpelz, Dummer etc..
“ Es wird nicht leichter für Union Buster“ und mit TTIP werden sie arbeitslos, Dann wird das Feuern feiner Standard von Siggis Gnaden.
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