Weiter kein Betriebsrat bei Flink. Enttäuschendes Urteil des LAG Berlin

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Letzer Betriebsratsinitiator behördlich entsorgt. Revision nicht zugelassen.

Arbeitsunrechtsparagraph: Gerichtsprozess offenbart dringenden Reformbedarf des Kündungsschutzgesetzes §9.

Die Aktion gegen Arbeitsunrecht und ihr Pressesprecher Elmar Wigand unterliegen vor dem Landesarbeitsgericht Berlin gegen den Lieferdienst Flink (Az. 19 SA 509/23, LAG Berlin vom 20.12.2023).

Die 19. Kammer des LAG unter dem Vorsitzenden Richter Hans-Georg Nielsen lehnte die Berufung von Elmar Wigand ab, der 2021 und 2022 für Flink als Rider gefahren war. Im Zuge einer versuchten Betriebsratsgründung wurde er — wie fast alle Initiatoren — gekündigt und klagte auf Wiedereinstellung.

Es ging um nicht weniger als den systematischen Missbrauch des Kündigungsschutzgesetzes und die Grenzen der Meinungsfreiheit in der Arbeitswelt.

Flink bot die Anwältinnen Anna Franziska Hauer und Constanze Mercedes Merkelbach-Schlotka (Kanzlei Pusch Wahlig) auf. Der bundesweit gefürchtete Betriebsratsfresser Tobias Pusch blieb diesmal fern.


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In der Verhandlung gab das Gericht deutlich zu erkennen, dass es die Argumentation des Klägers für nicht abwegig sondern bedenkenswert hielt. „Immerhin existiert bis heute kein Betriebsrat bei Flink“, äußerte Richter Nielsen. Warum man sich letztendlich dagegen entschied, der Argumentation von Elmar Wigand und seinem Anwalt Jakob Heering zu folgen, bleibt unklar solange die Urteilsbegründung nicht vorliegt.

Ein Präzedenz-Urteil für den verhinderten Betriebsratsgründer und gegen Flink und deren Union Busting-Kanzlei Pusch Wahlig wäre eine bundesweite Sensation gewesen und hätte die Bedingungen für Meinungsfreiheit und Demokratie am Arbeitsplatz verbessern können. Möglicherweise fehlte der 19. Kammer des LAG Berlin hier einfach der Mut.

Enttäuschend und rätselhaft bleibt, warum eine Revision nicht zugelassen wurde — also der Weg zum Bundesarbeitsgericht durch das LAG Berlin versperrt wird. Die Aktion gegen Arbeitsunrecht überlegt, dagegen Rechtsmittel einzulegen und das BAG anzurufen. Denn hier geht es um gleich zwei grundlegende Rechtsfragen, die derzeit schief liegen.

Hier muss sich entweder die Gesetzsprechung ändern oder das Gesetz.

Systematischer Missbrauch des §9 Kündigungsschutzgesetz

Zumindest in der Form wie §9 KSchG derzeit angewandt wird, handelt es sich um einen Arbeitsunrechtsparagraphen.

Die Auflösung von Arbeitsverhältnissen nach Paragraph § Kündigungsschutzgesetz („zweckdienliche Zusammenarbeit nicht zu erwarten“) ist ein Hintertürchen, um unliebsame Beschäftigte auch ohne Kündigungsgrund durch das Gericht vom Arbeitsplatz entfernen zu lassen.

Diese jahrzehntelang zur Routine gewordene rechtsmissbräuchliche Praxis lädt dazu ein, Beschäftigte gezielt zu provozieren, zu diffamieren und Fehlverhalten herbei zu konstruieren, um so einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht zu begründen. So ist es auch mit Elmar Wigand vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Berlin geschehen.

Flink und deren Union Busting-Anwälte aus der Kanzlei Pusch Wahlig rührten einen toxischen Cocktail aus Verleumndungen, Unterstellungen, Halbwahrheiten und Falschaussagen an, um den Kläger in möglichst schlechten Licht da stehen zu lassen. Darunter Spekulationen über seine Gesinnung, die aus der McCarthy-Ära oder der Kommunisten-Hatz der Adenauerzeit hätten herrühren können.

Seine Gegenreden sollten zum Anlass für die Kündigung werden. Dass deutsche Gerichte auf diesen Dreh immer wieder herein fallen oder sogar bereitwillig dieser eingeschliffenen Routine folgen ist enttäuschend. Es ist nicht hinnehmbar.

Flink Expansion 4 GmbH: Absurde Unternehmensaufspaltungen nicht ernst genommen.

Es kann nicht sein, dass einerseits die absurde Aufspaltung von Unternehmen zu Zwecken der Steuervermeidung oder Verschleierung von Finanzflüssen und anderen rechtsmissbräuchlichen Motiven einerseits zu Lasten der Allgemeinheit toleriert wird, dass sie andererseits wieder vom Arbeitsgericht ignoriert wird.

Elmar Wigand war für eine „Flink Expandion 4 GmbH“ angestellt, die das Warenlager in der Rummelsburger Bucht in Berlin betreibt. Als angeblich unabhängige Firma. Die Kündigungsversuche des Flink-Managements basieren auf der Annahme, die Arbeitsbeziehungen zwischen Elmar Wigand und Flink seien zerrüttet. Das ist jedoch nicht der Fall.

Mit Kollegen und Vorgesetzten der Flink Expension 4 GmbH hatte Elmar Wigand nie ein Problem. Es ist ein Strukturelement aller Lieferdienste, dass das Fußvolk — Rider und Picker — von Management, Kundendienst und Programmierern strikt getrennt sind. Bei Flink sind es sogar verschiedene Firmen. Daher gehen die Kündigungsversuche von Flink auch strukturell ins Leere.

Die Flink-Justiziarin Sarah Erne und PR-Mann Boris Radke arbeiten für die Flink SE. Sie provozierten gezielt Reibereien, die sie auf infame weise zu Vergehen bis Tätlichkeiten aufblasen wollten. Doch sind sie weder Kollegen noch Vorgesetzte von Elmar Wigand gewesen. Der Status des Flink-PR-Mannes Boris Radke ist bis heute unklar und wird von Flink auf Nachfrage nicht geklärt. Vermutlich ist Radke bloß ein Teilzeit-Pressesprecher auf Honorarbasis.

Dass eine gedeihliche Zusammenarbeit in der Flink Expansion 4 GmbH aufgrund von Konflikten mit diesen Personen der Flink SE oder gar deren subalternen Dienstleistern nicht möglich sein soll, ist nicht nachvollziehbar.

Elmar Wigand wäre ein hervorragendes Betriebsratsmitglied, das hart und erfolgreich verhandeln würde. Er war ein engagierter und zuverlässiger Rider und würde gern wieder fahren.


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