Deutsches Rotes Kreuz: Warum war das DRK für den Schwarzen Freitag, 13. Oktober 2017 nominiert?

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Lebensretter kämpfen beim Deutschen Roten Kreuz mit Lohndumping
Lebensretter müssen beim DRK um finanzielle Sicherheit und geregelte Arbeitszeiten kämpfen.

Das Deutsche Rote Kreuz ist wiederholt durch brachiales Vorgehen gegen Betriebsräte und Personalräte auffällig geworden. Ferner durch Lohndumping und Tarifflucht bzw. Tarifabstinenz.

Konkret können wir folgende Fälle benennen:

  • DRK-Rettungsdienst: Betriebsratsbehinderung, juristische Nachstellung und gezielte Zermürbung |  DRK Kreisverband Oberlahn e.V.
  • DRK Flüchtlingsunterkünfte: Behinderung der Betriebsratsarbeit, Lohndumping, Schikanen, Tariflosigkeit |  DRK Soziale Dienste Hannover gGmbH | DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGMbH
  • DRK-Schwesternschaften: systematische Ausbeutung und Diskriminierung von 18.000 DRK-Schwestern als Leiharbeiterinnen | bundesweit

Wir vermuten, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist.

Wir bitten alle Beschäftigten Kontakt mit uns aufzunehmen, die von Lohnraub (z.B. nicht gezahlten Überstunden), Lohndumping, Union Busting, Mobbing beim DRK betroffen sind.


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Die gesetzliche Diskriminierung von 18.000 DRK-Schwestern, die als Leiharbeiterinnen profitabel verliehen werden, stellt eine der größten Fehlleistungen der amtierenden Bundesregierung dar, insbesondere der federführenden Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

Durch eine eilig eingefügte Sonderkausel im DRK-Gesetz hat die große Koalition aus CDU/SPD die DRK-Schwestern am 1. Juni 2017 von Schutzbestimmungen zur Leiharbeit ausgenommen, die ihnen höchstrichterlich vom BAG und EuGH zuerkannt wurden.

Unter dem Deckmantel der Nächstenliebe + Gemeinnützigkeit

Die Deutsche Rote Kreuz ist eine Organisation mit ca. 4 Millionenen Vereinsmitgliedern, die ein humanitäres Image pflegt und intensiv um Spenden und freiwillige Helfer wirbt. Gleichzeitig ist das DRK mit 164.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber Deutschlands. Die Bundesregierung sicherte dem DRK 2008 durch ein eigenes Deutsches Rotes Kreuz-Gesetz (DRK-G) staatliche Privilegien.

Diese steuerliche und rechtliche Bevorzugung hält das Deutsche Rote Kreuz nicht davon ab, das Gemeinwesen zu schädigen, indem verschiedene Gliederungen des DRK geltende Gesetze brechen oder missachten.
Das DRK duldet oder fördert auf verschiendenen Ebenen Arbeitsbedingungen, die ein menschenwürdiges Leben für Beschäftigte unmöglich machen. Das DRK zahlt nicht selten Löhne, die mit Hartz IV aufgestockt werden mǘssen und zu Altersarmut führen. 

Föderales Dickicht begünstigt Filz

Die DRK-Struktur ist verworren und intransparent. Formell stellt das DRK eine Föderation aus unabhängigen Kreisverbänden und Landesverbänden dar, die meist eingetragene Vereine sind. Wieviel diese juristisch eigenständigen Vereine im Jahr umsetzen, woher sie ihr Geld beziehen, wie sie es ausgeben, ist oft unklar. Das ist aus folgendem Grund höchst bemerkenswert: Immerhin handelt es sich um eine Organisation, die bundesweit in den Leitmedien um Spenden wirbt und die andererseits staatlich finanziert wird.

Wieviel an Spendengeldern und staatlichen Zuwendungen für Geschäftsführergehälter verwendet wird, ist der breiten Öffentlichkeit unbekannt. Möglicherweise nicht ohne Grund.

Die wichtigsten Beschäftigungsträger der DRK sind die 480 Kreisverbände, aber auch Ortsvereine und die 19 Landesverbände stellen Personal ein. Um diese föderale Struktur schart sich ein Dickicht aus gemeinnützigen GmbHs und anderen Ausgliederungnen und Tochterfirmen. Zumeist sind die schwer überschaubaren, regional stark unterschiedlichen Strukturen personell eng mit den Regierungsparteien verflochten.
Diese intransparente Überschneidung von Vereinsposten, politischen Ämtern, staatlichen Subventionen und wirtschaftlichen Tätigkeiten begünstigt Filz und Vetternwirtschaft auf lokaler und regionaler Ebene.(4) 

Zu den Fällen

Die Spezialität des Hardcore-Juristen Peter Wallisch ist die juristische Nachstellung und Zermürbung von Betriebräten. (Bild: Screenshot NDR, Exklusiv im Ersten)

DRK Oberlahn: Betriebsratsbekämpfung durch juristische Nachstellung

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Kreisverband Oberlahn mit Sitz in Weilburg geht massiv und mit schmutzigen Methoden gegen den Betriebsrat der Rettungssanitäter vor.
Der Betriebsratsvorsitzende Thomas M., dessen Gremium 70 bis 100 Beschäftigte vertritt, konnte für seine Kolleg*innen wesentliche Verbesserungen erkämpfen und Angriffe auf Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen abwehren.

Für die Geschäftsführung unter dem Vereinsvorsitzenden Dr. Frank Schmidt und Detlev Meuser (beide SPD) war das Grund genug, den umstrittenen Harcore-Arbeitsrechtler Peter Wallisch in Stellung zu bringen.
Wallisch überzog den Betriebsrat – nach der Methode seines Kollegen Helmut Naujoks – mit unsubstantierten Kündigungsversuchen und anderen juristischen Nachstellungen.

[Mehr dazu: Kommentar auf arbeitsunrecht.de | Weilburger Tageblatt vom 01.02.107 | Aufruf Prozessbegleitung aktion ./. arbeitsunrecht]

Gute Geschäfte mit Flüchtlingsünterkünften?

DRK Soziale Dienste Hannover gGmbH: Heuern und Feuern | Betriebsratsbekämpfung

Die DRK Soziale Dienste ist in den letzten drei Jahren zu einem der größten Betreiber für Flüchtlingsunterkünfte in Hannover aufgestiegen. Die DRK Soziale Dienste Hannover gGmbH betreibt in der Region ca. 20 Flüchtingsunterkünfte. Nachdem, aufgrund schwankender Prognosen, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Jahren nach Hannover kommen würden, panisch MitarbeiterInnen gesucht oder unter entwürdigendem Vorgehen gefeuert wurden, gründete sich im Herbst 2016 ein Betriebsrat.

Die Grǘndungsmitglieder wollten dadurch gegen Schikanen der Geschäftsführung wie willkürlichen Kündigungen und Versetzungen, sowie hohe Personalfluktuation und Krankenstände vorgehen. Im November 2016 kündigte die Geschäftsleitung mit dem Vorwand einer Umstrukturierungsmaßnahme einem Mitglied des Wahlvorstands (Änderungskündigung).

Die dennoch erfolgreich durchgeführte Betriebsratswahl focht die DRK gGmbH im Frühjahr 2017 an und trieb den BR dazu, wegen „formaler Fehler“ zurück zu treten. Vor Gericht einigte man sich auf einen Verlgeich: Der alte Betriebsrat hat bis 31.10.2017 Zeit, einen neuen Wahlvorstand zu bestellen und Neuwahlen einzuleiten.

Ende 2016 berichtet die Hannoversche Allgemeine Zeitung, dass niedersächsische Wohlfahrtsverbände mit Flüchtlingsunterkünften hohe Gewinne erzielten. Kein Wunder, die Löhne sind nicht tariflich geregelt und selbst im Vergleich mit tradtionell schlecht bezahlten sozialen Tätigkeiten noch niedrig. Wie hoch die Gewinne tatsächlich sind ist unklar, da das DRK seine Zahlen nicht offen legt.

Geschäftsführerin Gabriele Allgeier griff der Betriebsratsbekämpfung auf die Exertise von Rechtsanwältin Jennifer Rasche, Kanzlei Göhmann zurück.

DRK Westfalen-Lippe: Lohndumping durch Tariflosigkeit

Die DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGMbH jagte den Johannitern durch Preisdumping Aufträge ab, so dass 60 Betreuer in Oerlinghausen im April 2017 ihren Job verloren und durch Niedriglöhner ohne Tarifvertrag ersetzt wurden. (9) Die tariflose DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGMbH unterbot bei einer turnusgemäßen Neuausschreibung die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. . Das DRK machte keinerlei Übernahmeangebote an die früheren Beschäftigten.  Laut Verdi verdient ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin mit Berufserfahrung bei der DRK-Tochter monatlich über 500 Euro weniger als im TVöD, an dem sich die Bezahlung bei den Johannitern orientierte. Laut Verdi ist die DRK Betreuungsdienste Westfalen-Lippe 2012 offensichtlich nur zu dem Zweck gegründet worden, bei solchen Ausschreibungen Dumpingangebote abzugeben.

[Mehr dazu: Kommentar auf arbeitsunrecht.de | GGB Hannover zur Kündigungsschutzklage | GGB Hannover zur Auslösung des BR]

Vorgehen gegen Betriebsräte: Keine Einzelfälle

Dass es sich bei den benannten Fällen nicht um bedauerliche Einzelfälle handelt, zeigt, dass es bereits 2008 zum Versuch der Kündigung des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Eduard T. des DRK Blutspendedienstes Münster kam. Auch er geriet durch besonders nachdrückliche Interessensvertretung in die Schusslinie des Unternehmens, ist aber nach wie vor beim DRK beschäftigt und weiterhin im Amt. Infos dazu auf (labournet).  

Die aktion ./. arbeitsunrecht berichtete im Juli 2016 über  Diskreditierungsversuche der Geschäftsführung gegen einen Betriebsratsvorsitzenden des DRK Rettungsdienstes in Rottweil .

DRK-Schwestern-Verleih: Arbeitsunrecht per Sondergesetz

Eine grüne Flasche neben Arbeitsministerin Nahles (SPD)

Zur weit verzweigten DRK-Struktur gehören auch 33 Schwesternschaften. Hier arbeiten 25.000 DRK-Schwestern; 18.000 von ihnen werden laut Presseberichten gewinnbringend verliehen. Allein im Essener Uniklinikum sind es 1.100, die Uniklink Bonn setzt 500 DRK-Schwestern ein.

„Wenn die Belegschaft im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen zum Streik aufgerufen wird, kann das Management Ausfälle durch den Einsatz der DRK-Schwestern kompensieren. Die ökonomische Wirkung von Streiks wird so erheblich geschwächt“, schreibt der Journalist Daniel Behruzi. (6)

Danke, Frau Nahles!

Bei diesem Schwesternverleih brach das DRK geltende Gesetze, denn es verlieh die Arbeitskräfte länger als 18 Monate, wie das Bundesarbeitsgericht feststellte (AZ 1 ABR 62/12).

Das DRK hatte sich bis dahin auf eine mehr als 100 Jahren andauernde Sonderrolle berufen. Am 21.02.2017 urteilte das oberste deutsche Arbeitsgericht, dass auch DRK-Schwestern unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fallen, das die Leiharbeit reguliert. Demnach können Personen nur bis zu 18 Monate ausgeliehen worden, danach müssen sie fest angestellt werden.

Doch das DRK steckte nicht auf. Als der Europäische Gerichtshof das Urteil bestätigte, machte der DRK-Präsident Rudolf Seiters an oberster Stelle Druck. Die Arbeitsministerin (SPD) setzte im Bundestag schon am 1. Juni 2017 eine Änderung des DRK-Gesetzes um, das DRK-Schwestern von den Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ausnimmt (DRK-G §2.4).(8)
Ver.di sieht das als Diskriminierung und will weiter klagen. Wir schließen uns dieser Beurteilung an.

Die dunkle Seite des DRK: zivil-militärische Zusammenarbeit

Das DRK wird vom deutschen Staat nicht nur durch weitgehende Steuerberfreiung bevorzugt, die gemeinnützige Vereine genießen. Das Rotkreuzgesetz vom 16. Oktober 2008 verankert einen völkerrechtlichen Sonderstatus des DRK als „freiwillige Hilfsgesellschaft im humanitären Bereich“ (DRK-Gesetz §2 1.1). Kriege sind dabei ebenso eingeschlossen, wie der nationale Notstand und drohende Aufstände im Landesinneren (Notstandgesetze). (1)

Der besondere völkerrechtliche Status des DRK ergibt sich aus den Genfer Konventionen, die das Ziel verfolgen, auf zivilisierte Weise Kriege zu führen und dabei die Bevölkerung, Verwundete und Kriegsgefangene ebenso zu schonen wie Sanitäter und Lazarette. Im Inland ist das DRK der „Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt“ verpflichtet.(2)

Ideen entwickeln: Einladung zum Aktions-Workshop | 23.September 2017 in Köln

Vor Filialen und Büros stehen und Flugblätter verteilen? Das ist gut und richtig, auf Dauer aber vielleicht zu wenig.

Wir laden euch deshalb am 23.09.2017 zu einem Aktions-Workshop mit einem erfahrenen Aktionstrainer ein. Zusammen wollen wir überraschende, witzige und für das Management schmerzliche Ideen für Soliaritäts- und Protestaktionen erarbeiten.

War am Schwarzen Freitag dabei sein will, sollte sich sich schon jetzt zum Aktionsworkshop anmelden! Zeit: Samstag, 23.09.2017, 12.00 – 17.00 Uhr Ort: Köln, Innenstadt. Schickt eine Mail an: aktion(a)arbeitsunrecht.de


Fußnoten

(1) Die 1968 von der Großen Koaltion verabschiedeten Notstandsgesetze sollten inneren Unruhen vorbeugen. Das DRK war in die logistischen Planungen der Aufstandsbekämpfung eingebunden. „Die Notstandsgesetze kamen und damit verbunden organisatorische Änderungen sowie erhöhte Anforderungen an die Hilfsorganisationen.“ Quelle: Vereinsgeschichte DRK Würselen, www.drk.ac, abgerufen 11.08.2017

(2) Hintergrundpapier Zivil-Militärische Zusammenarbeit, drk.de, 08.05.2003 (pdf)

(3) In Bayern sind 7,3 % der Bevölkerung DRK-Mitglieder (!), in Baden 6,89½, Baden-Würtemberg 6,06%. Der Bundesverband mit der niedrigsten Mitgliedszahl ist Bremen (1,21%) gefolgt von Berlin (1,51%) und Nordrhein (2,15%). Quelle: DRK-Jahrbuch 2016, Seite 57

(4) Das DRK-Generalsekretariat (DRK e.V.) in Berlin ist lediglich eine Lobby-Organisation ohne Weisungsbefungnis, die mit Werbung, Spenden-Beschaffung, Imagepflege, Public Relations und der Beeinflussung von Politikern befasst ist.

(5) Peter Wallisch war am 3.7.2017 im Fernsehen: Er spielt in der Reportage „Die Rausschmeißer“ Exklusiv im Ersten eine unrühmliche Rolle bei der Zermürbung eines Betriebsratsvorsitzenden der Marseille Kliniken. Als professioneller Betriebsratbekämpfer wurde Wallisch zuvor von der Würzburger Großbäckerei Götz Brot und dem Duftmittelhersteller Firmenich angeheuert.

(6) Daniel Behruzi: Nahles vs. Mitbestimmung – DRK-Schwestern sollen rechtlos bleiben, junge Welt, 15.5.2017

(7) DRK-Schwestern: CNH erstreitet Grundsatzurteil zur Leiharbeit, juve.de, 24.02.2017

(8) Verband der Schwesternschaften vom DRK e.V: Rundschreiben 22/2017 – Heutiger Bundestagsbeschluss zur DRK-Gesetzesänderung, drk-schwesternschaft-kassel.de, 01.06.2017

(9) Daniel Behruzi: Für Flüchtlinge engagiert – und abserviert, ver.di drei.63 / 2017


Quellen


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