Zingsheim: Prozess wg. Lohnraub erneut vertagt

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Wichtige Zeugen nicht erschienen | Vergleich abgelehnt | Neuer Termin im Fall InterConti + Zingsheim im November

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Arbeitsgericht Düsseldorf, 9.9.2016. Karly Zingsheim weicht kritischen Fragen des Sat.1-Reporters Roger Krenz aus.

Wieder einmal gab es im Fall Silermone N. ./. Zingsheim Hotel-Service GmbH (ZHS) einen großen Auftrieb im Arbeitsgericht Düsseldorf. Kamerateams von RTL und Sat.1 hatten am 9. September 2016 Drehgenehmigungen in den Fluren erhalten, Zeitungs-Journalisten, Gewerkschafter und einige Betroffene waren erschienen.

Einen Vergleichsvorschlag des Gerichts, das Verfahren gegen die Zahlung von 2780,02 Euro (weniger als die Hälfte der im Raume stehenden Summe) einzustellen, lehnte die ehemalige Putzfrau Silermone ab. Sie will 6.000 Euro und vor allem ein belastbares Urteil, das auch anderen Betroffenen im Reinigungsgewerbe in Zukunft helfen soll.

Die Vorsitzende Richterin Anja Keil entschied, den Termin erneut zu verlegen (wie schon am 8. Juli 2016) . Neues Datum: 25. November 2016. Es bleibt also spannend.

InterConti-Boss schickt Untergebenen vor


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Gergor Berthold, Anwalt von Karly Zingsheim (ZHS)
Man kennt sich und man hilft sich. Erst recht vor einem Düsseldorfer Gericht. Der Unternehmer Karly Zingsheim vertraut als Rechtsbeistand auf den Senatspräsidenten der KG Alt-Köllen, RA Gregor Berthold. Foto: Screenshot alt-koellen.de vom 14.6.2016 (Ausschnitt).

Wichtige Zeugen der Anklage waren nicht erschienen. So wollte sich der InterConti-Geschäftsführer Jörg Hubert Schmittem von Tim Jahnel, einem subalternen Junior-Manager des Hauses, vertreten lassen. Doch Silmerone N. und ihr Anwalt Thomas Mössinger bestanden auf der Vernehmung des InterConti-Geschäftsführers.

Die Zahl der anwesenden Rechtsanwälte hatte sich sprunghaft auf drei erhöht. So bot das InterConti als Geleitschutz für ihr zu befragendes Management den Kölner Anwalt Rolf Schneller (Schneller & Partner) auf.

Auch der beklagte Hotel-Reinigungs-Baron und Pferdezüchter Karly Zingsheim aus Blankenheim hatte aufgerüstet. War er am 8. Juli noch völlig allein erschienen, so trat er nun in Begleitung seines Kölner Anwalts Gregor Berthold auf, der im Netz vor allem als Funktionär der Karnevalsgesellschaft Alt-Köllen vun 1883 e.V. Spuren hinterlassen hat.

Zingsheims Prozesstrategie zeichnet sich wie folgt ab: Er versucht die Darstellung von Silermone N. durch Aussagen von Geschäftspartnern, Untergebenen und aktuell bei ihm beschäftigten Reinigungskräften zu widerlegen. So saßen im Gerichtsflur zahlreiche Putzkräfte, die für ihn aussagen sollen, sowie die Hausdame des InterConti und andere (ehemalige) Vorgesetzte. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass das InterConti aus der Unternehmer-Phalanx ausschert.

Das Hotel hat die Verträge mit Zingsheim –  zumindest in Düsseldorf – ohnehin gekündigt (siehe Bericht) und dürfte kein Interesse daran haben, weiter in den Strudel negativer Schlagzeilen gerissen zu werden. Noch weniger dürfte das InterConti motiviert sein, sich an einer waghalsigen Prozessstrategie zu beteiligen, die in sturem und dreistem Leugnen von beweisbaren Fakten besteht.


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Arbeitszeit-Protokolle blanko unterschrieben?

Denn es gibt nicht nur die Arbeitszeit-Listen der Putzfirma ZHS, die verschiedenen Aussagen zu Folge von den Beschäftigten vor Arbeitsantritt blanko unterschrieben werden müssen und später offenbar von Vorgesetzten nach dubiosen Vorgaben ausgefüllt werden.

Das Hotel, also der Auftraggeber der Reinigungsfirmen, führt eine eigene Schlüsselliste, in der sich die Putzkräfte zu Arbeitsbeginn eintragen und zu Arbeitsende austragen müssen. Diese Liste gibt einen zuverlässigen Überblick über die tatsächliche Länge der geleisteten Schichten. Schließlich gehen die Putzkräfte weder vor der Arbeit noch danach in die Hotel-Sauna oder vergnügen sich anderweitig im Hause. Diese Schlüsselliste muss vom Hotel genau geführt werden, weil den Reinigungskräften Generalschlüssel ausgehändigt werden. Zingsheims Buchführung und die Schlüsselliste des Hotels dürften sich wesentlich unterscheiden. Wie sich der Blankenheimer Island-Pferde-Züchter aus dieser Faktenlage heraus winden will, bleibt spannend.

Zeugen unter Druck

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Protest der aktion ./. arbeitsunrecht am 9.9.2016 vor dem Radisson Blu, Düsseldorf, wo Silermone (rechts im Bild) für einige Tage Probe gearbeitet hatte. Die Hausdame und ein Manager stellen sich kritischen Fragen. Sie geben Entwarnung: Zingsheim ist dort nicht mehr tätig. Allerdings putzt seine umstrittene Firma ZHS derzeit noch im Radisson Blu Dortmund.

Dass diese Putzkräfte sowohl von der Anwesenheit ihrer Vorgesetzten beeindruckt sein dürften, als auch durch die Abhängigkeit von ihrem Job als befangen gelten müssen, liegt auf der Hand. So scheiterte der jüngste Prozesstermin auch deshalb, weil eine Putzkraft nicht erschien, die zwar von Silermone als Zeuge benannt wurde, aber derzeit noch für Zingsheim arbeitet. Der Verdacht liegt nahe, dass er sich unter Druck gesetzt sah. Beim nächsten Termin wird der Zeuge zur Not polizeilich vorgeführt werden.

Silermone stützt sich bei ihrer Darstellung des mutmaßlichen  Lohnraubs durch Zingsheims vor allem auf solche Putzkräfte, die enttäuscht von sich aus bei ZHS ausgeschieden sind, oder gefeuert wurden. Ihre Darstellung deckt sich nach Informationen der aktion ./. arbeitsunrecht mit Aussagen von Putzkräften aus zahlreichen Städten in Deutschland.

Immer Stunde Pause am Tag abgezogen

Die Richterin gab deutlich zu erkennen, dass sie zumindest folgendes für bereits einigermaßen klar erkennbar hielt: Zingsheim zieht jeden Tag eine Stunde Pause ab, egal wie lange die Beschäftigten gearbeitet haben, egal ob sie angesichts des Arbeitspensums überhaupt Zeit für eine Pause hatten.

Wir wollen das kriminelle System des Lohnraubs in der Hotel-Branche verstehen und dokumentieren.

Die aktion ./. arbeitsunrecht ruft Putzkräfte bei Zingsheim und anderen Sub-Unternehmern auf, sich zu im Kölner Büro melden: 0221.99768 522. 


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