Frontberichte 01/2018

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Presseschau: Betriebsrats-Behinderung + Kündigung von Gewerkschaftern

Bohr Omnibus GmbH. Unbezahlte Überstunden + Betriebsratsbehinderung
Bohr ey, die trauen sich was! Was hat der Mannschaftsbus von Eintracht Frankfurt mit unbezahlten Überstunden und Betriebsratsbehinderung zu tun? Lesen Sie die Meldung ganz unten!

  • Bliestalverkehr GbR / Blieskastel: Bus-Unternehmen kündigt BR-Vorsitzendem
  • UKS Uni-Klinik / Saarland: Mitglied des Personalrats droht Kündigung
  • Nordkurier / Malchin: 60 Kündigungen gegen Zusteller wegen Betriebsratswahl
  • Bauhaus / Krefeld: Betriebsratsmitglied in Baumarkt gekündigt
  • Bohr Busreisen / Lautzenhausen: Bundesliga-Busunternehmen kündigt wegen eingeforderter Überstunden
  • SO36 / Berlin: Szene-Club zerschlägt Betriebsgruppe

Bliestalverkehr: Bus-Unternehmen kündigt BR-Vorsitzendem

Vorsicht vor idyllischen Landschaften! Auch das Bliestal – hier auf einer Marke von 1949 – hat seine dunklen Seiten. (Quelle: Wikicommons)

Die Geschäftsführung der saarländischen Bliestalverkehr GbR versucht der Betriebsratsvorsitzenden Kathy P. zu kündigen. 2017 hat das private Busunternehmen (bestehend aus Fortuna Reisen, Sotram, Bach-Tours und Moreau-Touristik) eine ÖPNV-Vergabe im Saar-Pfalz-Kreis gewonnen. Seither kämpft die Belegschaft mit verspäteten Gehaltszahlungen und musste die Bezahlung von Überstunden zum Teil erst einklagen. Beschäftigte, die auf Probleme bei Lenk- und Ruhezeiten sowie beim Arbeitsschutz hingewiesen haben, mussten mir harschen Reaktionen rechnen. (PM verdi 22.09.2017)

Um Abhilfe zu schaffen wählte die Belegschaft im Oktober 2017 einen Betriebsrat. Die Betriebsratsvorsitzende Kathy P. setzt sich seitdem mit großen Nachdruck für die Belange ihrer Kolleg*innen ein. Sie deckte Probleme mit dem Gesundheitsschutz, sowie fehlende Schulungen für die Fahrerinnen und Fahrer auf. Zudem stehen 20.000,- Euro Lohnzahlungen an Zulagen und Mehrarbeit stehen laut verdi und Betriebsrat aus und müssen vor Gericht erstritten werden.


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Die Bliestalverkehr GbR unter Geschäftsführer Walfried Munz (Fortuna Reisen) reagiert auf das Engagement der Betriebsratsvorsitzenden für die Kolleg*innen mit Abmahnungen, Schikanen wie verspäteter Auszahlung des Weihnachtsgelds und zuletzt mit einer Kündigung. Der Betriebsrats hat einem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden selbstverständlich nicht zugestimmt. Der Gütetermin findet am 23.01.2018, um 10.30 Uhr am Arbeitsgericht Neunkirchen-Saar statt. (PM verdi 11.01.2018).

Die Bliestalverkehr GbR lässt sich laut ver.di durch Rechtsanwalt Jörg Oliver Pick von der Kanzlei Stopp Pick & Kallenborn aus Saarbrücken vertreten.

Hintergrund der Quererlen könnte laut verdi sein, dass sich die Bliestalverkehr GbR mit ihrem Gebot übernommen hat. Das Busunternehmen hat die Konkurrenz um schätzungsweise 400.000,- Euro unterboten. Auslagerung von Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge, verbunden mit dem Diktat anstelle von Qualität auf das jeweils günstigste Angebot zu setzen, geht immer zu Lasten der Beschäftigten. Verdi bittet auf change.org um Unterstützungsunterschriften.
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Uni-Klinik Saarland (UKS): Personalratsmitglied soll gekündigt werden

Ver.di ruft zur Solidarität mit dem Personalratsmitglied Charlotte M. am Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) auf. Dort arbeiten rund 5.500 Beschäftigte. Charlotte M. soll anscheinend gefeuert werden, weil sie in ihrer Funktion als Personalratsmitglied drauf bestanden hat Dienstpläne zu kontrollieren. Der tatsächliche Hintergrund dürfte jedoch sein, dass die Gekündigte sich in besonderem Maße für die Entlastung des Personals eingesetzt hat. Die UKS schiebt laut verdi rund 80.000 Überstunden vor sich her. Beschäftigte stellten in der Vergangenheit unzählige Überlastungs- und Gefährdungsanzeigen.

Das Personalratsmitglied ist außerdem Mitglied der Bundestarifkommission und  der Verhandlungskommission TV-L. Das Management schickte die Kündigung unmittelbar vor Weihnachten, am 22. Dezember 2017. Die strategische Terminierung eines solchen Schreibens unmittelbar vor Feiertagen dient der Zermürbung: An Feiertagen sind meist weder Gewerkschaftssekretäre noch Rechtsanwälte zu erreichen. Der Kündigung waren drei Abmahnungen vorausgegangen, die wir für juristische Nachstellungen mit dem Ziel der Zermürbung halten. Die willkürlich wirkenden Gründe lauteten „Arbeitsverweigerung“, „Zweifel der Erforderlichkeit der Arbeit“ und „nicht nachvollziehbarer Zeitaufwand für Personalratstätigkeiten“.

Juristisch begleitet wird das aggressive Vorgehen durch Rechtsanwalt Konrad Maria Weber von der Kanzlei Endemann Schmidt aus München.
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Nordkurier: 60 Kündigungen wegen Betriebsratswahl zurückgezogen

Die Tageszeitung Nordkurier aus der Region Mecklenburgische Schweiz kündigte laut NDR Ende Dezember 2017 60 Zusteller, die eine Betriebsratswahl vorbereitet hatten (NDR 09.01.2018).  Ihr Zustellbetrieb in Teterow sollte geschlossen werden. Mittlerweile hat die Nordkurier Mediengruppe mit Sitz in Neubrandenburg die Kündigungen der 60 in Vollzeit beschäfigten Zeitungs- und Postausträger zurück genommen.

Die Zusteller in Malchin, Stavenhagen und Umgebung gaben als Grund für die Betriebsratsgründung schlechte Arbeitsbedingungen wie etwa nicht bezahlte Überstunden ab. Die Massenentlassungen aufgrund von Organisierungsbemühungen schlug unmittelbar hohe Wellen. Zahlreiche Leser drohten mit Kündigung ihrer Abos, Die Linke und SPD erklärten sich solidarisch (NDR 15.01.2018). Ein gutes Beispiel dafür, dass Öffentlichkeit und Solidarität unmittelbar helfen können, Beschäftigte unter Beschuss zu stabilisieren.

Nun verfolgt das Management unter Geschäftsführer Lutz Schumacher den Plan, den Zustellbetrieb in Teterow zu verkleinern und einem außerdem einen neuen Zustellbetrieb im Bezirk aufzubauen. Die Beschäftigten sollen, wenn sie in den neuen Betrieb wechseln, zu den alten Bedingungen weiter beschäftigt werden. Betriebsratswahlen soll es dann in beiden Betrieben geben.

Willkürliche Aufspaltungen von Unternehmen sind ein beliebtes Mittel um die Organisierung der Beschäftigten und effiziente Betriebsratsarbeit zu behindern. Sie dienen als Mittel, die Belegschaft gegeneinander arbeiten zu lassen. Nicht selten werden die unliebsamen Personen in einem Teil zusammen gefasst, der dann gezielt liquidiert werden soll.

Wir hoffen, dass die Belegschaft sich trotz dieser Spaltung in beiden Betrieben gleichermaßen engagiert für ihre Rechte einsetzen und die Betriebsratskandidaten unterstützen wird.

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Bauhaus AG: Kündigung von Betriebsratsmitglied in Krefeld

Die Bauhaus AG ist die Firma, auf die das Unwort des Jahres 2009 zurück geht: „betriebsratsverseucht“. (wikipedia)

Nun macht das Management seinem Ruf wieder alle Ehre und kündigte kurz vor Weihnachten 2017 einem engagierten Betriebsratsmitglied in Krefeld. Das BR-Gremium war erst wenige Monate im Amt. Die Gekündigte und ihre Kolleg*innen hatten zuvor zwei Jahre um die Einsetzung eines Wahlvorstandes gerungen.

Dem Bauhaus Management war es gelungen, eine Mehrheit im Betriebsrat herzustellen, die der Kündigung ihrer Kollegin zustimmten. Ein erbärmlicher Vorgang, den die Initiative work-watch so bewertete:

Die meisten Mitglieder des Gremiums scheuten den Konflikt mit dem Arbeitgeber. Statt die Interessen der Belegschaft zu vertreten, kuschten sie vor der Geschäftsleitung und lehnten selbst den Antrag der beiden Kolleginnen ab, die Lohn- und Gehaltslisten einzusehen.

Die einzige Arbeitnehmervertreterin, die gegen die Kündigung ihrer Kollegin stimmte, soll nun auch Probleme haben.

In der Bauhaus-Filiale Witten wurde 2015 das Kündigungsbegehren gegen die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende zurückgezogen (Der Westen 11.11.2015). Mehr Infos zur Bauhaus AG gibt es bei workwatch.
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Jello Biafra ahnte am 25.8.2015 im SO36 vermutlich noch nichts von der Einstellung der Geschäftsführung zum Grundrecht auf Organisierung am Arbeitsplatz (Quelle: Montecruz Foto, CC BY-SA 2.0)

SO36: Szene-Lokal zerschlägt Betriebsgruppe

Mitarbeiter*innen des altehrwürdigen Kreuzberger Musik-Klubs SO36  hatten sich zu einer Betriebsgruppe zusammengeschlossen. Sie kritisierten zunehmende Einmischungen der Geschäftsleitung in zuvor selbstverwaltete Arbeitsbereiche. Zu ihrer Überraschung reagierte die Geschäftsleitung recht harsch. Mehrere Beschäftigte kehrten dem Laden daraufhin den Rücken. Sie wurden gefeuert oder gingen freiwillig (was natürlich schlecht ist, wenn man kollektiv kämpfen will). Ein Beschäftigter, der seit Mai 2017 gegen seinen Willen bei voller Lohnfortzahlung beurlaubt wurde, klagt jedoch darauf, seine Thekenschichten wieder aufnehmen zu können.

Unterstützt wird der Kläger von der unabhängigen Gewerkschaft Freie Arbeiter*innen-Union in Berlin. Damit die Prozesskosten gestemmt werden können gibt es am 07.04. 2018 ab 20.00 Uhr eine Soli-Party im Syndikat, Weisestr. 56, 12049 Berlin-Neukölln (U8 Boddinstr.)

Detailliertere Infos: https://berlin.fau.org/text/konfliktchronologie-so36

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Bohr GmbH: Bundesliga-Busunternehmen kündigt wegen eingeforderter Überstunden

Ein Mitarbeiter der Bohr Omnibus GmbH aus dem Hunsrück machte mit Hilfe von ver.di seine Überstunden geltend. Bereits zwei Stunden nach Eingang der Lohnforderungen reagierte die Geschäftsleitung unter Günter Bohr, Timo Bohr und Mirco Bohr laut Gewerkschaft mit einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung des Mitarbeiters. Es soll nicht der einzige Fall sein, in dem die Omnibus-Bohrer Überstunden nicht bezahlten. Pressemeldung verdi 04.01.2018

Obwohl der Betrieb 300 Beschäftigte hat, gibt es bislang keinen Betriebsrat. Auf Mitarbeiterversammlungen soll gedroht worden sein: Wer es wagen würde einen Betriebsrat zu gründen bzw. sich gewerkschaftlich zu organisieren habe postwendend mit Kündigung zu rechnen.

Ansatzpunkt um Druck auszuüben könnte prominente Kundschaft sein. Die Bohr Omnibus GmbH ist nach Informationen von aktion ./. arbeitsunrecht Vertragspartner von Eintracht Frankfurt und FSV Mainz 05.

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1 Kommentar

  1. Eine gute Frontberichterstattung! Wichtig, die Hintermänner der ‚ehrenwerten Kanzleien‘ mit Verlinkung zu nennen, die die Drecksarbeit erledigen. Das setzt die Schattenmänner (und -frauen) unter Druck und wird ihrem ‚guten Ruf‘ hoffentlich sehr sehr abträglich sein. Es könnte ja durchaus sein, daß man in Zukunft die Finger von solchen ‚Arbeiten‘ läßt.

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