SPD-Anzeige: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren wegen Schulz-Parodie ein

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LKA durchsuchte Email-Fach aufgrund unhaltbarer Vorwürfe. Betroffene fordern von SPD Rücknahme der Strafanzeige und konsequenten Schutz von Betriebsräten

Double des SPD-Chefs Martin Schulz
Der Wahre Martin Schulz protestierte am am 16.12.2017 in Würselen gegen Betriebsratsbehinderung bei Toys R Us. (Video | Bericht)

Pressemitteilung, 7. Dezember 2018

Die Staatsanwaltschaft Köln hat die Ermittlungen wegen Urkundenfälschung gegen den Vereinsvorsitzenden der aktion ./. arbeitsunrecht, Werner Rügemer, und den Pressesprecher Elmar Wigand eingestellt.

Als Grund für die Einstellung nannte die zuständige Staatsanwältin Kerstin Ranzinger mangelnden Tatverdacht (§170 Abs 2 Strafprozessordnung). Außerdem erkannte sie, dass für Urkundenfälschung zunächst mal eine Urkunde vorhanden sein muss. Das war hier offensichtlich nicht der Fall: Das Corpus Delicti war ein Satire-Brief des damaligen SPD-Vorsitzenden Martin Schulz, der Ende 2017 als pdf im Internet kursierte.

Dank an über 1.000 Unterstützer*innen!

Der Verein begrüßt die Einstellung der Ermittlungen und führt die erfreuliche Entwicklung auch auf öffentlichen Druck zurück. Binnen kurzer Zeit hatten über 1.000 Unterstützer*innen den SPD-Vorstand aufgefordert, die Anzeige zurück zu ziehen – darunter zahlreiche langjährige SPD-Mitglieder. Das ist allerdings bis heute nicht geschehen.


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Werner Rügemer erklärt dazu:

Die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft ist eine Selbstverständlichkeit. Das reicht uns nicht: Wir fordern von der SPD, dass sie ihre Anzeige offiziell zurück zieht und zu ihrem skandalösen Verhalten Stellung bezieht.

Statt eine Protest-Aktion gegen Mobbing und Betriebsratsbehinderung zu kriminalisieren, die sich satirischer Elemente bediente – den Auftritt eines Martin Schulz-Doubles in Würselen – sollte der SPD-Vorstand endlich etwas unternehmen, um Betriebsräte und Betriebsratsgründer effektiv zu schützen.

Schulz-Double: Der wahre Marin redet Tacheles über die SPD

In einem Satire-Brief hatte Martin Schulz angeblich seine Teilnahme an Protesten gegen Betriebsratsbehinderung und Union Busting bei Toys R Us in Würselen für den 16. Dezember 2017 zugesagt. Statt dessen erschien der Kölner Mietrebell Kalle Gerigk als Schulz-Double und forderte u.a. die komplette Revision der Hartz-Gesetze – damals eine leicht zu erkennende Lachnummer, heute kokettiert damit die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles.

Elmar Wigand meint:

Der Wahre Martin Schulz ist in Würselen angetreten, um gegen Betriebsratsbehinderung bei Toys R Us zu kämpfen. Dagegen unternimmt die SPD bis heute nichts.

Die aktion ./. arbeitsunrecht weist darauf hin, dass in ihrem eher lächerlichen Fall sogleich das LKA Berlin aktiv wurde. Auf der anderen Seite glänzten Staatsanwaltschaften und Ermittlungsbehörden seit Jahren durch Untätigkeit, wenn es um die Erfassung, Aufklärung, Bestrafung und Verhinderung von Betriebsratsbehinderung geht (§119 BetrVG).

Betriebsratsbehinderung ist eine Straftat. Aber niemand wird verurteilt

Dazu Elmar Wigand:

Während Bagetellen wie Schwarzfahren und Ladendiebstahl intensiv verfolgt werden, lässt man die dicken Fische unbehelligt. Wir meinen es ernst: Notorische Union Buster wie der Toys R Us-Geschäftsführer Detlef Mutterer brauchen vielleicht mal ein paar Monate Auszeit, um zur Besinnung zu kommen.

Die Szene der professionellen Fertigmacher in Deutschland muss endlich Respekt vor Rechten gewählter Belegschaftsverteter lernen. Das geht offensichtlich nur durch schmerzhafte Strafen. Steuerhinterziehung durch Superreiche galt auch jahrzehntelang als Kavaliersdelikt. Bis es mit Uli Hoeneß mal einen erwischt hat.

Die aktion ./. arbeitsunrecht fordert seit Jahren die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Unternehmerkriminalität in Arbeitsbeziehungen, um Vergehen gegen §119 BetrVG aufzuklären und zu bestrafen.

Das Feld der Unternehmerkriminalität in Arbeitsbeziehungen ist größer als allgemein bekannt:

  • Nur schätzungsweise 11% aller wahlberechtigten Betriebe haben einen Betriebsrat.
  • Betriebsratsbehinderung geschieht zumeist in Strafeinheit mit anderen Vergehen wie Nötigung, Prozessbetrug, falschen Anschuldigungen, Stalking (juristische Nachstellungen), seelische Körperverletzung (Mobbing).
  • Hintergrund der Unternehmeraggression gegen Betriebsräte sind nicht selten kriminelle Machenschaften wie Steuerhinterziehung, Sozialabgabenbetrug, Verstoß gegen das Mindestlohngesetz etc., die durch Informationsrechte von Betriebsräten bekannt werden könnten.

Die Forderungen der aktion ./. arbeitsunrecht zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes und zum Schutz von Betriebsräten sind hier zu finden: Betriebsräte stärken, kriminelle Unternehmer bekämpfen! (online | pdf)

Bedrohliche Polizei-Posse: PDF ist keine Urkunde | LKA hackt Email-Postfach

Die Akteneinsicht im Fall des Wahren Martin Schulz ergibt einen Schriftverkehr der Staatsanwalschaft Köln mit der Justiziarin des SPD-Vorstands, Saskia Freiesleben, die das Verfahren voran getrieben hatte und sich nach Protesten aus SPD-Kreisen Anfang November 2018 nach dem Fortgang der Ermittlungen erkundigte. Staatsanwältin Kerstin Ranzinger schloss sich der allgemeinen Rechtsauffassung an, dass der angebliche Brief von Martin Schulz nicht justiziabel sei, weil ihm die „Qualifizierung des Schriftsstücks als Urkunde fehle“.

Datensicherheit + Privatsphäre: 1&1 knickt vor LKA ein

Aufgrund von SPD-Vorwürfen, die nun auch offiziell als unbegründet erkannt wurden, hatte das LKA Berlin im Frühjahr 2018 den Provider 1&1 dreimal aufgefordert, Zugang zum Email-Postfach von Werner Rügemer zu erhalten. Mit Erfolg. Bei der Online-Durchsuchung wurde das Postfach – offenbar durch stümperhaftes Vorgehen – für den weiteren Gebrauch untauglich. Schachdienliche Hinweise fand man nicht.

Double des SPD-Chefs Martin Schulz
Der Wahre Martin Schulz (ak SPD ./. arbeitsunrecht) zeigte sich erschüttert: „Menschen wie Mona und Ihre Kolleginnen hatte ich aus den Augen verloren.“

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