Spielwarenkette gibt sich im Zermürbungskampf gegen das aktive Betriebsratsmitglied Ingo M. aus Siegen nach öffentlichem Druck geschlagen
Mit Hilfe der Bonner Hardcore-Kanzlei Meyer-Köring versuchte Toys R Us ein unliebsames Betriebsratsmitglied durch juristische Nachstellungen zur Aufgabe zu treiben.
Nachdem das Arbeitsgericht Siegen eine erste Kündigungsklage wegen „erheblicher Zweifel“ am Vorwurf des Managements abgeschmettert hatte, gibt Toys R Us nun auch den zweiten Kündigungsversuch auf (WDR, 26.09.2018). Ab sofort kann Ingo M. darum wieder seiner Arbeit nachgehen und seine Kolleginnen und Kollegen als Betriebsratsmitglied vertreten und schützen.
Ingo M. hatte in seiner Filiale in Siegen unter anderem eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitssicherheit beim Be- und Entladen der LKW durchgesetzt – offensichtlich zu viel Arbeitsschutz für die Geschäftsführung. Diese versuchte das ordentlich unkündbare Betriebsratsmitglied darum mit schwerem Geschütz außerordentlich zu kündigen: angebliche sexuelle Belästigung. Das Arbeitsgericht Siegen nahm dem Unternehmen diesen schmerzhaften, an den Haaren herbeigezogenen Vorwurf jedoch nicht ab und erklärte die versuchte Kündigung für unwirksam.
Aus erster Hand informiert sein? Profis lesen Emails.Jetzt den kostenlosen Email-Newsletter der aktion ./. arbeitsunrecht ► bestellen
Nicht nur aus juristischer Perspektive peinlich
Dass es Toys R Us nicht um den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung, sondern um die Entfernung eines unbequemen Betriebsratsmitglieds ging, wurde kurz darauf deutlich: Das Unternehmen zauberte eine weitere Kündigung aus dem Hut – unter Verweis auf eine angebliche Äußerung, die 15 Jahre (!) zurück liegen sollte. Das Manöver wirkt rätselhaft: Eine außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Arbeitgeber vom Vorfall Kenntnis erlangt hat. Ansonsten ist das Kündigungsrecht laut § 626 Abs. 2 BGB verwirkt. Juristisch also peinlich.
Dass Union Busting (was ist das?) auch das Image, die Arbeitsmoral und die Umsätze einer Firma beeinträchtigt, hat nun wohl auch Toys R Us eingesehen. Der WDR berichtete ausführlich über den Fall (u.a. Lokalzeit vom 20.9.2018). Das Management zog nun sowohl die Revision gegen das erste Urteil als auch den zweiten Kündigungsversuch zurück. Hier zeigt sich einmal mehr: Gegenwehr, idealerweise mit breiter Unterstützung, lohnt sich!
Trendwende hin zur Gesetzestreue?
Abzuwarten bleibt, ob der Erfolg eine Trendwende bei Toys R Us eingeläutet hat, denn Ingo M. ist kein Einzelfall.
Das deutsche Management des insolventen Spielwarenhändlers fiel immer wieder durch Union Busting auf. Die Beschäftigten machten das Unternehmen im Mai 2016 zum „Gewinner“ des Schwarzen Freitags („Freitag der 13. sorgt für Unruhe“, 16.05.2016) auch Der Wahre Martin Schulz („SPD stellt Strafanzeige: Der Wahre Martin kehrt zurück!„, 29.06.2018) protestierte im Dezember 2017 mit einer ungewöhnlich sozialdemokratischen Rede (youtube: „Coming out in Würselen“, 17.12.2017) gegen Betriebsratsbekämpfung bei Toys R Us in Würselen.
Am notwendigsten ist nun, dass Toys R Us seinen Dauerstreit mit dem Gesamtbetriebsratsmitglied Mona E. beendet (wir berichteten am 6.7.2018) und die unwürdigen Kündigungsversuche einstellt.
Auch hier ist Meyer-Köring tätig. Die Kanzlei hat sich in den vergangen Jahren im Rheinland und Umgebung den Ruf erworben, auch mit schmutzigen Methoden gegen gewählte Gremien und Gewerkschafter vorzugehen.
Der US-Spielwarenriese Toys R Us ging 2017 in die Insolvenz, die deutschen Geschäfte wurden an den irisch-britischen Spielzeughändlier Smyths Toys verkauft und sollen 2019 umbenannt werden. Die aktion ./. arbeitsunrecht fordert die Entlassung des Deutschland-Geschäftsführers Detlef Mutterer, um den Weg zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Betriebsräten und der Gewerkschaft Verdi frei zu machen („Feuert Detlef Mutterer!“, arbeitsunrecht.de, 4.7.2018).
Toys R Us weigert sich seit Jahren, einen Tarifvertrag abzuschließen. Viele Verkäuferinnen und Lageristen arbeiten in unfreiwilliger Teilzeit und müssen ihre kargen Bezüge mit ALG II aufstocken.