Union Busting-Schulung provoziert Widerstand in Köln | Maritim-Geschäftsführung stellt auf stur | Nachdenken über Boykott
Der Schulungs-Zirkus, den Dirk Schreiner + Partner bundesweit für aggressionsbereite Unternehmer und Personalverantwortliche betreiben, ist ein wichtiges Werkzeug für Werbung und Kundengewinnung.
Knapp 20 Personen, darunter fünf Mitglieder der aktion./.arbeitsunrecht, protestierten am 21. Juni 2016 vor dem Maritim-Hotel am Kölner Heumarkt erneut gegen ein Seminar der berüchtigten Union Busting-Kanzlei (Was ist das?). Bereits am 19. August 2015 hatte es eine vergleichbare Aktion gegeben, allerdings mit größerer Beteiligung (siehe Bericht).
Offenbar ist der bisherige Ansatz – Proteste, Flugblätter und Ansprachen auf dem Trottoir – nicht geeignet, das Maritim dazu zu bewegen, seine Geschäftspolitik zu überdenken. Wir plädieren dafür, nun einen Gang höher zu schalten, und die Hotel-Kette wirtschaftlich unter Druck zu setzen.
Der Geschäftsführer der Maritim-Kette, Gerd Prochaska, bestätigte auf Anfrage der aktion./.arbeitsunrecht enge Kontakte zur Sozietät Schreiner + Partner. Er weigerte sich in einem Brief vom 16. Juni 2016 (pdf) ausdrücklich, auf das Geschäftsfeld des expliziten Union Busting zu verzichten und zieht sich auf folgende Begründung zurück:
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„Unsere Häuser stehen grundsätzlich allen Personen, Organisationen und Interessenvertretern zur Verfügung, die sich auf rechtsstaatlichem Boden bewegen – also beispielsweise nicht Parteien wie der NPD oder Sekten wie Scientology.“
Hotel-Chef Prochaska erweckt den Eindruck, es ginge ihm um Verfassungstreue. Tatsächlich geht es aber ums Geschäft. Die Frage ist, ob Prochaska hier nicht auf Dauer zu kurz gerechnet hat.
Gewerkschafter Tür an Tür mit erklärten Feinden
Bei einer Buchung im Maritim entsteht derzeit die absurde Situation, dass im einen Raum Betriebsräte und Gewerkschafter geschult und über ihre Rechte informiert werden, während im Nachbarraum erklärte Feinde von Gewerkschaften und Mitbestimmungsorganen mit schmutzigen Methoden und Tricks vertraut gemacht werden.
Ein Blick auf die Raumbelegungstafel des Maritim zeigt, dass am 21. Juni 2016 gleich drei Seminare für Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter zeitgleich zu der Aggressionsschulung für Unternehmer durch Schreiner + Partner stattfanden: Die Akademie für Arbeits- und Sozialrecht Ruhr-Westfalen GmbH (AAS) veranstaltete die Seminare „Sozialrecht für Betriebsräte“ sowie „Einführung in das Arbeitsrecht“, der Deutsche Beamtenbund (dbb akademie) hielt ein Seminar zum Thema „Befristete Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst“ ab.
Die aktion./.arbeitsunrecht wird in Zukunft daran arbeiten, dass diese Kunden sich zweimal überlegen, wo sie ihre Räume buchen.
Es ist an der Zeit, dass sich Gewerkschaften, Betriebsräte und gewerkschaftsnahe Bildungsträger und Anwälte darüber Gedanken machen, ob sie sich weiter in einem solchen Reiz-Klima bewegen möchten und ob sie die butterweiche Haltung des Maritim gegenüber erklärten Feinden von Arbeitsrechten weiter honorieren möchten.
Sind Schreiner + Partner kriminell?
Gleichzeitig enthält das Schreiben des Maritim-Chefs eine indirekte Aufforderung, strafrechtlich gegen Schreiner + Partner vorzugehen:
„Sollte das Verhalten der Dr. Schreiner + Partner GbR nicht mit unserem Rechtssystem übereinstimmen, bliebt es ihnen unbenommen, deren Verhalten gegenüber den Strafverfolgungsbehörden anzuzeigen. Ein etwaiges Strafverfahren bliebe dann abzuwarten.“
Ob das Maritim zu diesem Zweck zwei uniformierte Polizisten angefordert hatte, die während des Protests im Hotel und dessen Umgebung umher schlenderten, bleibt allerdings Spekulation.
Unternehmerkriminalität + Straflosigkeit
Zur Methodik des Union Busting nach Schreiner + Partner gehören Bespitzelung und Überwachung, Schikanen, Wellen von Kündigungen und Abmahnungen – oft sind diese konstruiert oder provoziert.
Die Hardcore-Arbeitsrechtler agieren in der Grauzone zum Rechtsbruch. Ihre Methoden kollidieren mit folgenden Gesetzen:
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Behinderung von Betriebsratsarbeit (§ 119 BetrVG)
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Mobbing + Bossing (§.3.3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz)
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Offene und verdeckte Bespitzelung, die in Zusammenarbeit mit Detekteien organisiert wird. Dadurch kommt es nicht selten zu körperlichen und seelischen Schäden bei Opfern. Das wäre Körperverletzung (§223 StGB).
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Falsche Verdächtigungen (§ 164 StGB)
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Prozessbetrug (§ 263 StGB)
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Anstiftung zu oben genannten Straftaten (§ 26 StGB)
Leider wird Unternehmerkriminalität in Deutschland bislang unzureichend verfolgt. Staatsanwaltschaften und Gerichte behandeln Gesetzesverstöße und Vergehen gegen Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschafter fast durchgängig als Kavaliersdelikte.
Widerstand ist nötig
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Machen wir das Treiben der Union Busting-Anwälte öffentlich!
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Brandmarken wir ihre Methoden!
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Stellen wir Hotels und Tagungshäusern kritische Fragen!
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Nehmen wir die Teilnehmer_innen ihrer Schulungen unter die Lupe!
Nutzen wir unsere Macht als Kunden!
Mehr Informationen
- Berichte über Schreiner + Partner auf arbeitsunrecht.de
- Studie Union Busting in Deutschland (OBS, Mai 2014)
- Antwort-Brief der Maritim-Geschäftsführung, 16. Juni 2016
Aus der Sicht von Funktionsträgern wie z.B. Adolf Eichmann, die nur behaupten, nur ihre Pflicht zu tun, hat die Maritim-Geschäftsführung Recht. Gerichtlich gegen Schreiner vorzugehen hat wenig Sinn, da Informationen über deren Vorgehen meist auf eine Weise eingeholt werden müssen, dass sie gerichtlich nicht verwertbar sind. Außerdem stehen arbeitsrechtliche Fragen an letzter Stelle der staatsanwaltlichen Prioritätenliste, noch nach dem Einbruch, der ja auch nie aktiv verfolgt wird.
So brauchen diese Gangster keine Angst vor Strafverfolgung haben und das Maritim kann weiter Eichmann spielen. Dagengen sehe ich nur drei Handlungs- Möglichkeiten.
1. Der eigen Betriebsrat kann aktiv werden. Unruhe im Betrieb kann keine Hotelkette brauchen.
2. Andere kündigen mit Verweis auf die Schreiner-Seminare ihre Buchungen. Das geht direkt ans Geld und könnte weh tun. Aber bedenkt, dass der Kollateralnutzen einiger Bonzen in den Restaurants und Boutiques des Maritim größer ist als der von Gewerkschaftlern mit Butterstullen.
3. Normale Gäste bekommen Angst vor schlechtem Ruf und meiden das Maritim. Auch das drückt schwer auf den Gewinn.
Wenn da nichts zu machen ist, blieben wir lieber zu Hause. Es gibt ja noch andere Kampfelder im untergehenden Kapitalismus.
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