1.400 Beschäftigte bei DURA im sauerländischen Plettenberg sollen ohne Rücksicht auf Verluste zermürbt werden
von Werner Rügemer
Am 7. Oktober 2016 ließ der US-Investor Partriarch Partners, Eigentümer des Autozulieferers DURA Automotive Systems, 280 Arbeiter seiner portugiesischen Filiale Carregado nach Plettenberg einfliegen. Hier steht eine der sieben deutschen Filialen des weltweit tätigen Autozulieferers. Die Portugiesen übernahmen am folgenden Tag, Samstag den 8. Oktober, die Wochenend-Schichten der 1.450 regulär Beschäftigten.
Skandal-Urteil des LAG Hamm begünstigt schmutzige Tricks
Dafür legte der Arbeitgeber einen Werkvertrag vor. Der Betriebsrat von DURA Plettenberg hatte dies am 6.10. per einstweiliger Verfügung beim Arbeitsgericht Iserlohn verhindern wollen, war aber abgewiesen worden.
Das Landesarbeitsgericht Hamm lehnte am 14.10. die Beschwerde ab: Durch den Einsatz der portugiesischen Werksvertragsarbeiter am Wochenende entstehe rechtlich ein neuer Betrieb mit anderen Arbeitnehmern. Der Werkvertrag gehöre zur unternehmerischen Freiheit. (LAG Hamm 13 TaBVGa 8/16)
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Deshalb werden die Portugiesen seitdem für die Schichten am Samstag bis 23.59 Uhr eingesetzt, dann wieder Montag morgens von 0.01 bis 05.00 Uhr – um 05.01 beginnt die Schicht der regulären Beschäftigten. Sonntags wird nicht gearbeitet, die Bezirksregierung genehmigt das nicht. Der Werkvertrag gilt bis zum 31.12.2016.
Die Portugiesen sind im Dorint-Hotel in Winterberg und im Hotel Stern in Willingen untergebracht und müssen die 76 bzw. 88 Kilometer anderthalb Stunden zur Arbeit hin- und wieder zurücktransportiert werden. „Die Kosten für Unterkunft und Überführung der 280 Portugiesen sind aberwitzig“, so der Bevollmächtigte der IG Metall, Torsten Kasubke. Zudem würden die schnell Eingeflogenen „weit unter dem üblichen Niveau“ produzieren. Für den gnadenlosen Machtkampf scheut die US-Heuschrecke keine Kosten.
Betriebsrat und Gewerkschaft lehnen geplante Vernichtung von Arbeitsplätzen ab
Der Betriebsrat hatte Wochenend-Schichten für die regulär Beschäftigten früher bei Bedarf zugestimmt. Das änderte sich, als Patriarch vom US-Sitz in Auburn Hills Anfang 2016 ankündigte, etwa 900 Arbeitsplätze abzubauen, sich aber prinzipiell weigerte, über einen Sozialplan zu verhandeln – und gleichzeitig Überstunden an Wochenenden forderte.
Das Urteil der 13. Kammer des LAG Hamm unter Vorsitz von Richter Dr. Franz Müller ist ein Skandal: Wegen der Fiktion eines „neuen Betriebes“ innerhalb des bestehenden Betriebes und wegen der Doppelrolle der Portugiesen als Angestellte in Carregado und als Werkvertragler in Plettenberg. Und die Montagmorgen-Schicht gehört eigentlich nicht zum Wochenende
Zunächst hatte die Geschäftsführung versucht, am Wochenende Leiharbeiter einzusetzen. Aber das ist mitbestimmungspflichtig, urteilte das Arbeitsgericht. Deshalb beauftragte der Investor die einschlägig bekannte Arbeitsrechts-Kanzlei Kliemt & Vollstädt: Ein Team aus sechs Anwälten unter Dr. Markus Bohnau schusterte die Werkvertrags-Lösung zusammen: Eine typische, hochdotierte Dienstleistung dieser Union Buster (Was ist das?).
Um das brachiale Vorgehen der Öffentlichkeit zu verkaufen, engagierte das Dura-Management die Medien-Agentur Brunswick.
Schlechtes Los: Aufkauf durch US-Patriarchin Tilton
Der Investor Patriarch Partners hatte den Familienbetrieb 2010 gekauft. Schon ein Jahr später waren es 570 Beschäftigte weniger. Jetzt behauptet der Investor einen Verlust von 100 Millionen. Das ist nicht nachprüfbar. Er kann zwischen den sieben aufgekauften DURA-Betrieben in Deutschland und den 15 Betrieben in Portugal, Frankreich, Tschechien, Rumänien, Großbritannien, China, Korea und Indien Gewinne und Verluste hin- und herschieben. DURA hat weltweit 12.000 Beschäftigte.
Patriarch hat entgegen dem, was man aufgrund des Namens vermuten könnte, eine Chefin. Milliardärin Lynn Tilton gibt sich lasziv gekleidet und diamantenbehängt als „Mutter der Notleidenden“: Sie kauft insolvenzbedrohte Firmen und „verjüngt“ sie dann. Einige überleben das nicht, ob in den USA oder anderswo.
Die Platingeblondete, die bei den Banken Morgan Stanley und Goldman Sachs gelernt hat und als Investmentbankerin für Meryll Lynch arbeitete, propagiert bei öffentlichen Auftritten in den USA Produkte, die „Made in America“ sind. In der Realität treibt sie mit ihren Investments die Globalisierung samt ihrer Schattenseiten tüchtig voran. So machte die New York Times Tiltons Investment-Firma Patriarch direkt für den plötzlichen Bankrott des privaten New Yorker Rettungsdienstes TransCare im Juni 2016 verantwortlich, der mit 27 Rettungswagen die Bronx und Teile von Manhattan versorgte.
Die weibliche Trump-Version schnauzt laut US-Magazin Forbes ihre Angestellten vulgär an, hat Parties mit Silvio Berlusconi gefeiert und dem britischen Ex-Premier Tony Blair den Hintern getätschelt. Seit 2015 steht sie bei der US-Finanzaufsicht unter Anklage – wegen falscher Geschäftsberichte und verletzter Treuhänderpflichten gegenüber ihren Geldgebern.
Widerstand im Sauerland: Das gehört in Berlin auf die Tagesordnung
Im August verhinderten 150 Beschäftigte in einer nächtlichen Blockade den Abtransport einer Maschine nach Portugal. In der Region herrscht Angst. Für den 5. November rief die IG Metall zu Demonstration und Kundgebung auf. Es geht um den größten Arbeitgeber der Stadt. Und was ist in den anderen DURA-Betrieben in Daun/Eifel, Einbeck, Löhne, Rotenburg, Selbecke und Düsseldorf los? Und dürfen jetzt, so Torsten Kasubke, internationale Investoren von irgendwo Arbeiter einfliegen, um Stammbelegschaften zu verdrängen? „Das gehört in Düsseldorf, Berlin und Brüssel auf die Tagesordnung!“
Quellen:
- Arbeitsrechtlicher Streit: Dura setzt sich mit Kliemt gegen Betriebsrat durch, Juve.de, 18.10.2016
- Tilton, Patriarch Win Fight Over TransCare Probe, Wallstreet Journal, 16.6.2016
- Plettenberg ist für Dura-Chefin Lynn Tilton ein kleiner Fisch, Westfalenpost 20.4.2016
- Die portugiesischen Arbeitnehmer können bei der Firma DURA Automotive am Samstag eingesetzt werden, LAG Hanm Pressemitteilung, 14.10.2016
- Dura: Arbeitgeber lassen Sozialplan-Verhandlungen platzen, WAZ.de, 6.7.2016
- Lynn Tilton, en.wikipedia.org, abgerufen 8.11.2016
- When You Dial 911 and Wall Street Answers, New York Times, 25.6.2016
- Facebook-Seite der IG Metall Märkischer Kreis
Und es wird nicht besser !! Dura Daun hält sein Arbeitspensum mit Leiharbeitern hoch, läßt sie mehr als 2 Jahre bei Ihnen durchhalten, ohne sich an das Gestzt der Übernahme zu halten und schickt sie dann schnell nach Hause um sie nach einiger Zeit wieder anzuheuern, natürlich ohne die Konsequenz der Übernahme ! Frau Nahles sei Dank, da keinerlei Konsequenz düe Firma ! Und der kleine Mann kann sehen wo er bleibt.
Unfassbar….
Noch schlimmer, dass solche Praktiken in Deutschland möglich sind. Alle Politiker, die sowas ermöglichen, gehören eingeschlossen….
Du hast was vergessen…..nach dem einschließen den Schlüssel wegwerfen damit diese Politiker kein Unheil mehr anrichten können.
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