Wir trauern um Emmely, die Kämpferin

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Die Berliner Kassiererin Barbara Emme verstarb am 23. März 2015

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Emmely wird in unseren Herzen bleiben. (Bildquelle: nrhz.de, Uwe Pohlitz, Erfurt)

Sie nannte sich Emmely. Ein Kampfname und Tarnname, unter dem sie gegen ihren Arbeitgeber Kaiser’s Tengelmann und die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit zu Felde zog. Mit ihrem Anwalt Benno Hopmann und MitstreiterInnen ihres Berliner Solidaritätskomitees konnte sie das Bundesarbeitsgericht dazu zu bringen, eine Unrechtspraxis zu widerrufen, die seit 1958 Bestand hatte: Die Verdachtskündigung gegen Beschäftigte aufgrund von Bagatellen.

Im Kampf für Gerechtigkeit wurde Emmely in den Jahren von 2007 bis 2010 zu einer Gallionsfigur der einfachen Arbeiter_innen und Angestellten in Deutschland, die am Arbeitsplatz entrechtet und schikaniert werden.

Heute erreichte uns die Nachricht, dass sie nicht mehr lebt. Das Portal Labournet.de schrieb: „Unsere Mitkämpferin und Freundin Emmely ist vorgestern gestorben – ihr großes Herz hat versagt.“

Emmely arbeitete bereits in der DDR in jener HO-Filiale, die später zu Kaiser’s Tengelmann gehören sollte. Das Kaiser’s Management wollte sie nach 31 Jahren wegen zweier Pfandbons im Wert von 1,30 Euro feuern. Wir gehen bis heute davon aus, dass man ihr diese scheinbaren „Beweise“ untergejubelt hat, weil sie sich gewerkschaftlich organisierte und an Streiks teilnahm. Weil Leute, die aus ihrem Holz geschnitzt waren, in der schönen neuen Arbeitswelt keinen Platz mehr haben sollten.
Doch Emmely konnte nach langem Kampf in ihre Filiale zurück kehren. In ihrem Stadtteil Hohenschönhausen blieb sie eine Größe. Der Spiegel berichtete noch im August 2014, dass sie an der Kasse mitunter Autogramme geben musste, nicht selten von Anwohnern um Rat und Beistand gefragt wurde.


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Im Jahr 2012 veröffentlichte sie mit Benedikt Hopmann und Reinhold Niemerg das Buch „Emmely und die Folgen“ (Hier das Inhaltsverzeichnis und ein Text von ihr als pdf). Im März 2014 wählten die Kaisers-Beschäftigten Emmely in den 33-köpfigen Berliner Betriebsrat der Kette.

Damoklesschwert EDEKA-Verkauf

Ob ihr früher Tod auch mit Belastungen und Spätfolgen ihrer fristlosen Kündigung zu tun hat, wissen wir nicht. Jedoch blickten wir in letzter Zeit sorgenvoll nach Berlin, nachdem bekannt wurde, dass Kaiser’s an Edeka verkauft werden sollte. Edeka ist für seine Union Busting-Methoden bekannt. Wir fragten uns, was wohl aus der bekanntesten Kassiererin Berlins unter dem oft brutalen Regiment von Edeka und seiner Franchise-Nehmer werden würde. (Das Bundeskartellamt prüft derzeit den Deal, unter Kaiser’s Beschäftigten gibt es massive Proteste gegen Edeka wie der rbb am 13.3.2015 berichtete.)

Wir lernten Emmely als Teilnehmerin und Rednerin des Kongresses „Arbeitsunrecht in Deutschland“ kennen, der im März 2009 in Köln stattfand. Sie beeindruckte uns zutiefst. Wir wünschen uns, dass viele Beschäftigte ihrem Beispiel folgen mögen und den Aufrechten Gang üben – am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit, vor Gericht und staatlichen „Autoritäten“.

Eine einfache Kassiererin und ihre Feinde

Emmely’s Kampf, ihr so genannter Fall, war für uns ein wichtiger Ausgangspunkt für die Arbeit am Themenfeld „Union Busting in Deutschland“; die ausgesprochen fruchtbare Aktivität ihres Solidaritätskomitees lieferte ein Beispiel für die Gründung der Initiative aktion./.arbeitsunrecht e.V. Wir verfolgen die Idee, die vielen Emmelys, die es in ganz Deutschland gibt, deren lokalen Freunde und Mitstreiter_innen zu vernetzen. Und anderen Mut zu machen, diesem Weg zu folgen.

Das einleitende Kapitel unseres im Oktober 2014 erschienen Buches „Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung“ müssen wir nun umschreiben. Denn es beginnt mit Emmely. Wir stellen das Kapitel in Gedenken an sie online: Solidarität mit Emmely und was daraus folgte.
Emmely taucht an weiteren Stellen im Buch auf: In einer Passage über das Münchner Institut ZAAR und dem Portrait des ArbeitsUnrechtlers Volker Rieble – eines der schlimmsten Arbeiter-Feinde der Republik. Rieble enthüllte Emmelys bürgerlichen Namen in einer juristischen Fachzeitung und setzte sie damit der Gefahr aus, auf schwarzen Listen zu landen. Er beschimpfte sie als „notorische Lügnerin“: Volker Rieble + das ZAAR: Poltern für das Kapital.

Diese Texte stellen wir nun online, damit wir bei aller Trauer nicht den Zorn vergessen und die Notwendigkeit, im Leben Widerstand zu leisten. Oder wie die große amerikanische Bürgerrechtlerin und Gewerkschafterin Mother Jones zu sagen pflegte:

„Pray for the Dead, Fight like hell for the Living.“  „Betet für die Toten, kämpft wie der Teufel für die Lebenden.“

Werner Rügemer & Elmar Wigand, Köln am 25. März 2015

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35 Kommentare

  1. Schade, dass sie so früh von uns gegangen ist.

    Was bleibt als ihr Erbe?
    NIEMALS aufgeben, immer gegen Unrecht aufstehen, unbeugsam!
    Wer kämpt, kann verlieren.
    Wer nicht kämpft, der hat schon verloren…

  2. Kaiser-Tengelmann mußte begreiflich gemacht werden, das wir nicht mehr im 19. Jahrhundert leben (wollen) Dafür wurde Emmely ein Symbol…

  3. Emmely,
    Deinen Mut für Dein Recht zu kämpfen, Deine Energie, die Prozesse durchzustehen und darüber Deine Lebensfreude nicht zu verlieren finde ich bewundernswert.
    Du wolltest noch so viel lernen und erleben.
    Leider mussest Du so früh die Welt verlassen.
    Du wirst uns sehr fehlen.

  4. Wir haben eine große Kämpferin verloren!
    Emmely, Du wirst in unseren Herzen und Köpfen weiterleben.

  5. Emmely Ruhe in Frieden.
    Danke für deinen Kampf gegen das Arbeitsunrecht und gegen die Auswüchse des neoliberalen Kapitalismus. Ich werde unser Gespräch im März 2009 in Köln nicht vergessen und immer an dich denken.
    Christoph Kappel

  6. Ich hatte tiefen Respekt für Ihr Handeln im Leben und verbeuge mich vor ihrem Tod. Ruhe in Frieden, Emmely. Du hättest ein langes Leben in Würde verdient.

  7. Mein herzliches Beileid allen Hinterbliebenen. Emmelys Arbeitskampf habe ich über meine Tageszeitung mit brennendem Interesse vervolgt. Emmely hat bewiesen, dass sich kämpfen lohnt. Ich verneige mich tief.

  8. Emmely hat gezeigt, dass der Mut aus dem Kampf erwächst. Mit diesem Kampf ist sie selbst gewachsen und hat allen ein Beispiel gegeben.
    Herbert

  9. Emmely war und blieb eine aktive, kämpferische und unbeugsame Gewerkschafterin bis zuletzt! Sorgen wir dafür, dass sie niemals vergessen wird, dass sie in unseren Herzen und Kämpfen weiterlebt.

  10. HimmelHerrGott! — warum ist Emmely tot & nicht Emma -lice ?

    Ich HaBE Emmely Mal in Berlin nach einer Lesung … kennengelernt wäre zu vielgesagt. Ich habe sie kurz nach der Lesung vor tengelmann-Kaisers getroffen und mit ihr ebenso kurz sprechen können. Da war “Emmes”, Werner Pöhlert schon nicht mehr bei sondern unter uns oder über uns und ich hatte ihr gesagt: “Ich wette, dass Emmes für Dich mit Sicherheit ein schönes Lied geschrieben hätte.” Ich wolte es auch probieren, doch dann haben mich einige Kriege vom Lyrik- und Lieder-Schreiben weggebombt. Artikel, Recherchen, nix mehr dichten nix mehr malen.

    Ich hoffe, dass Emmely den Emmes oben oder unten treffen wird. Und vielleicht reicht mir die Zeit vorm nächsten Krieg noch, für Emmely ein nachgerufenes Lied zu schreiben

  11. „Wollt Ihr denen Gutes tun,
    die der Tod getroffen,
    Menschen, lasst die Toten ruhn
    und erfüllt ihr Hoffen“ (Erich Mühsam)

    Respekt und Danke liebe Emmely!

    Anne

  12. Danke Emmely,

    es läßt sich vermuten, dass Deine Erlebnisse Dir das Herz gebrochen haben.

    Vielleicht hilfst Du auch mit Deinem Tod den Mitmenschen, indem Richter in Berlin, Erfurt und anderen Städten und Deine und andere mobbenden Kollegen/innen einen Zusammenhang zwischen Mobbing und gebrochenem Herzen sehen und Mobbing zukünftig unterlassen und Mobbingopfern helfen.

  13. Ich habe große Hochachtung vor ihrem Engagement und ihrer Standhaftigkeit – diese Gesellschaft, in der nur der Profit zählt, braucht tausende von Emmilys – sonst wird sich nichts ändern. Nehmen wir uns ein Beispiel an ihr.

  14. Wir trauern um Emmely
    Ein Nachruf auf Barbara Emme

    Sie hat gekämpft: Um ihren Arbeitsplatz. Um ihre Würde. Für die Rechte und die Würde aller Beschäftigten.

    Sie hat gewonnen: Gegen ein Unternehmen, das ihr nach 31 Dienstjahren fristlos kündigte, nur weil sie zwei herrenlose Pfandbons eingelöst hatte.

    Emmely musste wieder eingestellt werden. Dank Emmely können Beschäftigte heute nicht mehr so einfach gefeuert werden.

    Es ist schade, dass es sie nicht mehr gibt. Es ist schade, dass es nicht viel mehr von ihrer Sorte gibt. Wir danken ihr. Wir denken an sie.

    Sahra Wagenknecht

    LINKSFRAKTION im Wortlaut

  15. Herzliches Beileid an Ihre Angehörigen. Sie hat mit Ihrem Kampfgeist uns allen so viel Mut gemacht. Wir können von Ihr so viel lernen. Sie wird uns weiterhin inspirieren, auch im verzweifelten Kampf gegen Arbeitsunrecht. Ihr Geist ist unsterblich.

  16. R.I.P. Emmely, und mein Mitgefühl für die Hinterbliebenen!

    Hätten mehr Menschen dein Rückgrat und deinen Mut, bzw. würden mehr Menschen erkennen, dass sie dies eigentlich besitzen, es gäbe weniger Ausbeutung auf dieser Welt!

    Und die solcherart amoralisch gestrickten Arbeitgeber und deren rechtsbeugende Anwälte sollten aufpassen, dass sie es nicht überziehen! Es könnte sonst überraschend schnell passieren, dass manch einer seine bisherige zivilisatorische Zurückhaltung aufgeben könnte. Die Geschichte ist voll von solchen Beispielen…

  17. “Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren!” (Bertolt Brecht)
    Ergo: Der Kampf geht weiter!

  18. Isn’t it ironic…. ?!

    Seit dem 25. Januar 2009 befahre ich als Leistungsberechtigter nach SGB II („Hartz IV-Empfänger“) Busse & Bahnen im Verkehrsverbund Mainz Wiesbaden grundsätzlich ohne Fahrkarte, weil der Preis des Sozialtickets (aktuell 57,30 Euro) in keinem Verhältnis zum ÖPNV-Anteil im Regelbedarf der Grundsicherung/von Hartz IV (aktuell 20,30 Euro) steht. Am 9. Februar 2010 gab mir das Bundesverfassungsgericht mit dem neuen Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unter Berücksichtigung eines Mindestmaßaes an gesellschaftlicher, kultureller und politischer Teilhabe vollumfänglich Recht! Geändert hat sich in all den Jahren nichts…

    Dass „Emmely“ in ihrem Kampf immer aufrecht blieb, hat auch mir die notwendige Kraft gegeben, in meinem Kampf um Grundrechte stark zu bleiben und niemals kleinbeizugeben – was ich angesichts so vieler, die sich immer noch nicht wehren, auch niemals zulassen darf!

    Es entsetzt mich bis ins Mark, dass „Emmely“ ausgerechnet an meinem Geburtstag von uns genommen wurde….

    Nun muss ich die Fackel der Unbeugsamkeit vorerst alleine hochhalten…

    Danke für alles, „Emmely“!!!

  19. Mit großer Trauer habe ich die Nachricht vom viel zu frühen Tod von Emmely aufgenommen.

    Emmely ist ein Beispiel für Mut, Engagement gegen grassierendes Unrecht und Ausdauer im nervenzehrenden Kampf gegen Ignoranten und arbeitnehmerfeindliche Einstellungen in leider immer mehr Unternehmen.

    Emmely wird vielen Menschen in Erinnerung bleiben und hoffentlich Ansporn für mehr Engagement in eigener Sache geben.

  20. Viel zu früh bist Du gegangen. Aber Du lebst in unseren Herzen als mutige Kämpferin gegen Unterdrückung und Unrecht weiter.

  21. Mit tiefer Bestürzung muss ich die Nachricht vom Tod meiner
    Einzelhandelskollegin Emmely zur Kenntnis nehmen. Sie
    hat durch ihren Kampf ein Beispiel für eine mutige Kämpferin
    gegen Unternehmerwillkür, heute nennt Mensch dies verharmlosend Mobbing, gegeben. Wir haben durch ihren Kampf erfahren, dass kämpfen sich lohnen kann und Kämpfe zu gewinnen sind. Emmely wir werden Dir einen Platz in unseren Herzen bewahren.

  22. Leute wie Emmely sind ein Lichtblick in dieser deprimierenden Welt – leider ist die Welt jetzt wieder ein Stück dunkler geworden! Solche aufrechten und mutigen Menschen haben meine größte Bewunderung. Es ist so unsagbar traurig, dass sie nicht älter werden durfte! Das zeigt, dass nicht nur das Leben ungerecht ist, wenn die Falschen zu früh gehen müssen.

  23. Emmily hat Großartiges geleistet und einen arbeitnehmerfeindlichen (Un)rechtsgrundsatz vor dem BAG gestürzt. Den Mut und das Standvermögen hätte nicht jede/r aufgebracht, dafür gebührt ihr Respekt und Anerkennung. Es ist sehr bedauerlich, dass sie die Früchte ihres Sieges viel zu kurz genießen konnte.

  24. Es sind Menschen wie Emmely, die die Welt lebens-und erfahrenswert machen. Sie ist zu einem Vorbild geworden, für Gleichheit und Gerechtigkeit einzutreten. Dank an die Organisation arbeitsunrecht, die unseren Blick auf Unterdrückung, Einschüchterung und Ausnutzung am Arbeitsplatz schärfen.
    Ursula Brümann

  25. STELLUNGNAHME AUS DEM BERLINER KOMITEE „SOLIDARITÄT MIT EMMELY“

    Emmely ist tot.

    Barbara Emme, auch bekannt als Emmely, ist in der Nacht von Montag auf Dienstag überraschend an Herzversagen gestorben, sie wurde 57 Jahre alt. Sie hat 1977 begonnen, bei der HO (Handelsorganisation) zu arbeiten, und war damit 38 Jahre im selben Arbeitsverhältnis im Einzelhandel tätig.

    Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde sie durch den Kampf gegen ihre Kündigung. Die Kaiser’s-Tengelmann AG hatte ihr im Februar 2008 kurz nach dem Streik im Einzelhandel gekündigt, Emmely hatte für ihre Gewerkschaft ver.di die Streikliste in ihrer Filiale in Berlin-Hohenschönhausen geführt. Die Kaiser’s-Tengelmann AG kündigte , Emmely wegen des Verdachts, sie habe Pfandbons zu insgesamt 1,30 Euro, die ein Kunde im Laden
    verloren hatte, zu Unrecht eingelöst.

    Ihre Gewerkschaft hatte ihr immer wieder geraten, eine Abfindung zu akzeptieren, aber Emmely ging trotz zwei verlorener Verfahren beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht in Berlin vor das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Alle drei Gerichte gingen davon aus, dass die Emmely die Pfandbons zu Unrecht eingelöst hatte.
    Emmely hat diesen Vorwurf immer abgestritten. Trotzdem gab das Bundesarbeitsgericht im Juni 2010 der Klage Emmelys gegen die Kündigung statt, indem es die Kündigung als unverhältnismäßig einstufte und Emmely erhielt ihren Arbeitsplatz zurück.

    Für Emmely bedeutete der Kampf gegen die Kündigung einerseits viel Unterstützung durch die Öffentlichkeit, neue Bekanntschaften in ganz Deutschland und viele neue Erfahrungen, aber auch eine hohe nervliche Belastung: ständig wollte die Presse mit ihr sprechen, Juristen der Arbeitgeberseite bezeichneten sie als „notorische Lügnerin“, sie musste in eine kleinere Wohnung ziehen und der Ausgang des Verfahrens war ungewiß. Ihre Berühmtheit war ein hohes Risiko: Wer will schon eine engagierte Gewerkschafterin einstellen, die ihre Renitenz sogar in der Show von Johannes B. Kerner bekräftigt?

    Es war beeindruckend, mit welcher Energie und welchem Trotz, die auch aus Stolz auf die von ihr geleistete Arbeit rührten, sich Emmely gegen die Anschuldigungen gegen sie und dem Verlust ihres Arbeitsplatzes gewehrt hat. Noch am selben Tag, an dem Sie ihren zweiten Prozess verloren hatte und unter Tränen zur Presse sprach, fuhr sie mit ihrem Anwalt, Benno Hopmann, nach Hamburg, um abends im Fernsehen aufzutreten. Niemand von den erfahrenen AktivistInnen, die sie unterstützt haben, hätte dazu den Mut aufgebracht. Wir haben ihr sogar abgeraten, doch Emmely hatte keine Scheu davor. „Jetzt erst recht.“ – dies war die Haltung die sie ausgestrahlt hat.

    Nach ihrem Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht erhielt Emmely erst einmal auch den Urlaub und den Lohn für mehr als 2 Jahre und konnte so an der Weltfrauenkonferenz in Venezuela im Jahr 2010 teilnehmen. An ihrem alten neuen Arbeitsplatz erhielt sie weiterhin viel Zuspruch von KundInnen und auch von MitarbeiterInnen, oft erhielt sie kleine Geschenke oder wurde nach Autogrammen gefragt. Sie blieb weiterhin politisch engagiert, hat regelmäßig ihren Bildungsurlaub bei einer von GewerkschafterInnen organisierten Reise nach Frankreich verbracht und lernte dort viele AktivistInnen kennen, die wie sie gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung kämpften. Im Einzelhandelsstreik 2013 hat Emmely sich an Aktionen beteiligt, bei denen Berliner Beschäftigte KollegInnen in Brandenburg mit der Blockade einer Supermarktfiliale unterstützt haben.

    Bei den Betriebsratswahlen 2014 wurde sie bei Kaisers in den Betriebsrat gewählt. Wenige Monate später hat Kaisers Tengelmann das Aus für die Lebensmittelkette verkündet, die nun zwischen Edeka und Rewe aufgeteilt werden wird. Emmely klagte häufig über lange zehnstündige Schichten, die sie sehr erschöpft haben.
    Zuletzt hat Emmely sich in einem Bündnis von GewerkschafterInnen gegen das Tarifeinheitsgesetz engagiert. Ihr Bildungsurlaub in Frankreich im April dieses Jahres wurde nach langem Hin und Her mit dem Arbeitgeber genehmigt. Sie kann ihn nicht mehr antreten.
    Emmely hinterläßt drei Töchter. Wir werden Sie nicht vergessen.

    Aus dem Komitee „Solidarität mit Emmely“: Jörg, Willi, Gregor

  26. Emmely ging aufrecht durch bis dahin kaum vorstellbarem Schlamm und Dreck, verursacht von mittlerweile gängiger Personalerdenke. Sie war konfrontiert mit dem blanken Wahn einzelner Akteure im juristischen Feld. Für uns bleibt Trauer im Abschied und Wut mit Blick auf ihren Kampf. R.i.P.

  27. Wir haben eine große Kämpferin gegen die Untaten der Arbeitgeber verloren. Sie wird aber in unseren Herzen und Taten weiterleben!

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