Eine aggressive Methode aus dem Werkzeugkasten der Fertigmacher.
Eine Druckkündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung von sich aus – angeblich – nicht beabsichtigt, sich jedoch auf den Standpunkt stellt, dass er sich dem Druck von Seiten der Belegschaft beugt (oder solches vorgibt). Diese Art der Kündigung wird von der Rechtsprechung nur in engen Grenzen zugelassen.
Die höchst umstrittene Kündigungsform hat seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG, auch Anti-Diskriminierungsgesetz genannt) neue Brisanz erfahren. Juristen sprechen zudem von „unechten Druckkündigungen mit diskriminierendem Hintergrund“. Diese Unterscheidung wirkt aber haarspalterisch bzw. naiv.
Institutioneller Rechtsmissbrauch
Die meisten juristischen Fach-Texte berücksichtigen nicht, dass Fälle konstruiert und passende Indizien beschafft oder erzeugt werden, auch mit Hilfe von aggressiven Dienstleistern, um selbst schwierige Kündigungsformen juristisch halbwegs glaubhaft abbilden zu können. Zudem beeindruckt eine Kündigung die meisten Arbeitnehmer auch dann, wenn sie letztendlich vor Gericht scheitert und inhaltlich hahnebüchen oder bösartig motiviert ist, zumal von Union Bustern oft Wellen von Kündigungen in Gang gesetzt werden.
Es stellt sich in vielen Fällen die Frage, ob nicht durch das gezielte in Gang setzten einer Druckkündigung der Straftatbestand der Körperverletzung (§ 223 StGB) durch seelische Grausamkeit und Mobbing o.ä. erfüllt wird.
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Zur Methode der Druckkündigung
Werner Rügemer & Elmar Wigand schreiben in ihrem Buch „Die Fertigmacher“:
„Die Druckkündigung ist eine extrem aggressive Methode, die zwar vom zuständigen Gericht meist abgeschmettert wird, aber dennoch sehr demoralisierend ist.
Denn sie funktioniert nur, wenn zuvor ein Keil in die Belegschaft getrieben wurde. Damit sie ausgesprochen werden kann, muss nämlich eine größere Anzahl von Mitarbeitern unterschreiben, dass sie sich außerstande sehen, mit dem betreffenden Kollegen weiter zusammenzuarbeiten; deshalb würden sie sich gezwungen sehen selbst zu kündigen, falls die betreffende Person nicht entfernt würde.
Um eine Druckkündigung einigermaßen begründet abzufeuern, muss also Einiges an Vorarbeit geleistet werden. Die Geschäftsleitung und ihr ergebene Mitarbeiter müssen längere Zeit durch den Betrieb gehen und eine nennenswerte Zahl von Kollegen zur Entsoldiarisierung anstiften. Die Methode der Druckkündigung gehört daher zum typischen Arsenal aggressiver Arbeitgeberanwälte. Häufig macht der Psychoterror am Arbeitsplatz (Mobbing) die Gekündigten krank und manche erleiden für lange Zeit tiefe Depressionen.
Von einem demokratischen Standpunkt aus betrachtet tragen solche Unterschriftensammlungen durch Vorgesetzte und ihre Büttel diktatorische Züge, denn viele Kollegen unterschreiben aus Angst oder Unwissenheit. Von einem menschlichen Standpunkt aus sind diese Aktionen schäbig und erniedrigend.“
Dokumentierte Fälle:
- Commerzbank: „America First“, arbeitsunrecht.de, 20.11.2017
- DRK Kreisverband Oberlahn: Druckkündigung mit Union Buster Peter Wallisch, arbeitsunrecht.de, 10.10.2017
- AWO AJS/Omnicare Karlshuld 2013: „Betriebsrats-Bashing im Seniorenzentrum“, arbeitsunrecht.de, 14.12.2013
- BWPost Stuttgart 2012: „Die BW Post: Kommt einfach nicht gut an“, prekaerwochen.blogspot.co.uk vom 19.6.2012
- Mardeo, Hamburg 2005 (mit Jan Tibor Lelley, Buse Heberer Fromm): „Schlappe vor Gericht“, Hamburger Abendblatt, 24.2.2005
Quellen:
- (1) Hartmut Oetker, in: Rudi Müller-Glöge, Ulrich Preis, Ingrid Schmidt (Hrsg.): Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. § 1 KSchG, Rn. 182 ff.
- (2) Elisa Maria Wolf: Druckkündigung mit diskriminierendem Hintergrund, Frankfurt a. M. 2012 (pdf)
- (3) Rügemer/Wigand: Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung. papyrossa-Verlag Köln 2014, S. 21-22. (siehe hier)